Stimmsoftware vs Gehör?

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Klavierfan

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Liebes Forum,

ein Freund von mir hat sich eine Stimmsoftware gekauft und stimmt nun seine Instrumente selbst. Er sagt, dies wäre viel genauer als man es mit dem Gehör wahrnehmen kann und auch für die Instrumente schonender, weil man exakt so viel am Wirbel dreht, bis der Zeigerausschlag auf dem Bildschirm richtig ist. (Ich habe es selbst noch nicht gesehen).
Ich bin aber skeptisch und frage mich nun, wenn alles wirklich so einfach ist, warum wird dann im Konzertsaal nach Gehör gestimmt und die guten Stimmer werben ja auch damit, dass sie nach Gehör stimmen?

Liebe Grüße,
Klavierfan
 
Der Klavierbauer, der mein Klavier stimmt, und mein Freund stimmen beide nach Gehör... ich denke, man wirbt damit, weils irgendwie... besser klingt zu sagen, "ich hab hier einen Profi, der kann das auch ohne Technik", als zu sagen "ich bestell mir hier jemanden für 150€ und der macht das mit so nem Ding, das könnt ich auch selbst". Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, dass es einen Unterschied macht, ob man mal ein bisschen hin und her stimmt, oder ob man sich da 2mal rütteln spart, weils eben exakter sein soll... und wer garantiert mir, dass die Klangwahrnehmung von diesem Elektroding wirklich exakt ist? Wenn das Teil einen Schaden hat, was ich bei Elektrogeräten immer annehme ( :P ) dann verstimmt es schöner als jeder unfähige Klavierist... (Bezug auf meinen eigenen Stimmversuch). Und dann ist da dieser Standpunkt von "Persönlichkeit" oder "Charakter", und Profis, die dann vermutlich auf 30m Entfernung bestimmen können, welches Instrument von welchem Stimmer gestimmt wurde, da das ja immer eine individuelle Note hat.
Das Stimmen mit Software ist für mich eher ein Versuch der Standardisierung, wie ich das mal so formschön nennen möchte, um nicht das Wort "Gleichschaltung der Klaviere" missbrauchen zu müssen ... :)
 
Stimmgeräte ist was für Leute, die kein ausgebildetes Gehör haben. Dieses ist, wenn vorhanden, der Technik immer vorzuziehen. So denke ich mir das (ich habe Beides nicht).
 
und auch für die Instrumente schonender, weil man exakt so viel am Wirbel dreht, bis der Zeigerausschlag auf dem Bildschirm richtig ist. (Ich habe es selbst noch nicht gesehen).
I

Was soll denn daran schonender sein?

Ich sah vor kurzem eine Internetseite von einem Stimmer, der angab, er benötige rund 3 Stunden für ein Instrument. Dazu dann einen völlig falsch angesetzten Stimmhammer (einen Stimmhammer setzt man nicht wie einen Schraubschlüssel an...! Ich frag mich immer, wie man damit überhaupt nur einen Chor reinbekommt...)
Da bringt auch das beste Gerät von TLA, CyberTuner oder TuneLab nichts... Denn spätestens dann, wenn irgendetwas nicht ganz gewöhnlich ist, wie

1. unreine Saiten
2. Federnde Wirbel
3. Schlechte Konstruktion
4. Kaputter Stimmstock

kommts eben auf mehr an, als nur solch ein Gerät zu haben. Das Stimmen zu erlernen ist für jeden machbar, aber dazu benötigt man viel Übung, bestenfalls an möglichst vielen Instrumenten.

LG
Patrick
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das Stimmgerät kann das Instrument nicht schonen, denn da hantiert ja immer noch der Stimmer dran herum. Wenn dieser etwas falsch macht in der Handhabung, dann hilft das Stimmgerät auch nicht.

Wenn man aber die Stimmsoftware bedienen kann, dann bekommt man eine sehr gut auf das Instrument abgestimmte Streckung hin. Komplett nach Stimmgerät stimmen klappt definitiv nicht. Den schönen Ton und Intonation muss man immer noch mit dem Gehör machen.

Ich habe eine sehr hohe Achtung vor Klavierstimmern, die nach Gehör stimmen. Ich habe jedoch auch schon einige Stimmungen erlebt, die nach Gehör gestimmt wurden und in den Randbereichen daneben waren. So einfach "nach Gehör stimmen = gut, nach Stimmgerät stimmen = schecht" ist es eben nicht.

Die Angabe eines Zeitfensters von 3 Stunden finde ich von dem Stimmer in Ordnung. Die Stimmung selbst lässt sich schneller erledigen, aber meist gibt es so viel zu regulieren oder reparieren, dass 3 Stunden angemessen sein können.

Liebe Grüße,
Mawima
 
Da bringt auch das beste Gerät von TLA, CyberTuner oder TuneLab nichts... Denn spätestens dann, wenn irgendetwas nicht ganz gewöhnlich ist...
Genau. Ich vergleiche das für Laien (wie mich) immer gerne mit einem Fliesenleger. Ein wirklich guter Fliesenleger arbeitet immer ohne Fliesenkreuze. Denn in den Fliesen oder im Untergrund sind immer kleine unscheinbare Fehler drin, die man mit Kreuzen niemals korrigieren kann. Das Gesamtbild der Fläche ist dann wie eine gute (oder schlechte) Stimmung eines Klaviers.
 
Die Schwierigkeit beim Klavierstimmen besteht meiner laienhaften Meinung und Erfahrung nicht nur darin, den Wirbel soweit zu drehen, daß der Ton stimmt (egal, ob man dies jetzt direkt akustisch oder indirekt visuell erkennt), sondern vielmehr darin, den Wirbel so zu setzen, daß der Ton auch da bleibt.
 
Die Schwierigkeit beim Klavierstimmen besteht meiner laienhaften Meinung und Erfahrung nicht nur darin, den Wirbel soweit zu drehen, daß der Ton stimmt (egal, ob man dies jetzt direkt akustisch oder indirekt visuell erkennt), sondern vielmehr darin, den Wirbel so zu setzen, daß der Ton auch da bleibt.

Das ist der Punkt... wer einen Wirbel exakt so weit dreht, bis der Ton stimmt, wird sich spätestens einen Tag später, nach dem ersten kräftig gespielten Stück, wundern, warum sein Instrument plötzlich nicht mehr stimmt... :D
Die große Kunst beim Klavierstimmen ist es, die Saite mit all ihren Reibungspunkten und nicht klingenden Überhängen gleichmäßig so zu spannen, dass der klingende Teil auf der exakten Frequenz liegt und gleichzeitig alle nichtklingenden Saitenabschnitte gleich stark gespannt sind... das erreicht man mit dem Hochziehen auf den Ton definitiv nicht.
Zum Thema Software vs. Gehör... die Kombination macht's... eine gleichmäßige Temperatur exakt zu stimmen, ist mit dem Stimmgerät bedeutend schneller und genauer... ob sie dann für das entsprechende Instrument leicht variiert werden muss, dass entscheidet dann das Ohr.
Wer stur nach Stimmgerät (ich rede jetzt von richtigen Klavierstimmgeräten) stimmt, wird zwar durchaus brauchbare Stimmungen hinbekommen, aber das letzte Quentchen zur "perfekten" Stimmung wird fehlen (vom handwerklichen Können mal ganz abgesehen... s.o. ;-))...

LG Georg
 

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