Studien zum Klavierklang

"Sowas kann man leider nicht synthetisieren" ... das klingt so nach "Man kann nicht schneller sein als das Licht" ... Mag beides stimmen, aber die Gründe, derer ich habhaft werden können und die ich verstanden habe (Niete in Physik, die ich in der Schule war), konnten mich nicht so überzeugen wie die Binsenweisheit, dass der Mensch schon so manche, dereinst unüberwindbare Grenze gesprengt hat und das auch tun wird, solange bis er mit der Nivellierung einer solchen Grenze seine Existenz gleich mitnivelliert.

Das Problem mit Binsenweisheiten ist, dass die meisten keine sind, sondern Fehlschlüsse aufgrund falscher Annahmen, auf denen dann aber ganze Hypothesen entwickelt werden.

Die Physik eines schönen Konzertflügels besteht aus tausenden von Komponenten, die sich alle gegenseitig beeinflussen, passiv oder aktiv. Es gibt halt nur wenige Menschen, die sich im Laufe eines langen, fokussierten Arbeitslebens damit so auseinandergesetzt haben, dass sie einen Großteil der Abhängigkeiten innerhalb der einzelnen Komponenten durchblicken, aktiv beeinflussen können und zum Beispiel dafür sorgen, dass ein Resonanzboden in sich nicht verbogen ist, sondern das am besten weitergeben kann, was die Saiten auf den Steg an den Boden bringen. Und da haben wir noch nicht einmal über die Regulierung der Mechanik gesprochen, die Intonation der Hämmer.

Wenn man ein Instrument sampled, was nicht durch einen solchen Techniker vorbereitet wurde, dann bekommt man halt Standardware. Das ist dann die Nivellierung eben jener Existenz, die für Dich und die meisten anderen akzeptabel ist.

"There are more things in heaven and earth, Horatio, Than are dreamt of in your philosophy" muß man dann einfach mal schulterzuckend akzeptieren.
 
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Wie gesagt, wie haben unterschiedliche Ansichten von richtigen Klaviertechnikern.

Also die Wahrscheinlichkeit ist doch sehr hoch, dass folgendes gilt:

1) Die Samples wurden auf einem Topinstrument aufgenommen, welches selektiert wurde. Sei es bei Bechstein ein neues Best-of-5 oder bei Ivory ein bekannter, herausragender 1951er New York Steinway D aus einem Studio, der oft bei Aufnahmen zum Einsatz kommt. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass diese Instrumente besser sind als jedes Instrument, dass jemand hier im Forum hat und wahrscheinlich >>>>> Dein Instrument.

2) Die Instrumente standen bei der Aufnahme in bekannten Tonstudios, deren Räumlichkeiten für herausragende Klangqualität bekannt sind. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass diese Räume besser klingen als jeder Raum, den jemand hier im Forum hat und wahrscheinlich >>>>> Deine Räumlichkeiten.

3) Die Aufnahme der Instrumente ist sehr teuer und zeitaufwändig. Da fließen 100er Arbeitsstunden rein, moderne Sampler bestehen aus teils 10.000en Samples, die erst nachträglich selektiert und verarbeitet werden. Dort holt man natürlich Klaviertechniker dazu, die Rang und Namen haben - die z.B. für bekannte Pianistentourneen gebucht sind. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass sie ihr Handwerk mindestens genauso gut verstehen wir Dein Klaviertechniker.


Selbst wenn das alles wundersamerweise nicht gilt:

* Du hast also ein Instrument, was besser als ein best-of-5 150k Insterument ist oder ein unbezahlbares älteres Instrument mit bekannt gutem Klang (Gratulation)
* Du hast also Räumlichkeiten, die besser als weltbekannte Aufnahmestudios klingen (Gratulation)
* Du hast einen besser Klaviertechniker, als sie weltbekannte Tonstudios oder Tontechniker besorgen können, die natürlich irgendeinen Klaviertechniker von der Straße auflesen, um ihr unbezahlbares älteres Instrument vor der Aufnahme stimmen zu lassen.

Ich gratuliere gern - aber ich verspreche Dir, Du bist eine absolute Ausnahmeschneeflocke. Die meisten können diese 3 Dinge nicht mal annähernd erfüllen und da schlägt diese Aufnahmequalität alles, was man privat leisten kann.

Du erzählst einfach unlogischen Quark.

Es bleibt die Tatsache, dass es am Ende Aufnahmen sind. Normale Lautsprecher können ein Instrument im Raum nur begrenzt wiedergeben.
 
Das Problem mit Binsenweisheiten ist, dass die meisten keine sind, sondern Fehlschlüsse aufgrund falscher Annahmen, auf denen dann aber ganze Hypothesen entwickelt werden.
Du verwechselst Hochrechnungen mit Schlüssen! Ein Mensch nennt in frühesten Jahren alles mögliche Wau-Wau. Gewiss nicht, weil seine Eltern ihm ein Auto, ein Haus, einen Baum gezeigt haben und gesagt haben, das wären alles Wau-Waus. Aber selbst dann wären es immer noch Hochrechnungen. Kind nennt ein Haus Wau-Wau, weil es die Dinge nicht unterscheiden kann, und nicht weil das Haus bellt und hechelt und den nächsten Baumstamm bepullert, und sein "Frauchen" sagt, es wolle nur spielen.

Ob ich akzeptiere, dass der Mensch sich und alles um ihn herum synthetisieren muss, ist noch mal eine andere Frage als die, ob er bei der ganzen Grenzenüberwinderei, so faszinierend sie auch sein mag, nicht irgendwann sein Schicksal besiegelt. Der Mensch macht Fehler, und mit mehr und mehr Macht werden auch diese Fehler "mächtiger".

Und wieder eine andere Frage ist, warum ich etwas lerne zu synthetisieren, zu programmieren. Vielleicht einfach, weil ich die Mittel dazu habe, genügend um mir ein gewisses Verständnis der Musik (auf technischer Ebene) anzueignen. Hätte ich sie nicht, dafür aber die Möglichkeit eine Ausbildung zu beginnen, stünde womöglich der klassische Klavierbau weiter oben auf der Liste als das Programmieren.
 
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Du verwechselst Hochrechnungen mit Schlüssen! Ein Mensch nennt in frühesten Jahren alles mögliche Wau-Wau. Gewiss nicht, weil seine Eltern ihm ein Auto, ein Haus, einen Baum gezeigt haben und gesagt haben, das wären alles Wau-Waus. Aber selbst dann wären es immer noch Hochrechnungen. Kind nennt ein Haus Wau-Wau, weil es die Dinge nicht unterscheiden kann, und nicht weil das Haus bellt und hechelt und den nächsten Baumstamm bepullert, und sein "Frauchen" sagt, es wolle nur spielen.

Nein, das Kind kann diese Dinge durchaus unterscheiden, ist aber noch nicht fähig, diese Unterschiede zu artikulieren!
 
Intuitiv kann es sicher Dinge unterscheiden. Und wenn es ein dutzend mal ein Auto "Wauwau" nennt, und die Korrektur der Eltern sich versucht einzuprägen, weiß es doch dass das Ding anders heißt, "aber wie noch mal, verdammt, was fürn Zungeverknoten, als weiter Wauwau, ihr könnt mich mal!"

Und auch hier, wo es um den Klavierklang geht und meine ersten Versuche ihn nachzubilden mit eigenen Mitteln, auch das ist nichts anderes als Übergeneralisierung.

Intuitiv weiß der Mensch, dass Grenzen überwunden werden können. Intuitiv weiß ich, dass meine rechte Hand es überwinden kann, ständig Thema meiner motorischen Frustrationen zu sein, aber auch, dass sich der Klavierklang berechnen lässt, mit meinem Ansatz oder mit jedem anderen Ansatz, der sich durch unendliche (potentiell beliebig komplexe) Parametrik auszeichnet.

Physikalische Komplexität ist kein verifizierbar absolutes Hindernis. Sondern Ehrgeiz, Zeit- und Lern- und Rechenaufwand. Schon ersteres ist bei mir hinreichend labil, dass sich kein insgeheimer "Ketzer"-Rufer ernsthaft um die Supremität des akustischen Flügels sorgen muss.
 
Wen willst du eigentlich mit deinem Gelaber genau wovon überzeugen?

Überzeuge doch lieber mit einem guten Ergebnis.
 
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"Gelaber"? :-(( ... :konfus: ... Gute Ergebnisse gibt es erst mal nicht, denn ich mach mal ne Pause von dem Projekt "Klavierklang nachbilden". Hörproben mag ich hier auch nicht mehr posten, selbst wenn ich mich wieder dran setze denn ihr habt mich überzeugt, dass ich hier wohl nie anderes zu lesen kriege als "ist kein Klavier". Lieber üb ich echtes Klavier, davon hab ich mehr auf lange Sicht.

Danke, Leute, für eure Ehrlichkeit.

Hier übrigens noch ein paar Literaturhinweise zum Klavierklang, aus denen ich viel ziehen konnte und weiter kann für meine experimentellen Studien:
  1. E. D. Blackham: Klaviere, in: Die Physik der Musikinstrumente, Verständliche Forschung. 2. Aufl. Heidelberg; Berlin : Spektrum Akad. Verl., 1998
    — ISBN 3-8274-0291-3
    (Der englischsprachige Originalartikel war 1965 erschienen im Scientific American)
  2. G. Weinreich: Gekoppelte Schwingungen von Klaviersaiten, ebda.
  3. N. J. Giordano: Physics of the Piano, Oxford Univ. Press, 2010
    — ISBN 978-0-19-954602-2
 
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"Sowas kann man leider nicht synthetisieren" ... das klingt so nach "Man kann nicht schneller sein als das Licht" ... Mag beides stimmen, aber die Gründe, derer ich habhaft werden können und die ich verstanden habe (Niete in Physik, die ich in der Schule war), konnten mich nicht so überzeugen wie die Binsenweisheit, dass der Mensch schon so manche, dereinst unüberwindbare Grenze gesprengt hat und das auch tun wird, solange bis er mit der Nivellierung einer solchen Grenze seine Existenz gleich mitnivelliert.

voll OT:
Zum Thema "nicht schneller als das Licht":
- ist eine harte Grenze
- es gibt viele theoretische Gründe, die ans Eingemachte gehen; Relativitaätstheorie ist nicht "drangeschraubt", sondern ein zentraler Bestandteil unseres physikalischen Gebäudes
- die darunterliegende Theorie wird quasi milliardenfach täglich bestätigt
- die Nachweisgrenzen sind schon verdammt gedrückt: Zeitdilatation - eine Vorhersage der Relativitatästheorie - kann man schon messen ab 1m/s oder 1m Höhenunterschied
- jedesmal, wenn man eine Größenordnung genauer messen kann, wiederholt man die all die Mesungen; man hofft auf eine Abweichung, die ein Tor zu neuer Physik aufstoßen könnte, aber bis jetzt: Fehlanzeige

Also es gibt "unüberwindbare" Grenzen und unüberwindbare Grenzen. Bis jetzt sieht es massiv nach der ohne Anführungszeichen aus, wenn es um lichtgeschwindigkeit geht.


Zum Thema:
" Jede endliche, noch so unberechenbar scheinende Zahlenfolge kann sowohl aus einer Messapparatur stammen (Mikrophonaufnahme/Speichermedium/Übertragungsmedium), als auch algorithmisch berechnet worden sein. Ein Algorithmus sei dabei deterministisch, aber beliebig komplex."

"beliebig komplex", das heißt nur, es ist "berechenbar". Im Vergeölich zu den Dingen, vion denen wir wissen, dass sie nicht berechenbar sind.



Grüße
Häretiker
 
Hier noch ein Nachklapp in Sachen Teiltöne. Wie gesagt, gibt es beim Klavier keine harmonischen Obertöne. Bedingt durch die Saitensteifheit sind die Frequenzen jeweils ein klein wenig mehr gegenüber der vorhergehenden Frequenz erhöht.

Ich habe mir eine Vorstufe eines Fourier-Transformators programmiert, eigentlich ist es ein simpler Frequenzdetektor, sozusagen die visuelle Entsprechung eines Helmholtz'schen Resonators. Das zu untersuchende Signal entstammt meiner synthetischen Klangskizze eines Pianos, nämlich dem Kammerton a', 3s Dauer.

Dieses Signal wurde multipliziert mit dem Sinussignal sowie dem Cosinussignal einer bestimmten Frequenz, abwechselnd ohne und mit Berücksichtigung der Saitensteifheit. Multiplikation hat die Eigenheit, das -*- sowie +*+ = + ist, +*- sowie -*+ ergibt -. Und wenn man das Produktsignal, 3 mal 44100 Abtastungspunkte in hundert Portionen à 1323 Abtastungen unterteilt, diese Portionen jeweils mittelt, kommen die unten grafisch dargestellten Ergebnisse dabei raus.

Warum Sinus und Cosinus?
Cosinus ist gegenüber Sinus um eine Viertelperiode verschoben. Durch den Vergleich lässt sich also die Phasenverschiebung verfolgen. Insoweit die Cosinuslinie von 0 abweicht, liegt in der Tat eine entsprechende Abweichung zwischen den Frequenzen des Testsignals und des Scansignals (Sinus) vor. Übereinander gelegt, würde man demzufolge Schwebungen hören. Wenn die Bilder durchnummeriert wären, sind also alle ungeraden, wo die Frequenz des Testsignals ein Vielfaches von 440 ist, von einer großen Cosinus-Schwankung betroffen. Berücksichtige ich die Saitensteifheit und passe die Scanfrequenz auf drei Nachkommastellen genau an, nähert sich der Cosinus-Scan der Nulllinie an, bei den höheren Teiltönen auch nicht ganz genau, da reichen 3 Nachkommastellen wohl nicht aus.

Beim Vergleichen achtet bitte auch auf die vertikale Skalierung. Mich wundert gerade (nein, genauer überlegt, wundert mich das nicht), dass die Verläufe der ersten fünf Teiltöne so wenig voneinander abweichen.

piano_0440.000.png piano_0440.254.png piano_0800.000.png piano_0881.526.png piano_1320.000.png piano_1324.526.png piano_1760.000.png piano_1770.196.png piano_2200.000.png piano_2219.144.png

Wenn jemand eine Aufnahme des a' seines echten akustischen Klaviers (3 Sekunden) hier einstellt, bitte möglichst rauschfrei, kann ich diese auf die gleiche Art analysieren und damit würdet ihr mir zugegeben mehr helfen als mit einem bloßen Statement "Das ist kein Klavier". Demnächst, wenn ich die Zeit dazu finde, knöpfe ich mir mein eigenes (biliges) Stage-Piano vor.
 

Hallo tasteur,

ich habe mal ein paar Töne in verschiedenen Lagen jeweils ohne, mit rechtem und mit linkem Pedal aufgenommen. Leider ist es doch etwas verrauscht. Vielleicht reicht es aber trotzdem für den Anfang. Sobald ich dazu komme, werde ich später nochmal eine Aufnahme mit höherer Auflösung machen. Die Nebengeräusche werden aber bleiben.

Andre


 

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Vielen lieben Dank für den Aufwand. Ich setze mich am Wochenende daran und analysiere die Klänge, wobei ich sehr gespannt bin. was für Phänomene aus meinem Frequenzdetektor zu ersehen sein werden. Ich bin froh, dass ich die Funktionsweise der Fast Fourier Transformation soweit ergründen konnte, um den zu programmieren, denn aus den Ergebnissen, die fertige Software wie Audacity ausspuckt, kann ich schlecht was erkennen. Das ist halt der Nachteil der FFT: Man kriegt die Energie auf den einzelnen Frequenzen, muss dafür aber auf die Verläufe verzichten. Der Frequenzdetektor erfordert von mir, mich manuell an die einzelne erwartete Frequenz heranzupirschen, wobei mir der Vergleich beider Kurven hilft (Proportionalität zwischen Sinus- und Cosinus Verlauf = Match! Cosinus konstant 0 = Phasenverschiebung 0, aber kein Muss, und eh egal, da die Phase von unserem Gehör rausabstrahiert wird), dafür krieg ich aber auch den Verlauf, das lohnt sich also.

Habe die Klänge schon mal verifiziert als a', a, a'' und A. Von diesen – d.h. zunächst von den pedallosen Versionen – gedenke ich jeweils die ersten zehn Obertöne abzunehmen, und zwar finde ich dabei näherungsweise die jeweilige Frequenz inkl. Verschiebung wegen Saitensteifheit; statt der Abnahme der strikt-harmonischen Frequenzen zum Vergleich, die Verschiebungen sind ja jetzt bewiesen, werde ich mich aber noch mal auf die erste Viertelsekunde fokussieren und da wirklich mit einer Auflösung von einem Durchschnittswert pro Schwingung messen, so sollten sich die Anschlagsverläufe offenbaren.

Ui, das heißt, mal gucken, ob ich so viele Graphiken hier einstellen kann, wo ist das Limit?

Eine höhere Auflösung benötige ich nicht und auch das Rauschen bzw. die Nebengeräusche hält sich sehr in Grenzen. Also noch mal danke, das Material schreit nach einer Auswertung und ich hoffe, mir kommt nichts dazwischen.
 
Freut mich das die Aufnahmen helfen. Sobald ich es schaffe will ich nochmal Aufnahmen der Einzelsaiten machen. Wird aber dauern. Deine Bilder habe ich übrigens nicht verstanden. Muss ich aber auch nicht.
 
realpiano_a4.png
Dies ist mal der Grundton deines a', den ich auf 4s ausgeblendet habe. Die Phase hat allein keine Aussagekraft, ich muss sie lediglich bei der Einstellung des Testsignals beachten. Allenfalls im Vergleich mit anderen Teiltönen lassen sich Aussagen treffen, dass der eine einen Tick früher/später einschwingt als der andere.

Die blaue Kurve gibt an, wie stark die jeweilige Frequenz am Klang beteiligt ist. Die orangefarbene Kurve ist idealerweise eine konstant waagerechte Linien auf Nullniveau, die aussagt, dass sich das sinusbasierte Testsignal exakt deckt mit einem Teilton. Eine seitliche Verschiebung bedeutet, dass die Frequenz nicht genau getroffen wurde. Dagegen läge lediglich eine andere Phasenverschiebung vor, wenn die orangefarbene wie die blaue wär, nur eine andere Amplitude hätte.

Man sieht deutlich, dass da noch was gehen muss bei der Einstellung des Testsignals, die Kosinus geht vielleicht noch sauberer gegen Null. Jaja, da haben wir es wieder: Glaube und Wirklichkeit, alles nicht so einfach wie gedacht. Ich bin gespannt, wie nahe ich dem Ideal komme.

EDIT: Die Kosinuskurve kleinzukriegen, könnte auch aus einem anderen Grund schwer bis unmöglich sein. Mir schwant, was ein Pianist/Klaviertechniker mit "Stimmhaltung" meint. So ein Teilton ist nicht nur hinsichtlich seines Amplitudenverlaufs alles andere als konstant. Ihn hält nichts davon ab, auch seine Frequenz geringfügig, im Bereich von ein paar wenigen Cent, zu ändern oder aperiodisch schwanken zu lassen. Dieses Phänomen ist zu unterscheiden von mehreren, zu eng beieinander liegenden Teiltönen, die sich aneinander reiben, was sich dem Ohr in periodischen Schwebungen äußert (die finden sich auch im Klaviersample von @andreg). Will heißen, Frequenz und Phase zu berücksichtigen, ist nicht genug. Ich werde das Testsignal auch dahingehend konfigurierbar machen müssen, dass es seine Frequenz über die Zeit beliebig stufenlos ändert, und diese teiltonorientierte Frequenzveränderlichkeit wird auch gleich in den Synthesizer implementiert. Und dann ist die Frage, ob ich aus Sinus- und Kosinuskurve diese Veränderung herauslesen kann. Aber ich denke mir das beibringen zu können, mal schauen.
 
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Hallo Tasteur. Hier die versprochenen Sounds der Einzelsaiten. Da diese ohne Frontplatte gemacht wurden, gibt es die Summe auch noch einmal.

Viel Spaß damit.
Andre
 

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  • DR0000_0040.mp3
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Vielen Dank! Bis ich die Analysen dazu liefere, wird es leider noch etwas dauern. Bin gerade dabei, die Ausgabe zu vereinfachen.

Ziel ist es, dass bei einer vollständigen Deckung von Eingangs- und Testsignal eine Balkengraphik ausgegeben wird, die in ihrer Gesamtheit wie ein Rechteck zwischen (0,0) und (<Tondauer, Anzahl Abtastungen, bzw. n gemittelter Segmente>, 1.0) aussieht. Hierzu muss das Testsignal pro Teilton zweierlei berücksichtigen, d.h. die jeweils kodierten Annahmen müssen mit dem Eingangssignal übereinstimmen:
a) Amplitudenmaximum, -verlauf, -modulation,
b) Frequenz, graduelle F.variation über die Tondauer, F.modulation.
Je deutlicher das, was die Analyse ausspuckt, einem Rechteck ähnelt, um so getreuer wird die Synthese anhand der angenommenen Eigenschaften die entsprechende Teilschwingung des Eingangssignals reproduzieren.

Aktuell tüftle ich daran, die mittlere Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Testsignal herauszurechnen. Die Ohren enthalten dem Gehirn die Information auch vor, um wieviele Bruchteile einer Schwingungsperiode eine Teilschwingung der anderen vorausgeht oder folgt. Ich glaube daher, dass, wenn der Klavierstimmer Schwebungen reduziert, reduziert er eigentlich die Abweichungen von der mittleren Phasenverschiebung, denn das ist es aus mathematischer Sicht, was man Schwebungen nennt. Und so werd ich dann auch den Phasenparameter los, den ich bisher noch immer manuell miterraten muss, obwohl der nix zur Sache tut, s. oben. Ein Hoch auf den Arcustangens.
 
Hier nur mal ein Zwischenbericht meines Vorankommens bei der Analyse vom Klavierton, den @andreg freundlicherweise eingestellt hat. Wie nicht anders vorausgeahnt, sicher auch von euch, zieht sich das alles länger hin, ich mache das schließlich in meiner Freizeit und kann nur am Tag im Durchschnitt eine halbe Stunde dem Projekt opfern, zumal die eigentlichen Übungen im echten Klavierspiel mindestens genauso viel an Zeit und Aufmerksamkeit abbekommen sollen. Prinzipiell funktioniert meine Soundanalyse schon ganz gut, und ich weiß, wo ich hin will und mir dämmern die weiteren Herausforderungen.

Ich habe mal eben einen ganz einfachen Sound aus fünf Teiltönen gestrickt; wie er klingt, soll keine Rolle spielen, er ist rein willkürlich designed und hat selbst für mich genau nix mit einem Klavierklang zu tun. (Höre Anhang, falls interessiert, aber kein Wort zur Klangqualität.)

Zu jedem Teilton kenn ich die genauen Eigenschaften wie Frequenz, Maximalamplitude und Amplitudenverlauf. Ich kann meinem Programm also die generierte Sounddatei als Eingabe kredenzen, zusammen mit den Eigenschaften eines Teiltons, aus denen die Probe erstellt wird, um diese mit dem Eingangssignal multipliziert und intervallweise zu mitteln. Hier die Ergebnisse vom ersten Teilton:
probe440Hz.png
Wir sehen ein deutliches Rechteck (den Abweichungen vom idealen Rechteck muss ich noch auf den Grund gehen, ich tippe auf mathematische Ungenauigkeiten), geformt aus gleich hohen Säulen, das indiziert, dass ein Teilton mit den angegebenen Eigenschaften im Klang enthalten ist. Spaßeshalber werde ich mich mal bei der Frequenz des Teiltons um 1Hz vertun, dann würde das so aussehen:
probe441Hz.png

Hieran sieht man deutlich, dass die Balken der Phasenabweichung rhythmisch ausschlägt.

Würde man das Ursprungssignal und die sogenannte Probe übereinanderlegen und sich das Ergebnis anhören, würde man Schwebungen hören.

Diese Phasenabweichung wird bei der konventionellen Fast-Fourier-Transformation sehr früh wegabstrahiert. Wir brauchen sie, deshalb hilft uns FFT nicht weiter. Die Summe der absoluten Höhen der orangefarbenen Balken dient als Divisor, teilt die Summe der blauen Balken, die ideal die ganze Amplitude repräsentieren.

Und dann ist es ein leichtes, automatisiert alle Frequenzen abzutasten, erst im Bereich 400-500 – weil ich als Benutzer des Programms den Klang vorher mit einem bewährten einen FFT analysiert habe, und der in dem Bereich grob ein Maximum verortet – dann im Bereich 400-450, dann 425-450, dann 437.5-450, dann 437.5-443.75, und so weiter, der Algorithmus sucht auf diese Weise nach dem Maximum dieses Quotienten, also nach der Frequenz, bei der die blauen Balken insgesamt möglichst groß und die orangefarbenen Balken insgesamt möglichst klein sind.

Von den Frequenzen dieser Teiltöne kann ich schließen auf die Oktavstreckung und auf die Differenzen der Teiltonfrequenzen zur natürlichen Obertonreihe, die sich wegen der Seitensteifheit ergeben. Und ich kann @andreg ggf. sagen, wenn sein Klavier verstimmt ist. ;)

Aber da ich bei einem unbekannten Sound den Amplitudenverlauf nicht kenne, kann ich auch nichts sagen über Attack, Sustain, und Release. Ich muss also zunächst pro forma davon ausgehen, dass die Amplitude ideal konstant ist, und der graue Bereich im Graph wird alles andere als gleich hoch. Ich bekomme für jeden der 100 Balken eine genaue negative Dezibelzahl und kann diesen Verlauf dann zu einer Kurve abstrahieren.

Aber auch hier wieder: Widdewiddewiddewitt ... die reale Physik wird mir noch ein ums andere Mal die lange Nase machen. Schauen wir uns zum Schluss mal den fünften Teilton meines Ad-Hoc-Sounds an, dessen Eigenschaften ich natürlich ebenso kenne und ich überprüfen kann, das sie im Gesamtklang enthalten sind:

probe2200Hz.png
Rechteck? Pustekuchen. Ich erinnere mich, dass ich den Klang so gestaltet habe, dass sich Teiltöne mit steigender Ordnungszahl 1-5 zunehmend länger halten. Folglich hat der #5 zunehmend mehr Gewicht. Aber warum nimmt dann #1 nicht ab. Diesen Fragen muss ich noch nachgehen.

Es ist noch ein weiter Weg. Aber wenigstens muss ich euch nicht mehr mit meinen Pikometerschrittchen belästigen, sondern kann mir selber die Frage beantworten, wie nah mein generierter Sound soweit objektiv messbar schon dran ist an der Aufnahme von @andreg.

Viele Grüße, und allen, ob sie nun an meinem Projekt interessiert sein mögen oder nicht, ein frohes, gesundes neues Jahr.
 

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  • tumti440.mp3
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Das geht jetzt definitiv in die richtige Richtung. :-)
 
Liebe Barrat,

danke. Die Richtung mag richtig sein, allerdings habe ich inzwischen gemerkt: Nein, diese möglichst wissenschaftlich methodische Arbeit möchte ich nicht länger in meiner spärlichen Freizeit machen, wenn auch ich durchaus mickrige Erfolge hätte. Sie macht mir keinen Spaß. Nur mal theoretisch frage ich mich: Würde sie mir Spaß machen, wenn ich dafür Geld kriege? Alles, was man tut, geht gleichzeitig aus mehreren Motivationen aus: intrinsische, extrinsische und/oder ethische Motivation, oder vulgär formuliert: Lust, Gewinnaussicht und/oder Disziplin. Wenn eine dieser Säulen wegfällt, können es die anderen beiden vielleicht noch kompensieren. Zwei davon stürzen aber auch die dritte.

Da ziehe ich doch lieber meinen ursprünglichen Ansatz vor – die Klangcharakteristik intuitiv kodieren, das Kodat mit meiner Algorithmik und auf Basis von mir manuell digitalisierter, d.h. ebenfalls kodierter Noten verarbeiten. Der mag dem einen oder anderen als Dilettantismus erscheinen. Dilettantismus ist für mich nichts negatives, sondern einfach neugiergetriebene Beschäftigung mit einem Gegenstand, deren Methodik nicht unbedingt zielorientiert und empirisch gefestigt sein muss, sondern im komplementären Maße eben so eine Art kindliches, ergebnisoffenes Spiel. Damit behaupte ich auch, dass jeder Künstler notwendig Dilettant ist und ich bin mir recht sicher, dass nur die negative Konnotation des Begriffs viele davon abhält, das auch so zu sehen.

Ich habe mir gestern die Urtext-Gesamtausgabe der beethoven'schen Klaviersonaten (erster Band) gekauft. Außerdem kümmere ich mich gerade um eine an die konventionelle zweidimensionale musikalische Notation angelehnte Syntax mit den Zeichen, die es auf der Computertastatur gibt, so dass ich die Kodate einfacher vergleichen kann. Aber gut, Details gehört nicht mehr hierher. Jedenfalls möchte ich dann die ein oder andere Klaviersonate mit neuen, selbstgemachten Klängen umsetzen, denn das macht mehr Spaß und ich übe dabei auch das Lesen von Notengruppen im Zusammenhang.

Derweil kann man sich in diesem Forum weiter über die Klavierklangqualität, notwendig produziert mit einem Monstrum aus Holz und Metall, unterhalten. Ich mag das Klavier ja auch, von allen Orchesterinstrumenten gehört es zu meinen Favoriten, indes vergöttern tu ich es nicht. Die Schönheit, meinetwegen die Unnahbarkeit des Klangs hat seinen Preis. Es ist teuer, auch für die Umwelt, und auch bei Umzügen gehört es zu den kostentreibenden Faktoren. Da hab ich kein Problem damit, auf meinem Stage-Piano (250 Euro) zu üben, bis es kaputt ist oder bis ich in eine Wohnung mit weniger hellhörigen Wänden wohne.

... und als Bettvorleger gelandet. Eine Schmach, aber das zugeben zu können erleichtert mein ehrliches Herz. ;)
 

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