WoO 59 "Für Elise" - d oder e?

  • Ersteller des Themas mberghoefer
  • Erstellungsdatum

Die einzige Person, die wirklich wusste, wie es geht - das mit dem d oder e - ist natürlich Frau Elise.

CW
 
Musikalisch betrachtet ist das d nur beim allerletzten Durchlauf des Themas sinnvoll bzw. da ganz besonders sinnvoll, weil das d als Septime der Dominante die Schlusswirkung verstärkt (allerdings ohne sich in die Terz der Tonika aufzulösen, wie es im strengen vierstimmigen Satz nötig wäre).
 
Ihr Lieben

Der Akkord in dem besagten Takt ist ein E-Dur, die Dominante der Tonart A-Moll. Sie wird im folgenden Takt aufgelöst. Die Auflösung der Dominante ist sehr sehr klassisch für alle Musikstile.

Das e ist der Grundton des Akkords, das d ist die kleine Septime. Beide Töne passen damit perfekt in die Dominante hinein. Es sind also beide Varianten möglich. Das d steigert die bereits vorhandene Spannung im Dominant-Akkord noch ein bisschen, weil es ihn zum Dominant-Septakkord macht. Es gibt somit einen zweiten Leitton, der nach A-Moll führt.

Es muss eine Original-Version geben, in der Kollege Bach bewusst ein e oder ein d geschrieben hat. Ich würde vermuten, dass es für ihn ein nicht allzu wichtiges Detail gewesen wäre, weil – wie gesagt – beide Töne die Melodieführung nicht verändern und auch die Harmonik dadurch nicht gestört wird.

Also grundsätzlich ist es "egal", ob e oder d. Wenn man es genau nehmen will, kann man damit spielen, die Spannung zu verstärken oder abzuschwächen.

Wer sich erlaubt, in das Stück einzugreifen, könnte zum Beispiel ausprobieren, die Spannung der Dominante weiter zu mildern oder weiter zu verstärken.

Eine mildere Spannung würde sich in diesem Stück dadurch ergeben, dass die g#'s durch g's ersetzt würden. Damit hätten wie die Dominante in Moll anstatt in Dur und die Spannung des Leittons wäre leichter.

Eine noch stärkere Spannung könnte man erzeugen durch einen f im E-Dur-Akkord, das wäre dann ein E7b9, der damit einen dritten Leitton einführen würde.

Was man da nicht alles anstellen könnte…
 
Er spielt durchgängig e auf dem Broadwood-Flügel im Beethoven-Haus:



Sie wechselte zum Schluss auf d fünf Jahre früher auf dem Graf-Flügel am gleichen Ort:



Auch beim letzten E-Dur-Akkord vor der Triolen-Passage rechts ist man sich keineswegs einig: mal mit Septime und ein andermal mit ohne Septime dabei (man beachte dem Deutsch, rettet dem Dativ). Aber beides war vor 1976: Die Irmer-Ausgabe gab es noch nicht und Uli Hoeneß hatte seinen Elfer noch nicht verschossen...!

LG von Rheinkultur
 
eher im Bratwurst-Thread.
 
Ich habe nur Noten mit dem -e aber spiele seit jahren immer das -d weil ich es auf den meisten Tonträgern auch so gehört habe und es sich für mich "richtiger" anhört. Die Variante mit dem -e klingt für mich irgendwie zu glatt für Beethoven und zu offensichtlich.
Die Variante mit dem -d klingt für mich schöner und spannender, da man hier das -e (Akkord - mäßig) erwartet und dann jedesmal wieder überrascht ist, dass es eben kein -e sondern ein -d ist.
 

Ich spiele aus der ALDI-Ausgabe: es handelt sich bei dem gesuchten Ton eindeutig um ein d'.
 
m.W. existieren die gar nicht.
 
Eine interessante Betrachtung zur Frage e oder d findet sich übrigens hier:
https://www.pianostreet.com/smf/index.php?topic=65577.0

Dort habe ich aber einen noch interessanteren Aspekt gefunden, der mir das Stück neu aufgepeppt hat:

Der Autor vergleicht hier "Für Elise" mit der Oper:

"Lovers of the Italian opera, one of which was Beethoven, immediately recognize the typical declaration of love in the style of "bel canto" with the first notes of section "B" and up to cruel laughter in response to this confession"

Seitdem sehe ich jetzt bei der Cantilene im Teil B den Tenor (Beethoven) auf Knien vor seiner Elise (Theresa?), seine Liebe gestehend, man hört regelrecht seine Frage "???" ... und dann lacht ihn die Zicke spöttisch aus und er wendet sich mit gebrochenem Herzen ab. Im Teil C hadert er dann mit seinem grausamen Schicksal.
Immer wieder unterbrochen von Träumereien und Gedanken an seine Liebste. (Das Hauptmotiv).

Funktioniert super als Oper gedacht. Jetzt macht das Üben wieder Spass!

@mberghoefer
Vielleicht bin ich ja deine Nachbarin? :bye: hab das Stück jetzt schon einige Zeit immer mal wieder auf Wiedervorlage... Aber ein paar Monate hab ich für Teil A nicht gebraucht. Meine KL feilt mit mir immer wieder mal an den schwierigen Parts. Die gut (!) zu spielen find ich schon tricky und finde, das ist doch kein einfaches Anfängerstück?! :konfus:
 
Hat halt fälschlicherweise dieses Image, oder? Oder eine ausgedehnte Anfängerdefinition...
 
Interessant, wie ein (imho recht offensichtlicher) Druckfehler in einem einzigen Takt über die Jahrhunderte erhalten bleibt und zu Verwirrung führt. Natürlich MUSS das ein "d" sein wie in der wohlbekannten Handskizze und allen Stellen außer der ersten im Nohl. Ein "e" passt dort zum Abschluss der Phrase überhaupt nicht hin...
 
Wenn man sich das d' um eine Oktave nach oben oktaviert vorstellt, dann wirkt es absolut schlüssig und so ganz und gar nicht fremd - melodisch dann sogar deutlich schlüssiger als ein "e", weil auf diese Weise lückenlos stufenweise vom "e" (das nicht explizit als Melodieton, sondern "nur" als Grundton des Dominantakkords auf den ersten drei Sechzehnteln von Takt 7 erklingt) bis zum Tonikagrundton "a" auf Schlag 1 im Folgetakt abgestiegen wird.

Aber da der Ton nicht als d'', sondern als d' notiert ist, ist natürlich schon die Frage, ob man hier wirklich derart melodisch denken sollte...
 
Das ist nicht melodisch begründet, sondern rein harmonisch. Das d ist die Septime des E7 Akkords und gibt dem E Dur davor erst die beendende Dominantfunktion zum Abschluss auf a Moll. Mit e bleibt die Phrase offen und klingt unvollendet.
 

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