Stimmstock Risse reparieren mit Klebstoff/Kunstharz/Leim

st_w

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Hallo!

Es gibt bekanntlich verschiedene Arten einen Stimmstock zu reparieren, wenn die Wirbel zu loose sitzen oder sich Risse bilden, in der Literatur [1][2] finden sich u.a. folgende:
  • Austausch des Stimmstocks, Neuanfertigung mit schichtverleimten Hölzern (z.B. Delignit)
  • Ausdübeln des Stimmstocks
  • Auffüllen der Risse mit Epoxidharz
  • Wirbelsitz festigen mit Superkleber (CA glue)
Mich würden insbesondere Erfahrungen zu den letzten beiden, eher unkonventiellen/moderneren Methoden interessieren. Meiner Beobachtung nach sind in älterer Literatur sind solche Methoden meist noch nicht zu finden. Hier im Clavio Forum lassen sich sogar mehrere Beiträge finden, die explit davon abraten. Forss [1] erwähnt beispielsweise die Anwedung von Epoxidharz nur in anderen Bereichen (z.b. Steg-Reparatur), Igrec [2] hingegen behandelt die Möglichkeiten von Epoxidharz und Superkleber bei der Reparatur von Stimmstöcken explizit.

Hat jemand eine solche oder verwandte Methode bereits ausprobiert und kann Erfahrungen teilen? Welche Beschädigungen sollten mit der Methode repariert werden? Welches Harz/Kleber/Leim wurde verwendet? Wie wurde vorgegangen? Wie war das Resultat? Gibt es längerfristige Erfahrungen zur Reparatur (wie lang hats gehalten)? ...

Ich freue mich auf viele interessante Beiträge. Vielen Dank!
Schöne Grüße,
St_W


[1] Piano und Flügelreparatur, Carl-Johan Forss, 1998
[2] Pianos Inside Out, Mario Igrec, 2013
 
Igrec [2] schreibt über die Verwendung von Superkleber zur Festigung von Wirbeln:
A CA glue can help improve tuning pin torque by flowing in the spaces between the pins and the block, and by forming a collar on the block, around the tuning pins. [...] Don't use too much glue. Some technicians see this as a temporary solution for pianos that would otherwise be discarded, but if you get the glue to penetrate deeply enough into the wood, the repair may last for years.
Use only an ultrathin liquid CA glue, such as Dryburgh Adhesive's Hot Stuff or Zap a Gap® ZAP-08, available from Pianotek. Buy enough product-if you need to apply the glue to all pins, you may need 2 ounces (56 ml) or more.
You want the initial application to be as thorough and effective as possible, because it will seal the wood and render future applications ineffective.

und zur Verwendung von Epoxidharz zur Reparatur von Rissen im Stimmstock:
You may be tempted to apply a superthin, slow-drying epoxy with tuning pins in place, the way you would apply a CA glue, but that is unlikely to sufficiently restore tuning pin torque. The epoxy will seal the cracks in the top ply and prevent future applications, but will not address the delamination and cracking through the rest of the block.
Instead, you should remove the strings and tuning pins, seal the bottom of the pinblock (in grands), fill the tuning pin holes with the thinnest solids-only epoxy you can get, and redrill the holes. The epoxy will strengthen the board by flowing into the cracks, and will restore tuning pin torque.
Er schreibt einleitend dass idealerweise der ganze Stimmstock ersetzt werden sollte und gibt weiters zu Bedenken dass der Arbeitsaufwand einer Epoxid-Reparatur möglicherweise der Neuanfertigung eines Stimmstocks gleich kommen könnte.

Falls ihr nicht nicht selbst Erfahrung gesammelt habt, aber von Dritten oder Literaturquellen über Erfahrungen gehört oder gelesen habt bin ich natürlich ebenso interessiert und dankbar für euren Beitrag!
 
Vom Wellpapperussen hast du noch nichts gehört?
 
Scheint ein Thema zu sein, das Emotionen weckt. Ein Fund bei YT, den ich nicht beurteilen kann. Die Kommentare dort sind teils hilfreich.
 
Bei alten Klavieren wo ein neuer Stimmstock nimmer lohnt, kann man schon schauen wie man des anderweitig gerichtet kriegt.

Ausdübeln ist sicherlich die naheliegensete Methode.

Unser 2016 verblichener Micha Seelig (Klaviermacher) hat auch mal zu völlig unkonvensionellen Mitteln gegriffen wie Sekundenkleber.

Das zeigt natürlich schon beträchtliche Wirkung, sollte aber meineserachtens nach wirklich nur dort angewendet werden, wo der Stimmstock ohnehin verzeitet ist.

Die "Russenpappe"...naja, all zu lang hält das nicht, da auch die Pappe mit der Zeit schnell dünner wird und sich rasch abnutzt.

Hier wäre ein gutes Hartholzfurnier ( Ahorn oder Buche) sinnvoller.

Primär sollte man allerdings erst einmal versuchen die Wirbel gegen stärkere auszutauschen.
 
Danke für Eure Beiträge!

@altermann: ein solches Video ist mir bei YouTube glaub ich schon einmal untergekommen glaub ich. Auch wenn der Erfolg unsicher ist und auch vermutlich nur kürzere Zeit anhält scheint diese Methode zumindest wiederholbar zu sein und keinen weiteren größeren Schaden anzurichten. So etwa nach dem Motto "Hilfts ned, so schadets ned" :-)

@Dämpferlöffel: das Video kannte ich noch nicht. Wenn die Reparatur, so wie im Video erwähnt 8-10 Jahre hält, klingt das ja gar nicht so schlecht. Eine zweite Reparatur nach der gleichen oder einer anderen Klebstoff-Methode ist dann natürlich nicht mehr möglich, das sehe ich auch als ein Problem/einen Nachteil dieser Methode - eine traditionelle Reparatur mit Austausch des Stimmstocks oder ausdübeln wäre jedoch weiterhin möglich, was den Nachteil dann wieder etwas abschwächt.

@Henry: wie von dir erwähnt kommen alternative Reparaturen wie die obigen sicher erst in Frage wenn der Austausch des Stimmstockes unwirtschaftlich wäre und der Stimmstock Schäden aufweist, die das Instrument unbrauchbar machen (wenn es z.B. dadurch nicht mehr stimmbar ist). Ausdübeln ist sicher naheliegend, kann man aber noch immer machen wenn Epodixharz/Superkleber/Wellpappe/etc. nicht zum Erfolg führt, oder?
Du schreibst du würdest zuallererst die Wirbeln gegen stärkere tauschen. Diese bewährte Methode wird natürlich in der Literatur auch häufig beschrieben, aber ich frage mich inwieweit man das auch noch bei bereits sichtbaren Rissen im Stimmstock machen kann/soll? Ich könnte mir nämlich Vorstellen dass durch den größeren Wirbel die Struktur des Stimmstocks noch schlechter wird, wenn bereits Risse vorhanden sind. Ich rede hier übrigens von relativ kleinen Rissen, denn bei größeren Rissen gibt es vermutlich ohnehin keine Alternative zur Neuanfertigung des Stimmstockes.
Andererseits kann, wenn der Riss größer wird, das Epodixharz oder der Klebstoff bei einer späteren Reparatur leichter eindringen :-D. Scherz beiseite, in welchen Situationen würdet ihr größere Wirbel einsetzen? bzw. wann nicht?



Ich habe in den vergangenen Tagen auch nach konkreten Epoxidharz Produkten gesucht, die für eine solche Reparatur empfohlen werden, wurde aber nicht wirklich fündig. Die notwendigen Eigenschaften sind hauptsächlich:
  • niedrige Viskosität, damit es möglichst weit in Risse eindringt
  • Volumenstabilität, also dass es sich nicht ausdehnt oder schrumpft, insbesondere bei der Trocknung
Das sind sicher auch Eigenschaften, die bei der Anwendung in anderen Bereichen, z.B. zur Steg-Reparatur, relevant sind. Kann jemand Produkte empfehlen?
 
in welchen Situationen würdet ihr größere Wirbel einsetzen? bzw. wann nicht?

Wenn die alten lose sind :rauchen:

Risse im Stimmstock müssen nicht immer dramatisch sein, oftmals ist nur das obere Furnier eingerissen, was überhaupt keine Wirkung zeigt.

Auch tiefere Risse müssen sich nicht unbedingt nachteilig auswirken - oftmals halten stärkere Wirbel da noch sehr gut.
 

Nach einiger Zeit habe ich wieder Neuigkeiten zu berichten. Ich wollte die Sekundenkleber-Variante nicht gleich am Stimmstock ausprobieren und habe mir daher Versuchslöcher gebohrt und mit Wirbeln in verschiedenen Stärken probiert.

Von Sekundenkleber gibt es ja verschiedenste Arten - ich habe mich bei den ersten Tests für einfach verfügbare entschieden, das waren Produkte von UHU und Loctite.
Ich habe zuerst versucht den Kleber bei eingebautem Stimmwirbel anzuwenden, aber dafür sind die beiden Produkte ungeeignet und einen sehr dünnflüssigen Kleber hatte ich nicht zur Verfügung.

Für die Anwendung habe ich einen dünneren Stimmwirbel verwendet, der sich mit der Hand ins Loch stecken ließ und sowohl ins Loch als auch auf den Stimmwirbel selbst Kleber gegeben und den Wirbel dann ins Loch gesteckt.

Je nachdem wie lang man den Klebstoff trocknen lässt (ich habe von ganz kurz bis zu einem Tag probiert) sitzt der Wirbel zuerst sehr fest, da der Klebstoff sowohl am Holz als auch am Metall des Wirbels haftet. Mit einem stärkeren Dreh mittels Stimmhammer kann allerdings der Wirbel wieder gelöst werden. Ich habe anschließend versucht einen stärkeren Wirbel in das mit Kleber behandelte Loch einzusetzen, da ansonsten der Wirbel keinen festen Sitz mehr hatte. Dabei unterschied sich das Ergebnis bei den zwei Klebstoff-Produkten. Soviel aber gleich vorweg: bei keinem der beiden saß der Wirbel ausreichend fest. Bei Loctite saß der Wirbel fester, allerdings sorgte die Klebstoff-Oberfläche dafür dass sich der Wirbel nur ruckartig bewegte und verursachte Quietsch-Geräusche dabei - also unbrauchbar. Bei UHU saß der Wirbel weniger fest, ließ sich dafür aber ohne ruckeln bewegen und produzierte auch kein Quietschgeräusch - dennoch aufgrund des wenig festen Sitzes nicht brauchbar.

Meine bisherigen Erfahrung zufolge ist Superkleber demnach ungeeignet um den Sitz eines Wirbels zu festigen und dennoch weitere Stimmbarkeit zu gewährleisten. Was ich mir jedoch vorstellen könnte, ist die Anwendung zum fixieren nach erfolgter Stimmung, hierbei ist jedoch ein sehr dünnflüssiger Kleber erforderlich und dieser müsste nach jeder Stimmung erneut angewandt werden.

Falls jemand andere Methodiken oder Verbesserungsvorschläge hat mache ich gerne noch weitere Versuche. Auch sonstige Meinungen und konstruktive Kommentare sind gern gesehen.

Als nächstes habe ich Experimente mit Epoxidharz geplant. Auch für Tipps dazu (z.B. welche Produkte? Methodik?) oder andere Versuchsvorschläge sind willkommen.

Danke schonmal :-)
 
Deine Sekundenkleber waren viel zu dickflüssig. Du brauchst einen mit sehr niedriger Viskosität, der ins Holz eindringt und es aufquillen lässt.
Ich habe vor langer Zeit gute Erfahrungen mit Illy-Blitz gemacht, den gab es in vielen verschiedenen Varianten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Je nachdem wie lang man den Klebstoff trocknen lässt (ich habe von ganz kurz bis zu einem Tag probiert) sitzt der Wirbel zuerst sehr fest
Das ist glaube ich an der Idee vorbei.
Der Sinn ist, dass das Holz aufquillt (als würde man Wasser nehmen) und der Wirbel daher fester sitzt. Meines Wissens dreht man den Wirbel, wenn der Kleber anzieht, damit er gar nicht erst fest fixiert wird und später beim Drehen das Holz wieder aufreißt.
 
Danke für eure Tipps! Ich dachte mir schon dass ich was falsch mache, da die Ergebnisse so gar nicht brauchbar waren. Den Wirbel zu drehen sodass er gar nicht fixiert wird hatte ich versucht, aber das Hauptproblem war wohl der Klebstoff.

Leider gestaltet sich die Suche nach einem CA Klebstoff mit möglichst niedriger Viskosität nicht so einfach. Entweder es sind für das Produkte keine Angaben zur Viskosität zu finden oder es sind keine Bezugsquellen zu finden.

Für das Produkt "Illy-Blitz" finde ich leider gar keine Bezugsquellen, lt. Datenblatt hat er eine Viskosität von 3-10 mPas bei 20°C.

Was ich gefunden hab ist:
Der Vollständigkeit halber Produkte, deren Viskosität höher war als die Bezeichnung vermuten ließ, und Sonstige
Ich werde den Beitrag aktualisieren wenn ich noch mehr Daten bekomme von Herstellern/Händlern.

Wenn ihr noch Tipps habt - wie immer gerne :-). Danke!
 
So, oder so, ich antworte als Ossi, der von Grund auf gelernt hat aus Scheiße Gold zu machen. Ich habe es noch nicht probiert, aber bin mir sicher, dass man mit Epoxidharz einen losen Wirbel zum stimmbarenen Sitz verhelfen kann. Reparaturanleitung per PN anfordern.
Gauf! :017:
 

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