Orgelstandardrepertoire

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13. Jan. 2012
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Hallo,
wisst ihr welche Stücke man als Orgelspieler können muss, also welche zum Standartrepertoire gehören sollten?

Grüße
Digedag
 
Da gibt es viel zu viel. Das kannst Du in diesem Leben gar nicht üben.

Bei vielen Komponisten macht es allerdings Sinn, ein Stück zu studieren, als pars pro toto. Wenn Du dann später ein zweites Stück lernen willst, bist Du mit dem Stil schon vertraut.

etwas aus dem Buxheimer Orgelbuch
eine Toccata von Frescobaldi
eine Messe von Frescobaldi
ein Variationszyklus von Sweelink
je ein Werk von Scheidemann, Tunder und Weckmann
eine Toccata von Muffat
eine Variationsreihe von Pachelbel
von Buxtehude eigentlich fast alles
ein Präludium von Bruhns
von Bach fast alles
eine Sonate von Carl Philipp
Mozart...ich weiss nicht, vielleicht 608
die Mendelssohnsonaten
von Franck fast alles
eine Widor Sinfonie, eine von Vierne
Reger in entsprechender Auswahl

Moderne schenke ich mir jetzt mal.
Solche Listen sind immer sehr fragwürdig. Man kann immer argumentieren und fragen, ob nicht Boellmanns fürchterliche Suite gothique abrufbar sein muss, genau wie Widors Toccata oder Viernes Carillon. Daneben gibt es natürlich massenhaft schöne Stücke, die eben auch lohnen.

Grüße
Axel
 
Danke Axel, aber wieso findest du die "Suite Gothique" von Boellmann fürchterlich (abgesehen davon, dass das "Prière à Notre Dame" etwas kitschig ist und die "Toccata" schon so unglaublich oft runtergeleiert ist )?
 
Hallo Digedag,

wenn du ein Freund von Übersichten und Listen bist,könntest du dir als erstes ein Kriterium dafür überlegen. Also beispielsweise eine Zusammenstellung von Orgelstücken, die im Gottesdienst brauchbar sind, geordnet nach Kirchenjahr, Anlässen ect.
Axel hat ja vieles aufgezählt. Es sind aber auch viele Stücke dabei, die du als Konzertstück an einer hinreichend großen Orgel spielen kannst, aber für eine normal große Orgel im Gottesdienst sind sie zu lang und ausgedehnt. In manchen Gemeinden ist es ja schon unerwünscht, ein Präludium von Bach als Vorspiel zu bringen und dann noch die Fuge zum Ausgang.Dafür gibt es eine Menge richtig guter zeitgenössischer Gebrauchsmusik, speziell als Ein- und Ausgangsmusik geeignet. Die sollten in deinem Repertoire auch dabei sein.

lg
 
Stimmt. Das wäre jetzt eine Liste, an der ich mit Schülern und Studenten arbeiten würde, die technisch weiterkommen wollen und eine breite stilistische Kompetenz erwerben wollen. Daneben gibt es eben Gebrauchsmusik für den Gottesdienst. Weltliteratur ist das allerdings oft nicht. Wie viel man davon gespielt haben muss, hängt von den persönlichen Präferenzen und Zielsetzungen ab. Irgendwann kann man vieles davon dann vom Blatt spielen.

Fehlend ist in der Liste auf jeden Fall eine altfranzösische Suite oder Messe von Couperin, de Grigny, Nivers, Boyvin, Corette o.ä. Den Stil muss man auch beherrschen.

An Boellmann stört mich die dünne musikalische Substanz verbunden mit hohlem Pathos und historischer Ignoranz (ein Menuett ist kein mittelalterlicher Tanz). Ich spiele das sehr selten, solche Musik interessiert mich eigentlich nicht.

Bei so einer allgemeinen Aufstellung ist natürlich immer zu fragen, welche Stücke genau in Frage kommen. Im Prinzip finde ich, dass es wurscht ist, welche Toccata von Frescobaldi man spielt. Die berühmte 9. ist natürlich sehr virtuos, aber auch andere sind sehr schön. Ähnlich bei Sweelinck. "Mein junges Leben hat ein End" ist ein Klassiker und ein wundervolles Stück, aber um ihn kennenzulernen kann man genauso gut "Unter der Linden grüne" spielen.

Und dann gibt es die Showpieces: Bach d-moll, Widor, Gigout h-moll, Dubois G-Dur usw. Das kann bei einer Hochzeit schon mal kommen (immer weniger, es wird nur noch Pop gewünscht), macht Sinn, das irgendwan mal geübt zu haben.

Viele Grüße
Axel
 
Gutes Stück, kannte ich nicht. Gut gespielt ist es auch. Wenn ich mäkeln sollte, finde ich im Pleno die Positivmixtur zu grell. Nun ja, die Zungen sind selten mal perfekt gestimmt. Das ist aber im Winter überall so.
 
Die Frage ist etwas unpräzise gestellt. Wenn man ein regelmäßig in großem Rahmen konzertierender Domorganist ist wie beispielsweise ein Winfried Bönig oder so, dann kann man mit Sicherheit erwarten, dass z.B. Reger B-A-C-H zum Repertoire gehört. Wenn man aber ein spezialisierter Organist für alte Musik ist, ist das sicher nicht so. Dann braucht man sich auch nicht um Messiaen zu scheren.
Wenn man ein normaler Profiorganist ist, ist die Liste von @Axel sicher nicht verkehrt. Sollte ich mal kirchlich heiraten, dann will ich BWV 540 oder 552 zum Ein- und Auszug, das würde ich von einem A/B-Musiker verlangen (und notfalls auch dafür bezahlen). Das würde ich zweifelsfrei als Standard für jeden Profiorganisten sehen.
Bei irgendeinem Nebenamtler, der keine attraktive Stelle innehat, würde ich aber sagen, als Standardrepertoire reicht irgendetwas zweiteiliges mit Fuge, irgendetwas aus dem Orgelbüchlein und irgendetwas Romantisches.
 
Die nachfolgende Liste habe ich mal für meine Studenten gemacht, Schulmusik mit Hauptfach Orgel. Als Anregung, was man so spielen könnte. Das deckt sich natürlich teilweise mit dem, was ich oben geschrieben habe. Da liege ich mit Sicherheit gemessen an manchen Kollegen relativ deutlich im Bereich der alten Musik, weil ich das an der Orgel für sinnvoll und wichtig halte.

Mein alter Lehrer war Schüler von Karl Richter, da gab es an "alter" Musik nur Bruhns e-moll und Buxtehude fis-moll, Ende. Dann wurde Bach rauf und runter gespielt, Orgelbüchlein transponiert (*würg*). Liszt BACH, Reger. Die Moderne bestand aus der Ciacona von Karl Höller. Franck hat Richter nicht unterrichten wollen, mit sehr fragwürdiger Begründung. So kann man es natürlich auch machen.


Epoche/StilrichtungLiteratur
J. S. BachPro Semester ein freies Werk und eine Choralbearbeitung, im 1. Semester 5 Choräle aus dem Orgelbüchlein, im Masterstudium eine Triosonate
Frühe OrgelmusikEin Stück aus dem Codex Faenza, dem Buxheimer Orgelbuch oder dem Robertsbridge Codex.
NorddeutschlandFreie Werke und Choralbearbeitungen von Tunder, Weckmann, Lübeck, Bruhns und Buxtehude nach Wahl
SüddeutschlandJe ein Werk von Pachelbel und Froberger. Eine Toccata von Muffat.
ItalienEine Toccata oder Canzone von Frescobaldi. Evtl. eine Auswahl aus den Fiori musicali.
Weiterhin möglich: Ein Werk der Renaissance (Gabrieli, Diruta). Eine Sonate des galanten Stils (z.B. Galuppi, Lucchesi)
Ein orchestrales Stück des 19. Jh. (Padre Davide, Morandi, Petrali)
SpanienEine Batalha und ein Tiento (Cabezon, Bruna, Correa de Arauxo, Cabanilles, Aguilera de Heredia )
NiederlandeEin Werk von Sweelinck
Frankreich (Barock)Eine Suite oder Messe (in Auswahl) von Nivers, Lebégue, de Grigny, Couperin oder Clérambault.
KlassikEine Sonate von C. Ph. E. Bach. Evtl. ein Werk der süddt. Klassik (Schnizer, Knecht).
Deutsche RomantikMusik von Mendelssohn, Rheinberger, Reger und Karg-Elert in Auswahl. Nach Geschmack weitere Werke z.B. von Hesse.
Französische RomantikWerke und Einzelsätze von Franck, Widor, Guilmant und Vierne. Nach Geschmack weitere Musik von Dubois, Gigout.
Englische RomantikNach Neigung: Stanford, Howells, Whitlock.
20. JahrhundertFranzösische Musik: Langlais, Litaize, Alain, Messiaen
Neoklassizismus: Schroeder, David, Trexler, Pepping, Hindemith
Experimentielle Musik und Werke in graphischer Notation (Ligeti,Cage)
 

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