Partner- vs. Einzelunterricht

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snowdrop83

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22. Feb. 2007
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Hallo alle miteinander!

Das Thema wurde zwar an anderer Stelle schon einmal erwähnt, doch wie ich finde, noch nicht ausgiebig genug.

Also: Was haltet ihr von Partnerunterricht?

Ich glaube, das Problem vieler Lehrer ist einfach die fehlende Erfahrung. Und auch während des Studiums wird es eher spärlich und theoretisch behandelt - wohl wissend, dass diese Unterrichtsform schon Gang und Gebe ist an der Musikschule. Wieder einmal ein Beispiel von realtitätsfremder Ausbildung an den Hochschulen - oder hat sich da mittlerweile was geändert?

An sich gibt es viele positive Dinge am Partnerunterricht. Wer sich ins Thema einlesen möchte, den empfehle ich Peter Heilbuts Buch "Klavier spielen".
Problematisch sehe ich unter anderem, dass das Zeitfenster viel zu klein ist. Es ist doch vollkommen irrsinnig zu glauben, dass 45 min für zwei Leute reichen - und ohnehin ist Partnerunterricht in den meisten Fällen an der Musikschule verkappter Einzelunterricht. Er wird dummerweise an dieser Institution hauptsächlich und fälschlicherweise rein aus finanziellen Gründen angeboten.
Dabei ist gut geführter Partnerunterricht viel "zeitintensiver" und anstrengender als Einzelunterricht. Ich denke, dass uns einfach das Konzept fehlt und wir nach wie vor als Lehrer für den Einzelunterricht ausgebildet werden. Dabei haben beide Unterrichtsformen durchaus ihre Daseinsberechtigung.

Also liebe Leute: Schreibt mir eure Meinungen über Sinn- oder Unsinn des Partnerunterrichts. Vielleicht gibt es auch einige unter euch, die gern Partnerunterricht geben - und hier mit ihren Methoden und Konzepten anderen die "Angst" nehmen können !?!
 
Hallo snowdrop83,

es mag altmodisch sein, aber ich halte den Einsatz dieser Methode nur in klaren Grenzen für sinnvoll. Das Klavierspiel ist und bleibt für mich ein sehr individuell zu entwickelndes Handwerk. Aber ich habe es ganz gerne, wenn Schüler etwas früher kommen, um noch zumindest als Zuhörer dem Unterricht dessen, der vor ihnen dran ist, beizuwohnen. Oder halt beim Nächsten noch ein Weilchen dableiben. Vielleicht eine marginale Unterform des Partnerunterrichts.....ausserdem hat es so immer wieder Vorspielcharakter.

Werden Stücke zu vier Händen oder zwei Klavieren eingeübt, dann finde ich Partnerunterrricht eine prima Sache. Die Schüler sind zwei Stunden zu den Kosten von einer da, jeder kann beim anderen auch noch mitlernen und es ensteht ein gemeinschaftliches Resultat.

Besonders mag ich Partnerunterricht -wenn man ihn dann noch so nennen darf- wenn instrumentenübergreifend gearbeitet wird. Hat für die Schüler aber finanzielle Nachteile. Dennoch ist es in einem gewissen Übestadium äusserst fruchtbar wenn zum Bsp. der Violinschüler mit seinem Lehrer und mein Schüler und ich zusammen arbeiten. (Allerdings kommt viel zu selten vor, so dass ich zumeist mit meiner Melodica Geigen, Klarinetten Oboen und Stimmen imitiere, so gut es halt geht :-) )
Wenn Schüler sich aber für diese Arbeitsmethode entscheiden, kommt meistens wirklich viel dabei heraus, da man insbesondere am Musikalischen ganz anders arbeiten kann (ausser man wird hier mit dem anderen Lehrer nicht einig).

Allerdings bin ich stets an neuen Hin- und Sichtweisen interessiert. Wäre es vermessen, darum zu bitten, Heilbuts Grundgedanken hier zusammengefasst wiederzugeben? Ich kenne das Buch nämlich nicht. Man hätte dann eine noch bessere Diskussionsgrundlage.

Grüße, Rosenspieß.
 
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Meine Begeisterung für Partner- bzw. Gruppenunterricht hält sich in Grenzen. Es müssen da meiner Meinung nach einfach zu viele Komponenten passen, damit Gruppenunterricht funktioniert (Alter, annähernd gleiches Niveau, Disziplin…). Dazu kommt, dass wir Klavierlehrer, sieht man vom vierhändigen Spiel ab, im Vergleich zu einem Blockflöten- oder Geigenlehrer eher eingeschränkte Möglichleiten haben.
Zwei Schüler in einer Stunde lass ich mir in den ersten ein bis zwei Jahren noch einreden (hab an anderer Stelle schon unser "Zwillings-Klavier" erwähnt), danach wird denk ich die Gefahr zu groß, dass einer bremst. Aber es stimmt natürlich schon, dass wir im Rahmen der Ausbildung zu wenig auf diese Unterrichtsform vorbereitet wurden.
 
"Dass der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist, hat Konsequenzen für das Lernen, auch für musikalisches. Im Einzelunterricht [...] bleiben Lernfähigkeiten brach liegen, die im Gruppenunterricht höchst produktiv werden können. Gruppenunterricht ermöglicht dem einzelnen wichtige Erfahrungen auf dem Weg, sein eigenes musikalisches Ich zu entdecken und zu stärken. Gleichzeitig bildet diese Unterrichtsform musikalisches Sozialverhalten aus: Durch musikalische wie sprachliche Kommunikation lernt der einzelne, die Persönlichkeit des anderen Mitlernenden wahrzunehmem und auf sie einzugehen. Dieser Bildungswert hebt den Gruppenunterricht über den oft geäußerten Verdacht hinaus, er habe sich letzten Endes [...] vor allem als Sparmaßnahme durchgesetzt." Ulrich Mahlert (aus: Üben und Musizieren, April 1984)

Rosenspieß, ich gebe dir recht, der Partnerunterricht am Klavier lässt sich allein schon wegen der Tatsache, dass in den meisten Unterrichtsräumen nur ein Klavier zur Verfügung steht schwer gestalten. Zudem ist das Klavier ein solistisches und recht kompexes harmonisches Instrument - damit möchte ich sagen, wir brauchen nicht zwingend jemand anderes dazu - da wir Melodie und Begleitung selbst "bedienen" können. Darum ist es ja unter anderem etwas leichter, z.B. Streicher in Gruppen zu unterrichten. Außerdem haben wir "Pianisten" das Glück, dass es für das Klavier die meiste Literatur gibt - so dass wir ein ganzes Leben Minimum damit ausfüllen könnten, jegliche Sololiteratur zu bewältigen. Warum also dennoch Partnerunterricht? - Ein paar Ansätze findest du im obigen Zitat.

Laut Heilbut ist Gruppenunterricht nur dann sinnvoll, "wenn er dem Schüler in allen Belangen die gleiche Förderung und ein dem entsprechenden Einzelunterricht vergleichbares Vorankommen garantiert". Gleichzeitig sagt er aber auch, dass bestimmte Schülertypen nur im Einzelunterricht motiviert werden können - diese sollten ihn dann auch unbedingt erhalten.

Schließlich spricht er über die Voraussetzungen und Arbeitsweisen im Gruppenunterricht:

1. Zeit ( 1 1/2- fache vom Einzelunterricht; Überlappung)
2. Schüler (Frage der Einteilung/ Wie findet man eine gute Gruppe?)
3. Konstellationen (z.B. beide am Klavier, Lehrer am Klavier, Spieler und Partner)
4. Unterrichtsprinzipien (Zusammenarbeits-/Gemeinsamkeits-/Wettbewerbsprinzip, Studiertisch)
5. Was die Gruppe zusammenhält
6. Unterrichtsraum / Organisatorisches (Aufgabenheft etc.)
7. Unterricht an einem/zwei/Partner-Klavier

Jedes einzelne Kapitel hier in einem einzigen Beitrag ausführlich zu beschreiben, würde den Rahmen (der Übersichtlichkeit) sprengen - deshalb schlage ich vor, die einzelnen Parameter bei Interesse nacheinander "durchzugehen". Und letzten Endes müssen unbedingt noch einmal die Vorteile des Partnerunterrichts angeführt werden.

Gut, ich hoffe, ich konnte euch zumindest erst einmal eine Gesprächsgrundlage bieten. Alles weitere zu gegebener Zeit
 
Den Aspekt der sozialem Heranbildung insbesondere von jungen Schülern finde ich schon ebenfalls sehr wichtig. Vielleicht kann hier der Partnerunterricht ein gutes Gegengewicht zur Insichselbstverkrochenheit bilden, der wir Klavierspieler der Natur unseres Instruments entsprechend nur allzu gerne anheim fallen.

Insgesamt ist wohl jeder gute Instrumentallehrer wohl auch ein halber Sozialarbeiter, da Musik und Mensch ja wohl nur schwer auseinanderzuhalten sind und man sich beidem zuwenden muss, wenn man Schüler in ihrer Entwicklung begleitet; auch erwachsene. Daher gefällt mir der Terminus "musikalisches Sozialverhalten" (in Deinem Zitat) auch ausgesprochen gut.

Jetzt aber noch eine Rückfrage:
bei der Auflistung der Voraussetzungen ist ein Studiertisch mit angefügt. Bedeutet das, dass man gewissermassen abseits des Instruments das Stück ersteinmal durchliest, analysiert und dann am Klavier nachschaut, inwiefern dies mit dem Klang übereinstimmt?
Bringt mich schon wieder auf eine verworrene Idee:
Das fände ich sehr interessant und es könnte auch lustig sein, das mit mehrern Schülern zusammen zu machen. Z.B: jeder bekommt zehn Minütchen um sich vorzubereiten, dann schildern ersteinmal alle ihren Eindruck, bzw. singen oder pfeifen und klopfen vor, wie sie sich denken, dass das Stück klingt. Dann spielt irgendjemand, vielleicht sogar der Lehrer die Nummer vor. Könnte erheiternd und lerhrreich sein :-)

Noch eine Frage: wird beim Aspekt der zeitlichen Überlappung auch vorgeschlagen, wie das finanziell geregelt wird? Ich denke, das ist für die meisten Schüler ein sehr wichtiger Punkt. Für die Lehrer ja auch.....
 
"Bei der Auflistung der Voraussetzungen ist ein Studiertisch mit angefügt. Bedeutet das, dass man gewissermassen abseits des Instruments das Stück ersteinmal durchliest, analysiert und dann am Klavier nachschaut, inwiefern dies mit dem Klang übereinstimmt?"

Ja genau, unter anderem. Hier die Verwendungsmöglichkeiten á la Heilbut:

1- Einstudierung: "An ihm geschieht vor dem ersten Anschlag das geistige Eindringen, die gedankliche Auseinandersetzung, das inhaltliche Beziehung-Aufnehmen mit dem neuen Spielstück. Erst wenn hier ein erster motivierender Kontakt hergestellt ist, beginnt die Arbeit an den Tasten."

2- Noten mitlesen: auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten - Schüler spielt - Partner liest mit. Lehrer spielt - Schüler lesen mit. "Lustiges Spiel" : Lehrer oder Schüler verspielen sich absichtlich an einer Stelle (verändern Noten/Rythmus) - der Mitlesende muss das erkennen - daraus kann sich auch ein kleiner Wettbewerb entwickeln.

3-Hörschulung, Notenschreiben, Komponierversuche

Deine Idee mit den 10 Minütchen klingt sehr interessant - probier's doch mal aus.
Bin gespannt, was dabei so alles geschieht.

Zum Stichwort Überlappung:
Eigentlich so ähnlich wie du das im ersten Beitrag erwähnt hast. Schüler x kommt eben 10min eher. Führe jetzt mal ein Beispiel von Peter Heilbut an: 14.00 Uhr bis 14:50 Partnergruppe; 14:50 bis 15:10 Überlapp-Phase, 3 Schüler; 15:10-15:40 Einzelunterricht

So ähnlich ist es an der Musikschule möglich. Beliebtes Modell: 20-20-20. Zwanzig Minuten Einzelunterricht - Zwanzig Minuten Partnerunterricht - Zwanzig Minuten Einzelunterricht. Ist beispielsweise mit 2 Schülern machbar, die 30min Einzelunterricht gebucht haben, die aber auch Interesse am 4händig-Spiel haben oder für die das gemeinsame Lernen ohnehin von Vorteil ist. Aber bitte nicht falsch verstehen: 4händig ist eine Form, wie man den Partnerunterricht gestalten kann, jedoch auf keinen Fall die Einzige.
 
[I
1- Einstudierung: "An ihm geschieht vor dem ersten Anschlag das geistige Eindringen, die gedankliche Auseinandersetzung, das inhaltliche Beziehung-Aufnehmen mit dem neuen Spielstück. Erst wenn hier ein erster motivierender Kontakt hergestellt ist, beginnt die Arbeit an den Tasten."

Das halte ich für einen dem vernünftigen diametral entgegengesetzten Ansatz. Zumindest, solange man ihn über einen Teilbereich klavier- bzw. musiklehrerender Methodenvielfalt hinaus zum Prinzip erhebt. Mir ist er zu theorielastig. Die Theorie ist zwar von allergrößter Wichtigkeit für das Erlernen des musikalischen Handwerks. Aber vor aller Musiktheorie war die Musik. Grundsätzlich gebe ich ihr in meinem Unterricht den Vorrang vor allem theoretisch Erklärenden. Die Notwendigkeit, theoretische Zusammenhänge zu begreifen um mehr lernen zu können, ergibt sich dann von selbst.
Aber vor das Hirn wurde bei der Musik das Herz, der Bauch und der A....(um es sehr frei nach Mozart zu schildern) gesetzt.
Selbst sehr schlecht vom Blatt gestümperte Stücke können in ihrer Substanz erkannt werden und erste musikalisch-emotionale Wirkung zeitigen.
Ich halte es für ganz und gar bedenklich, wenn das "geistige Eindringen" in ein Stück überhaupt ganz ohne zu hören geschehen soll. Ausser man hat es mit sehr begabten Schülern zu tun, die das, was sie lesen, wirklich zugleich hören können. Wer hat solche Schüler? Ich leider keinen einzigen.....
Ich nehme als Klavierspieler für mich selbst im Anspruch, kein einziges Stück, nicht mal die einfachste Musette letztlich theoretisch vollständig begriffen zu haben. Zumindest nicht in der Hinsicht, warum eine einfache Musette mich erfreuen, bedrücken oder sonstwie emotional berühren kann.

Oben habe ich selbst darüber nachgedacht, eventuell spielerisch Stücke zunächst am Studiertisch zu erarbeiten. Aber dann müsste wenigstens bitte dazu gepfiffen werden :-)


Ich glaube, der Terminus "geistiges Eindringen" hat mich zur eben verfassten Polemik verleitet. Geistiges Eindringen erfolgt m.E. über die oben genannten Körperteile. Theoretische Annäherung erfolgt über das Hirn. Das ist zumeist sehr hilfreich. Sehr wichtig auch. Theorie ist desweiteren unerlässlich um die Spieltechnik zu verbessern Aber geistiges Eindringen erfolgt ausserhalb der bewussten Persönlichkeitsbereiche. Und ausserhalb der Theorie.Zumindest wenn man in die Musik eindringen möchte und ihr erlaubt, in einen selbst einzudringen.
 
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Ich glaube, wir missverstehen uns. Ich hatte letztes Mal nur Möglichkeiten angeführt, wie man einen Partnerunterricht á la Heilbut gestalten kann - wohl aber nicht, dass immer alles in einer Stunde enthalten sein muss. Es ist nicht zwingend, jede Woche am Studiertisch zu verbringen.

Dennoch: Ich habe zwei Gruppen von Schülern. Eine, die von Anfang an bei mir auch musiktheoretische Begriffe mitbekommen hat. Und eine andere, mit der ich "nur" Musik mache. Daher kenne ich den Unterschied genau:

Um Musik wirklich verstehen zu können, muss ich wissen, wie sie aufgebaut ist. Daher nützt ihnen das Wissen von Tonleitern, Intervallen, Dreiklängen, Sequenzen, Formteilen, Phrasierungen etc. schon sehr. Herr Heilbut hat auch nicht gesagt: Lehre die Sache vor dem Wort! Er hat auch nicht über den zeitlichen Anteil gesprochen und auch nicht gesagt: Lerne erst Theorie und dann Musik! - Ich weiß nicht, aus welchen Worten du das gehört haben willst.
Zudem setzt er das "musiktheoretische Wissen" auch für Kompositionsaufgaben ein - lässt sie also ihr Wissen anwenden und sie damit gleichzeitig kreativ tätig sein.

Um eine innere Klangvorstellung aufbauen zu können, muss auch das Gehör geschult werden. Das größte Problem ist doch, dass die Kinder die Musik nicht "innerlich" hören, sondern nur kopflos abspielen.

Ein wirklicher Bezug zur Musik lässt sich daher nur gewinnen, wenn folgende Komponenten mit dabei sind: Zum einen Musiktheorie und zum anderen Klangvorstellung (durch Hörschulung).

Wenn beides vorhanden ist, können die Schüler nur profitieren - sie werden unter anderem besser und intensiver auswendig lernen können (weil sie ja wissen, was sie spielen) und durch die Hörschulung, sich auch bewusster zuhören lernen - und dadurch die Musik "Innerlich" spüren.
 
Ja snowdrop, das sehe ich eigentlich alles weitgehend auch so.

Ich habe mich einfach an Heilbuts Formulierung gestört. Wann immer ich beim Lesen klaviertheoretischer Schriften einen allzu technokratischen Zugang an die Materie entdecke, geht mir einfach die Melone hoch. Das Heilbut-Zitat ist sicher in einen umfassenderen "theopraktischen" Kontext eingebettet, der mir nicht bekannt ist und wurde so eventuell zu unrecht von mir so angegangen.....

Nun stört mich auch Deine Formulierung "Musik verstehen" ein wenig. Ich glaube, was man intellektuell verstehen kann und wozu Theorie unerlässlich und sehr hilfreich ist, ist wie Musik gemacht wird. Alles andere Verstehen von Musik sehe ich auf anderen geistig-emotionalen Ebenen.
 
Tja, es hat halt jeder andere Ansichten und Meinungen. Und das ist auch gut so.

Ich bin, wie man so schön sagt, ein "gebranntmarktes" Kind. Will heißen, den größten Teil meiner Musikschulzeit verbrachte ich mit keinem sonderlich guten Lehrer. Er hat mit mir nur die Stücke durchgenommen. Hat quasi nicht meinen Blick für den Aufbau und die Besonderheiten im Stück geschärft, mir keine vernünftige Technik beigebracht und mir auch nicht das Üben gelehrt.
Seit dem Wechsel sehe ich Musik in einem anderen Licht. Ich beginne das Werk des Komponisten zu verstehen. Meine Lehrerin erzählt mir einige Hintergrundinfos, erarbeitet mit mir technische Stellen, wir betten die Töne in Phrasen und größere musikalische Zusammenhänge und seitdem ich die Stücke auch analysiere - kommt bei mir auch wirklich Musik raus, die ich auch genießen kann. Mein Musizieren als Kind war demotivierend, weil ich kopflos und ohne mir zuzuhören vor mich dahinstümperte - und von einem schlechten Vorspiel ins nächste rutschte.

Ich gehe jetzt wirklich von mir aus. Ich möchte gern wissen, warum und wozu ich etwas machen muss. Das hat mir als Kind gefehlt. Ich mag es auch nicht, wenn der Theorie die Praxis und umgekehrt der Praxis die Theorie fehlt- wie es ja zu oft in der Musikschule betrieben wird. Für mich gehört beides zusammen und ich bevorzuge daher eine ganzheitliche Musikerziehung (wie sie z.B. in der Klavierschule "Klavierspielen mit der Maus" angestrebt wird): Gehörbildung, Musiktheorie, Improvisation etc. - sehen, hören, sprechen, singen, denken, fühlen ...
Solmisation und Rhythmussprache beispielsweise wirken echt Wunder bei den Kleinen.
Mir geht es vor allem darum, die Noten nicht nur abzuspielen - und sich dabei nichts zu denken - sondern dass die Kinder mit der Zeit lernen, Musik "vorzuhören" - den Klang zu spüren bevor er da ist - gerade beim Klavier brauchen wir das mehr als bei anderen Instrumenten, weil wir den Ton nämlich nicht mehr verändern können, wenn die Taste einmal gedrückt ist.

Ich finde auch nichts Falsches daran, den Notentext sich anzuschauen, bevor man ihn spielt. Ich glaube sogar, dass dann der erste Höreindruck viel intensiver ist ("bestätigt sich die Hörerwartung?") und vor allem mit weniger Fehlern behaftet. Jede falsche Version ist eine falsche Version zu viel - warum nicht gleich richtig, wenn dafür aber langsam?!?

Wird den Schülern in der Schule doch auch oft gesagt: Erst den Kopf anschalten, dann antworten!
Blattspiel funktioniert doch auch dann erst gut, wenn der Schüler gelernt hat, bestimmte Muster auf den ersten Blick zu sehen. Und er muss lernen, vorauszuschauen...

Doch ich denke, wir rücken zu weit vom eigentlichen Thema ab. Ich glaube es hieß Partnerunterricht.
Heute habe ich leider keine Zeit mehr, aber sobald ich sie habe, kann ich ja mal zur Praxis kommen - letzten Endes muss auch ich Partnerunterricht geben. Und ihr anderen hier im Netz - bitte schreibt "uns" eure Erfahrungen, egal ob positiv oder negativ. Ich bin der Überzeugung, dass es auch guten Partnerunterricht geben kann - ist letzten Endes doch eine Frage der Einstellung des Lehrers und auch seiner Ausbildung. Und auch wenn man nicht darin geübt ist, mit Gruppen zu arbeiten - auf lange Sicht wird das wohl unsere Zukunft sein - es gibt ja schon Modelle, Klavier in Klassen zu unterrichten. Deshalb sollte man sich diesem Thema ruhig stellen! Nur Mut!
 
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Andere Frage:
Wirst Du zur Zeit in der Gruppe unterrichtet? Wenn nein, welche Nachteile würdest Du darin sehen?

An dieser Stelle sollte man vielleicht auch ein neues Unterrichtskonzept erwähnen, das von Asien her kommend auch in unseren Breitengraden ein Thema werden könnte: Das „betreute Üben“.
Funktioniert so, dass mehrere Schüler in einzelnen Übungs-Kojen an Klavieren sitzen und der Lehrer zwei oder drei Stunden vom Einen zum Anderen geht und im konkrete Aufgaben stellt, die er bis zur nächsten „Runde“ zu erledigen hat. Das ganze wird mehrmals pro Woche praktiziert.
Was haltet ihr davon?
 

Um nicht in den Verdacht zu geraten, Partnerunterricht generell zu verdammen, möchte ich hier noch einige Aspekte anbringen.
Partnerunterricht kann durchaus fruchtbar sein, wenn er folgende Kriterien erfüllt:
Die Schüler sollten:
a) Möglichst im gleichen Alter
b) Auf der gleichen Leistungsstufe
c) Von ähnlicher Veranlagung
sein.
Jeder Lehrer, der 30 Schüler oder mehr unterrichtet weiß, wie schwierig eine Stundeneinteilung zu Schulbeginn alleine für den Einzelunterricht ist. Nun gilt es Schülerpaare zusammenzustellen, die gleich alt, gleich weit und ähnlich begabt sind, und die noch dazu zum selben Termin Zeit haben sollen.
(Dass manche Buben mit Mädchen nicht können und umgekehrt, und man als Lehrer oft noch Zweigstellen zu betreuen hat, sei hier nur am Rande erwähnt.)
Organisatorisch wird man hier wohl vor ein unlösbares Problem gestellt, und wenn man jetzt auf Teufel komm raus Gruppen zusammenstellt, ist der Partnerunterricht ohnehin sinnlos.
Gut, nehmen wir an, wir haben das Unmögliche geschafft und unsere Schüler in passende Partner-Gruppen eingeteilt. Völlig unabhängig von Deinem Unterrichtskonzept funktioniert das Ganze in der Regel nur so lange, bis sich ein „schwächeres Glied“ in einer Gruppe herauskristallisiert. Dies resultiert einerseits aus der unterschiedlichen Arbeitsauffassung, andererseits aus der unterschiedlichen Entwicklung der Schüler. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass Schüler sich gegenseitig pushen, aber das kann auch in die entgegengesetzte Richtung erfolgen: „Wieso soll ich mich mehr anstrengen als der Andere?“
Spätestens ab jetzt macht eine Fortführung der Gruppe keinen Sinn mehr.
Fazit: Gruppenunterricht ja, aber nur unter bestimmten Umständen bis zu einem gewissen Punkt.
Bei uns ist der Partner-Unterricht in den ersten beiden Jahren verpflichtend, danach gibt es Einzelunterricht. In seltenen Fällen hat eine Gruppe bei mir auch schon länger gehalten, aber im Normalfall halte ich mich nicht länger als vorgeschrieben an die Partner-Regelung.
 
Hallo pianomobile! Freue mich sehr über deine Beiträge :)

"Betreutes Üben" : Die Idee finde ich klasse. Als Privatlehrer sind die räumlichen Möglichkeiten leider arg beschränkt - doch ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das prima fünktioniert. Man gibt dem Schüler eine Übeanweisung, die er in 10min erledigen soll, lässt ihn allein üben und überprüft dann das Ergebnis. Wenn viele Räume vorhanden sind, kann man auf diesem Weg, viele Schüler gleichzeitig übetechnisch betreuen.

"Partnerunterricht": Na klar, die Gruppen können nicht ewig bestehen bleiben- ich habe jetzt einige von meinen an der Musikschule nach einem halben Jahr "getauscht". Meine bisherige Erfahrung ist, dass sich die beiden Schüler entweder leistungsmäßig angleichen, sich also quasi in der Mitte treffen; oder eben der Leistungsunterschied zu groß ist - so dass dann schnellstens ein Wechsel vollzogen werden sollte. Richtig, letzten Endes hängt es auch vom Charakter und der Einstellung des jeweiligen Schülers ab. Manch einen motiviert es auch, wenn er sieht, der andere war in dieser Stunde besser vorbereitet und übt dann bis nächste Woche wie verrückt. Die Paare müssen nicht immer zwingend auf dem gleichen Stand sein: Es funktioniert auch, wenn beide ambitioniert sind, aber der eine erst später mit den Klavierunterricht angefangen hat. Da kann dann der andere ab und an als "Lehrer" fungieren und somit gleichzeitig seine Musikkenntnisse vertiefen. Und wenn dann noch ein "Studiertisch" vorhanden ist, kann man sich trotzdem auf den derzeit "Besseren" konzentrieren oder man gibt dem "Jüngeren" Aufgaben wie: Noten mitlesen, was hast du gehört (Lautstärke etc) Wie war der Charakter des Stückes? etc. Wenn man will, kann man die Schüler immer sinnvoll "beschäftigen".

Vergangenheit: In der Musikschulzeit wurde ich auch ab und an in einer Gruppe unterrichtet. Aber wie gesagt, das war meist verkappter Einzelunterricht. Und die Gruppe war einmal total fehlbesetzt: Ich war 12 (6. Klasse) und war mit einem 16-jährigen Jungen in einer Gruppe - fand ich nicht sehr berauschend. Kurz darauf fing ich an, das Gitarrespiel zu erlernen: Ich kam in eine 3er Gruppe mit einer 8-jährigen und einer Erwachsenen. Da ich sehr viel schneller vorankam, wurde die Gruppe bald getrennt.

Heute: Ich selbst erhalte Einzelunterricht. Ich glaube aber, dass von Zeit zu Zeit Partnerunterricht ganz wichtig und interessant wäre. Ohnehin, ich schaue meiner Lehrerin sehr gern beim Unterrichten zu und kann allein dadurch schon eine Menge lernen. Durch den Partnerunterricht würde ich auch das Doppelte an Literatur kennenlernen. Und außerdem, würde der Blick für das Spiel des anderen mehr geschärft werden. Natürlich müsste das Zeitfenster viel größer sein! Ansonsten macht es erst gar keinen Sinn...
 
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Die Räumlichkeiten für betreutes Üben wären jetzt bei uns auch nicht vorhanden. Habe aber überlegt, ob nicht ein Ankauf von passablen E-Pianos diese Art des Unterrichts (zumindest für Anfänger) ermöglichen könnte.
Der Unterricht könnte dann in einem Raum stattfinden; - die Schüler üben mit Kopfhörer.

...ich habe jetzt einige von meinen an der Musikschule nach einem halben Jahr "getauscht".

Gab´s da keine Reklamationen? Bei dem Freizeitstress, dem Kinder heute ausgesetzt sind grenzt das ja schon an ein Wunder, wenn zwei Schüler mitten im Schuljahr tauschen können…..

Die Paare müssen nicht immer zwingend auf dem gleichen Stand sein: Es funktioniert auch, wenn beide ambitioniert sind, aber der eine erst später mit den Klavierunterricht angefangen hat….

Der Trick mit dem Lehrer dürfte wohl nur einige Male interessant sein, und Musikkenntnisse vertiefen muss man auch nicht ewig. Ich denke, dass in diesem Fall der länger Lernende doch etwas im Nachteil ist. Der Studiertisch bringt in dem Fall natürlich was, aber nur wenn der Schüler gewillt ist, selbstständig zu arbeiten.
Für viele Schüler ist die Musikschule ein Ort, an dem sich jemand eine Stunde lang mit ihnen alleine beschäftigt; - etwas, das zu Hause leider nicht (mehr) selbstverständlich ist. Sie erwarten vom Lehrer dessen ungeteilte Aufmerksamkeit und versuchen diese auch (oder vor allem) wenn sie an einem Studiertisch sitzen auf sich zu lenken („Herr Lehrer, darf ich diese Note blau anmalen…“, „ich kenn mich mit diesem Takt nicht aus „ etc.). Den einen Schüler einfach nur an den Tisch zu setzen ist daher oft zu wenig: auch er erwartet, dass sich der Lehrer mit ihm beschäftigt. Dies wiederum erschwert die Arbeit am Instrument mit dem anderen Schüler.
Im Übrigen wird bei uns der Theorieunterricht separat angeboten, und ein zusätzlicher theoretischer Studiertisch würde auf Dauer nicht gut ankommen. Ich lasse meine Schüler wenn sich die Situation ergibt am Notebook mit Notenlern- und Gehörschulungsprogrammen arbeiten. Das kommt ganz gut an, weil es einfach was Besonderes ist, und auch die „Ablenkungsmanöver“ werden seltener. Es ist aber trotzdem nur eine Notlösung.
Am effektivsten ist für mich der Partnerunterricht nach wie vor auf dem 2 Partner-Klavier (Zwillingsklavier oder wie auch immer), da man da wirklich zwei Schüler zugleich auf einem Instrument betreuen kann. Aber dazu müssen sie eben auf demselben Level sein.

Ich selbst erhalte Einzelunterricht. Ich glaube aber, dass von Zeit zu Zeit Partnerunterricht ganz wichtig und interessant wäre….

Ich würde bei Deiner Lehrerin mal anfragen, ob Du gelegentlich hospitieren darfst. Da hast Du denselben Effekt und musst nicht auf Deine kostbare Zeit im Einzelunterricht verzichten.
 
Das stimmt schon - teilweise sind sogar schon die Kindergartenkinder ausgebucht. Viele Schulkinder haben mehrere Hobbies nebeneinander - kein Wunder, wenn dann kaum noch Zeit für das Klavier bleibt.

In meinem Fall war ein Wechsel eher zwingend - und da ich schon Anfang des Schuljahrs alle "möglichen" Zeiten gecheckt hatte, war der Wechsel nicht schwierig. Zudem hatte ich Anfang des Schuljahrs aus zeitlichen Gründen eine 3er Gruppe bilden müssen - das ging aus mangelnder Erfahrung überhaupt nicht gut. Und da waren die Eltern regelrecht darauf erpicht, dass sich da was ändert - und waren demzufolge auch zu Kompromissen bereit.

Die 2er Gruppe mit dem unterschiedlichen Kenntnisstand - dort sind sich aber die Schüler charakterlich recht ähnlich, sie mögen sich und der Älteren tut es gut, endlich auch mal die Bessere sein zu dürfen. Sie war zuvor mit einer ziemlich Talentierten zusammen, und konnte einfach nicht mithalten, so viel sie sich auch bemüht hat. Ich überlaste auch das "Lehrerspielen" nicht - es sind eher kurze Unterrichtssequenzen - und die Ältere erklärt gern der Jüngeren etwas. Die Jüngere ist in keinem Fall lehrer-über-fixiert - sie kann sich auch 10 Minuten lang selbst beschäftigen. Und durch Aktives Zuhören, wenn der andere spielt, sensibilisiere ich beide für Musik und vor allem zur Kritikfähigkeit.

Wie schon mal erwähnt, es gibt "klassische" Einzelunterrichts-Kandidaten, aber bei manchen Schülern wäre auch aus sozialer Sicht ein Partnerunterricht besser. Z.B. bei recht egozentrischen Kindern, die sich nur schlecht in den anderen einfühlen können, die Musik nicht empfinden, sondern nur imitieren, die sich selbst nicht beim Spielen zuhören, und sich dennoch für den Besten halten - und wenn sie jemand kritisiert, schnell in eine Lebenskrise stürzen.

Die Sache mit dem Theorieunterricht. Wie so vieles in unserem Land - definitiv viel zu spät. In Ungarn fängt diese Art der Ausbildung zwei Jahre vorm Instrumentalunterricht an - solmisieren/Rhythmussprache - alles wichtige Dinge - um überhaupt erstmal einen echten Zugang zur Musik legen zu können. Und wenn ich mich recht erinnere, später auch parallell zum Instrumentalunterricht - aber 2x die Woche. Ich finde es furchtbar, dass der Theorieunterricht erst ab der 4. Klasse beginnt - und oftmals fehlt eben im Theorieunterricht die Praxis (er wird den Kindern viel zu trocken und fad vermittelt)- wenn da nicht Instrumentallehrer und Theorielehrer Hand in Hand arbeiten - begreift der Schüler nicht den Zusammenhang, dann sind es für ihn zwei verschiedene nebeneinander existierende Fächer...

Ich merke schon einen deutlichen Unterschied, wenn das Kind in einem "normalen" Kindergarten betreut wurde oder in einem "Musikkindergarten". Diese Kinder sind irgendwie ausgeglichener, können meist gut singen und haben vor allem ein gutes Rhythmusgefühl!
 

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