Steinway: Hype, Preis & Leistung

siggi87

siggi87

Dabei seit
19. Feb. 2013
Beiträge
244
Reaktionen
17
Guten Abend ihr Lieben,

ich möchte gerne eine kleine Diskussion auslösen bzw. eure Meinungen dazu wissen.
Es geht,wie im Titel steht,um Steinway.

Wenn man sich die Preise von Steinway anschaut, sind sie in Bezug auf andere Hersteller ganz schön hoch. Viele sagen: Steinway ist das Spitzenprodukt, was besseres ist nicht zu kriegen. Ich kann mir vorstellen, dass diese Meinung teilweise durch Erfahrung (Anspielen verschiedener Instrumente), aber auch durch massive Werbung entsteht.
Einige würden argumentieren, dass die Qualität nicht zu übertopen ist, sieh dir mal die Pianisten alle an, sie spielen hauptsächlich Steinway, das muss ja einen Grund haben.
Aber kann es auch sein, dass Steinway den Toppianisten die Flügel sponsert, ich meine der Pianist würde wahrscheinlich das nicht ablehnen, da ein Flügel für 150.000 € auch dem Geldbeutel eines Spitzenpianisten weh tut. Weiterhin macht der Pianist
dadurch Werbung, dass er nur mit dieser Marke auftritt (evtl. Vertrag mit S&S ???).
Das Material und die Handarbeit müssen theoretisch den meisten Wert haben, aber wenn man sich "August Förster" anschaut, dort steckt auf jeden Fall mehr Handarbeit
und das Material ist bestimmt auch nicht schlechter als bei S&S.
Eigentlich kann man ja nur zu dem Entschluss kommen, dass man sehr viel für die
Marke und für das Marketing zahlt.
Ich kann mir auch vorstellen, dass es bei vielen Personen (auch Musikveranstalter) sich im Kopf festgebrannt hat, es komme nur Steinway in Frage, wenn es ein Topprodukt sein soll.

Was meint ihr dazu, unabhängig vom Geldbeutel, natürlich wenn jemand sehr viel Geld hat, der kann sich das auch leisten, aber es geht mir hier um den Hype, der gemacht wird, dass sogar Anfänger mit diesem Namen als erstes konfrontiert werden, obwohl es viele andere Hersteller gibt, die genauso gute Instrumente für weniger Geld herstellen.

Ich hoffe es kommen einige Meinungen hier zu Stande :wink:
 
Ein sehr schöner Diskussionsanstoß! Ich möchte mal den letzten Satz nehmen:

"obwohl es viele andere Hersteller gibt, die genauso gute Instrumente für weniger Geld herstellen."

Das ist eben die Frage! Förster mit S+S zu vergleichen - das funzt nicht! Da liegen schon Welten dazwischen! Wenn nun der Grad der Handarbeit identisch ist, auch die Materialien vielleicht ebenso gut sind, S+S aber dennoch das bessere Instrument baut, so ist der Preis gerechtfertigt, da er am Markt erzielt werden kann. Anders ausgedrückt: Würde Förster die Preise von S+S haben, wären sie sofort pleite, da für den Preis die Flügel keiner nimmt. Die sind nämlich tatsächlich um einiges "schlechter".

Spricht man von Instrumenten auf dem gleichen Niveau wie S+S, dann wird der Preisunterschied schon deutlich geringer - lass es ein paar kilo sein. Im Prinzip gelten hier die gleichen Preise.

Dass S+S vorherrscht liegt sicher daran, dass S+S schon immer (also nach dem Krieg) DER Flügel war. Dieses Image wurde sicher mit Werbung etc. erreicht, aber auch die Instrumkente müssen hervorragend sein. Michelangeli hätte und hat nie ein anderes Instrument akzeptiert.

Heute tun sich daher andere gleich gute Hersteller schwer, diese Vormachtstellung zu brechen, in den Köpfen ist das anders eingespeichert. Sicherlich hängt das auch mit dem Krieg zusammen, vor S+S war halt Bechstein DER Flügel!
 
Marketing. Und das Glück gehabt, als erster Patente anzumelden vor vielen Jahren.
 
Ich denke, es hat tatsächlich etwas mit Marketing zu tun, dass S&S heute - mit wenigen Ausnahmen - als Standard für den Konzertbetrieb fungiert.
Es liegt nicht nur am guten Klang und an (mittlerweile abgelaufenen) Patenten, sondern auch daran, dass es dem Haus gelang, die Konzertveranstalter und -häuser mit seinen Instrumenten auszustatten.
Folge: Der weltreisende Pianist findet quasi überall ein Instrument der vertrauten Marke vor. Folge: Er möchte sich nicht auf andere Instrumente einstellen und verlangt nach S&S - und übt zu Hause auf S&S...

Ich persönlich finde Steinway nicht schlecht, im Gegenteil, ich bedaure nur, dass sich dadurch EIN Klangideal verfestigt hat und andere Schattierungen weniger zum Zuge kommen.

Meint
Die Drahtkommode
 
Der erworbene "Standard" ist durch massives, engagiertes Marketing entstanden - und zwar nicht erst heute, sondern bereits in den Anfängen des letzten Jahrhunderts. Man darf nicht vergessen, dass die Klavierindustrie damals der heutigen Unterhaltungselektronik gleichzusetzen war - dementsprechend groß sind die Versäumnisse (!!!) der Wettbewerber einzuschätzen.

Ansonsten stimme ich Verdi zu: Ein Steingraeber oder Fazioli spielt preislich in der gleichen Liga - bei manchen Instrumenten kann sogar der Preis höher sein als bei S&S.

Ich fürchte aber, dass das, was früher mit einem hohen Preis und Spitzenanspruch kompromisslos einherging - nämlich exzellenter und kulanter Service - auch hier dem Diktat des Controllings geopfert werden wird. Die Automobilindustrie hats vorgemacht. Wer vor den 90ern eine Luxuslimousine deutscher Fabrikation kaufte, konnte sicher sein, jedes Ersatzteil zum "Herstellungspreis" zu bekommen - man hatte (nach damaligem Verständnis) ja den Markenobulus bereits beim Kauf entrichtet und verdiente nun "VIP-Behandlung". Aus eigener Erfahrung aus den 90ern: Tankdeckel Mitsubishi Colt: 70,- DM - Tankdeckel DB 300 SE: 1,84 DM!!!! Während bei allen Kleinwagen damals längst de Scheibenwischer komplett getauscht wurden, gabs z.B. beim genannten Benz die Gummis einzeln für zweistellige Pfennig (!!!!)-Beträge.

Mir wurden etliche Fälle geschildert, in denen sich S&S extrem kulant gezeigt hat, obwohl die Schäden vom Kunden verursacht wurden. Das dürfte wohl nach wie vor für die gesamte Premiumklasse gelten - bei S&S allerdings fürchte ich, dass diese noble Kaufmanns-Geste so langsam durch die Mehrheitseigner abgeschafft wird. Hier liegt die große Chance für die Konkurrenten, Boden wettzumachen. Denn ein zufriedener, stolzer Kunde mit VIP-Gefühlen im Bauch ist werbetechnisch viele, viele Tausender (wenn nicht gar Zehntausender) wert. Das gilt aber nur, wenn man sein Geschäft extrem langfristig betrachtet, wie es heute oft nur noch Familienbetrieb schaffen, die z.T. in Generationen denken und nicht in Shareholder-Value.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom