Klavierkauf

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11231bklyn

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9. Jan. 2016
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Liebe Foristen,

nachdem ich hier ca. ein 3/4-Jahr still mitgelesen und auch das Archiv sehr intensiv genutzt habe, möchte ich mich nun doch zu Wort und gleichsam Vollzug melden: Wir haben ein Klavier gekauft. Da ich von vielen Einträgen, Denkanstößen und Kaufberatungen hier durchaus profitiert habe, dache ich mir, dass es vielleicht für andere hilfreich sein kann, wenn auch ich hier meine Erfahrungen/Beweggründe niederschreibe.

Zu den Rahmenbedingungen: Ich bin Wiedereinsteiger. Da wir kleine Kinder haben und für mich das Üben berufsbedingt im Wesentlichen abends/nacht stattfinden wird, musste es ein Klavier mit Silent-Funktion werden. Der hier häufig eingebrachte Ratschlag, es stattdessen doch lieber mit einem akustischen Klavier und ergänzend einem Digi zu versuchen, kam auf Grund der räumlichen Situation im Ergebnis nicht wirklich in Betracht. Bei der Entscheidungsfindung schließlich ebenfalls nicht ganz irrelevant war, dass wir in einem Neubau mit Fußbodenheizung und automatischer Be- und Entlüftung leben, sprich: Im Winter wird es schon recht trocken (ca 40% rLF, plus/minus ein paar Prozent). Das Budget entwickelte sich von den ursprünglich angedachten max. 5.000,- nach oben...

In den letzten Monaten habe ich zahlreiche Klavierhändler in verschiedenen Städten aufgesucht und wirklich unzählige Klaviere angespielt. Darunter, nicht zuletzt auf Grund der Empfehlungen hier im Forum, natürlich auch viele deutsche Gebrauchte. Eine erste und für mich etwas überraschende Erfahrung: Ich konnte zwar immer ziemlich schnell Klaviere ausschließen, weil mir Klangbild und/oder Spielgefühl nicht zusagten. Das war zB der Fall bei
  • den Yamaha aus der b-Serie (Klang zu dünn und insbesondere im Diskant metallisch-klirrend),
  • bei einigen - nicht allen - Yamaha aus der P-Serie (dito),
  • bei ein paar gebrauchten Sautern (Klang zwar prinzipiell gut, aber etwas laut, das Spiel für meinen Geschmack zu hakelig),
  • bei einigen - auch hier: nicht allen - Kawai (Klang für mich schwer zu beschreiben, sprach mich aber jedenfalls nicht an)
  • und Schimmeln (dumpf - bei den Schimmeln war übrigens überhaupt eine enorme Streuung zu verzeichnen)
  • Johannes Seiler (Klang irgendwie undifferenziert und nicht meins).
Ein Erweckungserlebnis in die andere Richtung im Sinne von "Das oder keines ist es!", wie es hier manchmal geschildert bzw zum Teil auch als Voraussetzung für die sinnvolle Kaufentscheidung angesehen wird, stellte sich hingegen nicht ein. Evtl sind meine Ohren zu anspruchslos, von der Auswahl überfordert oder mein Tonideal ist polyamorös, wie auch immer: Mir gefielen ganz unterschiedliche Klaviere, zB einige gebrauchte Seiler und Schimmel, wirklich sehr gut. Ebenso interessanterweise jeweils ein kleines konsolenloses Zimmermann und Grotrian aus den 1970ern, die trotz geringer Größe richtig Volumen hatten und Spaß machten. Das gleiche galt für ein paar neue Friedrich Grotrian, die allerdings an sich außerhalb des Budgets lagen. Und ja, auch ein neues W. Hoffmann T-122 Vario, ein Yamaha P-121 SH und ein Kawai K-300 ATX-II wussten allesamt (wenn auch auf unterschiedliche Weise) zu gefallen.

Was also tun?

Nun sollte es ja ein Silent sein. Das Bechstein Vario System im W. Hoffmann ist schick und intuitiv, überzeugt mich klanglich aber nicht wirklich. Kawai ATX-II fand ich klanglich wie von der Bedienung her dagegen sehr gut, das Yamaha SH vom "Raumklang" her ziemlich spektakulär. Yamaha SG2 klanglich ebenfalls gut, aber natürlich nicht sonderlich komfortabel. Von den nachrüstbaren Silent-Systemen habe ich nicht alle live testen können, die mir zum Anspielen konkret zugänglichen Beispiele (Bolan, Pianodisc) waren okay, aber nicht mit Yamaha und Kawai vergleichbar. Es kristalisierte sich zudem mit der Zeit heraus, dass ich mit dem Gedanken, ein gebrauchtes Klavier nachträglich auf Silent umrüsten zu lassen, weniger glücklich war als mit einem bereits ab Werk verbauten System (das mag technisch gesehen irrational sein, ist aber so). Hinzu kamen die geschilderten klimatischen Bedingungen, die mich zunehmend zweifeln ließen, ob hier tatsächlich ein gebrauchtes Klavier, dessen Holz sich jahrzehntelang an ganz andere Bedingungen gewöhnt hat, sinnvoll wäre.

Es blieben daher zunächst das W. Hoffmann T-122 Vario, das Yamaha P-121 SH und das Kawai K-300 ATX-II im Rennen. Und ich bin tatsächlich überzeugt, dass ich mit diesen Klavieren auch glücklich geworden wäre. Dennoch wollte ich an sich gerne auch den heimischen Klavierbau unterstützen.

Dadurch geriet das Modell Friedrich Grotrian wieder in den Blick. Deutlich kleiner als die anderen drei, mir aber irgendwie sympathischer und klanglich sehr fein, glockig-hell und mit den anderen mindestens auf Augenhöhe. Das Problem war nur, dass ich bislang bei keinem der mir zugänglichen Händler eines mit Silent-Ausstattung (die ja ab Werk ein SG2 wäre) zum Anspielen vorgefunden hatte. Im Ergebnis habe ich es daher gewagt und mit dem hier an sich vollkommen zu Recht hoch gehaltenen Prinzip "Kauf nur, was Du selbst schon gespielt hast" gebrochen und ein solches beim örtlichen Fachhändler als Silent bestellt. Aktuell gab es gerade noch das preislich attraktive Sondermodell "180 Jahre Grotrian" und es besteht die Möglichkeit, nach Braunschweig zu fahren und dort ein Instrument im Werk auszuwählen. Daher erschien es mir nach allem Abwägen als die für mich beste Lösung. Kurzum: Ich freue mich riesig und bin schon ganz aufgeregt!

JC

edit: typo.
 
Zuletzt bearbeitet:
JC, Du bist ein rationaler Mensch? Auf jeden Fall bist Du sehr, sehr strukturiert und mit gewissen fixen Eckparametern auf die Suche gegangen. Für mich könnte das der Grund sein, weshalb Du nicht Dein Klavier im "positiven Sinne" gefunden hast.

Das muss jetzt aber gar nicht schlecht sein. Ich denke, dass DU für DICH das Optimum gefunden hast. Und ein Kauf nach Typ MIT Werksauswahl ist in jedem Fall ok!

Übrigens habe ich mich in Deiner Negativliste 1:1 wiedergefunden. Bei jeder Beschreibung habe ich genickt und gegrinst. Genau wegen Deiner Beschreibung empfehle ich gerne auch mal ein Schimmel, wenn das Ziimmer klein und "akkustisch kalt" ist und die Leute "warmen Klang" wollen - bei vielen Laien bezieht sich der Wunsch nach "warm" auf diesen eigentlich etwas dumpf-muffigen Klang (der in einem Glas/Kachel/Lack-Wohnzimmer zumindest nie aufdringlich wird).

Ich finds immer wieder faszinierend, wie gut sich Instrumente eben doch beschreiben lassen.
 
@joeach: Danke!

@fisherman: Ich denke eher nicht, dass das der Grund ist. Streng rational wäre es ja zB vermutlich sinnvoller gewesen, erstmal zu mieten und weiter zu suchen. Oder eine der anderen, günstigeren Alternativen zu nehmen, wenn sich kein Instrument unmittelbar abgesetzt hat. Ich fühlte mich mit dem Friedrich Grotrian dann aber irgendwie doch wohler. Auch bin ich zunächst tatsächlich einfach los und habe so viele Instrumente wie möglich einfach ausprobiert - die Parameter haben sich dann im Laufe der Suche, zugegebenermaßen aber natürlich auch durch die geballten Informationen hier im Forum und anderenorts, entwickelt. Wie auch immer: Ich bin gespannt auf die Werksauswahl und werde dort ganz Ohr und Herz sein :) .
 
Bist Du inzwischen mit deinem Klavier glücklich, @11231bklyn ?
 

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