Kinder unterrichten

Hallo Redi,

Vielleicht könntest du die nächste Stunde damit beginnen, das Klavier in technischer Sicht zu erforschen, also einige Klappen aufzumachen und zu sehen, wie die Klangerzeugung funktioniert. Das interessiert die meisten Jungen. Wahrscheinlich würde ich Klangimprovisationen erstmal weglassen - es gibt manchmal Kinder, die nicht wissen, was das soll und keine Vorstellung haben, was sie machen sollen. Dann werden sie unruhig. Vielleicht ist er weniger der spielerische Typ. Vielleicht hat er ein Lieblingslied, dass er gern auf dem Klavier nach Gehör spielen würde (wenn's nicht zu schwer ist). In dem Alter lieben die oft "die Affen rasen durch den Wald", was ganz gut zu bewältigen ist. Eventuell, vielleicht hat er ja auch schon Vorkenntnisse, muss man sogar sofort mit Noten anfangen.

Danke für deine tollen Ratschläge. Ich werde das in der nächsten Stunde genau so mal ausprobieren. Das mit dem "Erforschen des Klaviers" (Funktionsweise der Mechanik, etc.) hatte ich mir genau auch vorgestellt, allerdings war der Klavierdeckel derart mit Noten belegt, dass ich einen regelrechten "Umbau" hätte vornehmen müssen. Daher habe ich es dann gelassen.
 
war der grössere absolut nervenaufreibend. Zu Beginn habe ich mit ihm auch "Geräusche" gemacht (Vogelgezwitscher, Elefanten, Gewitter, Regen), dabei hat ihm aber vorallem alles gefallen, was laut und lärmig war. Er konnte denn auch fast nicht mehr aufhören, wild auf die Tasten zu hacken, sodass ich etwas in eine Zweckmühle geriet, weil ich nicht wusste, was tun... einfach den Deckel zumachen wollte ich nicht oder "böse" werden. Was tut man denn am besten in so einer Situation? Später hat er sich auch noch das Metronom geschnappt und damit herumgespielt, obschon ich sagte, dass es nun reiche (und ich war wirklich geduldig). Ein andermal hat er sich dann einfach auf den Boden gelegt und gesagt, dass er tot sei.

Hall Redi,

ein 5- jähriger sieht die Welt noch viel verspielter, da ist eine "musikalische Früherziehungs- ähnliche Methode" angebracht. Aber einen 8- jährigen solltest Du ganz anders behandeln, als einen 5- jährigen.

Ein 8- jähriger geht schon zwei Jahre in die Schule, kann lesen, ein 5- jähriger vieleicht im Kindergarten. Wenn Du einen 8- jährigen auf "musikalsiche Früherziehungs- Niveau (für Kinder von 3 bis 5) unterrichtest, wird Dich der 8- jährige nicht ernst nehmen und sich sagen: Ah, das ist nicht wie mein Lehrer in der Schule, sondern erinnert mich an meine lustigen Kindergartenerzieherinnen von damals. Bei dem kann ich Dummheiten machen. Und er nimmt Dich als Lehrer nicht ernst.
Du darfst ihn auch nicht alles bieten lassen und ihm spüren lassen, dass er sich einer Unterrichtsstunde befindet.

Es gibt aber auch Schüler, und das möchte ich auch betonen, die tatsächlich so sind. Da kann es sein dass sich welche mit 13 noch auf den Boden legen und Dich mit Noten bewerfen oder sogar spucken. Diese sind aber dann Ausnahmen und haben Verhaltensstörungen.
Was der genaue Grund ist, kann ich Dir aber aus der Ferne nicht sagen.

Sollte er wirklich kein Benehmen haben, mußt Du mit den Eltern sprechen. Das kann nämlich auch der Grund sein, dass er kein Benehmen hat und vor fremden Leuten so reagiert. Dann sollten die Eltern mit ihm reden und sagen, dass das nicht so geht.

Bei einem 5- jährigen ist das anders, dieser braucht noch diese verspielte Welt und Noten werden mit Tieren und ähnliches verglichen, damit die Interesse des Kindes geweckt wird.

Aber einen 8- jährigen so zu unterrichten, als ginge er noch in den Kindergarten und im Klavierunterricht mit ihm "musikalsiche Früherziehung" zu machen, finde ich meiner Meinung nicht angebracht.

Und wie ich gesehen habe, willst Du ihm die nächste Stunde das Innenleben des Klaviers zeigen. Er soll ja Klavierspielen lernen. Das ist viel zu viel Schnickschnack und man kommt nicht zur eigentlichen Sache.

Natürlich ist es nicht verboten einem Schüler zu zeigen, wie ein Klavier funktioniert, aber geht es hier nicht darum einem Schüler Klavierspielen beizubringen?

Ich würde bei ihm mit der auditiven Lehrmethode beginnen. Vorspiel - Nachspiel, und das zunächst ohne Noten. Dabei kannst Du ihm aber schon Mal die ersten Notennamen am Klavier lernen.

Was hat er denn bei Dir in der ersten Klavierstunde gelernt?

Ich habe Dir Mal ein paar Punkte geschrieben. Vieleicht helfen sie Dir!

Liebe Grüße, Mario
 
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ein 5- jähriger sieht die Welt noch viel verspielter, da ist eine "musikalische Früherziehungs- ähnliche Methode" angebracht. Aber einen 8- jährigen solltest Du ganz anders behandeln, als einen 5- jährigen.

......

Und wie ich gesehen habe, willst Du ihm die nächste Stunde das Innenleben des Klaviers zeigen. Er soll ja Klavierspielen lernen. Das ist viel zu viel Schnickschnack und man kommt nicht zur eigentlichen Sache.

Natürlich ist es nicht verboten einem Schüler zu zeigen, wie ein Klavier funktioniert, aber geht es hier nicht darum einem Schüler Klavierspielen beizubringen?

Ich würde bei ihm mit der auditiven Lehrmethode beginnen. Vorspiel - Nachspiel, und das zunächst ohne Noten. Dabei kannst Du ihm aber schon Mal die ersten Notennamen am Klavier lernen.


Hallo Mario,

du hast natürlich völlig recht, dass zwischen 5 und 8 Jahren Welten liegen und der Klavierunterricht dementsprechend gestaltet und aufgebaut werden muss und ich finde es auch wichtig, dass du darauf nochmal hinweist! Es kann auch tatsächlich sein, dass Redi den Unterricht zu spielerisch gestaltet hat, aber das wissen wir nicht, weil er nur von Klangimprovisationen gesprochen hat. Und die können auch durchaus auch für Achtjährige etwas sein, können aber auch für Fünfjährige gar nicht das Richtige sein. Jeder ist eben unterschiedlich und was man im Unterricht verwendet, erschließt sich aus einer genauen Beobachtung des Schülers. Als Lehrer hat man also einen großen Topf an didaktischen und methodischen Zügen, Tipps und Tricks, aus dem man in einer Balance zwischen eigenen Vorstellungen und eben dieser Beobachtung (= Bedürfnisse des Schülers) auswählt.

Aber das weißt du natürlich - ich wollte hiermit nur noch mal die generelle Aussage relativieren.

Sehr gut finde ich auch deine Tipps mit Vor- und Nachspiel! Ich finde es aber auch schön, wenn ein Schüler nach der ersten Stunde schon ein Lied spielen kann, was er kennt. Der Stolz auf die eigene Leistung und die wachsende Motivation daraus können beträchtlich sein. Aber auch hier kann man nur generelle Aussagen treffen.

Womit ich nicht übereinstimme , ist deine Aussage, es wäre zuviel Schnickschnack und gehöre nicht zum Klavierspielen, das Instrument kennenzulernen! :)

Ich finde es ungeheuer wichtig und für mich begründet die genaue Kenntnis der Klangerzeugung sogar alles an Klang und Technik des Klavierspiels. Zu wissen, dass Saiten über verschiedene Hebel (einer davon ist die Taste) mit Hämmerchen angeschlagen werden, dass sie nach dem Anschlag immer leiser werden (Schüler lauscht, bis er nichts mehr hört), zu erkennen, wie die Dämpfung funktioniert (auch mal mit dem Finger probieren), die Funktionsweise der Pedale zu erkunden, bedeutet, dass Gehörbildung und Funktionsweise des Klaviers aufs Engste miteinander verknüpft werden!

Und gerade als Profi muss man sich doch über die Eigenschaften des Klaviers in all seinen Belangen sehr bewußt sein. Dass Melodieinstrumente und Sänger ihre Töne nach ihrem Beginn/"Anschlag" eben noch gestalten können, wir aber nicht. Damit wir gut spielen, ist es wichtig, den Klaviertönen einerseits hinterherzuhören, andererseits aber auch unsere Klangvorstellung von sich entwickelnden Tönen auf das Klavier zu übertragen. Um nur ein Beispiel zu nennen. Das Instrument zu kennen, ist für mich wirklich kein Kinderkram.

Liebe Grüße

chiarina
 
Womit ich nicht übereinstimme , ist deine Aussage, es wäre zuviel Schnickschnack und gehöre nicht zum Klavierspielen, das Instrument kennenzulernen! :)

Hallo Chiarina,

da hast Du natürlich Recht. Wie das Klavier funktioniert, sollte jeder, der Klavier spielt wissen und ich habe auch geschrieben, dass es nicht verboten sei, einem Schüler zu zeigen, wie ein Klavier funktioniert, wie Du das mit den Dämpfern, Ton wird immer leiser, weil es ein Saiteninstrument ist, geschrieben hast.

Ich verfolge den Faden schon länger. Deinen beschriebenen Unterricht finde ich sehr interessant, den Du in Gruppen gestaltest, und ich als eine Art Teil "musikalischer Früherziehung" und Klavierunterricht sehe. Das Konzept finde ich nicht schlecht und gefällt mir.

Nur finde ich wurden hier bis jetzt nur Aspekte der "musikalischen Früherziehung" gennant, was natürlich für jedes Instrument und folglich auch das Klavier auch wichtig ist.

Nur andere Aspekte wie z. B. über den Anschlag usw, wurden nicht geschrieben:
Ein Erwachsener hat keine Probleme mit Fingerspiel.
Wie sieht es aber bei einem 5- jährigen oder 6- jährigen aus?

Das ist nämlich noch wichtiger Punkt: Das Armspiel
Kinder in diesem Alter sollten zunächst nur mit reinem Armspiel beginnen (Anschlag erfolt mittels fallender Hand, federndem Handgelenk und passiven Fingern). Das könnte für Redi nämlich ein wichtiger Punkt sein. Ein 5- jähriger wird sich mit Fingerspiel schwerer tun, als ein 10 jähriger und klingt auserdem häßlich, wenn sich ein kleines Kind mit Fingerspiel vergnügt.

Und natürlich gehört hier auch das Gehör: Ich lasse den Schüler Mal hart, mal weich anschlagen. Wann klingt der Ton voll, zu hart oder matt?

Wann klingt der Ton schön und wann hässlich?
Das könnte doch etwas für Deinen Schüler sein, Redi! Gefallen ihm wirklich die grellen Töne? Laß ihn Mal versuchen schöne, volle Töne zu spielen, aber nicht, dass es laut ist und für das Ohr unangenehm. Er findet sicherlich daran Spaß zu entdecken, wann ein Ton häßlich, und wann er schön ist. Frag ihn, ob die Töne der letzten Stunde schön oder häßlich waren.

Nächster Punkt ist, dass das Armspiel allerdings nicht länger als drei Monate durchgeführt werden sollte, da sonst die Umgewöhnung zum Fingerspiel leidet, das heißt nach drei Monaten allmählich auf das Fingerspiel umfunktionieren.


Und wie Du mache ich zu Beginn auch viel mit Gehör: Ich spiele dem Schüler einen Ton öfters hintereinander vor. Der Schüler muß hören wie oft ich ihn spielte und es nachspielen. Das fordert beim Zuhören Konzentration. Oft stellt sich raus, dass sie beim ersten Versuch nicht mitzählen. Sie werden gefordert besser zu hören. Nächste Übung ist, Vierteltöne zu spielen und zwischen den Vierteltönen eine halbe Note zu spielen und testen, ob der Schüler den langen Ton erkannt hat.

Diese Übungen könntest auch Du, Redi, anwenden, deshalb schreibe ich sie.
Mit dieser Ein- Ton- Übung kann der Schüler nämlich sein Armspiel schon verwenden, das er zunächst gelernt hat.
Dann kann man zwei Töne nehmen und eine kleine Melodie vorspielen, die der Schüler im Armspiel nachspielt.

Danke übrigens Chiarina für die schönen Beispiele, die Du genannt hast, was man dem Schüler noch so alles hören lassen kann. :) Auch ich lerne nie aus. :p Ich finde es schön von Dir weitere Ideen für den Anfängerunterricht für kleinere Kinder erhalten zu haben.

Viele liebe Grüße, Mario



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"Ich denke immer, wenn ich einen Druckfehler sehe, es sei etwas Neues erfunden". J. W. v. Goethe
 
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Einige wirklich gute Punkte, Mario!

Wann klingt der Ton schön und wann hässlich?
Das könnte doch etwas für Deinen Schüler sein, Redi! Gefallen ihm wirklich die grellen Töne? Laß ihn Mal versuchen schöne, volle Töne zu spielen, aber nicht, dass es laut ist und für das Ohr unangenehm. Er findet sicherlich daran Spaß zu entdecken, wann ein Ton häßlich, und wann er schön ist.

Obwohl dieser Punkt sehr wichtig ist, ist es dennoch eher unwahrscheinlich, daß ein normaler kleiner Junge auf ein solches Konzept "anspringt". Er wird das ganz schnell langweilig finden und sogar genervt sein, wenn der Lehrer im weiteren Verlauf darauf besteht, daß der Schüler auf "Schönheit" der Töne achtet.

Denn Jungs wollen, daß es "abgeht", daß Interessantes, Witziges etc. passiert. "Schönspielen" ist eher was für Mädchen.

"Spaß", wie Du schreibst, Mario, wird der Junge aller Voraussicht nach schon gar nicht haben bei derartigen Dingen. Allerhöchstens akzeptiert er es als notwendigen Unterrichtsbestandteil, wenn er den Lehrer als Autorität anerkennt.

(Ich spreche hier von ganz normalen Jungs, nicht von musikalisch überdurchschnittlich begabten - die letzteren erkennt man ja gerade daran, daß sie auf solche "Feinheiten" ansprechen!)

LG,
Hasenbein
 
Obwohl dieser Punkt sehr wichtig ist, ist es dennoch eher unwahrscheinlich, daß ein normaler kleiner Junge auf ein solches Konzept "anspringt". Er wird das ganz schnell langweilig finden und sogar genervt sein, wenn der Lehrer im weiteren Verlauf darauf besteht, daß der Schüler auf "Schönheit" der Töne achtet.

Hallo Hasenbein,

so streng meine ich das jetzt nicht!

Aber wenn z. B. der Junge so reindrischt, das auch viele Jungs gerne machen, dass der Lehrer Entdeckung gehen muss, dann sollte der Schüler schon zu wissen bekommen, dass so ein Krach nicht schön ist.

Die klangliche Entwicklung eines Schülers ist für mich ein wichtiger Punkt.

Er muß auch im weiteren Verlauf (in den ersten Anfängerstunden) bei mir nicht immer darauf achten, dass jeder einzelne Ton immer astrein "Schön" ist. Das wäre für einen normalen Jungen, wie Du schreibst, zu viel verlangt und bin Deiner Meinung. Er soll lediglich nur nicht mit voller Gewalt reindreschen, weil es ihm Spaß macht (außerdem meine armen Ohren) und verstehen, dass so ein Krach nicht schön ist. Mehr nicht!

Das gilt im Übrigen auch für später, wenn der Schüler Mal sforzato lernt. Auch hier gibt es z. B. viele Schüler, die sich freuen, so richtig das sforzato reinzuknallen und der Lehrer Entdeckung gehen muss. Diese Freude muß ich ihm leider, so schön sie auch ist, nehmen. Er soll lernen, dass ein sforzato zwar ein laut betonter Ton ist, aber man ein sforzato nicht so laut reinknallen soll, wie es nur geht.

Liebe Grüße, Mario


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"Wo Musik gemacht wird ist immer ein Narrenhaus, doch der Platz für die Unheilbaren ist das Clavio- Forum."
 
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Lieber Mario,

ich bin der Meinung, dass nicht alles immer schön klingen muss- sei`s beim Klavierspielen, Singen oder sonstigem Musizieren. Der Kontrast macht`s. Und unktuell darfs für mich auch mal ordinär klingen.

Übrigens gefällt mir Deine Signatur sehr gut, wunderbar!

LG
violapiano
 
Ich halte es für ganz wichtig zunächst einmal abzuklären, ob der Junge überhaupt Lust hat Klavier spielen zu lernen oder ob es die Eltern sind, die der Ansicht sind "hier steht ein Klavier, das haben unsere Kinder beide zu lernen". Vielleicht noch gepaart mit der Idee, dass der Junge durchs Klavierspielen vielleicht ruhiger wird.

Ich glaub Chiarina hat vorgeschlagen, dass du den Jungen einfach mal selber fragen solltest. Das halte ich für die allerbeste Idee. Wenn er keine Lust hat, dann sprich mit den Eltern ob es nicht mehr Sinn machen würde nur das Mädchen zu unterrichten und den Jungen zum Fußball, Schwimmen oder Sonstwas zu schicken.
 
Vielleicht noch gepaart mit der Idee, dass der Junge durchs Klavierspielen vielleicht ruhiger wird.

Genau.

Klavierspielen zum "Ruhigerwerden".

Jeden Tag Lebertran, "damit der Junge nicht mehr immer so blaß aussieht".

Krankengymnastik, "damit der Junge nicht noch einen krummeren Rücken bekommt".

Zahnspange, weil der eine Eckzahn ja so ein bißchen unschön raussteht.

Nachhilfelehrer, damit das Jüngelchen später nicht Hartz IV bezieht.

Leider gibt es nicht wenige solcher Eltern. Heutige Kinder sind oftmals wirklich zu bedauern.

LG,
Hasenbein
 
Lieber Mario,

ich bin der Meinung, dass nicht alles immer schön klingen muss- sei`s beim Klavierspielen, Singen oder sonstigem Musizieren. Der Kontrast macht`s. Und unktuell darfs für mich auch mal ordinär klingen.

Hallo Violapiano,

du kannst für "Schön", das ich für Kinder benutze, auch "was ist Gut" und "was ist Schlecht" benutzen. Der Schüler soll später lernen zu beurteilen, ob es "gut" oder "schlecht" war.

Wenn der Kontrast passt ist es auch Ok! Oft kann auch Mal was ordinär klingen.

Nur ich spreche hier von Schüler, die lernen müssen, das sforzato musikalisch und klanglich anzupassen.

In einer längeren melodischen Phrase gibt es z .B. Töne, die lauter gespielt werden müssen, und die, die leiser gespielt werden müssen. Der Schüler muß lernen welche lauter sind und welche leiser. Nimmt man dann die lauten Töne heraus, gibt es bei denen dann oft nochmal Unterschiede in der Lautstärke.
Das gilt jetzt nur für fortgeschrittene Schüler.

Wenn wir die Töne in einer Phrase von der Lautstärke allerdings unterschiedlich gestalten, nicht jeder Ton von der Lautstärke gleich klingen soll, muß man wiederum aufpassen, dass man dabei mit den Lautstärken nicht übertreibt, weil das wiederum auch nicht mehr gut klingen würde. Ein Sforzato ist natürlich oft ein Kontrast und oft wesentlich lauter als die anderen Töne. Aber um wieviel lauter? Was passt?

Das muß der Schüler lernen.

Sforzato heißt nicht immer "so laut wie es nur geht" hineinzudreschen.

Und als Klavierlehrer muß ich dem Schüler auch erklären, dass die Bezeichnung z. B. in der Klassik nur relativen Wert besitzt.

Mit sforzato ist hier also "etwas stärker in der Umgebung" gemeint.

Das wissen Schüler nicht. Und wie sollen sie es erfahren, wenn der Lehrer es nicht erwähnt?

Die hier aufgezählten Punkte kommen aber erst später im Klavierunterricht zur Geltung. Zu Beginn ist wichtig, dass der Schüler nicht so reindrischt, wie er will. Außerdem müßte ich dann Ohrenschützer mitnehmen.

Liebe Grüße, Mario





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Das ist nämlich noch wichtiger Punkt: Das Armspiel
Kinder in diesem Alter sollten zunächst nur mit reinem Armspiel beginnen (Anschlag erfolt mittels fallender Hand, federndem Handgelenk und passiven Fingern). Das könnte für Redi nämlich ein wichtiger Punkt sein. Ein 5- jähriger wird sich mit Fingerspiel schwerer tun, als ein 10 jähriger und klingt auserdem häßlich, wenn sich ein kleines Kind mit Fingerspiel vergnügt.

Und natürlich gehört hier auch das Gehör: Ich lasse den Schüler Mal hart, mal weich anschlagen. Wann klingt der Ton voll, zu hart oder matt?

Wann klingt der Ton schön und wann hässlich?
Das könnte doch etwas für Deinen Schüler sein, Redi! Gefallen ihm wirklich die grellen Töne? Laß ihn Mal versuchen schöne, volle Töne zu spielen, aber nicht, dass es laut ist und für das Ohr unangenehm. Er findet sicherlich daran Spaß zu entdecken, wann ein Ton häßlich, und wann er schön ist. Frag ihn, ob die Töne der letzten Stunde schön oder häßlich waren.

Nächster Punkt ist, dass das Armspiel allerdings nicht länger als drei Monate durchgeführt werden sollte, da sonst die Umgewöhnung zum Fingerspiel leidet, das heißt nach drei Monaten allmählich auf das Fingerspiel umfunktionieren.


Und wie Du mache ich zu Beginn auch viel mit Gehör: Ich spiele dem Schüler einen Ton öfters hintereinander vor. Der Schüler muß hören wie oft ich ihn spielte und es nachspielen. Das fordert beim Zuhören Konzentration. Oft stellt sich raus, dass sie beim ersten Versuch nicht mitzählen. Sie werden gefordert besser zu hören. Nächste Übung ist, Vierteltöne zu spielen und zwischen den Vierteltönen eine halbe Note zu spielen und testen, ob der Schüler den langen Ton erkannt hat.

Diese Übungen könntest auch Du, Redi, anwenden, deshalb schreibe ich sie.
Mit dieser Ein- Ton- Übung kann der Schüler nämlich sein Armspiel schon verwenden, das er zunächst gelernt hat.
Dann kann man zwei Töne nehmen und eine kleine Melodie vorspielen, die der Schüler im Armspiel nachspielt.



Hallo Mario,

das finde ich sehr schön beschrieben - ich mach' das übrigens auch so mit dem Armspiel :p . Allerdings dürfen mein Fünfjährigen anfangs ihre Lieder so spielen, wie sie wollen. Meistens in der ersten Stunde mit einem Finger :D . Mir geht es anfangs vorwiegend um die Schulung des Gehörs/Rhythmusgefühls und darauf baut dann die Technik auf. Auch mache ich immer Spiele zur Förderung der Grobmotorik (Koordination), denn dann klappt später auch die Feinmotorik besser.

Der einzige Unterschied ist, dass ich den Klang des Schülers, wenn er so laut spielt, nicht bewerten würde. :) Ich finde es sogar gut, wenn sich da einer richtig austobt, weil dazu ist Klavierspielen ja auch da. Kurze Zeit muss ich dann eben dieses Spiel auch ohne Ohrenschützer ertragen :p . Dann allerdings kommt das wichtige Wort, was du in einem späteren Post benutzt, hinzu: Kontrast. Ich würde also sagen 'Okay, jetzt hast du probiert, wie laut man auf dem Klavier spielen kann, jetzt probier mal aus, wie leise du es kannst. Dann findet man heraus, wie man mit der Taste umgehen muss, damit man verschiedene Lautstärken erzeugen kann, es können Spiele folgen, bei dem der Schüler verschiedene Lautstärken spielt und der Lehrer muss raten und umgekehrt etc.. Ich glaube einfach, dass sich aus diesem Erleben heraus (und das Klangbewußtsein des Lehrers wird seinen Unterricht ja immer bestimmen) von selbst Klangvorstellungen entwickeln, die auch dem Lehrer gefallen.

Ich freue mich übrigens auch immer sehr, wenn du hier postest und finde deine Überlegungen immer sehr interessant und fundiert. Niemand kann ja auf alle Ideen selbst kommen und deshalb ist der Austausch für mich so wünschenswert (ein Grund meiner Anmeldung hier im Forum)!

Viele liebe Grüße

chiarina
 

Unterricht gestalten

Ich bin seit fast 8 Jahren als Klavierlehrerin tätig.
Ich arbeite ausschließlich bei mir zu Hause.
Meine SchülerInnen sind zwischen 5 und 72 Jahren.
Ich habe zu jedem ein ganz individuelles persönliches Verhältnis aufgebaut und bin in meinem Alltag wenigen so dicht wie diesen Menschen.
JedeR von ihnen hat sein ganz eigenes Tempo und seine eigene Art zu lernen.
Ich arbeite viel mit Methaphern und erreiche die Leute damit sehr gut.
Die Bilder sind so lebendig wie Geschichten und beziehen sich auf die einzelnen Personen.
Beim Einhalten von Rhythmen arbeite ich z.Bsp. mit einer Krankenschwester so, dass sie sich vorstellen kann, wie eine Kollegin immer wieder zu spät zur Dienstbesprechung kommt.Die Noten sind die KollegInnen...;)
Wenn der Ton naht, reicht schon ein kleiner Hinweis darauf "zu spät" oder "Pünktlich sein".
Nur als Beispiel.
Bei mehreren habe ich eine Notenleseübung ausgedacht, die ich "Briefträger" nenne.
Die SchülerInnen stellen sich vor, Briefträger zu sein, die auf dem Fahrrad Briefe austragen.
Sie sollen beschreiben, welche Häuser Post kriegen bzw an wievielen Häusern sie vorbeiradeln müssen und ob die rollen oder strampeln müssen (nach oben oder nach unten).
Bei den Kleinen habe ich virtuelle Tierbilder in Verbindung mit den Noten.
Z.Bsp ist das H der Hase, der hüpfen kann und von unten auf alle Basslinien obendrauf gehüpft ist.
Das D stößt sich den Kopf an der Decke, das F ist der Fuchs, der hinter der Gans herschleicht usw.
Die ganz Kleinen suchen z.Bsp. auf dem Klavier alle Hasen, oder alle Gänse usw.
Bei den Erwachsenen - Frauen...(bei Männern geht das nicht ganz so gut, ich denke über Bilder mit Bohrmaschinen nach :D) habe ich einen Sonnenuntergang:
beim H steht die Sonne noch H och, beim A ist sie Auf dem H orrizont, bei G ist sie G anz untergegangen usw.
Oder ganz unten ist der Meeresgrund, dann kommen die Algen, dann der Bereich der Fische, der Seerosen, der Wasseroberfläche, dem Gras, den Blumen, den Bäumen, den Baumkronen, den Vögeln, den Wolken, dem Himmel und der Sonne usw.
Damit begreifen sie das Hoch und Runter der Noten.
Meine Leute dürfen nicht auf die Finger schauen.
Ich möchte dass sie ein Gefühl für den Abstand der Tasten und das Finden dieser entwickeln.
So können sie auch die Stelle nicht verlieren, an welcher sie gerade sind.
Sie ziehen dann mit den Noten eine Kette auf, wie Perlen.
Sie spielen nach Noten, und ich möchte als Ziel, dass sie sich später ein Stück ihrer Wünsche aussuchen und sich selbst erarbeiten können.
Nur nach Gehör würde meiner Ansicht nach dazu führen, dass sie nur die Stücke spielen können, die sie kennen.
Aber das sieht wohl jeder anders und das ist völlig ok.
Ich unterrichte sehr gern, und es ist eine intensive Zeit, wenn auch anstrengend.
Bei den Kindern ist es teils pädagogische Förderung, bei den Erwachsenen manchmal Seelsorge.Übrigens spiele ich auch mit den Kleinen klassische Stücke.
Oft nach Lehrbuch (Wir musizieren am Klavier - gibts seit über 40 Jahren).
Auch die Erwachsenen nehmen diese Klavierschule gern, weil sie da auch mal wieder Kind sein können und sich mit diesen einfachen Stückchen sicher fühlen und Erfolg haben.
Ich nehme noch meine alten zerfledderten von früher, die ich angemalt habe, und da weiß ich noch genau, welche Filzer ich hatte und ich kann das den Kindern erzählen und auch darüber lachen.
Sie können die Bilder anmalen, wenn sie das Stück spielen können.
Allerdings arbeiten nicht alle die 5 Bände durch.
Bei vielen steige ich quer in andere Bereiche ein, wie Pop oder so.
Ich wechsle das gern mit Klassik ab.
Jedenfalls ist es eine schöne Aufgabe, die ich gern mache.

LG
sunny134
 
Bei den Erwachsenen - Frauen...(bei Männern geht das nicht ganz so gut, ich denke über Bilder mit Bohrmaschinen nach :D)


Liebe sunny,

ein ganz herzliches Willkommen hier und danke für deinen schönen Beitrag!!!

Ich musste so lachen, als ich obiges Zitat las - ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass Männer mit einer metaphorischen Sprache oft ihre Schwierigkeiten haben und eher "klar und ungeschnörkelt" bevorzugen. :p Falls du aber mal auf geniale Tricks mit Bohrmaschinen o.ä. kommst, lass es mich bitte wissen! :D

Aber deine Metaphern gefallen mir sehr - letztendlich dienen sie ja dazu, aus dem Erfahrungshorizont und der (sinnlichen) Erlebniswelt des Schülers zu schöpfen und diese mit den noch neuen musikalischen Anforderungen zu verknüpfen, um Lernen ganzheitlich und effektiv zu gestalten.

Nur nach Gehör lässt hier, so wie ich es verstanden habe, wohl niemand seine Schüler spielen. Ich gehe anfangs oft so vor, weil ich es wichtig finde, erst zu hören und zu spielen und später das Gespielte selbst (zusammen mit dem Lehrer) aufzuschreiben und so die Notenschrift zu erlernen. Wie beim Spracherwerb: erst sprechen/hören, dann aufschreiben und lesen.

Liebe Grüße und ich hoffe, dass du hier öfters schreibst! :)

chiarina
 
Dankeschön !
Das mache ich gern !!!
LG zurück
 
Sunny134,

sei herzlich willkommen!

Und nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich, amüsiert-erschüttert über deinen Beitrag, zunächst meinen Provokationsmodus ANschalte und dann sage:

Es kann doch wohl nicht so schwer sein, die paar läppischen Noten und ihre Lage auf der Tastatur zu lernen! Also, Schüler, nächste Woche frage ich das ab und schreibe mit dir ein Notendiktat. Bereite dich anständig drauf vor.

Provokationsmodus AUS.
 
Meine Klavierlehrerin hat bei meiner Tochter damals (sie war 5 Jahre alt) auch Metaphern benutzt aber damit auch gleich Noten und deren Bezeichnungen eingeführt. Obwohl meine Tochter noch nicht lesen konnte hat sie damit gute Fortschritte gemacht und die Notenbezeichnungen haben sich eingeprägt. Dennoch hat sie sie noch nicht mit Theorie überladen und auch Übungen zum hören, verstehen, interpretieren usw. gemacht und sie improvisieren lassen. Insgesamt eine Mischung die meiner Tochter nun seit 2 Jahren Freude macht und sie motiviert.

Bei mir als erwachsener Einsteigerin startete sie ganz anders und geht auch beim Unterricht anders vor... finde es sehr spannend zu erleben wie unterschiedlich die Herangehensweise ist (ich erarbeite mir auch die Theorie nebenbei selbst, stelle dann Fragen und bekomme durch die ausgesuchten Lieder nach und nach noch mehr dazu).

Wärend man als Erwachsener doch recht klare Erwartungen an eine Klavierstunde hat oder bei aller Offenheit und Neugierde zumeist Erwartungen an sich selbst stellt die man sich erfüllen möchte, sind Kinder doch noch so herrlich frei davon (zumindest wenn sie so jung sind und noch nicht so stark gesellschaftlich (ver-/ge- formt). Das so lang wie möglich nicht zu zerstören sollte meines Erachtens das Ziel in den ersten Jahren sein, damit die Kreativität noch nicht dem Leistungsdruck zum Opfer fällt. Lernbegierig und ehrgeizig ist nicht das selbe ... .
 
Guten Morgen!
Einen meiner Schüler kenne ich nun sein halbes Leben lang,etwa sieben Jahre.
Als er noch klein war,bin ich manchmal rausgegangen und hab gesagt,dass er mir ja Bescheid sagen könne,wenn er wieder bereit ist mitzumachen und zuzuhören.
Ich hatte kaum die Klinke in der Hand,da hat er bereits begonnen das zu spielen,was wir gerade bearbeitet hatten.
Ich habe mich sogleich wieder zu ihm gesetzt und wir haben dann mit viel Spaß zusammen weitergemacht.
Wie gesagt,der Junge ist immernoch da und spielt jetzt Chopin,mit viel Freude und Fingerfertigkeit.
Einen Jungen hatte ich,der war teils so aggressiv und konnte sich auch nur wenige Minuten tatsächlich konzentrieren,dass ich-und ich bin sicher JEDE/R kennt das ich richtig wütend und dann auch laut geworden bin.Ich hatte es schlichtweg für einen Moment persönlich genommen BIS er sich auf meinen Schoß gesetzt und sich angeschmiegt hat.
Dann haben wir halt so gemeinsam gespielt.
Es war auch nicht anders,wenn die Mutter dabei war.
Im Gegenteil schien diese selbst sehr verzweifelt und dankbar,dass sich jemand seiner angenommen hat.
Es ging bei diesem Kind allerdings wenig um das Klavierspielen lernen,sondern darum,die Konzentrationszeit langsam auszuweiten.Der Junge machte auch sehr gern Lärm am Klavier (ohne Elefant und Vögel...das hatte leider gar nicht geklappt-es war eine rasende Büffelherde).
Ich kann sagen,ich war fast am Ende mit meinem Latein.
Doch,und jetzt kommt die Überaschung,als ich ihm einen Boogie vorstellte,fing er an zu tanzen!!!! Absolut rhythmisch :p
Von diesem Erlebnis an begannen und beendeten wir die Stunde mit selbigem.Der Abschluss diente wie ein Bonbon als Belohnung für 10 min mitmachen.
Die Mutter hat eine Katzenzucht und der Junge liebt Katzen.
Kennt jemand den Katzenblues,wo die Katze versehentlich im Ranzen mit in die Schule kommt und der Lehrer mehr und mehr austickt,weil die Katze nur Quatsch macht?Den hat er geliebt!!
Für gut mitgemacht gibt es außerdem einen Griff ins Naschiglas (...ich weiß...).
Dieser Junge ist nun leider weggezogen,so dass wir uns nicht mehr sehen.Er ist trotz aller Schwierigkeiten gern gekommen und wir hatten eine tragfähige Beziehung aufgebaut.
Schade.
Ich kann sagen,dass diese halben Stunden mit ihm eine Herausforderung waren und wenig mit Unterricht zu tun hatten.Es ging um Kontakt,Kontinuität,Konsequenz,Halt.Und für mich eher um Dehnungsübungen meiner Nerven :-(
Der Junge galt aus schulunfähig.Ich fand ihn toll.Ach ich könnte so viel von dem erzählen,ihr würdet so lachen!!!Der war echt klever!!

Für meinen Unterricht brauche ich viel Kreativität und Phantasie.Für jeden einzelnen immer wieder speziell.
Meine Unterrichtsformen sind durchaus unkonventionell (ich trau mich nicht das hier zu erzählen :rolleyes:
Es ist noch niemand weggelaufen,im Gegenteil!!!

Und nochwas für alle,die mal an sich zweifeln (also für alle...):
ich habe im "Wartebereich" ein schönes Buch liegen,in welches alle reinschreiben dürfen was sie wollen.
Das Buch ist voll - voll von schönen Seiten,Bildern,Freude,Glück,Dankbarkeit.Wenn ich ganz schlimm an mir zweifel,blättere ich es durch,und das baut mich auf und bringt mich zum lachen.Es ist nur eine negative Eintragung drin,von einem Mädchen,die keinen Bonbon durfte,weil sie überhaupt nicht mitgemacht und nur blöd war.Die hat geschrieben,dass sie doof findet,dass nicht jeder einen Bonbon bekommt und das Pech über mich fallen soll Ö
Ich hab die Seite trotzdem drin gelassen. Sie hat halt so gefühlt.
lg
 
@hi sunny, das tut gut zu lesen, dass Du ähnliche Erfahrungen gemacht hast wie ich. Ich habe 17 Schüler im Alter von inzwischen 6 - 65. Alle machen toll mit und sind motiviert, bis auf zwei. Dazu mehr weiter unten.

Ich beschreibe auch meist bildhaft, in Metaphern, Hilfsmitteln usw. weil das am besten verstanden wird. Ich habe z. B. einen kleinen Haribozug, der genauso gross ist, dass er unter dem Handgelenk auf dem Rand des Klaviers entlangfahren kann, damit die Schüler dran denken ihre Hände/Handgelenke nicht "faul" auf das Klavier zu legen (sag ich so natürlich nicht), sondern die Hände "gerade" zu halten. Der Zug kommt immer super an.

Meine zwei "Problemkinder" sind Geschwister, zwei Jungs im Alter von 9 und 6 Jahren. Die erste Stunde war eine Katastrophe für mich. Egal, was ich machte, egal was ich sagte, sie machten nicht mit. Ich versuchte alles, erstmal das Klavier kennen lernen, Töne suchen, Rhythmus nachklatschen usw. und immer hiess es "Nein, ich möchte nicht". "Nein, ich mach das nicht". Aber Klavier wollten sie trotzdem lernen. Ich dachte mir, ok, hier wollen die Eltern mehr als die Kinder. Das wird wohl nicht lange gut gehen. Die nächste Stunde war ich erstmal baff, weil die zwei ihre Hausaufgaben gemacht hatten, was mich total freute. Aber dann wieder der Unterricht... Sie machten wieder überhaupt nicht das, was ich ihnen beibringen wollte oder was ich mit ihnen singen, musizieren wollte. Immer "Nein", und "Nee" und "Warum soll ich das tun?" usw.
Vor lauter Frust sang ich sogar alleine! (Wo ich ja so ein toller Sänger bin, haha, aber das ist den Kindern ja wurscht). Es gab dann schon kleine Fortschritte, wenn der Kleine mal paar Töne mitsang. Trotzdem war der Unterricht so anstrengend für mich, dass ich mit riesen Kopfschmerzen nach Hause ging und die ganze Woche fast schon Alpträume hatte.
Ich überlegte, wo das Problem liegt.
Die beiden sind vielleicht zu sehr abgelenkt? Weil sie zu Hause unterrichtet werden und die Mutter oft irgendwo hinten dran steht?
Sie wollen überhaupt nicht Klavier spielen? (Mutter meinte, dass die beiden den ganzen Tag auf dem Klavier spielen würden).
Sie können sich nicht konzentrieren?
Sie haben zuviele Hobbys und noch eins mehr ist einfach zu viel?
Es liegt an mir??? Was kann ich ändern?

Der 9-jährige hat 30 Minuten Unterricht und der 6 jährige 10-15 Minuten, je nach Form und Konzentration. Sie haben beide Talent und spielen ohne Mühe eine schöne Technik. Der 9-Jährige spielt auch Flöte und kann schon gut Noten lesen, aber er ist meist zu faul, (ich sags mal jetzt so), nachzudenken. Obwohl er genau weiss, wo die Töne sind und wie sie heissen, sagt er immer, "Ich weiss nicht wo das G ist" oder "Wo soll das C sein?". Wenn ich dann drei-vier Mal nachhake, weiss er es doch.

Die dritte Stunde. Der ältere sollte Weihnachtslieder üben und was soll ich sagen, er konnte alle Kopien, die ich ihm gegeben hatte perfekt, also 4 Weihnachtslieder! Da dachte ich mir, ok, er will wohl doch Klavier lernen, sonst hätte er nicht geübt (Mutter sagt, freiwillig). Was bei ihm auch den Motivationsfunken gegeben hat war das Faustspielstück aus der Europäischen Musikschule. Ich mache das anfangs sehr gerne mit meinen Schülern, weil das Stück nicht schwer ist und sich schon toll anhört und bei allen springt der Funke rüber.

Bei dem kleinen habe ich verschiedene Kopien und Klavierschulen ausprobiert und er hat sich dann in die Cirkusschule (Circus Pianissimo) verliebt, so dass er nach 4 Unterrichtsstunden schon die ersten 10 Lieder kann.

In der 5. Stunde hatte ich eine Veränderung bemerkt. Ich hatte zuvor immer viel gelobt, wenn sie etwas gut gemacht haben. Wenn sie etwas nicht so gut gemacht hatten, versuchte ich es positiv auszudrücken und wenn ich garnicht weiterkam, holte ich die Mutter zur Hilfe. Z.B. als ich nach der Stunde "Äpfel pflücken" machen wollte um die Rückenmuskeln zu dehnen. Keine Chance. Ich war die einzige die Äpfel pflückte :-( (Nein, ich möchte nicht, nein, wieso soll ich das machen, nein, nein, nein).
Mit der Mutter gings dann. (Das Problem hier ist, das beide wie Igel auf dem Stuhl sitzen und schon immense Haltungsschäden haben. Sie weigern sich gerade zu sitzen, machen keine (spielerische) Rückenübung mit, einfach nichts! Der ältere gab sogar zu, Rückenschmerzen zu haben! Die Mutter meinte, er würde Sport machen und er sei selber Schuld, wenn er seinen Schulranzen nicht auspacken würde und das ganze Zeug mit sich herumschleppen würde. Mannomann, das tut mir in meinem Sportlerherzen weh!)

Die Veränderung der 5 Stunde. Ich kam dort an, und wer kam mir freudestrahlend entgegengerannt? Der Ältere :) (Die Mutter meinte, er freue sich schon den ganzen Tag auf die Stunde). Er machte diesmal ganz gut mit, zwischendurch schon noch bockig, aber er hatte doch Spass dabei. Ich lobte ihn für seine schöne Technik und dass er schon toll Noten lesen kann und von dem Strahlen im Gesicht des Jungen und seiner Mutter zehre ich jetzt die ganze Woche. Ich bin zuversichtlich, dass es jetzt aufwärts geht :) Beim Kleinen war es genauso, ich lobte ihn dass er so toll mit gemacht hatte und zum Abschied bekam ich dreimal die Hand geschüttelt. Auch war er diesmal pünktlich! (Die ersten beiden Stunden hatte er sich vorher im Klo eingesperrt und bekam angeblich die Tür nicht mehr auf).

Ich bin gespannt wie es mit den beiden weitergeht!
Freu mich auf weiteren Austausch :)
lg
madozi
 
Ich finde es sehr schön, dass es hier solch einen Austausch gibt! Da kann jeder etwas lernen und es ist immer interessant, über den eigenen Tellerrand zu schauen.

Man sieht auch hier, wie verschieden Schüler und auch Lehrer sind. Das finde ich wunderbar und sehr bereichernd und das ist auch ein Grund (neben dem Klavier spielen an sich), wieso ich sehr gern unterrichte. Immer wieder mal kommt jemand, der alle bisherigen Erfahrungen auf den Kopf stellt und einen herausfordert. Einen "zwingt", neue Wege zu beschreiten.

Ob nun ein Lehrer mehr Metaphern oder weniger benutzt, ob er eher strukturiert oder chaotisch vorgeht, ob er temperamentvoll oder ruhig ist, etc. etc. etc....., ist meiner Meinung nach nicht entscheidend für einen erfolgreichen Unterricht. Viele Wege führen nach Rom und das müssen sie auch bei der Unterschiedlichkeit der Persönlichkeiten von Lehrern und Schülern.

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Madozi, ich finde deine Internet-Seite einfach herrlich und wunderbar!!!
 
@exe vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich unterrichte die beiden Jungs nacheinander, da ich kein Fan von Gruppenunterricht bin. So kann ich mich auf jeden einzelnen konzentrieren und individuell eingehen.
Wie alt ist denn der Junge? Vielleicht sind 30 Minuten zu viel für ihn? Vielleicht könntest Du in der Woche zwei mal 15 MInuten machen, was vielleicht effektiver wäre als 30 Minuten, wo er zu schnell durch allerlei Dinge abgelenkt wird. Er scheint ein kreativer Kopf zu sein und weiss vielleicht seine Energie noch nicht richtig einzusetzen.

@chiarina das ist aber lieb von Dir, danke schön :-) Ich freu mich, wenn ich Feedback bekomme!

Was mich ein bisschen erstaunt ist, dass die Qualität des hier angebotenen Unterrichts scheinbar ziemlich mies ist.
Eine Mutter war ganz erstaunt, dass ich bei ihrer Tochter, die vorher bei jemand anders Unterricht hatte, neben ihr am Klavier sass. Sie meinte, der vorherige Lehrer wäre selber an einem Klavier gesessen, die Schülerin an einem anderen, er hätte vorgespielt und sie hätte nachspielen müssen. Es sei ein Musiklehrer gewesen, der auch ein Musikhaus hat.
Viele meiner anderen Schüler sind aus der hiesigen Musikschule geflüchtet. Die meisten kamen mit den Lehrern dort nicht klar und fühlten sich zum Teil wie am Fliessband. Es wurde nicht gezeigt, wie man übt, sondern man bekam gesagt, was man zuhause üben solle und das müsse dann bis zum nächsten Mal klappen. Zwei Mädchen kam oft weinend nach Hause, obwohl sie gerne Klavier spielten. Da frage ich mich, was ist das für ein Unterricht?? Ist das einfach eine schlechte Musikschule, wo ein paar Lehrer pädagogische Nieten sind?? Ein Mädchen hatte überhaupt kein Selbstvertrauen. Die Lehrerin hatte gesagt sie hätte so eine schlechte Technik und die Hände wären immer falsch und sie könne nicht gut Klavier spielen (aber ist das nicht ihre Aufgabe das zu bessern?). Die kleine ist sieben Jahre alt!!!! Sie ist inzwischen eine meiner besten Schülerinnen und übt jeden Tag mit viel Spass seit sie bei mir ist.
Ich verstehe das nicht. Man muss doch die Kleinen motivieren? Ohne Motivation gibt es kein Üben, kein Musizieren!
 

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