Voicings

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Claudio

Claudio

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Liebe Jazz-Experten

Welche Art von Voicings empfehlt ihr einem Anfänger zuerst zum Lernen? Wenn ich mich mal auf die Dur-Stufenvierklänge maj7, m7, 7 und m7b5 beschränke, welche Art Voicing ist am sinnvollsten?
  • Vierklänge in der linken Hand mit Umkehrungen, um eine schöne Stimmführung hinzukriegen; rechts die Melodie
  • Weglassen der Quite, links der Basston, rechts Terz und Sept plus Melodie (analog Levine Jazz Piano, Seite 21)
  • Links 13, 15 oder 17, rechts 75, 73 oder 35 plus Melodie, sog. Spread Voicings also (analog Moehrke, Jazz Piano Voicing Concepts)
Eigentlich ist mir der Aufbau der Akkorde klar. Ich kann auch relativ schnell die beteiligten Töne aufsagen. Aber um einfach auf die Schnelle die Begleitung zu einem Standard aus einem Fake Book zu spielen bin ich viel zu langsam und muss dann doch zu lange nachdenken. Es muss also irgendetwas auswendig gelernt werden. Bloss wie und was? Soll ich mir Griffbilder einprägen? Dann muss ich ja aber immer noch wissen, welche Taste, welchem Ton resp. welcher Stufe (Terz, Sept, etc.) entspricht, oder? Wie habt ihr die Sache begonnen?

Ratlose Grüsse von Claudio
 
Zunächst schadet es nicht, sich verschiedene Standards mal mit den vierstimmigen Akkorden in der L.H. plus Melodie durchzugreifen, wobei ich aber erst die Grundstellung der Akkorde empfehle, da man sich dabei das Stufen-Empfinden besser aneignet.
Der nächste Schritt wäre, sich mit der Bedeutung der Grund- und Funktionstöne vertraut zu machen (Dreistimmige Voicings: Grundton, Terz, Septime). Auf S.25 im Levine findest Du die entsprechende Progression (B. 3-2, bzw. S.26 B. 3-4), die Du jetzt erstmals ohne Melodiestimme bei verschiedenen Standards ausprobieren solltest. Präge Dir die Stimmführung und deren funktionsharmonische Bedeutung gut ein! Um durch alle Tonarten zu kommen, zahlt es sich aus, das auch nach dem Aebersoldsystem bzw. im Quintenzirkel zu üben. Wahrscheinlich lässt es sich am Anfang nicht vermeiden, hin und wieder auf die Tasten zu schielen. Tu das (wenn notwendig) aber nur in dem vollkommenen Bewusstsein, was Du tust (In welcher Tonart bzw. auf welcher Stufe bin ich, was ist jetzt die Terz, was die Septime....).
Das Ganze sollte auf keinen Fall "mechanisch" passieren. Wenn Du mit dieser Materie einigermaßen vertraut bist, kannst Du beginnen, die Melodie der Standards in die dreistimmigen Voicings einzubauen (Levine S. 29).
Auch solltest Du die Aufteilung der Stimmen auf die Hände variieren. (z.B. L.H.: Grundton + Septime, R.H. Terz + Melodie).
Das alles klingt natürlich einfacher, als es ist. Es geht sicher nicht von heute auf morgen und erfordert einiges an Geduld und Konsequenz.
 
Vielen Dank für deine Hinweise. Ich habe jetzt erst mal Autumn Leaves genommen und links vierstimmige Akkorde in der Grundstellung gespielt. Als nächstes habe ich dann versucht, links den Bass und rechts 37 resp. 73 zu spielen (ohne Melodie). Ich habe auch damit experimentiert, dass ich links Grundton und Terz und rechts die Melodie gespielt habe. Das Ganze ist jedoch noch eine grosse Denkarbeit für mich.

Wenn du schreibst, ich soll nicht mechanisch üben, meinst du damit, nicht bloss in Griffmustern zu üben? Muss ich beispielsweise bei einem Cmaj7 Voicing ohne Quinte immer C E B denken oder darf ich auch einfach nur E drücken und von dort aus eine Quinte nach oben drücken, was mich ja dann auch zum B führt, jedoch ohne bewusst B zu denken. In maj7 Akkorden sind Terz und Sept ja immer eine Quinte auseinander? Analog bei einem 73 Voicing B denken und von dort eine Quarte nach oben drücken, was zu E führt?

Und wie steht es mit den typischen II-V-I Kadenzen, ist hier das Wissen um Leittonbewegungen ebenfalls bereits zu mechanisch?
 
Nehmen wir als Beispiel die erste Kadenz in Autumn Leaves:
122_Partitur_1_1.jpg


Die einfachste (mechanische) Denkweise für die Stimmführung der rechten Hand wäre:
Zuerst geht Bb einen Halbton nach unten zu A, anschließend wandert das Eb einen Halbton nach unten zum D. Es ändert sich also nur ein Ton.
Wichtig wäre folgender Gedankengang:
Die 3 des Cm7 wird zur 7 des F7, während die 7 des Cm7 sich zur 3 des F7 bewegt. Anschließend wird die 3 des F7 zur (großen) 7 des Bbmaj und die 7 des F7 bewegt sich zur Terz des Bbmaj.

Natürlich kann man das Ganze auch in Intervallen sehen, aber Du solltest Dir trotzdem über die Funktion jedes Tones im Klaren sein.
 
Ok, ich werde also möglichst viele Real Book Standards auf diese Art und Weise bearbeiten. Ist das ok, wenn es zunächst nur gaaaanz langsam von statten geht?

Eine Frage noch zum Bass: gibt es hier irgendwelche Regeln, in welchen Oktaven man sich bewegen soll? Oder anders gefragt: wenn ich ein D spiele und danach käme ein G, ist es dann egal, ob ich das über oder unter dem D spiele. Kann ich hier einfach spielen, was mir gerade passt? Derzeit mache ich das so und schaue einfach, dass ich den Bereich C bis c' nicht verlasse. Ich habe elementare Grundkenntnisse den Aufbau von Walking Bass Lines betreffend, jedoch beziehen sich die immer auf das Verbinden der Akkordgrundtöne über z.B. Quinten oder chromatische Leittöne, nicht jedoch auf die Position der Grundtöne an sich.
 
Einzelne Bass-Grundtöne und Walking lines sollte man im Prinzip so spielen, dass der Abstand zwischen ihnen möglichst klein ist. Aber da hast du auch einige Freiheiten, v.a. bei weiter auseinander liegenden Tönen wie D und G, solange du zwischen C und c' bleibst. Da ist es mehr oder weniger egal, ob das D unter oder über dem G liegt. Außerdem können gelegentliche größere Sprünge im Bass auch belebend wirken und die Spannung erhöhen; hör mal zu, wie Bassisten das machen! Bei einer walking bass line kannst du auch ruhig ab und zu mal unter das C gehen; der Kontrabass kann Töne bis zum Kontra-E spielen!
Etwas anderes ist es aber, wenn du gleichzeitig in der Linken andere Töne spielst, z.B. die 3 des Akkords direkt über dem Grundton und evt. noch andere Töne. Solche engen Intervalle klingen in der Tiefe brummig und nicht mehr gut, da sollte man im Allgemeinen nicht tiefer als bis zum c oder vielleicht noch bis zum Bb gehen; aber das hängt wieder auch vom Klang des Instruments und dem persönlichen Geschmack ab.
Gruß, Thomas
 
Meine diesbezügliche Faustregel ist: Die Funktionstöne sollten nach Möglichkeit nicht unter dem kleinen des liegen.


Ist das ok, wenn es zunächst nur gaaaanz langsam von statten geht?

Selbstverständlich ist das ok. Geht am Anfang allen so... :wink:

Kleiner Anreiz für eine II-V-I Kadenz mit Walking Bass:
122_kadenz_1.jpg
 

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