Intros, Endings, Läufe, Übergänge für Solo-Piano

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Barpianodilettant

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18. Aug. 2007
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Hallo!

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der Stilrichtung des
Cocktail-Lounge-Dinner-Bar-Solo-Piano-Spiels und kann mittlerweile
etwa ein Dutzend Standars auswendig und leidlich spielen.

Was mir aber fehlt ist die Fähigkeit, zu improvisieren, und zwar im
Hinblick auf Intros und Endings von Stücken sowie Übergänge zwischen
den Stücken. Ebenso die kleinen "Einwürfe" und mehr oder weniger virtuosen Läufe nach oben und zurück oder nur von oben, wenn die Melodie mal ein/zwei Takte ruht.

Ich wäre sehr dankbar, wenn jemand hier Tips geben könnte, wie man so etwas
übt, oder auch bestimmte harmonische Wendungen oder Muster für Läufe,
die den typischen leichten und melancholischen Charakter des Barpianostils hervorrufen.

Klar ist, dass das ein jahrelanger Prozess ist, jedoch könnten mich diverse
"Kochrezepte" mit Sicherheit weiterbringen.

Mit Jazz-Harmonielehre bin ich im wesentlichen vertraut, allerdings nicht mit
der praktischen Anwendung und dem Üben, besonders in diesem speziellen Fall.

Bedauerlich auch, dass sich kein Lehrer für diese Art von Klaviermusik finden lässt (Bedingung ist für mich, dass er auch selbst barpianistisch tätig ist :tuba: ).


Viele Grüße,

Barpianodilettant
 
Hallo Barpianodilettant,

die Stilrichtung "Cocktail-Lounge-Dinner-Bar-Solo-Piano" kenne ich nicht. Ich habe jedenfalls jahrelang in Hotel-Lobbies, Bars, etc. als Pianist gearbeitet und ob die Leute dazu eine Cocktail tranken, dinierten oder einfach nur Konversation betrieben war mir in dem Moment immer egal. Wichtig war mir meine Musik und das war Jazz und Latin. Da die Leute das manchmal anders sahen, waren gewisse Engagements dann auch von kürzerer Dauer.

Nun zu Dir. Ich weiß genau was Du suchst, aber so einfach ist das nicht. Deine Erkenntnis, dass es ein langer Prozess sein wird dort hin zu kommen, ist schon mal ein guter Anfang.
Ich weigere mich jedoch hier allgemeine Ratschläge zu erteilen, da das meiner Meinung nach wenig bringt. Dafür bin ich mehr für Handfestes.
Stell' bitte einen Deiner bereits erarbeiteten Standards in's Forum und gib ein Statement dazu ab wo und mit was Du Probleme hast. Dann können wir über Konkretes weiterreden.
 
Hallo Fred,

leider kann ich zwecks fehlender Hardware nichts aufnehmen bzw. reinstellen.

Aber als konkretes Beispiel mal

"Here`s That Rainy Day":

z.B.
4. Takt: Ab maj
7.8. Takt: Gmaj | Dm7 G7b9

Die Melodie hat Pause/langen Ton, also hat man hier mehr Freiheiten
zum "Auffüllen" .
Die Frage für mich ist nun, welche Herangehensweise am sinnvollsten ist.

a) Man legt sich einen konkreten Lauf oder eine Phrase für die
Stellen zurecht, die man bei jedem Durchspielen unverändert wiedergibt.
Problem für mich ist hier aber, diese nach einiger Zeit wieder zu vergessen,
außerdem geht das schon in Richtung auskomponiert, wäre also zu starr.

b) Man besitzt ein Repertoire an solchen Phrasen/Läufen und wählt spontan
eine davon aus (so eine Art Baukastensystem). Dadurch würde man
zumindest mehr Freiheiten besitzen, allerdings wohl doch recht mechanisch
und dem Stück nicht angepasst klingen.

c) Man improvisiert spontan passend zur Harmonie und dem Charakter des
Stücks. Sicher wünschenswert, aber für mich derzeit uferlos, da die Zeit
(1/2 Takte) zu kurz ist, die Geschwindigkeit zu langsam, die Konzentration
auf den Fortgang der Melodie bzw. des ganzen Stückes verloren geht,
kurzum alles zu viel auf einmal ist.



Die Frage ist also, wie man es am sinnvollsten anstellt, nach und nach
frei, flüssig und stimmig, mit eigenem Stil zu spielen.
Ich habe allerdings zunächst nicht vor, ganze Solos zu improvisieren, sondern
möchte eher ein Repertoire an Stücken erarbeiten und diese "zum Klingen" bringen.


Viele Grüße,

Barpianodilettant
 
Hallo Barpianodilettant,

beide von Dir benannten Stellen sind ja nicht besonders lang. Wenn man dort Fills spielen will, müssen sie also dementsprechend kurz sein.
Im Takt 4 spiele ich oft nur 2 Töne die als Auftakt des im Takt 5 folgenden d's in der Melodie gelten. Harmonizieren tue ich diese beiden Töne mit Upperstructure Voicings aus der Ab MM4 Chordscale.
Takt 7 & 8 bieten da schon etwas mehr Platz. Hier reharmonisiere ich

| Gma7 E-7 Eb-7 | D-7 Db7 |

Ich überlasse an dieser Stelle die ganze Bewegung dem unteren und mittleren Register um so einen Kontrast zur Melodie zu schaffen.

Hier die Aufnahme.
 
Hallo Fred,

vielen Dank für das Beispiel.

Eb-7 ist wohl nur ein chromatischer Übergang.

Die Verwendung von mixo#11 im 4. Takt ist mir nicht unbedingt klar,
zudem bin ich noch sehr weit davon entfernt, so etwas praktisch einsetzen
zu können.
 
Eb-7 ist wohl nur ein chromatischer Übergang.

Ja. Eb-7 ist das Bindeglied zwischen E-7 und D-7. Das Ganze wäre ein doppelter chromatischer Approach auf D-7.

Die Verwendung von mixo#11 im 4. Takt ist mir nicht unbedingt klar,

Mixo#11 ( = MM4) als Chordscale für Ab7 an dieser Stelle ist eine Dominantvorwegnahme. Ab7 steht als Tritonusstellvertreter für D7 das eigentlich erst nach dem A-7 kommt.


Es wäre wirklich sinnvoll wenn Du einmal eine Einspielung von Dir schicken würdest. Ich könnte mich dann besser orientieren und die Beispiele eventuell an Dein Spiel anpassen.

Du siehst, auch wenn wir jetzt konkreter wurden und das Ganze an einem Beispiel fest machten, ist es immer noch schwierig direkt Nutzen daraus zu ziehen.

Was Dir wirklich auch weiterhelfen könnte ist Deine linke Hand eventuell auf Vordermann zu bringen. Sicherheit in der linken Hand bringt Freiheit für die Rechte. Auch das ist ein langer Weg, aber wenn Du mir mal sagen könntest was Du bei Deinen Standards in der linken Hand spielst, könnten wir vielleicht dort anknüpfen.
 
Was Gespieltes kann ich momentan leider unmöglich hochladen.
Spiele den Standard verglichen mit Deiner Aufnahme etwa im halben Tempo,
also als Ballade.

Was die linke Hand betrifft, so spiel ich meistens nur den Grundton/Quinte
öfters mit der b7, d.h. Harmonien und Melodie in der rechten.
 
Was Gespieltes kann ich momentan leider unmöglich hochladen.
Das ist wirklich schade.

Spiele den Standard verglichen mit Deiner Aufnahme etwa im halben Tempo, also als Ballade.
Das ist absolut O.K. . Kannst Du mal schildern oder einscannen wie dazu Deine Linke läuft?

Was die linke Hand betrifft, so spiel ich meistens nur den Grundton/Quinte öfters mit der b7, d.h. Harmonien und Melodie in der rechten.
O.K.. An dieser Stelle könnten wir einsteigen. Kannst Du Dezimen greifen?
 
Das ist absolut O.K. . Kannst Du mal schildern oder einscannen wie dazu Deine Linke läuft?

Hallo,

naja, meistens eben den Grundton, bei den DomSept-Akkorden zusammen mit
der Septime. Hat die Melodie Pausen, kommt auch schon mal ein Left-Hand-Voicing hinzu (wobei ich da oft etwas zu lange brauche und ins Stocken gerate).

O.K.. An dieser Stelle könnten wir einsteigen. Kannst Du Dezimen greifen?


Ja, mindestens :cool:
 


Sehr gut!

Ich gebe Dir hier einmal eine Übung die Du dann selbst durch alle Tonarten weiterspinnen kannst.
Es handelt sich um einen Durchgang von der Tonika zur Subdominante hin. Er ist vielseitig anwendbar und wird Dir auch helfen "Lücken" auszufüllen.

Harmonisch passiert dabei Folgendes:

Ima7 (Tonika) für stufenweise aufwärts zum II-7 (Subdominantparallele). Dann geht es chromatisch aufwärts zur #IIo7 Stufe. Diese hat Funktion als Stellvertreter der Sekundärdominante V7/III-7. Es ist auf deutsch gesagt ein kleiner verminderter Dominantseptnonakkord. Gutes Wort oder?
Wie schon aus seiner Funktion hervorgeht, leitet er zur nun folgenden III -7 Stufe. Diese hat Tonikastellvertreter Funktion und kann, wenn sie zur IV Stufe weitergeführt wird auch als Tonika mit Terz im Bass gespielt werden. Sie hat dann eine Art Sekundärdominantfunktion zur IV Stufe und leitet auch prächtig dort hin. Wir sind also auf der IV Stufe angelangt. Durch die kadenzielle Folge I/3rd -> IV haben wir auch gleichzeitig eine Modulation zur IV Stufe hin vollzogen. Wir sind nun dabei die IV Stufe als neue I Stufe zu hören und starten das "Spiel" von vorn, allerdings nun von F Dur aus, falls wir in C Dur angefangen haben.
Die Melodie habe ich mal als Anregung dazu gegeben. Sie sollte auf jeden Fall später variiert/geändert werden.

Also die Übung geht durch den ganzen Quintenzirkel.
Du musst die Dezimen nicht unbedingt brechen, so wie ich es tue. Wenn Deine Hände groß genug sind kannst Du die Dezimen auch als Viertel spielen. Jeder Akkord käme somit 2 mal hintereinander.

Vergesse nicht das Ganze ternär zu phrasieren. Siehe dazu auch https://www.clavio.de/forum/showthread.php?p=32000&highlight=tern%E4r#post32000 Beitrag #5.
 
Hallo Fred,

herzlichen Dank für die Übung, hab wohl für die nächste Zeit etwas zu tun.

Die Verbindung kenne ich mehr oder weniger umgekehrt, in C als

C C/E Eb° Dm-7 Db7 C

Rein nach Gehör fühlt es sich bei Deiner Verbindung fast so an, als
ob die Spannung nach #II°7 und I/III abgebaut ist, also sich nicht bis
IV halten kann.
Die Begleitung der linken Hand ist für mich völlig neu - kenne zwar Stridepiano...- , vor allem die vorgezogenen Baßtöne. Wird dieses Muster dann mehr oder weniger unverändert auch während
der primären Melodie durchgehalten?

Jedenfalls danke für das Beispiel, hab genug zu tun,
zumal ich derzeit sämtliche Boogies aus dem Jazz Parnass IV von Manfred Schmitz auswendig lerne.


Viele Grüße,

Dilettant
 

Die Verbindung kenne ich mehr oder weniger umgekehrt, in C als
C C/E Eb° Dm-7 Db7 C

Du meinst sicher das hier:

|| C Ebo7 | D-7 Db7 ||


Das ist ein sogenannter Turnaround. Er führt wieder nach C zurück im Gegensatz zu der von mir vorgestellten Akkordprogression.

Wird dieses Muster dann mehr oder weniger unverändert auch während der primären Melodie durchgehalten?

Verstehe Diene Frage nicht genau. Die Figur solltest Du vor allem am Anfang strikt durchhalten, egal was Du in der rechten Hand dazu spielst.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Verstehe Diene Frage nicht genau. Die Figur solltest Du vor allem am Anfang strikt durchhalten, egal was Du in der rechten Hand dazu spielst.

Naja, ich meinte, ob das Schema der Begleitung in der linken Hand auch
weiter so gespielt wird, wenn die Melodie des Standards weitergeht (harmonisch natürlich dann gemäß Akkordfolge des Standards), der "Lückenfüller" also beendet ist.
 

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