Mag nicht mehr Holzhacken!

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11. Feb. 2007
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Huhu, Klaviergemeinde!

Mal eine Frage an alle, die nun schon ein paar Jährchen Klavier spielen.....sich dabei aber noch an ihre ersten 1-2 Jahre mit dem Instrument erinnern:
Wann habt ihr das erste Mal bemerkt, dass sich die Bewegungen eurer Hände und Finger den Klangvorstellungen in eurem Kopf "automatisch" anpassen und somit das Klavier ein Liedchen singt. Bei mir klingt nämlich alles noch so "gewollt" und hölzern, so skandiert. Die Melodie und Begleitung klingen bei mir wie im Wald beim Holzhacken. Mein Klavierlehrer sagt, ich würde ganz schön spielen und das mit der Geschmeidigkeit käme mit der Zeit von alleine und vorerst wäre es schon toll, dass ich überhaupt eine Klangvorstellung habe. Ich hingegen finde es schon schlimm, wie ein Presslufthammer das kleine Sonatinchen platt zu machen. Ausserdem was meint mein KL mit: "Geschmeidigkeit kommt mit der Zeit"?? Es ist auch so, dass ich sehr viel übe. Nicht verbissen, aber halt mit dem Ziel, schön Klavierspielen zu können und nicht in der Interpretation an meinen technischen Fähigkeiten zu scheitern. Jedenfalls liegt es bei mir nicht an fehlenden Übezeiten.
Wann kann ich denn damit rechnen, dass sich diese Überei auch klanglich bemerkbar macht? Obwohl das eine dämliche Frage ist, die kein Mensch ernsthaft beantworten kann -det weeß ick selber- würde es mich sehr trösten, wenn hier jemand über seine Erfahrungen und den Umgang mit Ungeduld berichtet.
Vielen lieben Dank allen Antwortenden,

verzweifelt,
Sesam
 
ich bin so vermessen...

dir zu antworten, liebe/r sesam, obwohl du mich explizit ausgeschlossen hast (ich spiele nämlich erst seit rund 5 monaten...).

darf ich dich fragen, wie lange du wirklich an EINEM stück arbeitest - ungeachtet deiner sonstigen großzügig bemessenen übezeit. es kommt auf DAS EINZELNE stück an und das muss dir wirklich zu den ohren rauskommen. zumindest war das bei mir so.

ich hatte das gleiche problem. dann habe ich - nachdem es bei einem stück soweit war, dass ich es einfach nicht mehr hören konnte/wollte, irgendwo hier im forum den schönen satz gelesen: "spiel falsch. aber spiel mit herz."
also: schummriges licht am piano. rotwein entkorkt. falsch gespielt. aber mit ganz "großem herz" - je leerer die flasche, desto größer das herz :D.

spass hats jede menge gemacht. allein das wars schon wert. aber bei der nächsten klavierstude hat meine KL die augenbrauen hochgezogen und bemerkt, dass ich ja auf einmal "wahnsinnig musikalisch" spielen würde.
ich vermutete erst mal ironie - war aber ernst gemeint.

in der zwischenzeit habe ich festgestellt, dass man ein stück einfach so intus haben muss, dass man (aus lauter verzweiflung und langeweile) anfängt, betonungen anders zu setzen, rhythmen zu verändern, etc.pp. aus diesem rumprobieren entsteht dann irgendwann deine musikalische interpretation. vielleicht nicht so, wie sich der komponist das vorgestellt hat, aber ganz gewiss nicht hölzern und mechanisch.

dabei spielt das stück selbst natürlich eine große rolle: eine frank-sinatra-schnulze wird schneller "musikalisch" als mathematisch korrekte barockmusik.

aber auch die koche ich mit der zeit und dem einen oder anderen "roten" noch weich:D

gib mal rückmeldung. danke, fisherman
 
Wann habt ihr das erste Mal bemerkt, dass sich die Bewegungen eurer Hände und Finger den Klangvorstellungen in eurem Kopf "automatisch" anpassen und somit das Klavier ein Liedchen singt. Bei mir klingt nämlich alles noch so "gewollt" und hölzern, so skandiert.

Hallo Sesam,

darauf, daß es sich automatisch gleich so anhört, wie es mir am besten gefällt, darauf warte ich bis heute ;)

Das Arbeiten am Klang nimmt den größten Teil meiner Übzeit ein. Also ich spiele eine Stelle, irgendwie gefällt mir nicht, wie sie klingt, und dann probiere ich alles mögliche aus: unterschiedliche Hand- und Fingerhaltung (und Bewegung), unterschiedliche Dynamik, kleine Tempoveränderungen innerhalb der Stelle (die von vielen so verfehmte Agogik), unterschiedliche Anteile an legato und staccato-Spiel, Pedal, etc. etc. Das nimmt natürlich irre viel Zeit in Anspruch, aber es zahlt sich aus.

Auf die Automatik zu warten halte ich für nicht besonders erfolgversprechend. Klar, manchmal, wenn man gerade in der richtigen Stimmung ist, klappt vieles auch ohne die bewußte Kontrolle schon ganz gut. Aber darauf darf man sich nicht verlassen. Es ist eher die Ausnahme als die Regel.

Langsames Üben und intensives, selbstkritisches Zuhören sind das A und O für klangliche Verbesserungen.

Viele Grüße
Haydnspaß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das Arbeiten am Klang nimmt den größten Teil meiner Übzeit ein.

Was wären wir für große Pianisten, wenn wir diesen Teil verkürzen könnten!

Ich würde mich Haydnspaß anschließen. Einzelne Stellen herausgreifen, mit Händen einzelnd probieren mit einer gedachten Vorstellung, wie es ungefähr klingen sollte. Ich habe einen ausführlichen Blogeintrag erstellt, der sich mit diesem Thema beschäftigt:

https://www.clavio.de/forum/blog.php?b=31

Bei mir ist es genauso. Den ersten Satz der g-Moll Sonate von Schumann konnte ich nach 2-3 Wochen auswendig spielen. Sie richtig zu gestalten hat mich mindestens 8 Wochen gekostet. Die Gestaltung des ersten Satzes aus dem italienischen konzert von bach hat sogar noch länger gedauert.
 
Ich kann Haydnspaß aus eigener Erfahrung nur zustimmen.

Gelegentlich liest man dann in klugen Klavierlehrbüchern oder von begnadeten Pianisten, daß die Hände sich der Klangvorstellung unterordnen (sollen), so wie die Gesichts- und Kehlkopfmuskulatur sich beim Artikulieren den Gedanken im Kopf unterordnet. Der Vergleich klingt hübsch und plausibel, aber wahrscheinlich ist meine Leitung Kopf-Finger zu lang und zu verknotet ... :D
 
@haydnspass, ubik & koelnklavier

eure beiträge sind von mir hochgeschätzt und sicherlich auch höchst kompetent. es stellt sich allerdings die frage: wo steht sesam?
eher bei euch - also im "profilager" oder näher bei mir, dem anfänger.
wenn er eher zu meiner sorte gehört, wird er - wie auch ich - eure vorschläge verstehen, aber sich mit der umsetzung schwertun. dem pflugfahrer beim skifahren braucht man auch nix vom kantendruck beim carving erzählen...

ich wäre sehr glücklich, wenn ihr "einfache wahrheiten" für mich und meine anfängergenossen hättet. der von mir gerne zitierte satz "spiel einfach - aber mit herz" hat mich (im jetztigen stadium) weiter gebracht als viele komplexe vorschläge meiner KL. was anfänger und mittelklässler brauchen, sind tricks und kniffe, mit denen sie hürden umschiffen und fehler revidieren können.
sowas muss es doch auch beim klavierspiel geben!

ein beispiel: ich bin ja auch leidenschaftlicher fliegenfischer, eine angelart, die man gemeinhin als "kunstvoll" erachtet. für nicht-angler: irgendwie in jeder hinsicht mit golf vergleichbar. es geht also um bewegungsabläufe, motorik, takt, gefühl, usw. wenn man aber so einige zeit fischt, bzw. seine fliege übers wasser "peitscht", kommt irgendwann der punkt, wo irgendwas plötzlich nicht mehr stimmt und man von wurf zu wurf schlechter wird (wir reden hier nicht über das fangen von fischen, sondern über die kunst des werfens!!!). ein profi kann das dann genauso analysieren, wie ihr das tut.

früher habe ich dann notgedrungen und gefrustet aufgehört. bis ich einen alten italienischen fliegenfischinstructor kennenlernte. "lege du die rute weg", hat er gesagt. "nehme stein und werfe weg, wie ganz normal stein werfe. gaaaanz locker, wie werfe stein auf katze (sic)! einemal, duemal, drittemal.so jetzt nehme rute und werfe!"

uuuuuuuuuuuuuuuund: ein wunder - perfekte würfe. das ganze ist - wie sich gezeigt hat - beliebig reproduzierbar und funktioniert ganz ausgezeichnet...

also, liebe piano-junkies und klavier-cracks: bitte gebt uns anfängern EINFACHE tipps, bringt uns die geheimen kniffe bei und lasst uns teilhaben an der erlesenen geminschaft der eingeweihten :D

dafür danke ich euch schon jetzt, euer fisherman
 
Gelöscht für immer
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
danke, ubik

deine liste (war mir bekannt) ist wirklich gut, aber - bei allem respekt - ich rede von den kleinen, fiesen, geheimen tricks...

so wie: werfe stein auf katz:D

danke, fisherman
 
@ ubik

DEN kenn ich schon:D

gute nacht & danke!

fisherman
 
dem pflugfahrer beim skifahren braucht man auch nix vom kantendruck beim carving erzählen...

Nicht daß ich jetzt wüßte, was carving ist :p

Es geht hier im Grunde nur darum, Illusionen zu zerstören :twisted:

Zum Beispiel die Illusion, daß man als Klavierspieler/Pianist sich irgendwann einfach verträumt ans Klavier setzt und alle Stücke sprudeln einem nur so aus den Fingern, völlig ohne Vorbereitung und ohne Anstrengung. So wie man einen Pianisten im TV ein Rachmaninow-Konzert spielen sieht - nur halt daß man selber der Pianist ist.

Oh, wenn es da tatsächlich so einen geheimen Trick geben würde - das würde mich natürlich endlos schockieren... :rolleyes:
 

geheime tricks und illusionen

Nicht daß ich jetzt wüßte, was carving ist

Es geht hier im Grunde nur darum, Illusionen zu zerstören

Zum Beispiel die Illusion, daß man als Klavierspieler/Pianist sich irgendwann einfach verträumt ans Klavier setzt und alle Stücke sprudeln einem nur so aus den Fingern, völlig ohne Vorbereitung und ohne Anstrengung.

haydnspass; da will ich dich doch gleich mal aufklären: carving ist beim skifahren so in etwa das, was du hier als illusion bezeichnest: nämlich - einfach ausgedrückt - entspannteres skifahren mit viel weniger hektik und geringerem kraft/muskel-einsatz (diese erklärung ist natürlich keine definition, sondern lediglich eine annährung an die pianowelt:rolleyes:)

und meine illusion lasse ich mir auch nicht nehmen! ich hebe es doch selbst erlebt, dass man sich an einem ausnahmtag ans klavier setzt und plötzlich "geht alles wie von selbst". naja, zumindest mal bei einem stück oder wenigstens über eine längere passage. das ist dann glück pur. ich nehme mal an, dass da das motorische gedächtnis "übernimmt" und eine perfekte "reflexschleife" zum ohr herstellt, so dass alles (technik, tempo, motorik, ausdruck) stimmt. ist jedenfalls ein supergefühl und ich träume weiter davon, so etwas mit zunehmendem fortschritt öfter zu erleben:p.

nimm mir nicht meine träume!

liebe grüsse, fisherman
 
also darf ich weiterträumen - vorausgesetzt ein KL hilft mir dabei?

fisherman
 
Hier ist mal wieder Sesam. Nachdem jetzt schon an nur einem Tag soviele auf meine Frage geantwortet haben und mein Problem eifrig diskutieren, muss ich mich natürlich auch wieder zu Wort melden. Vorneweg: Vielen Dank für eure Beiträge!! Sie sind für mich sehr erhellend.
Ich geh nochmal ein bißchen ins Detail, auch weil ich glaube, dass viele Anfänger wie ich (spiele seit 1 Jahr) ähnliche Phänomene -was die mangelhafte "Klangerzeugung" betrifft- kennen und von so nem Meinungsaustausch nur profitieren.
Ein ganz grundsätzliches Problem ist nach meiner "Erfahrung" die Klavierliteratur. Nämlich gerade bei den einfachen Stückchen für Anfänger hört man sich schnell ab. Die sind auch nie so lang, dass man auf unterschiedliche Abschnitte ausweichen kann. Und die Melodie samt Begleitung sind, wenn schlecht und geist- und witzlos gespielt (bei Anfängern sehr wahrscheinlich), echt ein Attentat auf die Ohren. Darum ist es ja gerade wichtig diese einfachen Stückchen "schön" zu spielen, eben auch hier schon künstlerische Arbeit zu leisten. Und das ist sauschwer!! Ein großes Werk ist sicher technisch für Anfänger nicht machbar, aber immerhin tut da die Komposition selbst schon etwas für den Klang. Logisch kann man den auch verhunzen, aber wenn es die Technik erlaubt und das Stück spielbar ist, dann ist der Schatz sehr viel reicher aus dem man seine eigene Kunst schöpfen kann. Hingegen das "Hänschen klein" in Sonatinenform auszugestalten, ist eine Herausforderung. Das gerade macht es für den Anfänger schwer. Die Melodie ist banal, die Begleitung ist langweilig und immer gleich (zumindest aufm Papier) und daraus soll man dann was Glanzvolles in die Saiten zaubern. Äusserst schwierig! Ich glaube hier wirkt etwas Ähnliches, was mein Klavierlehrer immer betont: dass nämlich die auf den ersten Blick einfachen Sätze, die langsamen und dahinfließenden in Wirklichkeit viel, viel schwerer kunstvoll zu spielen sind, als die schnell-schneller-am schnellsten Abschnitte. Was ich damit sagen will: Für Anfänger ist es oft schwer mit ihrem Spielen zufrieden zu sein, weil sie eigentlich -entgegen ihrem Können- in das "Anfängerstück" sehr viel künstlerisches Können stecken müssen, damit es nach was klingt. Das ist übrigens, glaube ich, auch der Grund, warum doch so viele sich über Elise & Co. freuen, weil auch der Anfänger weiss, wie`s klingen soll und das so adaptiert. Die reichhaltige Tradition dieses Stücks ersetzt vorerst die künstlerische Arbeit. Vor kurzem hat hier jemand gefragt, wie seine Fortschritte nach 4monatigem Klavierunterricht eingeschätzt werden. Dazu hat er eine Einspielung von der Elise hochgeladen. Die Einspielung war super für 4 Monate, ABER: beweist das klavieristische Fortschritte?? Interessant ist doch was man aus seiner schon erlernten Technik macht bei Stücken, die man nicht im Klang nur abkupfert. Und, um aufs Thema zurückzukommen: ich tu` damit holzhacken. Technische Übungen isoliert, Hanon, Czerny etc. kann ich spielen, laut, leise, ganz leise, ganz ganz leise, schnell, langsam etc., aber zur Anwendung bringe ich dieses bescheidene Können nicht. Im Stück selbst weiss ich nicht, was ich wann wie spielen soll. Natürlich stehen da die Hinweise des Komponisten, aber das sind ja nur Richtwerte. Der Charme kommt ja eben dann ins Spiel, wenn man entlang dieser Richtwerte die Entwicklung, die Idee, die Besonderheit des Stücks rüberbringt. Und das weiss ich eben nur in der Theorie. In der Praxis denk` ich mir oft: "was weiss denn ich, welche Idee der Komponist hatte, keine Ahnung von Entwicklung etc...." Da kann das schon eine Abhilfe sein, einfach mal mit Herz zu spielen, das mach` ich eh am liebsten, aber spätensten wenn Satz 1 vom Sonatinchen wiederholt wird und ich plötzlich gar nicht mehr weiss, was ich beim ersten Mal wie gespielt habe, weils halt so zufällig war, dann tu` ich mir sehr schwer den 2. Durchgang sinnvoll und für den Zuhörer erhellend zu variieren (zu hoher Anspruch??!)
Und dann mal was zum "ERST auswendig, DANN künstlerisch". Also das ist ein Schmarrn. Darauf bin ich gekommen, dass das ein Schmarrn ist, dadurch, dass ich mich in Vorspielsituationen immer dann verspielt habe, wenn ich mich besonders um Ausdruck bemühen wollte. Plötzlich hatte ich keine Ahnung mehr, wie`s weitergeht, bin total rausgekommen. Mein Hirn wusste ja nur was es tun muss, wenn das Stück auswendig gespielt wird. Wie es die Arme, Hände und Finger steuern soll, wenn Ausdruck und Leidenschaft hinzukommt, das habe ich ihm nicht beigebracht. Motorisch sind das eben zwei Welten. Und wenn man das Stück auswendig spielen kann, dann kann man es eben auswendig spielen, aber halt nur so, wie man es auswendig gelernt hat. Ist ja eigentlich logisch.
Um meinen Beitrag mal zu einem vorläufigen Ende zu bringen, noch eine Frage: Habt ihr Erfahrenen denn die Erfahrung gemacht, dass eure Klanglichkeit besser wurde bei kompositorisch zunehmed anspruchsvolleren Stücken? Stücke also, bei denen man wirklich etwas begreift, was es da zu interpretiern gibt. Vielleicht auch eine Frage an die Klavierlehrer hier unter euch: ist es nicht eine Voraussetzung für die Entwicklung der Spieltechnik, dass man sie an Stücken schulen kann, die einem dieses technische Können auch wirklich abverlangen. Darin unterscheide ich im übrigen eine gute von einer schlechten Entüde (jetzt nicht die Etüde im Chopinschen Sinne) Nämlich wenn sich das, was darin erübt werden soll, auch zentral für ihr schönes Erklingen verantwortlich ist. Mit anderen Worten, wenn die Technik noch nicht sitzt, es auch einfach grauslig klingt.
Jetzt aber erst mal Schluss. Ich geh` jetzt holzhacken :-)

Gruß, Sesam
 
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@ ubik


lieber ubik, das ist hart. was meinst du mit "zur zeit spielen"? ich spiele permanent mein ganzes kleines, bescheidenes repertoire (ca. 5 monate) und arbeite an der verbesserung ALLER stücke, wobei mit zunehmendem fortschritt (ein großes wort!) das eine oder andere aus desinteresse dann "vom band fällt".

in der fortgeschrittenen "bearbeitung" sind:
morgendämmerung von grieg (pedal...)
ein larghetto von archangelo corelli (präzision)
und den entertainer brauche ich zum abreagieren (natürlich nicht original!)

neu ist ein vierhäniges stück (name nicht parat)
von diabelli, das ich mit meiner tochter einüben soll/darf

auf der wunschliste stehen dann:
ain't missbehavin' in einer heumann-bearbeitung (jaaaaaa, ich weiß...)
und das larghetto von scarlatti aus der clavio-sammlung

das muss aber meine KL erst noch gutheißen :rolleyes:


@sesam

Und dann mal was zum "ERST auswendig, DANN künstlerisch". Also das ist ein Schmarrn. Darauf bin ich gekommen, dass das ein Schmarrn ist, dadurch, dass ich mich in Vorspielsituationen immer dann verspielt habe, wenn ich mich besonders um Ausdruck bemühen wollte. Plötzlich hatte ich keine Ahnung mehr, wie`s weitergeht, bin total rausgekommen. Mein Hirn wusste ja nur was es tun muss, wenn das Stück auswendig gespielt wird. Wie es die Arme, Hände und Finger steuern soll, wenn Ausdruck und Leidenschaft hinzukommt, das habe ich ihm nicht beigebracht. Motorisch sind das eben zwei Welten. Und wenn man das Stück auswendig spielen kann, dann kann man es eben auswendig spielen, aber halt nur so, wie man es auswendig gelernt hat. Ist ja eigentlich logisch.

da will ich dir mal ganz heftig widersprechen, wobei ich natürlich nur von meiner person ausgehen kann. erst mit 100%-igem auswendigspiel bin ich in der lage, variationen einzubauen oder, wie ich es an früherer stelle genannt habe - zu blödeln. daraus entsteht dann ein gefühl. mal ist es gut, mal ist es schlecht. aber immer eine erfahrung, die mich ein stückchen weiter bringt, was den ausdruck angeht. ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass du mit 150% tempo auswendig spielen musst. dann habe ich die sicherheit, bei z.b. 80% tempo ausdruck/interpretation mit einzubringen.

solange ich am blatt hänge, bleibe ICH hölzern.

das nächste zitat möchte ich als hinweis sehen, dass du vielleicht insgesamt zu verkopft bist:

Habt ihr Erfahrenen denn die Erfahrung gemacht, dass eure Klanglichkeit besser wurde bei kompositorisch zunehmed anspruchsvolleren Stücken? Stücke also, bei denen man wirklich etwas begreift, was es da zu interpretiern gibt.

da schreibe ich jetzt mal ganz provokant: quatsch! spiel fingerübungen mit ausdruck! spiel tonleitern mit gefühl! dann kommt der rest nach. hier habe ich übigens "volle rückendeckung" durch meine KL!

mann, mach dich locker. und auch auf die gefahr hin, hier bald als alk-schönredner gebrandmarkt zu werden: trink a viertele! und wenns immer noch hölzern ist, ein zweites. ich hab so das gefühl, du musst hier was durchbrechen. aber vielleicht täusche ich mich auch.


wie auch immer: ich wünsch dir, dass dein piano jubelt und säuselt und das holzhacken ein ende hat!

lg, fiherman
 
Und dann mal was zum "ERST auswendig, DANN künstlerisch". Also das ist ein Schmarrn. Darauf bin ich gekommen, dass das ein Schmarrn ist, dadurch, dass ich mich in Vorspielsituationen immer dann verspielt habe, wenn ich mich besonders um Ausdruck bemühen wollte. Plötzlich hatte ich keine Ahnung mehr, wie`s weitergeht, bin total rausgekommen. Mein Hirn wusste ja nur was es tun muss, wenn das Stück auswendig gespielt wird. Wie es die Arme, Hände und Finger steuern soll, wenn Ausdruck und Leidenschaft hinzukommt, das habe ich ihm nicht beigebracht. Motorisch sind das eben zwei Welten. Und wenn man das Stück auswendig spielen kann, dann kann man es eben auswendig spielen, aber halt nur so, wie man es auswendig gelernt hat. Ist ja eigentlich logisch.

Nein. Du hast meinen Ansatz falsch verstanden. Ich meinte nicht, dass man mehr Ausdruck beim Vorspiel durch Auswendiglernen aufbringen kann. Aber es ist ein riesiger Vorteil, wenn man das Stück zu Hause auswendig spielen kann (es also komplett durch hat) und sich dann beim Üben dem Ausdruck widmet. Wie ich bereits sagte kann ich ein Stück mit 2-3 Wochen Übung auswendig lernen. Der Ausdruck wird dann noch weitere 8 Wochen geübt, bis das Stück so klingt, wie man es möchte. Und beim Vorspiel geht das dann motorisch automatisch, wobei man dann auch wieder Ausdruck "mitdenken" kann.
 
@ Ubik: Ja, da hab` ich dich tatsächlich falsch verstanden. Im Grunde meinen wir wohl beide dasselbe: die Griffe sollte man im Schlaf drauf haben, in Takt 25 wissen, was Takt 30 bringt und so weiter. Um auf dieser Grundlage an den Feinheiten des "wie" zu feilen.

@ fisherman: mag sein, dass ich verkopft bin und vielleicht zu verkopft, um dem Klavier bezaubernde Klänge statt Kopfstimme zu entlocken, aber immerhin ist eine wichtige Voraussetzung fürs Lernen, zu wissen, was man lernen will. Und dazu muss ich das Problem beschreiben und für mich greifbar machen. Nix anderes habe ich in meinem Beitrag versucht. Und wozu soll ich mich locker machen, wenn ich ein Problem habe, das ich lösen möchte? Da bin ich nicht locker, sondern nachdenklich.
Zu deinem Vorschlag, Fingerübungen mit Ausdruck zu spielen: das tue ich ja; mal stürmisch, mal heranpirschend, mal lachend, mal melancholisch, mal zögernd, mal aufbrausend.... ABER: hast du mal Theater gespielt? Oder sonstiges getan, in dem du einen an eine Rolle gebundenen Text vorgtragen hast? Da ist es nämlich auch so, dass Gefühl und Text zusammenpassen müssen. Und wenn der Text keine Poesie bereithält, dann wirds für den Schauspieler schwierig. So meine ich das auch in Bezug auf unsere Klavierliteratur. Wenn da nix Überzeugendes drinnensteht, was sich in Gefühlen erspüren lässt, tja. Und mit Gefühlen meine ich hier nicht Herz, Schmerz, Schmalz, C-Dur Präludium WTK I. Gefühle dürfen schon etwas tiefer reichen und differenzierter sein. Sie sollten aber auch eine gewisse Glaubwürdigkeit aufweisen. Und bei guten Interpreten tun sie das auch. Meine Favoriten: Svjatoslav Richter, Emil Gilels, Arturo Michelangeli. Was die Gefühle bei Fingerübungen wie Hanon betrifft, bliebe da noch das Stilmittel der Überzeichung, also etwas bloß Mechanisches völlig übertrieben romantisch, zart und schmachtend zu spielen oder so pompös wie den Einmarsch der Gladiatoren. Aber eben das Augenzwinkern dabei muss durchscheinen. Sonst ist es wirklich lächerlich.
So, und jetzt mach du dich locker und versuch` mal mit deinen technischen Möglichkeiten eine überzeugende, witzige Persiflage deiner letzten Fingerübung zu spielen. So dass es eben einerseits die ernsthafte Fingerübung bleibt, andererseits aber doch die leise, versteckte Ironie darüber zum Ausdruck kommt. Oder ein anderes Beispiel: ich weiss nicht, ob du schon mal ein Stückchen von Haydn in die Hände bekommen hast. Jedenfalls, wenn man da ganz brav alles so runterspielt, wie`s da steht, und den Witz an vielen Stellen nicht versteht, dann klingt das auch irgendwie lächerlich. Haydn ernst und brav gespielt, klingt lächerlich.
Noch `ne Anmerkung zum Auswendiglernen: das hat m.E. nichts mit Tempo zu tun. Warum kann ich etwas besser, sicherer, wenn ichs schnell spielen kann? Das ist wie beim Zählen. Wenn ein Kind das lernen soll, dann machts auch keinen Sinn, wenn es dabei seine Sprechwerkzeuge besonders schnell bewegt. Wenn ein Stück schnell gespielt werden soll, dann muss ich das üben, aber ich werde doch nicht sicherer beim Lansamspielen, wenn ichs schnell übe. Glaub` mir, ich bin vom Fach, habe viel mit Gehirn zu tun.
So, und jetzt befolge ich tatsächlich deinen Ratschlag und genehmige mit ein Vierterle. Oder auch zwei. Prösterchen.

Gruß, Sesam
 
Warum kann ich etwas besser, sicherer, wenn ichs schnell spielen kann?

Dem würde ich auch widersprechen. Viel besser ist es in Zeitlupe zu spielen und über jeden Ton nachzudenken, sich eine klangliche Vorstellung von dem Ton zu machen. Natürlich muss man dann irgendwann zu dem schnelleren Tempo kommen. Aber man sollte grundsätzlich nicht im schnelleren Tempo üben. Das macht alles kaputt und baut zusätliche Fehler mit rein.
 

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