Kent Nagano: Erwarten Sie Wunder

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jannis

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27. Sep. 2008
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Hat jemand von Euch das Buch gelesen? Teilt Ihr Kent Naganos Diagnose, dasz das Publikum in Konzerten klassischer Musik immer aelter wird, die klassische Musik in den USA aber auch in Europa nicht mehr ihrer Wichtigkeit fuer unsere Kultur und unser "Menschsein" entsprechend gepflegt wird? Er legt auch dar, dasz die "klassische" Musik im Besonderen dazu faehig ist, unsere Emotionen und Gefuehlslagen zu beeinflussen. Es wird zwar nicht explizit behauptet, dasz Menschen durch Begegnungen mit klassischer Musik auf eine ethisch und menschlich "hoehere Stufe" gehoben werden, allerdings geht es fast in diese Richtung. Wir wissen alle, dasz diese These nicht haltbar ist, da es in vielen Diktaturen grausamste Menschen gibt oder gab, die aber trotzdem grosze Liebhaber klassischer Musik sein koennen. Es kommt bei manchen anscheinend zu einer geradezu dissoziativen Sichtweise des eigenen Lebens.
Allerdings wurde schon bei antiken griechischen Philosophen ueber den Einflusz der Musik auf den Staat und die Gesellschaft bzw. deren Rolle bei der Erziehung viel geschrieben.
Haltet Ihr die Musik fuer einen bloszen Zeitvertreib zur Ergoetzung oder koennt Ihr Naganon folgen und schreibt ihr einen "tieferen Sinn" zu. Dabei ist fuer Nagano die Trennung zwischen "klassischer Musik" und Popularmusik eher unscharf.
Erwartet Ihr also Wunder von klassischer Musik fuer Euch selbst, fuer die Gesellschaft und die Kultur oder seht Ihr eher den "Vergnuegungsaspekt". Waere "klassische Musik" zum reinen Vergnuegen vielleicht aber auch gar nicht mehr "klassisch"?
Der Trend zu immer aelterem Publikum scheint uebrigens nicht ueberall zu bestehen. Die Osloer Oper z.B. wird von angeblich durchschnittlich immer juengerem Publikum besucht. Eine Ausnahme oder eine Trendwende?

Auf eine Diskussion dieser "Gretchenfrage" freut sich
Jannis

PS: Das Buch wurde zwar schon mehrfach im Forum erwaehnt, aber nicht ausfuehrlicher diskutiert.
 
Der Sinn von Musik ist wohl in höchstem Maße abstrakt. Eine Beeinflussung des Menschen im Sinne ethischer Handlungsweisen ist deshalb kaum anzunehmen, auch wenn ****** von Wagner nicht wirklich etwas verstanden haben dürfte.

Dennoch ist unbestreitbar, dass die Musik etwas mit uns macht. Das zeigt ja interessanterweise auch die neuere Hirnforschung. Letztlich bewegt man sich hier wohl auf sehr spekulativem Feld, doch ich wage es mal so zu formulieren: (Kunst-) Musik ist die Umschreibung des Seienden an sich. Ein Wunder passiert aber erst dann, wenn die Empfänger der Gould-Einspielung, die auf der "Voyager" durch All reist, ihretwegen mal bei uns vorbeischauen und die Menschheit aus ihrem ewigen Hickhack herausholen ;-)

Dass das Publikum derzeit vielleicht immer älter wird, halte ich für ein nebensächliches Phänomen, Davon stirbt die Musik nicht.
 
Da sind wir dann wieder bei den grundlegenden Fragen: was ist Kunst und warum machen wir sie bzw. befassen uns damit (und das beschränke ich jetzt nicht nur auf die Musik, sondern da geht es durchaus auch um die bildenden Künste, Tanz, Performance Art und ähnliches)? Daß es auf diese Frage keine einzig richtige Antwort gibt, ist wohl eine Binsenweisheit. Deshalb kann ich (genau wie Nagano wohl auch) nur meine Motivation darstellen: ursprünglich ist es immer reiner Spaß an der Freud', wenn ich z.Bsp. ein Bild sehe, das mir gut gefällt oder ein Stück höre, das mich anspricht. Das ist dann die rein gefühlsmäßige instinktive Ebene. Hat wahrscheinlich was mit dem Belohnungszentrum zu tun oder so, da müsste man vermutlich mal einen Psychologen fragen :-). Die "instinktive" Ebene führt mich dann zumindest bei Klaviermusik dazu, zu denken "cool, ich will das auch können", was wiederum zum großen Teil mit dem Drang nach Selbstbestätigung zu tun haben dürfte.Sobald ich mich dann eingehender mit dem Stück befasse, kommen dann natürlich automatisch weitere Fragen auf, die mich interessieren (Historie des Stücks, des Komponisten, harmonische, kompositorische Aspekte, spieltechnische Fragen etc. pp.), und da wechsele ich dann wohl zumindest teilweise zu kognitiven, weniger instinktbetonten Bereich über. Das ist dann fast schon ein Automatismus. Um es kurz zu machen: ich befasse mich deshalb mit Musik, weil es mir anfangs einfach nur Spaß gemacht hat und darüber dann meine Neugier auf alles weitere geweckt wurde. Allerdings ist das keine bewusste Entscheidung gewesen. Ich bin nicht eines morgens aufgewacht und dachte mir "So, und jetzt entwickle ich mich persönlich weiter durch Musik" :-).
So, das ist meine ganz subjektive Begründung, eure wird wahrscheinlich völlig anders sein. Und da liegt vermutlich auch das von Nagano angesprochene Problem: es gibt keine einzelne Antwort auf die Frage: wie kriegen wir das Publikum (älter oder jünger ist eigentlich egal) zur klassischen Musik. Das einzige, was man machen kann ist, das man den Leuten soviel wie möglich Gelegenheiten gibt, überhaupt mit klassischer Musik in Kontakt zu kommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
dasz das Publikum in Konzerten klassischer Musik immer aelter wird
wird Literatur (so Zeugs wie Heine, Proust, Marquez) nur noch im Altersheim gelesen?
stehen nur noch Rollatoren Schlange vor der Pariser Impressionistensammlung?

wenn das alles so sein sollte, dann wird die Beschäftigung mit den Künsten halt eben ein Teilbereich der Geriatrie... ;-)

...ach ja: wenn Film eine Kunst ist, dann müsste es konsequenterweise im Kino nach Kukident riechen :-D
 
...ach ja: wenn Film eine Kunst ist, dann müsste es konsequenterweise im Kino nach Kukident riechen :-D

das wäre ja schön. Leider erinnert es in einem Kino olfaktorisch immer mehr an einen Saustall. Nicht nur wegen der Schweine, sondern auch wegen des Bauern, dessen Deo versagt hat. :-(
Und wenn man nach dem Film auf den Ausgang zusteuert und sich etwas umsieht, dann zieht man den Hut vor den Schweinen.
 
In den Kinos riecht es doch nur noch nach Popcorn und Nachos. Da muss man sich fast schon übere einen Stinkmenschen freuen, der den "Appetit" (= crunch, crunch, raschel, crunch) etwas zügelt.
 

Soweit ich weisz, heiszt das Buch im englischen Original "expect the unexpected". Das Wunder bezieht sich darauf, dasz Nagano feststellt, dasz Komponisten mit der Erwartung der Hoerer spielen und diesen immer wieder ueberraschen. Es geht darum, sich mit einem gewissen Vorwissen auf eine neue und unbekannte Musik einzulassen und dadurch ein "Wunder" zu erleben.

Danke, @mbast fuer Deine persoenliche Sichtweise. Sicher ist die Musik unter den schoenen Kuensten in gewisser Hinsicht die abstrakteste aber auch die unsere Gefuehle am unmittelbarsten ansprechende. Deshalb sind wir vielleicht besonders hilflos, wenn wir ueber sie sprechen. Allerdings kann man sich, und das tut Nagano in seinem Buch, die Frage stellen, ob Musik als schoene Kunst ein gewisses Grundbeduerfnis fuer Menschen ist oder nicht und wenn diese Frage bejaht werden kann, ob das nun viele sind oder nur eine kleine Minderheit. Ob dieses Beduerfnis durch Begegnungen mit Musik als schoene Kunst waehrend der Kindheit geweckt wird oder ob sich dieses Beduerfnis eher erst mit den Jahren entwickelt.

Hier ist Musik als schoene Kunst "mit einem gewissen Anspruch" gemeint, d.h. eine absichtsvolle Musik, nicht das, was man "im whirl pool liegend als Hintergrundmusik zur reinen Entspannung geboten bekommt". Auch wenn @rolf offenbar kein Problem mit der Ansiedelung der schoenen Kuenste in der Geriatrie haette, falls sich das Interesse vor allem auf Begegnungen in der Kindheit gruendete, dann wanderten die schoenen Kuenste allmaehlich von der Geriatrie auf die Friedhoefe. Und da ergibt sich dann doch die spannende Frage, ob wir nicht vielleicht einfach ohne die schoenen Kuenste genauso gut lebten, ohne die klassische Musik genauso gut als Gesellschaft zurechtkaemen wie mit ihr.

Erstaunlicherweise gibt es in den meisten Kulturen soetwas wie eine "klassische Musik", z.B. in Indien oder die Pekingoper. Sicher gibt es noch viele andere Beispiele. Auch wenn das Nagano gar nicht diskutiert, stellt sich doch die Frage, warum ist das so. Zufall der Entwicklung durch einzelne Genies? Machtanspruch einer "kulturschaffenden Gesellschaftsschicht"? Oder gibt es doch eine Art menschliches Grundbeduerfnis an schoenen Kuensten?

Fuer Europa scheint mir eine Mischung aus mindestens den obengenannten Faktoren vorzuliegen. Die Individualisierung gerade in der Kunst der Rennaissance hat Genies gefoerdert, Machtansprueche z.B. der Kirche wurden durch Kunst unterstrichen (Bauwerke, bildende Kunst, Kirchenmusik), spaeter ebenso der Anspruch auf buergerliche Freiheiten (siehe Mozart, Beethoven), die Menschen fanden sich aber auch vom Kunsterleben angezogen und ueberwaeltigt.

Brauchen wir also die klassische Musik? Vielleicht nein, aber wir verloeren eventuell viel? Naganos Kindheit zeigt, wie sehr sie von klassischer Musik gepraegt war, nicht nur bei ihm, sondern bei einer ganzen Schuelergeneration. Dennoch wurden nicht alle Berufsmusiker, aber die meisten werden sich an der groszen Tradition der klassischen Musik weiter erfreuen. Was aber passiert mit den vielen, die nie eine Beruehrung mit klassischer Musik hatten. Bleibt sie ihnen so fremd wie vielen von uns die Pekingoper? Wahrscheinlich ja.

Wird das grosze Erbe der klassischen europaeischen Musik in Zukunft hauptsaechlich in China gepflegt werden? Was bedeutet das fuer unsere Gesellschaft? Nichts oder doch einen Verlust?

Diese Fragen beschaeftigen mich, seit ich das Buch gelesen habe.

Viele Gruesze und danke fuer Eure Antworten
Jannis
 
Soweit ich weisz, heiszt das Buch im englischen Original "expect the unexpected". Das Wunder bezieht sich darauf, dasz Nagano feststellt, dasz Komponisten mit der Erwartung der Hoerer spielen und diesen immer wieder ueberraschen. Es geht darum, sich mit einem gewissen Vorwissen auf eine neue und unbekannte Musik einzulassen und dadurch ein "Wunder" zu erleben.

Danke, @mbast fuer Deine persoenliche Sichtweise. Sicher ist die Musik unter den schoenen Kuensten in gewisser Hinsicht die abstrakteste aber auch die unsere Gefuehle am unmittelbarsten ansprechende. Deshalb sind wir vielleicht besonders hilflos, wenn wir ueber sie sprechen. Allerdings kann man sich, und das tut Nagano in seinem Buch, die Frage stellen, ob Musik als schoene Kunst ein gewisses Grundbeduerfnis fuer Menschen ist oder nicht und wenn diese Frage bejaht werden kann, ob das nun viele sind oder nur eine kleine Minderheit. Ob dieses Beduerfnis durch Begegnungen mit Musik als schoene Kunst waehrend der Kindheit geweckt wird oder ob sich dieses Beduerfnis eher erst mit den Jahren entwickelt.

Hier ist Musik als schoene Kunst "mit einem gewissen Anspruch" gemeint, d.h. eine absichtsvolle Musik, nicht das, was man "im whirl pool liegend als Hintergrundmusik zur reinen Entspannung geboten bekommt". Auch wenn @rolf offenbar kein Problem mit der Ansiedelung der schoenen Kuenste in der Geriatrie haette, falls sich das Interesse vor allem auf Begegnungen in der Kindheit gruendete, dann wanderten die schoenen Kuenste allmaehlich von der Geriatrie auf die Friedhoefe. Und da ergibt sich dann doch die spannende Frage, ob wir nicht vielleicht einfach ohne die schoenen Kuenste genauso gut lebten, ohne die klassische Musik genauso gut als Gesellschaft zurechtkaemen wie mit ihr.

Erstaunlicherweise gibt es in den meisten Kulturen soetwas wie eine "klassische Musik", z.B. in Indien oder die Pekingoper. Sicher gibt es noch viele andere Beispiele. Auch wenn das Nagano gar nicht diskutiert, stellt sich doch die Frage, warum ist das so. Zufall der Entwicklung durch einzelne Genies? Machtanspruch einer "kulturschaffenden Gesellschaftsschicht"? Oder gibt es doch eine Art menschliches Grundbeduerfnis an schoenen Kuensten?

Fuer Europa scheint mir eine Mischung aus mindestens den obengenannten Faktoren vorzuliegen. Die Individualisierung gerade in der Kunst der Rennaissance hat Genies gefoerdert, Machtansprueche z.B. der Kirche wurden durch Kunst unterstrichen (Bauwerke, bildende Kunst, Kirchenmusik), spaeter ebenso der Anspruch auf buergerliche Freiheiten (siehe Mozart, Beethoven), die Menschen fanden sich aber auch vom Kunsterleben angezogen und ueberwaeltigt.

Brauchen wir also die klassische Musik? Vielleicht nein, aber wir verloeren eventuell viel? Naganos Kindheit zeigt, wie sehr sie von klassischer Musik gepraegt war, nicht nur bei ihm, sondern bei einer ganzen Schuelergeneration. Dennoch wurden nicht alle Berufsmusiker, aber die meisten werden sich an der groszen Tradition der klassischen Musik weiter erfreuen. Was aber passiert mit den vielen, die nie eine Beruehrung mit klassischer Musik hatten. Bleibt sie ihnen so fremd wie vielen von uns die Pekingoper? Wahrscheinlich ja.

Wird das grosze Erbe der klassischen europaeischen Musik in Zukunft hauptsaechlich in China gepflegt werden? Was bedeutet das fuer unsere Gesellschaft? Nichts oder doch einen Verlust?

Diese Fragen beschaeftigen mich, seit ich das Buch gelesen habe.
Jannis

Wenn ich das richtig verstehe (korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege @jannis) treibt dich die Sorge um, daß die klassische Musik mit der Zeit mangels Interesse "aussterben" könnte oder zu einer elitären Veranstaltung für einige wenige verkommen könnte. Dem würde ich vorsichtig widersprechen. Wenn man den Leuten (insbesondere den jüngeren) Gelegenheit dazu gibt, sind sie durchaus darin interessiert, und zwar aus genau dem Grunde, den Nagano auch nennt: klassische Musik überrascht einen praktisch dauernd positiv. Kleine Anekdote dazu: in den Pariser Bahnhöfen stehen Klaviere zur öffentlichen Benutzung. Nun mußte ich eines schönen Tages durch dIe Gare du Nord und bemerkte im vorbeigehen einen jungen Franzosen, der am Klavier saß und versuchte, die Akkorde zu einer Melodie aufzuschreiben, die er offenbar selbst erfunden hatte. Habe ihn darauf angesprochen und er sagte mir, er versuche gerade, einen Song für den Geburtstag seiner Freundin zu schreiben und sich dafür die Akkorde aufzuschreiben. Habe mich dann dazugesetzt und die Tonart ausklamüsert (c-moll) das ganze in A moll transponiert (weil keine Vorzeichen und somit einfacher zu spielen) und dann haben wir gemeisam die passenden Akkorde aufgeschrieben. Noten lesen konnte er nicht, aber spielte das intuitiv ganz ordentlich. Dann meinte er, ob ich ihm denn eine Ballade vorspielen könne. Nun habe ich leider keine Ballade im Repertoire, daher bin ich auf den ersten Satz Mondscheinsonate ausgewichen, die allerdings auf den leicht verstimmten Bahnhofsklavieren nicht wirklich spektakulär klang. Trotzdem schien er von dem Stück beeindruckt und fragte, ob die "chanson" denn von mir sei ;-). Was mich schon etwas zum Grinsen brachte, und ich meinte nee, das sei von Beethoven. Den kannte der junge Mann dann wohl doch und war völlig platt, das klassische Musik so cool sein könne :-). Ich weiß nicht, ob er dieses Interesse dann weiterverfolgt hat, aber es würde mich wundern, wenn nicht. Will sagen: wenn man die Leute (insbesondere die jungen) erstmal damit in Kontakt bringt, spricht die Musik quasi für sich und
viele entwickeln dann ein Interesse. Daher habe ich eher weniger Sorgen, daß die Klassik in naher Zukunft aussterben könnte :-).
 

das Buch im englischen Original "expect the unexpected"

Da haben wir es mal wieder.
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Übersetzungen ...

Diesen Titel finde ich erheblich treffender und durch das angedeutete Paradoxon auch literarisch ansprechender.

Eine These: Man liebt nur, was man kennt. In den meisten Fällen wird es so sein, dass "Klassikfans" (horribile dictu) bereits in jungen Jahren, also im Elternhaus, damit in Kontakt kamen. Vielleicht gibt es immer weniger Elternhäuser, in denen der öffentlich-rechtliche Klassiksender läuft statt einem privaten, von Werbeunterbrechungen gespickten privaten Pop-Sender?

Das Nichtkennen bzw. damit verbundene Nichtinteresse "vererbt" sich anschließend weiter.

Was der Konsum von Gangsta-Rap aus den Konsumenten macht, werden wir in einigen Jahren feststellen müssen.
 
Also ich mache mir da keine Sorgen.

Filmmusik heute wird nach klassischen Regeln und Mitteln zur Hervorrufung von Stimmungen und Emotionen komponiert und wird auch losgelöst vom Film genossen.

Die Verbreitung klassischer europäisch geprägter Musik setzt sich ungebrochen fort, und man staune eben nicht nur in asiatischen Tigerstaaten, sondern auch im islamisch geprägtent Raum. Iran etwa unterhält ein staatliches Orchester, fördert Komponisten, bestellt sogar ganz in alter herrschaftlicher Manie zu bestimmten Anlässen Orchesterkompositionen.

Alle erfolgreichen Pop und Rockmusiker kommen immer zum Punkt, wo teure klassische Musiker engagiert werden.

Gerade läuft ein Hype für Klaviermusik, immer deutlich an populären Tatortproduktionen abzulesen, wie zuvor Violine und Cello.

Allein die Kosten zum Erlernen und zum Besuch von klassischen Konzerten schrecken ab. Und das war schon immer so! Klassische Konzerte waren insofern und sind es immer noch elitär.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Allein die Kosten zum Erlernen und zum Besuch von klassischen Konzerten schrecken ab. Und das war schon immer so! Klassische Konzerte waren insofern und sind es immer noch elitär.

Die Kosten sind im Verhältnis zu größeren Pop- und Rockkonzerten sogar eher gering. Ein Jahresabo für die Klavierkonzerte in der Kölner Philarmonie beispielsweise liegt bei unter zweihundert Euro, und da sind letztes Jahr richtig große Namen aufgetreten (Grimaud, Sokolov, Say etc.). So manch ein einzelnes Konzert angesagter Pop-Größen ist genauso teuer wenn nicht teurer. Daran kann es m.E. nicht liegen.
 
Da haben wir es mal wieder.
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Übersetzungen ... .

Oh ja, da rege ich mich auch immer wieder auf. Auch bei englischsprachigen Reportagen, wenn die deutsche Simultanübersetzung mehr als frei ist, wenn nicht gar völlig sinnentstellend.

Was der Konsum von Gangsta-Rap aus den Konsumenten macht, werden wir in einigen Jahren feststellen müssen.
Hat mit mir nicht viel gemacht! ;-)
Die Musik allein macht ja nicht kriminell, da gehört schon wesentlich mehr dazu.
 
Da haben wir es mal wieder.
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Übersetzungen ...

Wenn freundlicherweise die Journalisten bei Übersetzungen aus dem Englischen nicht 'Sodium' und 'Potassium', sondern die korrekten Bezeichnungen 'Natrium' und 'Kalium' benutzen würden, dann wäre das sehr nett. Es ist auch viel besser verständlich.

<gernot_hassknecht>
NATRIUM UND KALIUM, VERDAMMT!! DAS KANN DOCH NICHT SO SCHWER SEIN!!!
</gernot_hassknecht>

Grüße
Häretiker
 
..., das sei von Beethoven. Den kannte der junge Mann dann wohl doch und war völlig platt, das klassische Musik so cool sein könne :-). Ich weiß nicht, ob er dieses Interesse dann weiterverfolgt hat, aber es würde mich wundern, wenn nicht. Will sagen: wenn man die Leute (insbesondere die jungen) erstmal damit in Kontakt bringt, spricht die Musik quasi für sich und
viele entwickeln dann ein Interesse. Daher habe ich eher weniger Sorgen, daß die Klassik in naher Zukunft aussterben könnte :-).

Ich glaube, dasz es sich dabei in gewisser Hinsicht um eine zwar nette Geschichte aber doch einen "Einzelfall" handelt. Ich will das bitte nicht negativ sehen.
Aber Naganos Ansatz ist doch eher der, dasz die klassische Musik in gewisser Hinsicht "aus dem Bildungskanon" gedraengt werde. Wenn man sich z.B. die Pisa-Schultests anschaut, so kommen die schoenen Kuenste darin nicht vor. Es geht hauptsaechlich um praktisch verwertbares Wissen aus den Naturwissenschaften oder eben um Textverstaendnis von Gebrauchstexten. Es geht weder um poetische Sprache noch um bildende Kunst oder Musik.

Also ich mache mir da keine Sorgen.

Filmmusik heute wird nach klassischen Regeln und Mitteln zur Hervorrufung von Stimmungen und Emotionen komponiert und wird auch losgelöst vom Film genossen.

An welche Filmmusik denkst Du? Ich gebe zu bedenken, dasz gerade die hier "TEY"-Musik genannte Musik fuer Nagano eben keine klassische Musik darstellt. Ich habe sie in einem meiner vorigen Beitraege als "whirlpool"-Musik bezeichnet. Zweifellos gibt es gute Filmmusik, aber die meiste ist doch sehr weit von den Gipfelwerken Bachs, Mozarts, Beethovens, ..., aber auch Strawinskys oder Ligetis entfernt. Das, was Du beschreibst, @elli , spricht fuer mich eher fuer ein "Austerben der klassischen Musik".
Den Einwand, klassische Konzerte seien teuer, kann ich auch nicht gelten lassen. Man vergleiche mit den Preisen der Eintrittskarten fuer Popkonzerte oder Fuszballspiele. Dann findet man klassische Konzerte geradezu billig.
Also irgendwie scheint es niemanden zu stoeren, dasz die schoenen Kuenste mehr oder weniger ein Nischendasein zum Zeitvertreib einer kleinen Minderheiten der Gesellschaft dienen, aber nicht im Zentrum der Bildung stehen. Vielleicht war das nie der Fall, vielleicht aber vermeintlich zumindest in Zeiten kultureller und gesellschaftlicher Reflexion doch.
Sind wir als Gesellschaft wesentlich utilitaristischer geworden? Ist uns Kunst (in der Gesellschaft) deshalb egal, sobald sie anstrengend wird?
Jannis
 
@jannis
nicht googeln!!!
Sagt dir der Name Otto Ludwig irgendwas? Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, über ein paar Jahre hinweg sporadisch mitanzuschauen, wie in einer sehr kultivierten und wegen ihrer historisch-kulturellen Bedeutung sogar touristisch beliebten kleineren Stadt an der Elbe das Otto Ludwig Haus peu a peu verfiel und letztlich abgerissen wurde. Gegenüber blühte ein Sparkassen-Neubau auf.

Jetzt könnte man wie du loswettern und Kulturverfall anprangern - aber wozu? Es gab zahllose Literaten wie den Ludwig, die nicht den Rang eines Heine erhielten, und für diese ist es rezeptionshistorisch geradezu typisch, dass sie zeitweilig "verschwinden" und dann wieder ausgegraben werden. Und wenn derartige Literatur (und es gibt viel davon! und zwar viel gute, guck mal nach, wie es um z.B. "Schwarzwälder Dorfgeschichten" bestellt ist) nicht von der Masse, sondern von einer "Minorität" zeitweilig gelesen wird - ja und? Liest die Masse Joyce und Proust?? Na also. Und nach wie vor sind weder Joyce noch Proust ein Verlustgeschäft für die Verlage, weil diese zu kalkulieren fähig sind und entsprechende Auflagen gewinnbringend verkaufen. Halleluja, die verkaufen Zeugs gewinnbringend, welches nicht auf "angesagten" Bestsellerlisten steht.

Das sollte dich freuen!

Gucken wir weiter:
Aber Naganos Ansatz ist doch eher der, dasz die klassische Musik in gewisser Hinsicht "aus dem Bildungskanon" gedraengt werde. Wenn man sich z.B. die Pisa-Schultests anschaut, so kommen die schoenen Kuenste darin nicht vor.
Wie erklärt man sich angesichts dieses Pessimisus den Umstand, dass nahezu sämtliche europäischen Musikhochschulen Zulassungsbeschränkungen aufweisen? Sind es allesamt Esel, die sich dem Selektionsmechanismus namens Aufnahmeprüfung unterziehen? Wieso müssen Ausbildungsstätten für angeblich aussterbende "klassische Musik" Selektionsverfahren einsetzen, um nicht überlaufen zu werden???

Zweifellos gibt es gute Filmmusik, aber die meiste ist doch sehr weit von den Gipfelwerken Bachs, Mozarts, Beethovens, ..., aber auch Strawinskys oder Ligetis entfernt. Das, was Du beschreibst, @elli , spricht fuer mich eher fuer ein "Austerben der klassischen Musik".
...an dieser Stelle empfehle ich, erst mal gravierende Bildungslücken zu schließen, bevor vollmundig herumgeurteilt wird...
S. Prokovev: Leutnant Kis
A. Copeland: our little town
A. Schnittke: Abschied von Matjora
...mal nur drei weltberühmte große Komponisten unterschiedlicher "Epochen"/Stile und deren Filmmusik...

Also irgendwie scheint es niemanden zu stoeren, dasz die schoenen Kuenste mehr oder weniger ein Nischendasein zum Zeitvertreib einer kleinen Minderheiten der Gesellschaft dienen, aber nicht im Zentrum der Bildung stehen. Vielleicht war das nie der Fall, vielleicht aber vermeintlich zumindest in Zeiten kultureller und gesellschaftlicher Reflexion doch.
Das ist kulturpessimistisches Blabla der billigen Sorte. Um dir das klar zu machen: wie hoch mag wohl der Prozentsatz der Bevölkerung sein, welcher sich dadurch auszeichnet, die Hauptwerke der Philosophiegeschichte zu kennen? Sind Kant, Hegel, Wittgenstein in der Masse bekannter als Schumann, Brahms, Mendelssohn? ...und hast du den Eindruck, dass die Philosophie ausstirbt?? Schließen die philosophischen Fakultäten der Universitäten allesamt?

Wir haben eine Größe namens Einwohnerzahl.
Wir können feststellen, wie hoch der Anteil der Bevölkerung ist, die über einen akademischen Abschluß verfügt.
Wenn wir das ermittelt haben, stellen wir fest, dass die Akademiker eine Minorität innerhalb der Bevölkerung darstellen.
Jetzt die Frage an dich: stirbt das studieren nun aus?

;-) mein Tipp: erst gründlicher nachdenken, dann vom Leder ziehen (falls es nach dem nachdenken noch einen Grund dafür gibt)

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aber eines will ich nicht unter den Tisch kehren, denn vielleicht ist hier das Potenzial für den Untergang der Kultur enthalten: das Marktgeschrei. Man nennt es natürlich heutzutage anders, nämlich marketing. Und diese Errungenschaft führt dazu, dass mittlerweile schon einige der traditionellen Kulturveranstaltungen als Event gehandelt werden. Man bucht eine Opernkarte inklusive Abendessen und Pausensnack mit kostümierter Unterhaltung... (ja, den schäbigen Eventmarketingcharakter zu melken probiert man seit 3-4 Jahren sogar in Bayreuth...) ... die gräßliche Dystopie wäre, künftig z.B. ein live gespieltes Klavierkonzert von Beethoven nur noch im Paket mit candle light dinner und Bootsfahrt mit Mandolinenmusik zu erhalten... Klare Sache, die beteiligten Musikanten sind käuflich: stimmt die Gage, machen die mit (!!) ... ... ... hier ist ein Ansatz sichtbar, dass es den Marketingfritzen gelingen könnte, den Untergang des Abendlandes einzuleiten :-D:teufel::-D:drink:
 
Ich glaube, dasz es sich dabei in gewisser Hinsicht um eine zwar nette Geschichte aber doch einen "Einzelfall" handelt. Ich will das bitte nicht negativ sehen.
Aber Naganos Ansatz ist doch eher der, dasz die klassische Musik in gewisser Hinsicht "aus dem Bildungskanon" gedraengt werde. Wenn man sich z.B. die Pisa-Schultests anschaut, so kommen die schoenen Kuenste darin nicht vor. Es geht hauptsaechlich um praktisch verwertbares Wissen aus den Naturwissenschaften oder eben um Textverstaendnis von Gebrauchstexten. Es geht weder um poetische Sprache noch um bildende Kunst oder Musik.



An welche Filmmusik denkst Du? Ich gebe zu bedenken, dasz gerade die hier "TEY"-Musik genannte Musik fuer Nagano eben keine klassische Musik darstellt. Ich habe sie in einem meiner vorigen Beitraege als "whirlpool"-Musik bezeichnet. Zweifellos gibt es gute Filmmusik, aber die meiste ist doch sehr weit von den Gipfelwerken Bachs, Mozarts, Beethovens, ..., aber auch Strawinskys oder Ligetis entfernt. Das, was Du beschreibst, @elli , spricht fuer mich eher fuer ein "Austerben der klassischen Musik".
Den Einwand, klassische Konzerte seien teuer, kann ich auch nicht gelten lassen. Man vergleiche mit den Preisen der Eintrittskarten fuer Popkonzerte oder Fuszballspiele. Dann findet man klassische Konzerte geradezu billig.
Also irgendwie scheint es niemanden zu stoeren, dasz die schoenen Kuenste mehr oder weniger ein Nischendasein zum Zeitvertreib einer kleinen Minderheiten der Gesellschaft dienen, aber nicht im Zentrum der Bildung stehen. Vielleicht war das nie der Fall, vielleicht aber vermeintlich zumindest in Zeiten kultureller und gesellschaftlicher Reflexion doch.
Sind wir als Gesellschaft wesentlich utilitaristischer geworden? Ist uns Kunst (in der Gesellschaft) deshalb egal, sobald sie anstrengend wird?
Jannis
Was die mangelnde Einbindung der schönen Künste in den Lehrplan angeht, so will ich mir darüber kein Urteil erlauben, weil ich es schlichtweg nicht weiß. Meine Erfahrung in dem Bereich beschränkt sich darauf, daß ich schon ein- oder zweimal Schulklassen in klassischen Konzerten gesehen habe. Ob und wie die von ihren Lehrern vorbereitet werden, kann ich nicht sagen, aber das ist es halt, was ich mit "in Kontakt bringen" meine. Von diesen Schülern wird es garantiert den ein oder anderen gegeben haben, der sich auf diese Initialzündung hin ein wenig mehr für die Sache interessiert hat. Natürlich werden sich nie soviel junge Leute für klassische Musik interessieren wie für Popmusik oder, noch schlimmer, Techno, Trance und ähnliche Dinge. Müssen sie aber auch nicht, denn die Zielsetzung ist halt eine ganz andere. "Elitarismus" in der Klassik sehe ich deswegen noch lange nicht. Klassische Musik hat halt sein spezielles Publikum. Wird es in absehbarer Zeit auch weiter haben. Kurz gesagt: werde mein Klavier auf keinen Fall gegen DJ-Turntables eintauschen :-D.
 

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