Spielen mit Gefuehl

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Normalo

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5. Aug. 2021
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Ich habe jetzt bereits mehrmals bei verschiedenen Stuecken von meiner KL hoeren muessen, dass ich ohne Gefuehl spiele. Ich kann das tatsaechlich bestaetigen, weil ich nicht so wirklich eine Vorstellung von dem "Gefuehl" habe, das ein konkretes Stueck ausdruecken will bzw. weiss ich nicht, wie ich selbst ein Gefuehl erzeugen koennte. Meine KL meint, an der Technik kann es nicht liegen, die habe ich bereits gut eingeuebt. Sie verpackt dann das Stueck so in einer Erzaehlung, dass ich es verstehe, aber ich krieg's trotzdem nicht umgesetzt oder es klingt kuenstlich.

Ich bin zwar ein hauptsaechlich rationaler Mensch, aber auch ich habe ein Gefuehlsleben, Musik kann mich in viele unterschiedliche Stimmungen versetzen. Ich mag sogar sehr gerne traurige/melancholische Lieder, aber auch heitere Musik wie z.b. Boogie Woogie lassen mich absolut aufleben. Auch hoere ich das Gefuehl heraus, wenn meine KL die Stuecke vorspielt. Ich bin also nicht gefuehlstaub.

Also einfache Frage: Wie spielt man mit Gefuehl, wie bringt man dieses Gefuehl so rueber, dass ein Zuhoerer es versteht?
 
Hallo, es bringt herzlich wenig, wenn sie Dir sagt, dass du gefühlvoll spielen sollst, wenn du das nicht umsetzen kannst. Da bringt auch Vormachen nix.
Wird im Unterricht auf Dynamik geachtet? Also p/f/cresc./decresc./rit. und so weiter? Wurde Dir gezeigt, wie man das umsetzt? Einsetzt?
Man muss lernen, wie man das auf dem Klavier spielt, um es einsetzen zu können, und um die Emotionen ausdrücken zu können.
PS: Viel hat auch mit "Körpereinsatz" zu tun, also dem "Mitgehen" mit der Musik. Wenn du steif dahockst, ist es schwierig, emotional zu spielen.
Dabei muss man aber dann auch nicht übertreiben, sonst endet man wie Lang Lang, der die emotionale Performance über das Klavierspiel stellt. Da unterstelle ich ihm aber nicht mal Absicht.
 
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@antje2410 Ja, auf Dynamik wird geachtet, nicht zuletzt auf die auf dem Notenblatt notierte Dynamik. Aber es gibt ja auch Stellen ohne Notierung, wo man Interpretationsspielraum hat. Bei manchen Czerny-Uebungsstuecken gibt es keine ausgewiesene Dynamik, meine KL laesst mich dann aber trotzdem welche hinzufuegen, z.b. bei aufsteigender Tonleiter ein leichtes crescendo usw..

Ich hab hier im Forum viel ueber Klangvorstellung gelesen, also dass man bereits eine genaue Vorstellung davon haben muss, wie es klingen soll, bevor man die Taste anschlaegt. Ich glaube, mir fehlt einfach diese Vorstellung, wie Teile des Stueck klingen koennten, dass mehr Gefuehl drinsteckt. Die Umsetzung der Klangvorstellung ist ja dann erst der zweite Schritt, den ich natuerlich auch lernen muss, wie du sagst mit Koerpereinsatz und so, aber das ist ja dann Technik, die ich jetzt auch schon lerne.

Ich glaube ich spiele mechanisch, weil ich keine Vorstellung hab, nicht weil die Technik fehlt.
 
sonst endet man wie Lang Lang, der die emotionale Performance über das Klavierspiel stellt
Ich finde Lang Lang gar nicht schlecht, wenn man eine Idee bekommen will, wie man gefühlvoll spielt.
Man muss es dann ja nicht ganz so extrem treiben. Auf der anderen Seite finde ich beim Üben Übertreibung auch eine hilfreiche Übetechnik.
Also hör dir doch mal ein Stück von Lang Lang an (der hat auch viele Anfängerstücke eingespielt), ahme die Theatralik (im Spiel, die übrige Performance muss man sich ja nicht angewöhnen...) nach, dann reduzierst du die Dramatik bis sie zu dir passt.
 
Wie SPRICHST Du denn so?

Wenn Du eine interessante Begebenheit erzählst, redest Du dann ausdrucksvoll? Mit Dynamik, Betonungen? Hören Dir andere gerne und interessiert zu? Merkt man Dir an, dass Dich das, was Du da erzählst, bewegt?

Oder sprichst Du eher gleichförmig oder "cool"?

Gibt es irgendwas in Deinem Leben (Sport, Tanzen, whatever), bei dem Du gerne mal "aus Dir herauskommst" und Dich lebhaft und emotional bewegst?
 
Mir hat bei diesem Problem geholfen, dass ich mir beispielsweise Balladen angehört habe, bei denen der Sänger/in besondere Stellen betont hat. Das habe ich versucht am Klavier genauso zu machen, also laut - leise spielen. Auch wenn jetzt manche die Nase rümpfen, Someone like you von Adele ist ein gutes Beispiel.
Ich wünsche Dir viel Erfolg !
 
Wie SPRICHST Du denn so?

Wenn Du eine interessante Begebenheit erzählst, redest Du dann ausdrucksvoll? Mit Dynamik, Betonungen? Hören Dir andere gerne und interessiert zu? Merkt man Dir an, dass Dich das, was Du da erzählst, bewegt?

Oder sprichst Du eher gleichförmig oder "cool"?

Gibt es irgendwas in Deinem Leben (Sport, Tanzen, whatever), bei dem Du gerne mal "aus Dir herauskommst" und Dich lebhaft und emotional bewegst?
""Wenn Ihrs nicht fühlt, Ihr werdets nicht erjagen, wenn es nicht aus der Seele dringt und mit urkräftigem Behagen die Herzen aller Hörer zwingt..." antwortete Faust seinem Famulus Wagner, der sich Sorgen um den richtigen Vortrag machte.
 
Zuletzt bearbeitet:
@hasenbein Da musste ich jetzt kurz nachdenken, also ich verfalle nicht in Hysterie, wenn ich spreche, ich wuerde sogar sagen, dass ich in den meisten Faellen eher subtil meine Emotionen zum Ausruck bringe. Beim Streiten bin ich meist ruhig und gelassen, ganz selten werd ich auch mal laut. Das ist meine subjektive Wahrnehmung, Feedback muesste ich mir erst einholen.

Ich hab mal meine KL beobachtet, wie sie so mit Leuten spricht. Eigentlich eher gelassen, ohne besonderes Temperament. Dabei ist sie aus dem Norden Chinas, sie isr sehr gesellig und kann beim Klavierspielen ordentlich in die Tasten hauen.

Da faellt mir ein, dass auf einem kuerzlichen Event mit einem Pianist aus Osteuropa der Pianist sagte, dass man Temperament fuer's Spielen braucht. Das auf die Frage einer Zuschauerin hin, warum ihr Kind gut spielt, aber seit langer Zeit kein schnelleres Tempo hinbekommt. Hab ich etwa kein Temperament?

Emotionen hab ich aber, ich glaub, ich sollte mal die Selbstkontrolle abschalten... Ich wollte nie werden wie meine Mutter, die bei jeder Kleinigkeit explodierte, traurige Geschichte ;-)
 
Ich hab hier im Forum viel ueber Klangvorstellung gelesen, also dass man bereits eine genaue Vorstellung davon haben muss, wie es klingen soll, bevor man die Taste anschlaegt.
Für mich sind Klangvorstellung und Emotionalität im Spiel zwei unterschiedliche Dinge.

Musik kann mich in viele unterschiedliche Stimmungen versetzen. Ich mag sogar sehr gerne traurige/melancholische Lieder, aber auch heitere Musik wie z.b. Boogie Woogie lassen mich absolut aufleben.
Hast du schon einmal versucht, ein Stück mit der entsprechenden Emotionalität anzuhören und dann in dieser Stimmung selber zu spielen? Also die Stimmung aus dem gehörten Stück in das eigene Spiel mitzunehmen?

Vielleicht hilft es auch, nicht in Noten, sondern in Phrasen zu denken. Die einzelnen Noten dem Muskelgedächtnis überlassen und (gedanklich) die Melodie mitsummen. Oder vielleicht an eine Aufnahme von genau diesem Stück denken, die dir gut gefällt.
 
@hasenbein Da musste ich jetzt kurz nachdenken, also ich verfalle nicht in Hysterie, wenn ich spreche, ich wuerde sogar sagen, dass ich in den meisten Faellen eher subtil meine Emotionen zum Ausruck bringe. Beim Streiten bin ich meist ruhig und gelassen, ganz selten werd ich auch mal laut. Das ist meine subjektive Wahrnehmung, Feedback muesste ich mir erst einholen.

Ich hab mal meine KL beobachtet, wie sie so mit Leuten spricht. Eigentlich eher gelassen, ohne besonderes Temperament. Dabei ist sie aus dem Norden Chinas, sie isr sehr gesellig und kann beim Klavierspielen ordentlich in die Tasten hauen.

Da faellt mir ein, dass auf einem kuerzlichen Event mit einem Pianist aus Osteuropa der Pianist sagte, dass man Temperament fuer's Spielen braucht. Das auf die Frage einer Zuschauerin hin, warum ihr Kind gut spielt, aber seit langer Zeit kein schnelleres Tempo hinbekommt. Hab ich etwa kein Temperament?

Emotionen hab ich aber, ich glaub, ich sollte mal die Selbstkontrolle abschalten... Ich wollte nie werden wie meine Mutter, die bei jeder Kleinigkeit explodierte, traurige Geschichte ;-)
OK, alles klar.

Du bist also insgesamt ein gehemmter Typ. Ein braver, langweiliger Nice Guy.

Daher hast Du auch den Nick "Normalo" gewählt. Du machst tendenziell immer brav alles so, dass sich keiner beschwert (oder dass Dir jemand sagt "haddu prima demacht").

Ist klar, dass es Dir vor dem Hintergrund fremd erscheint, jetzt plötzlich am Klavier irgendwas "ausdrücken" zu sollen. Wenn Dir doch nur die KL einfach genau sagen und in die Noten eintragen würde "hier lauter, hier leiser", nicht wahr?
 

@Normalo Du hast doch eigentlich hilfreiche Gedanken, um beim Klavierspiel ins Gefühl zu kommen. Du bist im Alltag zurückhaltend und geprägt von den emotionalen Ausbrüchen der Mutter, der du nicht ähneln möchtest.
Da wäre es doch nur logisch für dich, dass du dir erlaubst, alle Emotionalität ins Klavierspiel zu geben? Als Raum für dich, in dem du deine Selbstkontrolle ablegen darfst - sollst.
 
Ja, unterbewusst kannst du die Emotionen nicht zulassen. Daran solltest du arbeiten, vielleicht mit psychologischer Hilfe. Ich denke, Du weißt gar nicht, wie du mit Emotionen gesund umgehen kannst, aus Angst, so zu werden wie Deine Mutter.
Aber allein die Erkenntnis ist schon gut und ein erster Schritt.
 
Wie spielt man mit Gefuehl, wie bringt man dieses Gefuehl so rueber, dass ein Zuhoerer es versteht?
Also die Tipps meiner KL dazu sind: Das Stück (die Melodie) singen (evtl. mit eigenem ausgedachten Text) und dann sich bewußt machen, wo die Phrasen sind, wo werde ich lauter oder leiser, wo hole ich Luft. Dazu soll ich mir auch verschiedene Interpretationen des Stückes anhören und daraus meine Interpretation entwickeln.
Bei der musikalischen Umsetzung soll ich in Phrasen denken und diese dann zusammenhängend spielen. Wenn z. B. ein Notensprung dabei ist, bei dem ich beim Singen erst mal Luft holen müsste und daher etwas mehr Zeit für den Tonsprung brauche, kann dies auch gespielt werden.
Hilfreich für mich ist dann auch das Aufnehmen. Oft denke ich beim Spielen, dass ich schon gut artikuliere, wenn ich das aber dann höre, ist dies doch noch nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe.

Bin auch auf weitere Hinweise gespannt.
 
„Mit Gefühl spielen“??? Ich gebrauche zum Klavierspielen meinen Kopf, meine Arme, Finger, Füße. Meine (!) Gefühle gehen niemanden etwas an. Ich will am Klavier etwas darstellen, beim Zuhörer Emotionen wecken. Dazu muß ich mein Handwerkszeug beherrschen. Auch beim Schauspieler interessieren mich nicht dessen Gefühle und Befindlichkeiten. Er muß seine Rolle überzeugend verkörpern. Mich interessiert nicht, ob Anthony Hopkins Menschenfleisch mag, aber er muß die die Vorliebe Hannibal Lecters für Menschenfleisch überzeugend spielen. Sonst ist er für die Rolle nicht geeignet. Das vermeintliche „Gefühl“ beim Pianisten ist nichts weiter als subtile und subtil eingesetzte Technik: Wie gestalte ich ein crescendo und decrescendo, wie baue ich Spannungsbögen, setze ich Betonungen, wie phrasiere und artikuliere ich?
@hasenbein : Die guten Pianisten (und ebenso Schauspieler), die ich persönlich kenne, sind im Privatleben keine Rampensäue und auch nicht sonderlich extrovertiert, eher im Gegenteil.
 
@Normalo Du hast doch eigentlich hilfreiche Gedanken, um beim Klavierspiel ins Gefühl zu kommen. Du bist im Alltag zurückhaltend und geprägt von den emotionalen Ausbrüchen der Mutter, der du nicht ähneln möchtest.
Da wäre es doch nur logisch für dich, dass du dir erlaubst, alle Emotionalität ins Klavierspiel zu geben? Als Raum für dich, in dem du deine Selbstkontrolle ablegen darfst - sollst.
Ergänzendes Beispiel: Bei mir ist es so, dass ich im Alltag körperlich sehr angespannt bin und sich dadurch bestimmte Beschwerden verstärken. Beim Klavierspielen wurde mir das schnell als Problem bewusst (gemacht) und ich arbeite daran, loszulassen. Mittlerweile bin ich sensibilisiert dafür, darum gelingt es mir viel besser, die Hände und den restlichen Spielapparat entspannt zu lassen. Das ist eine Wohltat, ich merke das richtig und freue mich daran.
Plötzlich wird mir im Alltag in manchen Situationen die Anspannung auch bewusst und ich kann gegenwirken (z.B. Druck beim Schreiben).
Vielleicht ist es bei dir ähnlich, was Emotion angeht. Psychologische Hilfe usw. find ich jetzt etwas aufgebauscht hinsichtlich deiner Fragestellung... ;-)
 
„Mit Gefühl spielen“??? Ich gebrauche zum Klavierspielen meinen Kopf, meine Arme, Finger, Füße. Meine (!) Gefühle gehen niemanden etwas an. Ich will am Klavier etwas darstellen, beim Zuhörer Emotionen wecken. Dazu muß ich mein Handwerkszeug beherrschen. Auch beim Schauspieler interessieren mich nicht dessen Gefühle und Befindlichkeiten. Er muß seine Rolle überzeugend verkörpern. Mich interessiert nicht, ob Anthony Hopkins Menschenfleisch mag, aber er muß die die Vorliebe Hannibal Lecters für Menschenfleisch überzeugend spielen. Sonst ist er für die Rolle nicht geeignet. Das vermeintliche „Gefühl“ beim Pianisten ist nichts weiter als subtile und subtil eingesetzte Technik: Wie gestalte ich ein crescendo und decrescendo, wie baue ich Spannungsbögen, setze ich Betonungen, wie phrasiere und artikuliere ich?
@hasenbein : Die guten Pianisten (und ebenso Schauspieler), die ich persönlich kenne, sind im Privatleben keine Rampensäue und auch nicht sonderlich extrovertiert, eher im Gegenteil.
Das stimmt, aber wenn jemand es einfach ÜBERHAUPT nicht kennt, seine Emotionen mal zu zeigen (also in anderen Worten einfach eine Schlaftablette ist) und zudem noch generell sehr konventionell und brav lebt, dann ist eher nicht zu erwarten, dass er plötzlich beim Musikmachen wer weiß was für Emotionen zu erzeugen vermag.

Dazu gesagt werden muss, dass ohnehin nur sehr wenige Klavierschüler dahin gelangen, tatsächlich Emotionen mit ihrem Spiel zu transportieren. Die Ursachen dafür sind vielfältig.
 
Natürlich muss man mit seiner Musik etwas zu erzählen haben.

Hier gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte. Vielleicht helfen dir Vorstellungen von Farben (also wirklich Orange, Grün, etc.) oder eine echte Geschichte, die du mit dem Stück erzählst. Oder eben abstraktere Emotionen, die du 'empfinden' kannst.

Häufig wird "Gefühl" aber mit Phrasierung, Dynamik und Agogik verwechselt. Man kann nicht jede Note gleich betonen: Takt, Harmonie und Phrase geben das vor. Das reicht meist schon. Zu viel "Ego" (und auch Körperbewegung) schadet nur.

Versuche mal gute Aufnahmen zu hören und ein bisschen in diese Klangvorstellungen einzutauchen. Ich wette, dann bekommst du auch gute Ideen für deine Stücke.
 

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