Genial oder banal ? Bugge Wesseltoft: "Songs"

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Liebe Jazzadepten!

Seit ein paar Monaten gibt es Bugge Wesseltofts neue CD "Songs", auf der er
Standards solo spielt. Bugge ist nicht Keith Jarrett, das ist bekannt und der Norweger
fiel bisher nicht durch Jazztraditionspflege sondern eher durch hippe Elektro-Innovationen auf.

Ich liebe die "Songs"-Platte und höre sich sehr oft. Bugge spielt die Stücke schlicht,
sehr langsam und vollkommen unvirtuos, insgesamt finde ich das Wort "intim" passend dafür.

Was mir auffällt ist: Wenn ich diese Stücke selbst nach Sheet spiele und zum Melodieton passende
Voicings nehme (wie aus Marc Levine's Buch gelernt), wenn ich ein langsames Tempo wähle und mir viel Zeit lasse, dann bin ich klanglich und technisch ziemlich nahe an Bugges Versionen dran. Das freut mich einerseits, andererseits bin ich selbstkritisch genug zu wissen, dass in Bugges Arrangements etwas mehr stecken müsste. Oder anders gesagt: Ist der Mann subtil genial oder hat er sich "nur" als erster getraut "Giant Steps" und ähnliches so reduziert und verträumt zu spielen wie auf der "Songs-Platte"?

Bugge Wesseltoft / Giant Step - YouTube

We'll Be Together Again - YouTube

Kennt jemand von den hier vertretenen Profis/Jazzpädagogen die Platte?
Würde mich sehr interessierten, was Ihr davon haltet.

Grüße

TJ
 
Da müßte eigentlich Hasenbraten was da zu sagen können - ich persönlich mag diese art von "Musik" ned. ;)

Viele Grüße

Styx
 
Hi Tastenjunkie, ich denke wir ticken da ähnlich...

als ich vor 3 Jahren anfing Klavier zu lernen, war Bugge eine Art Vorbild für Klangfarben. Ich habe ihn mehrmals live gesehen, zuletzt vor ein paar Wochen.

Mittlerweile ist sein Zauber etwas demaskiert, weil er selbstähnliche Schnittmustermuster abliefert. Daher zunehmend uninteressant wird.

Als technische Übung okay. Wenn mein KL vor der Stunde Kaffee kocht, dann ruft er aus der Küche: "verbinde mal vier Akkorde X Y Z mit einem selbst gewählten Akkord zu einem hübschen Bild."
Dann kommt sogar bei mir etwas ähnliches heraus. ( NaJa:D)

Auf Dauer langweilig, da beliebig.
Als Hintergrund "nett" zu hören. Irgendwie Bunte Luftballons.
... eher "Ambient/Chill-Out" als "Jazz".

Lieber Gruß, NewOldie
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hier wird die Enddeckung der Langsamkeit mit einer tiefschürfend daherkommenden Wellnes-Akkordik zelebriert, als hätte man die geheime Botschaft des Polarlichts entschlüsselt.
 
Wenn ich die Akkordfolgen so schön hinbekäme, dazu die Arpeggien mit Durchgangsnoten und kurzen Läufen, wäre ich mit mir sehr zufrieden.

Zum Zuhören ist es mir zu langweilig.

LG

Jazzpiano
 
Hier wird die Enddeckung der Langsamkeit mit einer tiefschürfend daherkommenden Wellnes-Akkordik zelebriert, als hätte man die geheime Botschaft des Polarlichts entschlüsselt.

Für diese Metapher hättest Du mindestens 38 Likes verdient...

Und recht hast Du auch! Ich mag die Platte trotzdem sehr, höre sie oft zum Frühstück und bereite mich damit mental auf die Härten des Alltags vor.

Empfehenswert ist sie übrigens auch aufnahmetechnisch. Man hört die Pedalgeräusche und ist mitten drin im Studioflügel....

Wellness hin oder her, aus meiner Sicht sehr empfehlenswert.

PS.: Heimlich warte ich noch auf Hasenbeins Wortbeitrag...:cool:
 
Was TEY im Pop, ist Bugge im Jazz.

Wie kann man bloß so energielos spielen...

Das hier ist auch einfach, aber überhaupt nicht verschnarcht: Keith Jarrett - My Wild Irish Rose (Transcription) - YouTube


"The Melody At Night With You" gehört seit Jahren zu meinen Top-5-Frühstücks-CDs. Schnarchig finde ich Bugge nicht, der hat eben eine andere Vision von Groove und Flow als Keith Jarrett. Aber das ist Geschmackssache...

Der Reviewer von Allaboutjazz sieht übrigens Parallelen zwischen "The Melody At Night With You" und "Songs", aber das nur nebenbei...

Und harmonisch? Macht Bugge da irgendwas besonderes? Oder doch nur gewollt sensibles Polarlichtguckergetue?
 
Ich höre eigentlich nichts, was harmonisch über Marc Levine hinausgehen würde...
Wie würde Bugge wohl mit chronischem Erschöpfungssyndrom klingen?
Bei Jarrett hatte ja sogar das noch musikalisch positive Auswirkungen: nie zuvor hatte man ihn so auf das Wesentliche beschränkt gehört.
 

Ich höre eigentlich nichts, was harmonisch über Marc Levine hinausgehen würde...

So'n Käse - a) stimmt das nicht, und b) ist "harmonisch über Mark Levine hinausgehen" oder "harmonisch nicht über Mark Levine hinausgehen" kein bißchen ein Kriterium zur Beurteilung von Musik.

Keith Jarrett spielt im übrigen auch sehr oft überhaupt keine besonderen Harmonien. Und Bill Evans spielt auf "Alone" sehr häufig ganz traditionelle Bebop-Voicings. Sagt das jetzt irgendwas über die Qualität ihrer Musik???

LG,
Hasenbein
 
Was mir auffällt ist: Wenn ich diese Stücke selbst nach Sheet spiele und zum Melodieton passende
Voicings nehme (wie aus Marc Levine's Buch gelernt), wenn ich ein langsames Tempo wähle und mir viel Zeit lasse, dann bin ich klanglich und technisch ziemlich nahe an Bugges Versionen dran. Das freut mich einerseits, andererseits bin ich selbstkritisch genug zu wissen, dass in Bugges Arrangements etwas mehr stecken müsste. Oder anders gesagt: Ist der Mann subtil genial oder hat er sich "nur" als erster getraut "Giant Steps" und ähnliches so reduziert und verträumt zu spielen wie auf der "Songs-Platte"?

Bugge Wesseltoft / Giant Step - YouTube

We'll Be Together Again - YouTube

Kennt jemand von den hier vertretenen Profis/Jazzpädagogen die Platte?
Würde mich sehr interessierten, was Ihr davon haltet.

Grüße

TJ

Ich nenne Marc Levine weil Tastenjunkie ihn erwähnte, nicht weil er "ein Kriterium zur Beurteilung von Musik" für mich darstellen würde.
 
Ich habe bei solchen Aufnahmen immer das Gefühl, dass Langsamkeit mit Tiefsinn verwechselt wird. Warum muss man aus einem Standard wie Giant Steps ein sooo gedehntes Tempo machen? Ein Pendant in Deutschland ist für mich Frank Chastenier, ein Pianist, den ich wirklich schätze aber seine bisherigen CDs unter eigenem Namen kennen auch nur ein langsames Tempo bis hin zum Stillstand und das bei seinen pianistischen Fähigkeiten. Na ja, kann und muss ja nicht Alles verstehen.
 
ah, danke für die Erinnerung, da wollte ich schon länger mal reinhören.

Mir ging es mit Bugge so: als ich ihn so gegen Ende der 1990 Jahre in Salzau hörte und und für mich entdeckte war das so was wie mein Einstieg in den skandinavischen Jazz. Er langweilte mich aber dann recht schnell (langsam, langweilig, banal?). Obwohl ich die Person und auch seine klassischen Jazz Fähigkeiten schätzte... (ich hatte in mind einer der - für mich - lengendären after show jam sessions in Salzau die Gelegenheit ihn dort zu erleben)
Als einer der auf - sehr bescheidenem Niveau - zwischen Pop (ganz okay) und Jazz (viel zu tun...) wandelte hatte ich immer den Eindruck, dass das was der Bugge da so macht wirklich banal ist und/oder vielleicht als Trance/Danceveranstaltung abseits des Mainstream ganz okay ist. Auch die p Alben mit dieser Sängerin (Sidsel irgendwas), da hörte ich auch oft das Kleingedruckte einer Nordlicht-Meditation (um das schöne Bild aufzunehmen)
Aber hier im Forum wurde ja neulich sogar Eva Cassidy bzw. der Stil als Jazz Star/Highlight gefeiert. Da musste ich schon schlucken... Wenn das nicht banal und kitschig ist... Dagegen ist Bugge jederzeit grosses Kino und Tennis in einem.

Wenn er sich jetzt mal wieder alleine am p versucht höre ich gerne mal wieder zu.

Für mich war nach Bugge dann lange E.S.T. der Massstab (CH Tastatur...). Da konnte man ja auch ab zu zu mal denken, dass die Band arg selbstverliebt oder banal agiert, die und vor allem ER hatten aber immer wieder die Kurve gekriegt. In jedem Konzert hatte man dern Eindruck, er habe 1-2 Nummern dabei mit denen er zeigen wollte, dass er es kann.
Selbst die langsamen (und auf den ersten Blick banalen) Sachen sind im Detail gut gemacht, wenn man sich mal die Mühe macht ihn wirklich 100% imitieren zu wollen. Meist sind es sehr wenig und sehr gut ausgesuchte Töne, nie banal und immer eigenständig. Toll auch die Entwicklung der Obertöne (weshalb mich das E.S.T. covern am E Piano nie interessiert hatte).

Aber zurück zu Bugge: danke für die Erinnerung
 

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