Klavier in der Filmmusik für Erwachsene

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Neronick

Guest
Früher, als es noch keine Tonspur gab, wurden die Stummfilme doch von Pianisten begleitet. Kennt jemand Handlungsregeln für deren Arbeit? Wie haben die gearbeitet? Was sollte man musikalisch beachten?

Was mir aufgefallen ist, es existieren Gattungen in der Filmmusik, die sind musikalisch generell absolut anspruchslos; also nicht nur billig sondern extrem "unmusikalisch" und dürftig. Warum werden in Filmen für Erwachsene niemals Klaviere eingesetzt, sondern immer nur Synthesizer. War die Pianobegleitung im Genre Stummfilm auch dermaßen "austauschbar"? Kann man schlechte Filme nicht durch gute Musik "aufpeppen". :-)

Gerade in der Filmmusik gibt es doch ausgezeichnete Ohrwürmer z.B. von Ennio Morricone (auch wenig Klavierumsetzung enthalten?). Eignet sich das Klavier nicht MEHR für Filmmusikkompositionen?
 
Eignet sich das Klavier nicht MEHR für Filmmusikkompositionen?
angesichts des großen Erfolgs des Films "das Piano" nebst der Filmmusik dazu, müsste diese Frage eindeutig mit "es taugt duchaus" beantwortet werden ;)
 
angesichts des großen Erfolgs des Films "das Piano"
Danke! Bei dem Filmtitel sollte es tatsächlich überzeugend eingesetzt werden. Werde die Bildungslücke aufgrund des Tipps dringend schließen. Bei anderen Filmtiteln bin ich mir da nicht so sicher... :-)
 
Bei anderen Filmtiteln bin ich mir da nicht so sicher...

Nana! Denk mal an die fabelhafte Welt der Amelie. Yann Tiersen hat damit Heerscharen von Teenies ans Klavier gelockt...

Und "jenseits von Afrika" hat meine Frau zur Klarinetten- und Oboensüchtigen gemacht ....

Es gibt genug Filme mit echter Solo-Instrumentierung...
 
Ja, die Behauptung, es gebe kein Klavier in heutiger Filmmusik, ist totaler Unsinn. Keine Ahnung, was Du immer für Filme guckst, Neronick...

SOOO oft, wenn eine melancholische oder nostalgische Stimmung erzeugt werden soll, kommt Klavier zum Einsatz! Es ist ja regelrecht ein abgenudeltes Klischee!

LG,
Hasenbein
 
AAAAAHH! Jetzt weiß ich, was Neronick meint! *Groschen plumpst*

"Filme für Erwachsene"! Versteht Ihr? Knick knack! :D :D

Klar, bei dieser Art von Produktionen steht meist nicht viel Geld zur Verfügung, daher wird auf billigstes elektronisches Material zurückgegriffen... aber wer guckt denn auch einen Porno wegen der Musik oder wegen der Handlung? :D :D

LG,
Hasenbein
 
AAAAAHH!

Klar, bei dieser Art von Produktionen steht meist nicht viel Geld zur Verfügung
Du hast doch Ahnung von Musik! Nun lass und doch als Musiker reden, nicht als Ökonomen mit Pro und Conttra. Was mussten die damaligen Klavierspieler machen - wie Barmusik geht, habe ich inzwischen nachvollziehen können. Auf was müssen Komponisten achten? Irgendwo muss man als Musiker doch noch "unterkommen" können... :-)
 
Also, Du hast jetzt nicht wirklich hier extra einen Thread aufgemacht, um uns zu fragen, wie Du spielen sollst, um Pornofilme zu begleiten, ne?

Egal, ob es sich um Vergackeierung handeln soll oder gar ernstgemeint ist - für so einen Schmarrn ist mir hier die Zeit zu schade!

LG,
Hasenbein
 
Übrigens gab es auch schon zur Stummfilmzeit "Filme für Erwachsene" *g* (zT relativ "züchtig", dh. mit nackten Damen und "pikanten Szenen", wie das damals hieß, aber durchaus auch richtige Pornos, das waren dann aber Privatproduktionen - Zensur gab es ja schließlich damals noch) und diese hatten auch Klavierbegleitung, wie zu allen anderen Stummfilmen (in kleineren Kinos).

Aber zurück zum Thema, sonst erzähl ich noch ne Stunde was zur Erotik im Stummfilmkino, da habt mein "Spezialgebiet" getroffen. ;)

Grundsätzlich kann man mMn aber sagen, dass die Orgel v.a. in Amerika zur Filmbegleitung beliebt war (diese Filmorgeln konnten sogar einige Soundeffekte machen), bei uns aber durchaus auch das Klavier als Begleitinstrument verbreitet. Größere Kinos bzw. Varietés hatten aber oft ein ganzes Orchester zur Verfügung.

Wie wurde damals gearbeitet? Es gibt, v.a. für die größeren Filme, schon Noten für die Begleitmusik, zT ist aber auch viel verloren gegangen. In der Praxis war aber wohl, v.a. wenn es kein Orchester gab, sondern nur einen einzelnen Pianisten, ganz viel Improvisation dabei. Ich finde Stummfilmbegleitung ist auch von musikalischer Seite her eine durchaus interessante Sache, weil sich der Pianist nicht einfach selbst verwirklichen kann, sondern die Balance finden muss zwischen "unterstreicht die Filmhandlung" und "ist zu viel, lenkt vom Film ab" - denn Stummfilmbegleitung ist ja doch eine Untermalung und sicherlich kein Klavierkonzert.

Das Metro-Kino in Wien, das zum Filmarchiv Austria gehört, zeigt übrigens immer mal wieder Stummfilme mit Live-Begleitung (zB im Rahmen der Viennale), oft mit Klavier, in letzter Zeit aber auch häufig mit moderner Musik. Ich habe da im Herbst zB den Film "Juwelen/Sensation im Diamantenclub" von 1930 gesehen, wo die moderne Musik auch gut gepasst hat!

Ich bin aber auch grundsätzlich keine Gegnerin von elektronischer Musik, sondern hab das recht gern.

Ein Stummfilm-Pianist, den ich schon öfters gesehen habe und der mMn seine Sache sehr gut macht, ist übrigens Gerhard Gruber, auf seiner Homepage sind auch einige interessante Infos zum Thema. Die dort vorgestellte DVD "Café Elektric", wo er für die Begleitung verantwortlich war, hab ich übrigens noch irgendwo herumliegen, muss ich aber noch anschauen - ist übrigens die erste Hauptrolle von Marlene Dietrich gewesen. ;)
 

das wär doch öde ;)

Noch in der hinterletzten Öde
War selbst der Wilde nie zu blöde
Seine Gene zu verbreiten -
Damals wie zu allen Zeiten.

Ohne Stummfilmklimperei
Hub er an: "ich bin so frei
Nunmehr Nachwuchs zu erschaffen!"
Hei, wie da Affen gaffen...
 
Guten Abend, Neronick!

Früher, als es noch keine Tonspur gab, wurden die Stummfilme doch von Pianisten begleitet.
Kennt jemand Handlungsregeln für deren Arbeit? Wie haben die gearbeitet? Was sollte man musikalisch beachten?

Deine Frage könnte das gutsortierte Archiv eines Filmmuseums beantworten.

Bis zur Erfindung des Tonspur gab es verschiedene Arten, einen Film musikalisch zu untermalen:
mit einem Kammerorchester, mit Kino-Orgeln (die übrigens auch Effektregister zur Erzeugung
passender Geräusche wie Telephon-/Türklingeln, Schüsse, Hufgetrappel etc. hatten),
oder eben den berühmten Mann am Klavier. Es gab Materialsammlungen an Tonsätzen
für jede musikalisch zu intensivierende Gefühlsregung: Trauer, Freude, Angst, Neugierde -
für jedes Handlungsmoment: Duelle, Liebesszenen, Verfolgungsjagden, Tod und Verklärung.
Gute Pianisten haben die Begleitmusik improvisiert, andere haben solche Tonsatzsammlungen
als Improvisationsvorlage genutzt. Wichtig war dabei, mit der Bildfolge der Filme Schritt zu halten.

Natürlich wurden auch klassische Musikstücke in diesem Kontext verwurstet. Obenauf in der
Publikumsgunst stand das cis-Moll-Prélude von Rachmaninow, das offenbar zu jedem Anlaß
paßte: für den ersten Kuß wie für den letzten Atemzug.

Die 1:1-Übertragung eines filmischen Bewegungsablaufs in Musik birgt ein hohes Maß
an (unfreiwilliger) Komik in sich. Manche Filmmusik-Komponisten haben dieses Komikpotential
bewußt ausgenutzt - schön zu sehen in vielen frühen Walt-Disney-Zeichentrickfilmen.
Erik Satie war der erste, der auf die Standardisierung und den Verschleiß programmusikalischer Ideen
zu Illustrationszwecken künstlerisch reagiert hat, z.B. mit den "Sports et Divertissements" von 1914 -
21 kurzen Stücken für Klavier, deren unverhüllte Aggression sich gegen den Mißbrauch von Musik
zu außermusikalischen Zwecken wendet und die gleichzeitig durch ihren Charme bezaubern.

Gruß, Gomez
 
Obenauf in der
Publikumsgunst stand das cis-Moll-Prélude von Rachmaninow, das offenbar zu jedem Anlaß
paßte: für den ersten Kuß wie für den letzten Atemzug.
Hallo Gomez,
danke für diese tolle Antwort! Ich darf mich ja nicht outen, aber ich bin sofort dem Namen Rachmaninow gefolgt und jetzt weiß ich endlich, wie dieses Stück heißt, kenne nun unzählige, neue Bildungslücken und habe eine tolle Seite im Internet gefunden, wo GANZ viel Klassik von tollen Leuten eingespielt ist...jetzt kann ich stundenlang Musik aus den vergangenen Jahrhunderten und Stummfilmtagen hören und versuchen, die Melodien wiederzuerkennen. :-)
 
AAAAAHH! Jetzt weiß ich, was Neronick meint! *Groschen plumpst*

"Filme für Erwachsene"! Versteht Ihr? Knick knack! :D :D

Klar, bei dieser Art von Produktionen steht meist nicht viel Geld zur Verfügung, daher wird auf billigstes elektronisches Material zurückgegriffen... aber wer guckt denn auch einen Porno wegen der Musik oder wegen der Handlung? :D :D

LG,
Hasenbein

Beate Uhse hatte die aufwendigsten Tonstudios mit den ersten (sehr teuren!) Samplern, das war keineswegs "billig". Das Gestöhne kam also letztendlich von einer Tastatur! Man muss somit durchaus Klavier spielen, auch wenn die Tonfolgen eher geräuschiger Natur ist!

*grins*
 
Echt wahr, Viola? Unglaublich. Das ist Party-Talk!:cool:
 
ja, fischi, voll wahr! Weiß ich aus wirklich gut unterrichteten Kreisen!
 

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