Die Gesellschaft gliedert sich immer mehr zweiteilig: die da oben, die Kapital haben, auch ohne Arbeit, und sich alles leisten. Deren Kinder aufs Gynmasium gehen, Reit-, Ballet- und Klavierspielunterricht haben. Eigenes Pferd. Mama hat den Flügel im Riesenwohnzimmer von >>80qm.
Und die da unten, die entweder arbeiten müssen, im Verdienstinteresse der Kapitalrenditen der anderen, im Schichtdienst, bis zum Umfallen - oder aber dem sozialen Netz preisgegeben sind.
Die Kinder der Letztgenanntnen musizieren nicht. Sie musizieren ja nicht nur nicht, es gibt in den Familien und Haushalten der einfacheren Klassen gar keine Musiziertradition mehr. In die Kirche geht man schon lange nicht mehr, und der Männergesangverein hat auch vor 37 Jahren letztmals den „neuen“ Dirigenten bekommen, bei dem man heut froh ist, dass er auch mit 83 noch „munter“ weitermacht:
„Lobe den Herrn!“
Ja wie soll unter solchen Verhältnissen noch Musikunterricht an Schulen gedeiehn? ??
Hallo Bernd,
ganz richtig finde ich deine Bemerkung über die Spaltung der Gesellschaft. Und ebenso finde ich das sehr schlimm - wenn wir das nicht ändern, wird es irgendwann m.M.n. allen schlechter gehen!
Gerade weil viele Erwachsene nicht mehr singen können und sich nicht zutrauen oder auch gar nicht auf die Idee kommen, mit ihren Kindern zu singen, sollten andere diese Aufgaben übernehmen.
Meine Lösung für das Problem liegt in der musischen Erziehung der Kindergärten! Leider ist es aber so, dass Erzieher in ihrer mit allen Praktika etc. ca. 5! Jahre dauernden Ausbildung im Gegensatz zu früher kein Instrument mehr spielen müssen. Ergebnis: ich kenne fast nur Erzieher, die selbst sehr schlecht singen können, von Gitarre spielen oder ähnlichem ganz zu schweigen. Immerhin geht der Trend im Moment dahin, dass musikalische Früherziehung von externen Fachkräften (Zusammenarbeit mit Musikschulen) angeboten wird, bei der dann einige Erzieher anwesend sein sollen, um das Gelernte auch im gesamten Kindergarten zu etablieren. Der Früherziehungsunterricht erreicht ja nur sehr wenige Kinder. Aber wenn man nicht die Ausbildung ändert, ist da meiner Meinung nach grundlegend keine umfassende musische Erziehung möglich. Wie traurig! Und im Kindergarten haben alle so viel Zeit. Was für eine Gelegenheit, alle Schichten zu erreichen!
Weiterhin gibt es Grundschulen mit Schwerpunkt Musik, bei denen Musik in alle Fächer integriert wird. Kinder singen hüpfend das 1x1, lernen zuzuhören, lernen Momente des Lärms und der Stille ....... . Das scheitert m.M.n. wieder bei "normalen" Grundschulen daran, dass die meisten Lehrer gar nicht singen können. An vielen Grundschulen wird der Musikunterricht sogar fachfremd erteilt!!! In der ganz normalen Ausbildung von Grundschullehrern ohne Schwerpunkt Musik müsste die musische Ausbildung überhaupt mal einen Stellenwert haben. Das oft obligatorische Blockflötenjahr wird nach meiner Erfahrung auch von den meist fachfremden Grundschullehrern mit Graus erteilt. Ich frage mich auch, was daran die Kinder zu einer Liebe zur Musik bringen soll: 27 kreischende verstimmte Blockflöten zu 20€ das Stück :???:
Dann kommen die so musikalisch super vorgebildeten Kinder in die weiterführende Schule. Dort ist es schon schwierig für Musiklehrer, aufeinander aufbauenden Lehrstoff zu vermitteln, weil der Musikunterricht epochal gegeben wird. Mein jüngerer Sohn hat im Moment z.B. 1,5 Jahre gar kein Musik, sondern Kunst. Andere Fächer wie Biologie haben diese Probleme aber auch.
Was ich total schade finde, ist, dass Musikunterricht oft an den Schülern vorbei unterrichtet. Nun kann man sagen, das tun andere Fächer auch. Der Unterschied ist aber der, dass Schüler sich in ihrer Freizeit sogar sehr intensiv mit Musik beschäftigen - Musik scheint eben doch ein universales Bedürfnis zu sein. Der Musikgeschmack kann dabei ausgesprochen stark von der Erwachsener oder Musiklehrer abweichen :D . Manche Musiklehrer schaffen es auch, die Schüler in ihrem Umgang mit Musik anzusprechen und eine Brücke zu schlagen zu anderen Musikrichtungen. Aber ich befürchte, ein Großteil eben nicht. Die arbeiten ihren Lehrplan ab und fertig.
Eine Schülerin von mir hatte in der 11. und 12. Klasse Grundkurs Musik. Er hat damit geendet, dass sie sich schwor, nie wieder in die Oper zu gehen oder Kunstlieder zu hören. :confused: :confused: Diese Schülerin interessiert sich sehr für klassische Musik! In ihrem Kurs spielten auch alle ein Instrument, aber denkt ihr, dass wurde mal zu gemeinsamem Musikmachen genutzt?
Das ist natürlich ein Einzelfall und so etwas wird es immer geben. Aber wenn wir schon nicht viel daran ändern können, dass in Familien mehr gesungen wird, sollte man doch in Kindergärten und Schulen investieren!
Allerdings befürchte ich, dass Musik bei der Prioritätenliste an letzter Stelle steht.
Viele Grüße
chiarina