SINGEN Literatur, Interpreten und der Vergleich mit dem Klavierspiel

  • Ersteller des Themas Clara Clementi
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Rumpelstilzchen heiß´? ;)
oder was meinst Du??

wo ich nichts gegen Gänsehaut und nasse Augen machen kann:
Walküre, letzter Akt, letzte halbe Stunde (Sopran & hoher Bass), wird gerne als "Wotans Abschied" bezeichnet
das komplette Duett Tristan und Isolde (mit zwei kurzen Zwischenbemerkungen der Wächterin Brangäne) im zweiten Akt
"o terra addio, addio valle di pianti" der Schluss von Aida
lacrimosa dies illa aus der Messo da Requiem (Verdi)
"mache Dich, mein Herze rein, ich will Jesum selbst begraben" Bass Aria aus der Matthäus Passion

Gruß, Rolf
 
gut das was ich jetzt schreibe hört sich wahrscheinlich bescheuert an,
doch wenn ich als absoluter Bachfan die Matthäus und Johannes Passion höre, da denke ich es müsse doch etwas wie eine Transzendenz geben und sehe das zum Zeitpunkt des Hörens fast als einen Gottesbeweis an....doch später komme ich mir einfach nur töricht vor...wegen dieses fast lächerlichen Gedankens.

Ich kann gar nicht besonders sagen was ich dann ergreifend finde. Es ist oft auch unterschiedlich...

"(...)Welt geh aus (...)"

irgendwie hat etwas Schreckliches auch oft etwas unerklärlich Schönes.

Ich persönlich aber muss sagen, dass klassische Musik in Verbindung mit Gesang und eben dem Wort, was wirklich ein klarer Ausdrucksvorteil zu anderen Instrumenten ist...viel mehr emotional in mir Auslösen kann als es nun bei Orchester oder Klaviermusik der Fall ist. Ich weiß auch nicht ob ich dies nun so pauschal sagen kann, doch hatte ich bei Gesang viel öfters "feuchte Augen" als sonstwo...
ist das Zufall oder macht sich hier der klare Ausdrucksvorteil von Musik in Verbindung mit dem Wort bemerkbar?

lg Clara
 
gut das was ich jetzt schreibe hört sich wahrscheinlich bescheuert an,

ganz und gar nicht, das ist alles andere als bescheuert

und was die Matthäus Passion betrifft - natürlich spielt da eine sehr große Rolle, dass die Texte religiös sind: damit ist schon ein bestimmter (auch kultureller) Rahmen gegeben.

dass es innerhalb einer mit vielen Koloraturen (!) gestalteten Bass-Aria "Welt, geh aus" heisst, ist schrecklich - und unbegreiflich wird immer bleiben, dass dieser ungeheuere Schrecken (alles zu Ende) in unbegreifliche Schönheit gekleidet ist: da kommt transzendetes zum Ausdruck.

Stimme und Musik - damit wird dann natürlich die Musik mit Texten und deren Konnotation verbunden; vielleicht ist die lateinische Totenmesse keine brillante literarische Leistung (was egal ist), aber als Text weist sie einen eindeutigen Weg, sodass kaum eine Vertonung schunkelnd-fröhliche Walzer einsetzen wird.
Stimme und Musik: wahrscheinlich sind Rhythmik und Stimme der Ursprung aller Musik - beides kommt ja ohne Werkzeuge aus (banal gesagt: patschen und krächzen konnte der Neandertaler sicherlich schon). Die Abfolge chaotischer Anfänge bis zum Einsatz der Stimme (Beethovens IX) ist ja fast schon programmatisch! Da von allen "Instrumenten" die Stimme die persönlichste, idividuellste, menschlichste ist, kommt natürlich auch hieraus jene besondere Rührung, die man beim hören von Gesang hat.

liebe Grüße, Rolf
 
Nochmal zurück zur Oper: Welche Rolle spielt die Inszenierung für euch? Was haltet ihr von den verbreiteten "pseudomodernen" Inszenierungen (z.B.Wagner im 70er-Jahre-Ambiente...)?
 
Ich finde moderne Inszenierungen eigendlich gut...Allerdings ist es schade, dass die Bühnenbildner sich mit jener oftmals in den Vordergrund drängen wollen und ihnen es dann nicht um die Inszenierung und die Oper geht sondern um sich selbst- Skandal um der Presse willen

Ich finde man sollte auch nicht so bevorzugt über die Inszenierung sprechen! Es geht um Musik und die Sänger und das Orchester.
Viele fangen an darüber zu sprechen, wenn sie nichts zu den sängerischen Qualitäten sagen können.

lg
Clara
 
Nochmal zurück zur Oper: Welche Rolle spielt die Inszenierung für euch?

hallo,

schlimmstenfalls kann man ja die Augen zu machen :-)

ich nehme an, Du meinst das so genannte "Regietheater", welches aus mir unbekannten Gründen in Feuilletons derart hoch bewertet wird, dass die Kritik einer Opernpremiere nur noch am Rande erwähnt, dass da auch Musik mit Sängern und Orchester beteiligt war... ;)

na ja, wie überall gibt es auch da gelungene Visualisierungen (der "Jahrhundertring" in der Inszenierung von Patrice Chareau, auch die science fiction Bühnenbilder im Ring von Harry Kupfer waren zumindest interesant) und es gibt Vogelscheuchen (z.B. Schlingensiefs Parsifal)

wenn Bühnenbild und Regie nichts mehr mit dem aufgeführten Werk zu tun haben oder sich sogar dazu versteigen, sich gegen das aufgeführte Werk zu stellen - tja, dann halte ich sowas für verfehlt (aber ich bin ja auch so unbelehrbar, Regisseure für keine Künstler zu halten...)

Gruß, Rolf
 
rolf, wenn ich die Augen zumachen muss, dann lege ich mir lieber eine gute CD/LP auf...:D.
Chereau ist ja inzwischen ein Klassiker, und weit weg von dem , was ich meine. (Übrigens hatte Herz in Leipzig die "Chereau´sche Idee" schon früher...)

Wenn der Regisseur nicht mal einen Klavierauszug, geschweige eine Partitur lesen kann, dann ist er -zumindest hinsichtlich der Oper- auch kein Künstler, sondern eher ein Scharlatan. An solchen Scharlatanen wird die Oper aber kaputtgehen, denn es wird für "Schwachsinn" immer weniger Bereitschaft bestehen, öffentliche Gelder auszugeben. Die Regisseure, die mit großem Aufwand an den Quellen der Musik und des Librettos arbeiten, sterben leider aus...

Und da sind wir auch bei der Musik, den Sängern, Clara: Oper ist "ganzheitlich". Wenn eine Komponente (z. B. Regie) nicht stimmt , ist das Kunstwerk im XXX(Eimer wollte ich respektlos sagen). Ich bin nicht gegen das "Regietheater" schlechthin oder gegen "moderne" Inszenierungen generell. Ich habe da schon schöne Sachen gesehen. Doch müssten wir Opernfreunde uns nicht mehr auflehnen, wenn zunehmend auf der Bühne andere Werke stattfinden als in Text und Musik zu hören sind, damit der viele intelektuelle Schwachsinn, der da von eitlen Selbstdarstellern auf die Bühnen gebracht wird, mal wieder verschwindet??

Und damit wir uns nicht missverstehen: Würde ich mich (jetzt) zu Sängern, Musik-Vorlieben, usw. äußern, müsste ich Dich, Clara, zu 80 % und Dich, Rolf, zu 99% zitieren. das wäre ja langweilig..:D
 
wenn ich die Augen zumachen muss, dann lege ich mir lieber eine gute CD/LP auf...
(...)
Wenn der Regisseur nicht mal einen Klavierauszug, geschweige eine Partitur lesen kann, dann ist er -zumindest hinsichtlich der Oper- auch kein Künstler, sondern eher ein Scharlatan.
(...)
Und da sind wir auch bei der Musik, den Sängern, Clara: Oper ist "ganzheitlich". Wenn eine Komponente (z. B. Regie) nicht stimmt , ist das Kunstwerk im XXX(Eimer wollte ich respektlos sagen).

hm... es gibt ja Bühnen mit ganz exquisiter Akustik, und die kann man notfalls auch mit geschlossenen Augen genießen (oder einfach nicht so genau hinschauen) ;) -- aber klar, ich verstehe wie Du´s meinst.

...solche Regisseure soll es geben, manche davon sind in Interviews sogar stolz darauf, keine Ahnung von Musik zu haben... ich bin guter Dinge, dass sich auch solche Kapriolen irgendwann überlebt haben, und man kann´s ja wie Verdi mit Humor sehen: "tutto nel mundo e burrla"

ich finde nicht, dass dann gleich das ganze im Eimer ist (es sei denn, da wird auf der Bühne derart geblödelt, dass das Publikum erbost zum Sturm bläst...) - wenn Solisten, Chor und Orchester ihre Sache gut machen, dann war es wert, zugehört zu haben (und schlimmstenfalls wird der Regisseur dann ausgebuht)

aber ich gebe zu: ich habe schon einige Leute nach einer Aufführung schimpfen hören, dass sie sich das nicht mehr bieten lassen und dass sie nicht mehr kommen werden (dort, wo man zehn Jahre auf Karten warten muss) - - und bei besonders spektakulären Inszenierungen sind die älteren Zuschauer weniger als jüngeren geneigt, Kapriolen zu tolerieren.

Regietheater, welches eine Oper fast zum statischen Oratorium werden lässt, welches reduktionistisch beinahe alles streicht, was man sich als schönes Bühnenbild wünschen würde - selten gelingt so etwas, aber wenn es gelingt, hat man einen neuen Blick auf das Stück werfen können: Heiner Müllers Tristan in Bayreuth wird mir unvergeßlich bleiben! Das war toll!! (ok, Baremboim hat wunderbar dirigiert, Waltraud Meyer war die Isolde, Siegfried Jerusalem der Tristan)

und gar zu traditionelle Inszenierungen wirken für mich doch etwas zopfig, da kann man ebenfalls die Augen zumachen - tja, wenn man schon Regisseure enorm hoch bezahlt und ebenso hoch schätzt, dann sind die in der Pflicht und müssen zeigen, was sie drauf haben - - wenn´s schief geht, was es gerne tut, dann ist das Skandälchen immer noch pressewirksam ;)

was mir mehr Unbehagen bereitet, sind Sachen wie "event-Opern" a la Bregenzer Seebühne etc. - dort ist von Akkustik keine Rede...

Tankred Dorsts "Ring des Nibelungen" bietet den Versuch, Realität und mythische Götterhandlung als Parallelwelten darzustellen: der Walkürenfelsen ist ein Steinbruch auf der realen, aber eben der Walkürenfelsen auf der mythischen Ebene - da sind zum Teil sehr schöne Bilder entstanden, zum Teil auch Blödsinn (Siegfried schmiedet sein Schwert im Chemiesaal einer Schule...)

übrigens mehren sich in der Theaterwissenschaft mittlerweile die Stimmen, die das Regietheater als überlebt bewerten - da gibts im ganze Bücher drüber.

liebe Grüße, Rolf
 
Rolf, leider:D sind wir uns -schon wieder- ganz einig. :) Ich wollte -zunächst- nur nicht ganz so weit ausholen...

Liebe Grüße, g.
 

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