Skurrile Kleinanzeigen bei Ebay

Hier ein 1892er auch mit 3-Felder-Capo (Foto 18). Sonst allerdings auch zum Weinen…

Da steht zum Flügellack: Polyester Stil "Paderewski".

Google zeigt mir nur den pfeifenden Eisfischer und ChatGPT murmelt seltsame Vermutungen. Was hat es mit dem Polyesterlack im Stil "Paderewski" auf sich?
 

Evtl. bezieht sich das auch nur auf die Dämpfer (die sehen auch poly-beschichtet aus) mit Bezug auf die Kerntopf-Instrumente (Paris 1889).
 
Hier ein 1892er auch mit 3-Felder-Capo (Foto 18). Sonst allerdings auch zum Weinen…

Ich habe natürlich mit Herrn Päsel gesprochen, was es mit dem Flügel auf sich hat, weil ich nach den vielen Telefonaten mit ihm den Eindruck hatte, dass er sich durchaus mit älteren Instrumenten gut auskennt. Und in der Tat, der Flügel wird im Kundenauftrag angeboten; das nur zur Ehrenrettung von Piano Palme. ÜBer Herrn Päsel bin ich auch zum Uwe Weschenfelder gekommen, bei dem ich meinen Flügel entdeckt habe.
 

Heute bin ich auf eine skurrile Anzeige im finnischen Kleinanzeigenmarkt gestossen. Der Verkäufer hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, den Herstellernamen und -ort richtig zu übertragen (Liinorgel anstatt Linköping in Schweden). Hier die deutsche Übersetzung des Textes mit einer für den finnischen Markt leicht überhöhten Preisvorstellung. :blöd:

"J.O. Baumgärt Liinorgel Klavier mit weißer Oberfläche. Das Klavier ist ein Standmodell und verfügt über klassische schwarz-weiße Tasten. Es verfügt über eine traditionelle Bogenkonstruktion und Stimmmechanik aus Metall. Es eignet sich für das Musizieren und den Unterricht. Das Klavier wurde von einem Fachmann komplett überholt. Das Geschäft hat das Klavier aus dem Ausland importiert und restauriert. Das Klavier kostete vor 10 Jahren im Geschäft 6000 € und wird nun aus Platzgründen verkauft. Bei Interesse können Sie es sich gerne ansehen und ein Angebot machen. Es wurde nur sehr wenig benutzt. Es gibt wohl nicht viele ähnliche Klaviere auf dem Markt?"



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Da steht zum Flügellack: Polyester Stil "Paderewski".
Und schon alleine wegen des Polyester Lacks handelt es sich hier um eine Modernisierung/ Generalüberholung und keine Restaurierung. Und der Austausch der Hebeglieder und Hammerköpfe gegen Renner deutet auch drauf hin. Ob hier auch die Original-Konstruktion mit den gedrehten Stehstiften und damit den unterschiedlichen Saitenlängen pro Chor überlebt hat, konnte ich anhand der Bilder nicht erkennen.
 
Ob hier auch die Original-Konstruktion mit den gedrehten Stehstiften und damit den unterschiedlichen Saitenlängen pro Chor überlebt hat, konnte ich anhand der Bilder nicht erkennen.

Ich schon. Das Teil hat einen neuen Boden und damit auch neuen Steg bekommen und man sieht, dass die Stegstifte gerade sind, die Saitenlängen also gleich. Vom tatsächlichen Klang von 1887 dürfte da überhaupt nichts mehr zu hören sein.
 
Ich schon. Das Teil hat einen neuen Boden und damit auch neuen Steg bekommen und man sieht, dass die Stegstifte gerade sind, die Saitenlängen also gleich. Vom tatsächlichen Klang von 1887 dürfte da überhaupt nichts mehr zu hören sein.
In der Beschreibung steht nichts von neuem Boden und neuen Stegen - da steht gespänter Boden, also alt. Die Stege sehen aber in der Tat neu aus. Das mit den schrägen Stiften kann ich schwer erkennen - auf den Fotos 9+10 sieht man Steg-Ausschnitte vom Bass und Teile der Mittellage, wo man die Schräge der Stifte nicht so gut erkennen kann wie im Diskant, der nicht abgebildet ist. Aber wir hatten es ja schon in dem anderen nicht-restaurierten Fall, das dieses Element flöten gegangen ist.

Sowas ist schade, weil zusammen mit der neuen Mechanik und den neuen HK ist das so, als wenn man einem 300SL seinen Reihensechzylinder rausreissen und gegen ein 1.5k-Turbomötörchen ersetzen würde (mir geht es hier nur um den Charakterveränderung eines solchen historischen Produkts. Das so etwas technisch noch an weiteren technischen regulatorischen Hürden scheitert, ist hier mal egal), der gleiche Leistung und Drehmoment mitbringt, aber.. Schon merkwürdig: im Automobilbau würde niemand einen derartigen Motorwechsel eines Klassikers akzeptieren - der Wagen hätte danach kaum noch einen Wert. Bei Klavieren scheint das aber völlig anders zu sein. Wahrscheinlich, weil die Anzahl sehr alter Instrumente im Markt im Verhältnis so hoch ist wie Autos o h n e H-Kennzeichen auf der Straße - und umgekehrt: wirklich junge Instrumente (abgesehen von Yamaha und Kawai) sind in etwa so selten anzutreffen wie Oldtimer. Und u.a. auch wegen dieser hohe Zahl der alten Instrumente fällt dann die Unterscheidung zwischen wertlosen Altinstrument und historischer Perle ungemein schwerer.

Jedenfalls ist das ein schön aussehender, und wahrscheinlich auch gut klingender Flügel, nur halt ohne seinen Sechszylinder..
 
Jedenfalls ist das ein schön aussehender, und wahrscheinlich auch gut klingender Flügel, nur halt ohne seinen Sechszylinder..

Nun ja, es ist Geschmackssache ob man bei einem solchen Flügel Polyester haben will. Bei meinem sind es die Beine und die Lyra, die noch beim Vorvorbesitzer mit Acryllack verschandelt wurden. Allerdings habe ich schon jemanden gefunden, dessen Arbeit ich auch kenne, der mir das wieder ins Original mit Schellack bringt.

Den Vergleich mit dem 300SL wende ich bei meinem auch gerne an und erwähne dabei so etwas, dass die originale, mechanische Bosch-Einspritzpumpe, also die Mechanik, erhalten wurde.

Ich habe noch einmal im (nicht unfehlbaren) Buch von Kehl/Kirkland nachgeschaut, was den Wechsel zum neuen D im Jahr 1892 angeht: Dort steht explizit, dass der letzte Flügel meine Baureihe die Seriennummer 69930 hatte und im Februar 1892 fertiggestellt war. Bei der Seriennummer 70769 sollte es eigentlich "neuer" D sein, aber die drei Capo-Felder sagen etwas anderes. Ich vermute, dass sie einfach noch ein paar Gussplatten auf Halde hatten, die dann noch verbaut wurden. Und der Nachfolger (bis 1900) hatte im unteren Diskant noch schräge Stegstifte.

Manche Übergänge sind halt fließend.
 
Manche Übergänge sind halt fließend.
In der Tat. Vielleicht hatte 70769 vom New Yorker Werk aus schon keine schrägen Stegstifte mehr. Aber das lässt sich anhand dieses D nicht mehr rekonstruieren (es denn denn der verantwortliche Klavierbauer hatte die Kenntnis und zudem ein gutes Gedächtnis). Das würde zumindest Kehl/Kirkland und die Theorie zu Gussplatten-Reststücken stützen.
 

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