Geschichte von W. Hoffmann

Kref

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Hi.

Nachdem ich gestern den Kaufvertrag für einen Hoffmann-Flügel unterschrieben und das Instrument bezahlt habe, sitze ich heute hier und stelle fest, dass ich über die Firma bzw. Marke Hoffmann praktisch nichts weiß als dass sie irgendwann mal von irgendwem gegründet worden ist - wahrscheinlich von einem Menschen, dessen Vorname mit W begann - dann ebenso wie Feurich in der Firma Euterpe aufging und dass dann Bechstein irgendwann die Firma und damit die Namensrechte erwarb und unter diesem Namen nun heute durchaus gute Instrumente relativ günstig in Osteuropa fertigt.

Aber irgendwie ist mir das zu dünn, man findet nirgends wirklich die Historie der Firma, das allwissende Google will nichts ausspucken. Über die Historie der Firma Steinway und ihre Modelle sind Bücher geschrieben worden - offensichtlich bin ich nicht der einzige, der sich über die Historie von Klavierbauern informieren möchte, nur Hoffmann scheint niemandem interessant genug.

Man mag mich für verrückt halten, aber ich bin Ingenieur und das wirklich, weil Technik mich fasziniert. Ich gehöre zu den Irren, die sich bei ihren Gegenständen auch mit deren Geschichte beschäftigen. Mein anderes Hobby ist Fotografie (analog mit Schwarz-Weiß-Film) und ich kann praktisch die gesamte Firmengeschichte und Modellhistorie meiner Kameras von Hasselblad, Rolleiflex und Nikon herunterbeten. Ich kann bzgl. der Rolleiflex praktisch über sämtliche Linsentypen, mit denen die verkauft worden ist, sowie über deren Stärken, Schwächen, Lichtstärken, Hersteller etc.. aus dem Stegreif ein 10-Minütiges Referat halten und in ebenso langer Zeit ausführlich darlegen, warum die Nikon F2 meiner Meinung nach nicht nur ihrem Vorgänger F sondern auch ihrem Nachfolger F3 überlegen ist.

Über mein neuestes Stück Technik, das außerdem nach meinem Auto wertvollstes mobiles Eigentum ist, kann ich aber nur die drei Zeilen oben erzählen und das fuchst mich.

Wofür steht das W?
Wann und wo und von wem wurde sie gegründet?
Wann und warum ging sie in die Euterpe?
Worin unterscheiden sich die auf den oberflächlichen Blick baugleichen Feurichs und Hoffmanns der Euterpe-Periode? Sind sie wirklich exakt baugleich oder sind sie technisch baugleich und die Feurichs haben nur etwas hübschere Verzierungen oder gibt es auch technisch kleine Unterschiede?
Welche Modelle gab es zur Bauzeit meines Instrumentes und worin unterschieden sie sich von ihren Vorgängern und Nachfolgern? Gab es überhaupt Nachfolger oder ist meines die letzte Ausbaustufe vor dem Ende der Langlau-Produktion?

Gruß
Thorsten
 
Der hier leider nicht mehr aktive Dieter Gocht hat mir vor einiger Zeit dazu dankeswerterweise einiges an Material zur Verfügung gestellt. Demnach wurde die Firma am 17. 5. 1904 in Berlin auf eine Frau (!) W. Hofmann eingetragen. Beziehungen zu einer früheren Fa. eines Klavierbauers Wilh. Hoffmann in Liegnitz sind zu vermuten, aber nicht aufzuhellen.

Aus Gesprächen in Langlau 1985 hatte ich mir selber notiert, dass diese Firma wie viele andere auch in der Zwischenkriegszeit pleite ging und die Marke von dem Berliner Euterpe-Eigner (und Opernsänger) Müller übernommen wurde, der sich nach dem Krieg in der leerstehenden Muna in Langlau niederließ und nach einige Jahren die Feurichs mit aufnahm. Zum Markenbestand der Firma gehörten damit: Euterpe, Feurich, W. Hoffmann und später noch Haegele. Diese Markennamen sind beim Verkauf an Bechstein gegangen; J. Feurich kaufte nach 1990 seinen Namen zurück und fing seine, inzwischen leider erloschene, Firma in Gunzenhausen an.

Worin unterscheiden sich die auf den oberflächlichen Blick baugleichen Feurichs und Hoffmanns der Euterpe-Periode?

In nichts - haben hier mehrfach ehemalige Feurich-Mitarbeiter und andere Kenner der Firma gesagt.
 
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Hallo Dieter,

der von Dir angegebene Link scheint nicht zu funktionieren ("Diese Präsenz ist leider nicht verfügbar.")
 
Natürlich bin ich noch aktiv und verweise auf mein Buch " Historisches", welches alle im Europiano erschienen Artikel von mir enthält. Auch "W. Hoffmann". www.dieter-gocht.de

Hallo

Vielleicht hab ich es ja nur übersehen aber auf der Homepage finde ich Chroniken in denen Hoffmann aber nicht erwähnt ist und ich finde nirgends einen Hinweis auf ein Buch namens „Historisches“, Werder einem Download-Link noch einen Bestell-Link.

Wo exakt finde ich diese Information denn?

Danke und Gruß
Thorsten
 
Natürlich bin ich noch aktiv und verweise auf mein Buch " Historisches", welches alle im Europiano erschienen Artikel von mir enthält. Auch "W. Hoffmann". www.dieter-gocht.de


Dieter Gocht hat auch mir zwei interessante Artikel zur Namenshistorie gegeben - vielen Dank hierfür. Schlussendlich ist die Historie der Marke eher lückenhaft.

Anscheinend gab es mal W. Hoffmann (nach Wilhelm Hoffmann) und G. Hoffmann (nach Georg Hoffmann), beide Pianofabriken ansässig in Berlin und in keiner Weise miteinander verbunden.

1937/38 endete die Geschichte der Firma W. Hoffmann, die Firma wurde liquidiert, die Marke als erloschen eingetragen.

Die Fabrik von G. Hoffmann wurde im Krieg zerstört.

Nach dem Krieg hat dann - so steht es in den Artikeln - Euterpe die Namen weitergeführt. Mir ist unklar, ob Euterpe auch jemals ein G.-Hoffmann-Instrument gebaut hat. Wie Euterpe an die Namensrechte gekommen ist, scheint ebenfalls unklar, anscheinend hat man die noch erworben, als Euterpe noch in Berlin ansässig war, nach Langlau zog man erst nach dem Krieg.

Eine etwas lückenhafte Geschichte, auch mit ein paar Unklarheiten, vor allem auf Grund der Namensähnlichkeit, häufig wird wohl nur von Hoffmann-Instrumenten geredet und es ist nicht klar, ob W. oder G.

Wie dem auch sei, eine sehr interessante Lektüre, hierfür nochmals danke.
 
Wie Euterpe an die Namensrechte gekommen ist, scheint ebenfalls unklar, anscheinend hat man die noch erworben, als Euterpe noch in Berlin ansässig war, nach Langlau zog man erst nach dem Krieg.

Also das weiß ich per mündlicher Mitteilung noch aus Langlau: Der in Berlin ansassige Euterpe-Eigner Müller hatte die Markenrechte nach dem Konkurs von W. Hoffmann erworben und sie dann nach dem Krieg in der Langlauer Produktion verwendet. Mit dem Hinzukommen der Feurichs verfügte die Firma dann erstmals über einen "internationalen" Namen, was sich in den Preisen niederschlug. Ich habe an anderer Stelle schon mal geschrieben, dass wir Mitte der 80er für die Musikpädagogen meiner Uni mal ein Dutzend Klaviere auf eimal gekauft haben ("wir" war die Kommission, deren fachfremdes Mitglied ich war) und in den Angeboten der Händler die Feurichs teurer waren als die W. Hoffmanns und Euterpes, obwohl die Instrumente technisch gleich waren.
 
Ein kleiner technischer Unterschied war schon. Zwar nix weltbewegendes aber immerhin.
Die Hoffmann Klaviere hatten ganz klassisch im Baß Stifte in der Silie um die die Saiten zu den Wirbeln umgelenkt wurden. In der Mittellage und Diskant Silie und Druckstab.
Bei den Feurich Klavieren sind im Baß und der Mittellage Agraffen für die Saitenführung, wie beim Flügel auch. Im Diskant war dann wieder Druckstab und Silie. Lies sich nicht so schön stimmen. Für nen Anfänger auf jeden Fall nicht.
Während meiner Lehrzeit 1980 - 84 Bekamen die Feurich Klaviere auch andere Hammerköpfe mit einem Mahagonikern.
Das war es dann aber auch mit den Unterschieden soweit ich mich erinnern kann.

Hoffmann und Euterpe waren zu 100% identisch. Genauso Haegele. Dann wurden auch nochmal für Tetsch und May in Emmerich und für Matthes in Stuttgart Klaviere gebaut, allerdings vor meiner Zeit.

Gruß
Martin
 
Passend zu diesem Thema habe ich zufällig ein Prospekt von W. Hoffmann / Bechstein gefunden, in dem bezüglich der Wurzeln die Firmengründung von Wilhelmine Sophia Friederike Hoffmann 1904 in Berlin angeführt wird (mit weiterer Firmengeschichte):

(Download als PDF, Fa.-Geschichte siehe Seite 11)
https://www.google.com/url?sa=t&rct...0Katalog.pdf&usg=AOvVaw3O3Oku9iEZ6e3Mhx26QPEY

Vielleicht ist das in diesem Zusammenhang ja interessant. :-)
 

Schöner Hinweis, denn auf diesem Forum ist hartnäckig von Wilhelm Hoffmann die Rede. Der Rest des Textes ist allerdings ein bisser schönfärberisch. Die Fa. ging in den 30ern pleite und wurde von dem Opernsänger und Euterpe-Fabrikanten Müller aufgekauft. Erst der hat dann nach dem Krieg die Produktion nach Langlau verlegt - "auf ein 42 000 qm großes Gelände", ja, das aber eine stillgelegte, von Bund gepachtete Muna war und von Euterpe auch nur zum Teil genutzt wurde. Vor etlichen Jahren wurde das ganze Gelände abgeräumt, sodass leider keine Klavierbauarchäologie mehr möglich ist.

Und "Im Zuge der Konzentration auf den neuen Bechstein-Manufaktur-Standort außerhalb Berlins wurde die W.Hoffmann-Fertigung 1992 nach Seifhennersdorf / Sachsen verlagert" heißt im Klartext, dass B. alle Euterpe-Mitarbeiter in Langlau gefeuert und den Maschinenpark Anfang 1993 abtransportiert hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar, ist ja auch ein Werbe- (und Produkt-) prospekt von Bechstein. ;-) [... und ich wollte auch vorrangig die Info zur Gründerin beitragen.]
Auf jeden Fall eine gute - wenn auch vielleicht zugleich desillusionierende - Ergänzung für alle Interessierten. :super:
 
Nochmal zu W. Hoffmann, Berlin:

Aus der „Zentral- und Landesbibliothek Berlin“:
Die Pianofabrik „Hoffmann, W.“ ist seit 1894 bis 1904 unter „Handel- und Gewerbetreibende“ und „Einwohner“ vermerkt, und erst von 1900 bis 1904 unter „Einwohner“ mit dem Zusatz: „Inh. Frau W. Hoffmann“.

Notiz aus der „Zeitschrift für Instrumentenbau“ vom 11. Juni 1904, S. 769:
Im Handelsregister wurde eingetragen „am 26. Mai (1904) die Firma Pianoforte- und Flügel-Fabrik W. Hoffmann“, GmbH … „Geschäftsführer ist Jakob Kölsch“.

1905 bis 1909 ist der Name „Hoffmann, W.“ in der „Zentral- und Landesbibliothek Berlin“ weder unter Handel- und Gewerbetreibende“ noch unter „Einwohner“ in der Bibliothek zu finden.
In der „Zeitschrift für Instrumentenbau“ von 1905 bis 1909 finden sich ebenfalls keinerlei Nachweise.

Erst am 21. Juli 1910, S. 1121, findet sich in der „Zeitschrift für Instrumentenbau“ folgende Notiz:
„Die Firma Pianoforte- und Flügelfabrik W. Hoffmann G.m.b.H. in Berlin ist durch Beschluß vom 27. Juni 1910 geändert in W. Hoffmann Pianos G.m.b.H. Der Kaufmann August Kreißler in Rixdorf hat Prokura erhalten“.

Aus dem Bechstein´schen W. Hoffmann – Katalog:
„W. Hoffmann – eine lange Tradition - Eine Erfolgsgeschichte mit Vergangenheit und Zukunft. Die Marke W.Hoffmann wurde schon 1904 von Wilhelmine Sophia Friederike Hoffmann in Berlin begründet“.
Zu beachten ist der Bedeutungsunterschied: „gründen“: „ein Geschäft gründen“;
„begründen“ u. a. „eine Grundlage schaffen“.

Tatsächlich, die Firma wurde 1893 gegründet, aber eben erst 1904 handelsgerichtlich eingetragen.
Offen bleibt, wer die Wilhelmine … war. Die Inhaberin der Pianofabrik Frau W. Hoffmann? Ab 1905 findet die W. (Wilhelmine …) Hoffmann keine Erwähnung mehr.

Ergänzung:
Nach der Übernahme von Euterpe durch Bechstein (1990) und der Einstellung der Produktion in Langlau wurde „W. Hoffmann“ zu einer Marke in der Bechstein-Gruppe. In den folgenden neuen Bechstein/W. Hoffmann-Katalogen, erschien aus der Unterwelt Frau Wilhelmine Sophia Friederike Hoffmann.
 
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