Klavier Arnold Aschaffenburg aus 1909 retten

In ein paar Tagen kommt die Gussplatte wieder raus, um die Stegdoppel endlich zu ersetzten und den Resonanzboden nach dem Abziehen fein zu schleifen und zu lackieren. Muss allerdings auf Helfer warten und mich daher etwas in Geduld üben :)

In der Zwischenzeit hab ich ein paar Werkzeuge gebaut. Um die Positionen der neuen Stegstifte über die Schablone präzise auf die neuen Stege zu übertragen, wollte ich sogenannte Stegstift-Ankörner nutzen. Ich brauche allerdings drei verschiedene Größen zwischen Diskant und Mittellage. Ein einzelner Ankörner kostet bei Meyne zB. über 25 Euro, das Set mit sechs Stück bei FTP inkl. MwSt. über 160 plus Versand. Daher habe ich selbst drei Stück in den benötigten Größen gebaut. Dafür habe ich drei Edelstahlmesser aus dem Second Hand Laden für jeweils einen Euro genommen und die Klinge abgeschnitten, sowie die drei benötigten Spitzen jeweils heraus gefräst. So lässt sich jetzt mit einem präzisen Schlag auf das Werkzeug die Position aller drei Löcher gleichzeitig im Holz markieren, was genauer ist als die Löcher einzeln zu körnen, da so alle drei immer in einer Linie liegen. Die Markierungen werden mit einem etwas dickeren Dorn vergrößert, was ich beides im folgenden Bild zeige, dann kann gebohrt werden. Hier im Teststück wurde noch nicht gebohrt, nur das Prinzip getestet:

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Diese selbsterdachten und selbstgebauten Werkzeuge und Hilfsmittel im Instrumentenbau begeistern mich immer wieder. Da gleicht keine Werkstatt der anderen. In nur wenigen Handwerken gibt es (heute noch) so eine Vielfalt.
 
Nachdem mein letzter Beitrag ein paar Tage her ist, hier mal ein kleines Update der vergangenen Woche:

Ich habe die alten Stegdoppel mit einem scharfen Stechbeitel und einem Holzhammer entfernt, nachdem ich Schablonen der Löcher usw. angefertigt habe:
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Dann habe ich die alten Löcher mit Birke (Zahnstocher) und Fischleim gefüllt und aushärten lassen:

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Und danach mit der Oberfräse die Stege aus Buche auf eine Ebene gefräst, die neuen Doppel aus Bergahorn sollen etwas dicker als die alten werden

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Bitte entschuldigt die Bildqualität, hier noch das Ergebnis der Aktion:

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In den Bildern sind teilweise die neuen Späne der ehemaligen Resonanzboden Risse zu sehen, der alte Lack vom restlichen Resonanzboden wird erst abgezogen und erneuert, wenn alle Stegdoppel fertig sind :)
 
Möchtest du damit den Stegdruck noch etwas erhöhen?

Nur ein wenig, bzw. gleichmäßiger machen.

In erster Linie sollen die Doppel dicker werden als die alten, da diese teilweise sehr dünn waren und das ein Grund für die vielen Risse und den schlechten Halt der Stifte gewesen sein könnte. Also habe ich jetzt ca. 2-3mm weniger Buche, dafür mehr Ahorn bei etwa gleicher Überhöhung.
Stegdruck war, besonders mit der neuen Wölbung genug da, habe trotzdem etwas zugegeben und reduziere am Ende alles gleichmäßig mit dünnem Furnier unter den Garnierungen und Filzen der Gussplatte vor dem beziehen.
Durch entfernen der Furnier Streifen auf der Gussplatte lässt sich so später bei Bedarf der Stegdruck erhöhen, ohne wieder neue Doppel anfertigen zu müssen :)
 
Respekt!
Gibt es einen besonderen Grund für den Fischleim? Ich hätte hier wohl sicher Haut-/Knochenleim gewählt, der in etwa die Härte von Holz hat.
 
Fischleim ist ja wie Knochenleim auch ein Glutinleim, wird ziemlich hart und ist trotzdem ebenso mit Wasser und Wärme reversibel. Und Fischleim hat den Vorteil, wie von @agraffentoni erwähnt, dass ich ihn bei Zimmertemperatur verarbeiten kann und er eine längere offene Zeit hat in der er sich verarbeiten lässt, was für Resonanzbodenrisse und die Sachen am Steg von Vorteil ist, gerade wenn man es wie ich zum ersten Mal macht :) Den Knochenleim im Kocher zu erwärmen kann zB beim einleimen von Hammerköpfen oder Hammerstielen von Vorteil sein denke ich, da dieser beim abkühlen schon wieder fest wird, da möchte man ja nicht jeden Hammer zwei Tage fest halten.

Bin bisher sehr zufrieden damit, ich habe mit dem Leim auch die Stegdoppel aufgeleimt mittlerweile:

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Die Schrauben sind selbstverständlich nur vorübergehend, bis der Leim ausgehärtet ist.
Die Doppel aus Ahorn sind absichtlich etwas breiter und werden später mit dem Bündigfräser exakt angeglichen.
Das Klebeband ist nur dafür da, dass der Leim nicht auf den Reso Läuft oder an den Stegen, an denen später der Anlaufring des Bündigfräsers laufen soll.

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Zuvor hatte ich die Doppel provisorisch mit Klebeband befestigt und die Löcher mit dem Durchmesser des Kerns der Schrauben durch beides vorgebohrt, um den alten Steg nicht zu spalten. Dann hab ich die Doppel abgenommen und die Löcher nur im Doppel größer gebohrt, damit dort das Gewinde der Schrauben nicht greift und sie so gut das Doppel an den Steg ziehen. Danach habe ich wie oben gezeigt alle verleimt und mit Schrauben angezogen, allerdings von Hand, damit man es nicht übertreibt mit dem Zug.

Nachdem die Stege ihre endgültige Form haben, werden die Löcher der Schrauben mit Holz ausgedübelt :)
 
Guten Abend,
heute konnte ich, nachdem alle Schrauben wieder entfernt wurden, mit dem Bündigfräser die neuen Doppel auf den alten Steg angleichen. Die Löcher habe ich gleichmäßig aufgebohrt und ausgedübelt sowie angefangen, den alten Lack vom Resonanzboden abzuziehen. Dieser wird noch etwas feiner geschliffen sobald der neue Schellack soweit ist :)

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Fischleim ist ja wie Knochenleim auch ein Glutinleim, wird ziemlich hart
Hmm, ich kenne Fischleim als recht flexibel*, Knochenleim als hart und spröde, Hautleim so dazwischen und ne Mischung aus Haut- und Knochenleim als Empfehlung für solche Arbeiten.

*) daher hätte ich Sorge, dass die Stifte bei den vielen fischleimgefüllten Löchern und das Stegdoppel einen "elastischen" Halt bekommen. Ist aber vermutlich unbegründet, sonst hätte sicher ein Fachmann schon was geschrieben. :-)
 
Moin, wie Peter schreibt, hat Fischleim in kalt zu verarbeitender Form eine lange aber sehr gute Durchhärtung und behält eine gewisse Elastizität. Deshalb ist er gut reversibel und wird, auch aufgrund seiner angenehmen Anwendung gerne in der Restaurierung verwendet.
 
Noch ein Zusatz zur Leimhärte. Sehr harter, also spröder Leim kann aufgrund seiner Härte im getrockneten Zustand die Haftung auf dem Untergrund verlieren, hier ist elastischere Leim klar im Vorteil.
Reiner Knochenleim ist spröde, deshalb wird er mit Hautleim gemischt, um ihm eine gewisse Flexibilität zu geben und damit eine dauerhafte Festigkeit zu geben.
Und bei dauerhaft angepassten Temperatur und Luftfeuchtigkeitswerten bleibt die Festigkeit und Haftkraft bestehen.
 

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