Isomelism ?

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Ich bin heute über einen mir unbekannten Begriff gestolpert: Isomelism. Gemeint ist damit die Wiederholung einer Melodie oder Phrase mit gänzlich anderer Rhythmik und optional transponiert (griech. iso: gleich, melos: Melodie, Tonfolge). Beispiel:

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Meine Fragen dazu:
  • Ist Isomelism ein gängiger (akzeptierter) Begriff in der Musikwissenschaft?
  • Wenn ja, wie lautet der deutsche Begriff (Isomelismus kennt nicht mal Tante Guugel).
 
Also ich kenne es auch nicht, bin aber keine Musikwissenschaftlerin...
 
Wenn Guugel es nicht kennt, dann ist es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit schonmal kein gängiger Begriff.

In was für einem Text taucht das überhaupt auf?

Im Deutschen müsste man "Isomelismus" wohl mit mehreren Wörtern umschreiben.

Im Normalfall werden Fremdwörter, die aus lateinischen und altgriechischen Elementen gebildet werden, erfunden, wenn der gewünschte Sinn sich nicht knackig in der Gegenwartssprache ausdrücken lässt. Kommt durchaus mal vor, und manchmal setzt sich so eine Worterfindung auch fachsprachlich durch.

"Kakophonie" ist fast unübersetzbar, versteht aber so ziemlich jeder...allein schon am Wortklang...
 
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Kakophonie kann man einfach übersetzen:
Kakos ist Griechisch und heisst wortwörtlich: Schlecht
Phonie kennen wir alle: die Stimme, der Laut, Klang
Also: Schlechtklang.
Auf die Spitze hat es Bodo Wartke gebracht mit seiner:
Dodekakophonie:
Dodeka=12
Also:
Zwölfschlechtklang ;-)
 
Google liefert zu Isomelism 540 Hits. Nicht alle beziehen sich auf Musik, der Begriff scheint auch in der organischen Chemie zu existieren. Hier eine Fundstelle in einem Buch (1998) des Musikhistorikers Ernest Helmut Sanders, "French and English Polyphony of the 13th and 14th Centuries: Style and Notation"

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Weitere Hits gibt es im Zusammenhang mit Strawinsky. Ich bin über den Begriff gestolpert im Zusammenhang mit Frank Zappa. Hier @ 8:20:

 
"Schlechtklang" hat sich aber nicht eingeführt, außerdem schwingt die bei "Kakophonie" gar nicht so beabsichtigte Nebenbedeutung "mangelhaft ausgeführt" mit. Letztlich müsste man "Schlechtklang" auch erst erklären.
 
Organische Chemie? da gibt es Isomere, und Isomerismus... rinks und lechts...
 
...so eine schlappe Tante aber auch - - immerhin kennt sie "Isomelie" (isomelism ist einfach die engl. Variante) und zwar als eine der Kompositionstechniken in frühneuzeitlicher mehrstimmiger Musik. Ich weiß nicht, ob du Freude an so einem Aufsatz hast, aber da findet sich was dazu: https://storage.gmth.de/proceedings/articles/46/pdf/gmth-proceedings-artikel-46.pdf
 
Isomelismus kommt von iso(s) und melos, die Endung -ismus kennzeichnet eine Zustandsbeschreibung.

Wie übersetzt man nun "Melos"? da hänkts mitm Eindeutschen...
 

Danke Rolf, also Isomelie. Im dem von dir verlinkten Aufsatz ist auch von Isomelik die Rede. Zu beiden Begriffen findet man erstaunlich wenige Hits in Google, wenn man bedenkt, dass diese Kompositionstechnik wohl schon im 13 Jh. nachweisbar ist?
 
Immerhin hat Google es schon im Index. Und die wenigen Treffer deuten darauf hin, dass Isomelismus nicht gerade ein Mainstreamthema ist. So derart Alte Musik dürfte im Vergleich selbst zur Musik der Renaissance noch sehr untererforscht sein. Der Erkenntnisfortschritt geht da noch nach Jahrzehnten.

Die Frage, in welchem Textformat denn dieses "Isomelismus" nun vorgefunden wurde, ist immer noch nicht beantwortet worden...ist jetzt vielleicht auch ein bisschen egal...
 
solange die Isothermen und Isotheren ihre Schuldigkeit tun, ist doch alles in Ordnung…
 
Grove Dictionary, Laurenz Lütteken (2001): Isomelism: "... Ger. Isomelie".
https://doi.org/10.1093/gmo/9781561592630.article.13947

Lütteken schreibt, der Begriff geht auf Heinrich Besseler zurück (Heinrich Besseler: Die Musik des Mittelalters und der Renaissance, Potsdam: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion 1931, S. 206). "A term coined by Heinrich Besseler for the melodic resemblances in the upper parts between different sections of certain isorhythmic motets of the first half of the 15th century."
 
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"Allerdings ist hier aller Cantus-firmus-gebundenen Musik zu gedenken, fast aller Musik des Mittelalters, der Isorythmie und Isomelie, die schon kaum hörbar, wie die Chorfiguren des Bamberger Doms kaum noch erschaubar, das Symbol dennoch mitschwingen, ja sich spielend von ihm tragen lassen."

Margarete Reimann: Musik und Spiel, in: Archiv für Musikwissenschaft, 24. Jahrg., H. 4. (1967), S. 225-236, https://www.jstor.org/stable/930260

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Dann wäre etwa das Verhältnis vom Hauptteil und Mittelteil in der Etüde c-Moll op. 13 von G. Pierné ein Isomelismus?
Iso gleich und Melos melodische Linie bieten doch schon mal einen Ansatz.
Wie ordnet man da die Themenmetamorphosen von Liszt oder Scriabin ein?
Oder die Suiten auf EIN Thema wie Frobergrrs Mayerin?
 
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Wie ordnet man da die Themenmetamorphosen von Liszt oder Scriabin ein?
Je nach dem, wie stark diese Metamorphosen sind (wie viel sich jeweils verändert) könnte man versuchen, sie in "isomelische" (bei denen sich die Rhythmik ändert) und "isometrische" Veränderungen (bei denen sich die Melodie ändert) zu unterteilen.

Das wird nur dann problematisch, wenn der Komponist auf beiden Dimensionen zugleich variiert. Dann ist halt nichts mehr mit "iso-".
Und es endet wahrscheinlich in viel klein-klein.

Ich bin mir gerade auch unsicher, wie man Spiegelungen und Krebsgänge behandeln sollte ... genau genommen (technisch betrachtet), sind das ja keine echten Veränderungen von Melodie oder Rhythmus.
Aber sie verändern den Höreindruck gewaltig.
 
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