Hallo, Peter!
...es bedeutende Pianisten gibt, die auf diesem Gebiet keine Bäume ausreißen.
Innerhalb gewisser Grenzen kann wohl jeder das Improvisieren erlernen.
Um über diese Grenze hinauszugelangen, muß man zweierlei haben:
die Begabung und ein spezielles Faible für die Improvisation
(beides fehlt mir ganz und gar).
Und was die Verwendung vorgefertiger Formabschnitte,
den Vorrat an Tonsatzideen etc. betrifft:
Gilt das nicht für alle Komponisten?
Zum Glück nicht für alle - für die interessanteren zumindest nicht.
Vielleicht meinst Du etwas anderes: Komponisten haben bestimmte fixe Ideen,
Vorlieben für einen bestimmten Formverlauf, bestimmte harmonische oder melodische Wendungen,
alles, was dazu führt, die Merkmale eines Personalstils zu identifizieren.
Mit vorgefertigten Formabschnitten und einem überschaubaren Vorrat an Tonsatzideen
zu arbeiten, ist dagegen nicht ratsam, es sei denn, man sucht sein Glück in der Kulturindustrie
oder schreibt Gebrauchsmusik (zu der auch vieles aus dem Generalbaßzeitalter gehört,
nach Schema F komponierte Concerti grossi oder Triosonaten).
Den naheliegenden Einwand, daß das Arbeiten mit Versatzstücken Niveau nicht ausschließt,
erhebe ich gleich selbst: Es gibt eine Menge nach dem klassischen Songschema
verfertigter, sehr gelungener Stücke im Non-Klassik-Bereich.
Jeder hat seinen Stil, greift immer wieder auf ähnliche Motive etc. zurück.
Ich würde das deshalb nicht als "schlichte Routine" abtun.
Von bestimmten Vorlieben bis zur Routine ist es nur ein kleiner Schritt.
Ihn nicht zu gehen verlangt große Wachsamkeit.
Und es in der Improvisation zur Meisterschaft zu bringen ist - aus meiner Sicht -
nicht weniger anspruchsvoll, als etwa in der Komposition - oder wo auch immer.
Da sind wir völlig d'accord. Es gibt inspirierte und ausgefeilte Improvisationen
wie z.B. Jarretts "Köln-Konzert", die nachträglich transkribiert worden sind.
Und es gibt umgekehrt Stücke aus dem Avantgardebereich, bei denen man den Eindruck hat,
daß sie nicht unbedingt hätten notiert werden müssen - vorallem nicht so akribisch.
Herzliche Grüße,
Gomez
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