Wie die richtige Dynamik erzeugen???

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
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Also, liebe Leute.

Hier werden Ratschläge erteilt, bei denen ich wirklich (sorry) lieber nicht hören möchte, was herauskommt, wenn Einsteiger die versuchen umzusetzen.

Natürlich ist es völlig richtig, daß bei entwickeltem Spiel die einzelnen Stimmen der Musik "abgemischt" werden, daß Melodie also in aller Regel hervorgehoben wird, der Baß auch gegenüber den übrigen Begleitstimmen wichtiger ist etc. Kann man ja auch mühelos bei den großen Interpreten hören.

ABER: Dies zu tun erfordert polyphones Hören, und das ist was für Fortgeschrittenere.

Gehe ich so vor, daß ich z.B. bei einer Folge von Blockakkorden jeden einzelnen Akkord mittels spielmechanischer Tricks dynamisch in sich abzustufen versuche und dann, wenn ich mit dem fertig bin, zum nächsten gehe, dann kommt alles mögliche dabei heraus, aber keine Musik.

Denn entscheidend ist, daß jede einzelne Stimme in ihrem horizontalen Verlauf wahrgenommen und gestaltet wird. Es leuchtet sicherlich jedem ein, daß das nicht klappen kann, wenn ich einfach sage: OK, Mittelstimme mp. Denn jede wirklich musikalisch gestaltete Linie hat auch einen aus der momentanen Notwendigkeit heraus sich entwickelnden dynamischen Verlauf.

Ich meine, bevor man hingeht und da so Akkordton-Lautstärken-Abstufungsexperimente macht, muß die erste und allerwichtigste Aufgabe lauten, alle Stimmen wirklich als Melodien wahrzunehmen und aus dem Gesamtklang herauszuhören. Daraus ergibt sich dann übers Hören (d.h. das Ohr empfindet es als innere Notwendigkeit) eine Abtönung der einzelnen Stimmen.

Zudem muß man auch gucken: Wie soll der Charakter des Stücks sein? Soll der Gesamtklang eher "dunkel", gedeckt oder hell, strahlend sein? Diese Vorstellung muß sich, auch durch Ausprobieren und Spielerfahrung, erstmal in einem bilden. Einheitskonzepte wie "Melodie laut, Begleitung leise" führen da zu nichts Vernünftigem.

Ich halte überhaupt nichts davon, wenn Einsteiger ohne entsprechenden Klangwillen und ohne entsprechende Wahrnehmungsfähigkeiten anfangen, so Fingertricks anzutesten (hier den Finger tiefer halten, damit's lauter wird; hier die Taste nicht ganz runterdrücken...bla...)! Das ist durchaus ein wenig so, als wollte man Gedichte schreiben und würde erstmal damit beginnen, eine Kollektion besonders gedichtgeeigneter Wörter zusammenzustellen, die man dann benutzt.

LG,
Hasenbein
 
tja Hasenbein,
wenn keiner beginnen soll, kleinen Choral (Schumann) oder Prelude c-moll (Chopin) differenziert anzuschlagen, dann wird auch keiner lernen, das Zeugs zum klingen zu bringen.
...sich vorzustellen, wie was klingen soll, ist leider angenehmer, als es dann auch zu tun... und beim tun kommste nicht um die "Fingertricks bla" drumrum -- wie sagst du so gern und so schön? peng aus :D:D:D
 
Hallo Hasenbein,

deine Besorgnis, das hier das Pferd von hinten aufgezäumt wird, ist, glaube ich unnötig.

Denn ich denke, das den Anfängern, die hier mitschreiben, soweit klar ist, wie wichtig die Wahrnehmung und Gestaltung von horizonten Melodielinien ist.

Wahrscheinlich ist gerade deswegen Bach immer wieder aufs neue ein Thema hier im Forum, gerade bei seinen Stücken lernt man das ja wunderbar.

Aber zumindest was mich angeht - man kann es auch durchaus mit den horizontalen Linien übertreiben.

Von meinem letzten Stück, der Melodie von Schumann, kann ich durchaus behaupten, die horizontalen Linien einzeln gestalten zu können.

Das Problem allerdings, das sich durch diese Horizontalmanie der letzten Wochen und Monate durch Bach etc. bei mir ergeben hat, ist, das die Melodielinien tatsächlich ausgerechnet vertikal nicht richtig zusammenklingen.

Das mag sich jetzt seltsam lesen, ist aber tatsächlich so.
Wenn ich den Schumann spiele, kann ich ohne Probleme jederzeit beim hören zwischen den horizontalen Melodien wechseln - das, worauf ich nicht höre, spiele ich dann auf "autopiot" weiter.
ich schaffe es momentan aber nicht, es als vertikale Einheit zu hören - dementsprechend Bescheiden - um das Wort schlecht zu vermeiden - sind meine Aufnahmen von dem Stück.

Das ist eine bittere Erkenntnis, die ich in letzter Zeit gemacht habe.

Deswegen denke ich, gerade als Anfänger sollte man auf beides achten - zu lernen, horizontal und vertikal zu hören.

Und dabei können Akkordton-Lautstärken-Abstufungsexperimente doch gut bei helfen.

Herzliche Grüße,
Manha
 
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Und dabei können Akkordton-Lautstärken-Abstufungsexperimente doch gut bei helfen.

nicht nur dabei!!
es ist gtundsätzlich richtig, sich so früh wie möglich und natürlich mithörend an unterschiedliche anschlagsweisen einzeln und in mehrklängen zu gewöhnen (wie soll man das sonst je hören und fühlen und greifen lernen??) - das ist eine anpassung ans instrument und seine klangmöglichkeiten. je eher, je besser.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hasenbein, nicht jede Akkordfolge ist ein polyphones Geflecht, Schumanns "Melodie" schon gar nicht. Die ist, zweistimmig notiert, latent dreistimmig. Und die mittlere Stimme ist ein sog. Pedalton, den der Daumen der linken Hand anschlägt – diesen Liegeton als eigenständige Linie anzusehen statt als Füllnote, wäre einigermaßen übertrieben. Daß man diesen Ton im Hintergrund läßt, darf auch ein noch nicht so sehr fortgeschrittener Spieler gerne versuchen.
In der Regel gilt: Oberstimme hell und deutlich, Baß leiser, Mittelstimmen ganz leise. Diese Regel gilt nicht unbedingt in einem polyphonen Geflecht. Aber sie ist Grundlage eines annehmbaren Klavierklangs. Zu sagen: "Mach erst mal die Ohren zu – wie's gut klingt, lernen wir später", scheint mir allzu sorglos.
Du hast recht, wenn du sagen willst, daß man einen Anfänger mit lauter klanglichen Detailforderungen auch entsetzlich hemmen kann. Aber erst einmal die Ohren zumachen ist keine Alternative.
 
Hallo Manha,

ich würde sagen "Ja" - und vergleiche mal mit Schumann 15/1. Da werden die Akkorde zwar gebrochen, aber beide oberen Stimmen der Begleitung werden leiser gespielt als der Basston.

LG
Jörg
 
Zu sagen: "Mach erst mal die Ohren zu – wie's gut klingt, lernen wir später", scheint mir allzu sorglos.
Du hast recht, wenn du sagen willst, daß man einen Anfänger mit lauter klanglichen Detailforderungen auch entsetzlich hemmen kann. Aber erst einmal die Ohren zumachen ist keine Alternative.

Ein Paradebeispiel, wie man man jemanden, obwohl er sich eigentlich ausgesprochen klar ausgedrückt hat, komplett mißverstehen kann :roll:

Wie kannst Du so etwas schreiben, obwohl ich doch ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß erst eine Hörschulung stattfinden muß und eine Schulung der Klangvorstellung? Mir ein absolutes Rätsel.

LG,
Hasenbein, der NIEMALS!!! sagen würde, man solle erstmal nicht so genau hinhören oder ähnlichen mechanistischen Komplett-Unsinn!
 

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