Franz Mohr - Wie genau hat er getuned?

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Elrond

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Liebe Gemeinschaft,

wie hat Franz Mohr genau die Flügel "getuned" "getrimmt" bzw reguliert? Die einschlägigen Antworten im Internet kenne ich. Gibt es hier eine/n Fachmann/frau, die erklären kann wo und wie er genau die Mechanik reguliert hat?

Beispiel: Es ist die Rede von 46g Niedergewicht und 30g Aufgewicht für Horowitz. Wie hat er das erreicht? Doch nicht durch ausbleien, also wie sonst? Die Repetierfedern, wie hat er die so "stramm" gestellt, durch austauschen oder verstellen?

Danke vorab für die Antworten
Markus
 
Hallo,
gesicherte Informationen habe ich dazu zwar nicht, aber ich spekuliere mal...

Soweit ich es irgendwo aufgeschnappt habe, war das Niedergewicht bei Horowitz in der Mittellage nicht 46, sondern sogar nur ca. 42 Gramm.

Ich glaube auch nicht, dass man sich da die Repetierfederspannung zunutze machen kann, die am Gewicht, dass auf der Taste lastet, doch gar nichts ändert?

Sondern ich würde eher tippen, dass man beim Hebelverhältnis (von immerhin gut 1 : 5 bis 1 : 6 ) ansetzt. Heisst, 1 Gramm weniger Hammergewicht bedeutet 5-6 Gramm weniger Niedergewicht und ein um ebensoviel höheres Aufgewicht. Ausgehend von den üblichen 48-49/22-24 landete man dann in der Gegend von 42/30.

Da man aber kaum ohne Klangeinbußen 1 Gramm Filz (vermute ca 2-3 ccm) abnehmen können dürfte, könnte man vielleicht versuchen, die Hammerkerne entsprechend zu erleichtern, und/oder Hämmer mit leichterem Holz bzw Filzsorten zu verwenden...?

Just my two cents - aber ich habe wie gesagt keine Ahnung, was Mohr alles getan hat. Nur, dass er beim Regulieren für Horowitz immer Angst vor dem Trommeln der Hämmer hatte, und die Filze auf dessen Wunsch immer wieder mit acetongelösten Tastenbelägen tränken musste ("make it more brilliant, Franz").

Die am Rand der Extreme regulierte Mechanik soll er jedenfalls später zum Andenken privat an sich genommen und in seinem Wohnzimmer in einer Vitrine gehabt haben.

PS: Beim Ausbleien gehen Änderungen immer zu Lasten des Gegenspielers, sprich mehr Gewicht in der Vordertaste erniedrigt nicht nur das Niedergewicht, sondern erniedrigt auch das Aufgewicht (und umgekehrt). Änderungen vom Ausbleien scheiden daher aus, wenn man wie hier nicht einen gleichsinningen, sondern einen gegenläufigen Effekt in der Änderung der Tastenschwere wünscht. Mehr Blei erhöht außerdem die Trägheit bzw verschlechtert das Repetieren (und umgekehrt)...
 
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Sondern ich würde eher tippen, dass man beim Hebelverhältnis (von immerhin gut 1 : 5 bis 1 : 6 ) ansetzt. Heisst, 1 Gramm weniger Hammergewicht bedeutet 5-6 Gramm weniger Niedergewicht und ein um ebensoviel höheres Aufgewicht. Ausgehend von den üblichen 48-49/22-24 landete man dann in der Gegend von 42/30.
Das ist ein Rechenfehler!

Wenn du beim Hammer Masse entfernst, reduziert du BEIDES, Niedergewicht und Aufgewicht. Der Hammer drückt ja hinten auf die Taste. Weniger Masse, weniger Druck, weniger Aufgewicht. (ganz analog zu deinem letzten Absatz, zusätzliches Blei macht das Gleiche. Nur erhöht es die Trägheit wegen mehr Masse)

Niedergewicht = Aufgewicht - Reibungsverluste

Stell dir vor, du nimmst noch ein Gramm weg. Dann hast du 36/36; keine Reibung mehr. Das kann es also nicht sein.
 
Da hast Du recht, habe mich leider getäuscht. Denn der Effekt der Gleichsinnigkeit muss natürlich auch für die Hintertaste gelten (weshalb auch der Einfluss einer eventuellen Hebegliedtragfeder dort ausscheidet). Das alles kann also Mohrs Trick nicht gewesen sein. (War leider müde wegen Nachtdienst...)
 
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Evtl. hat er die Position der Stoßzunge so weit nach vorne gebracht, dass sie nicht unter dem Röllchen stehen, sondern vorne an der "Kante" (die ja eigentlich eine Rundung ist)?
 
... jedenfalls haben alle die, die Horos Spezialauswiegung machten, nutzten, zahlten etc., hingenommen, dass diese Grenzgängerei alle kurze naselang nachgefittet werden musste - wegen technischer Fragilität...
Und Horowitz solle nur Mohrs Franz drangelassen haben.

Die ständige bzw. allekurzenaselange Anwesenheit von Franz Mohr wurde auch noch "umgenutzt": indem er beim Konzert auf den Koffer mit Barem aufpassen musste, denn Horowitz solle nur nach Vorkasse gespielt haben. Was so all die Stories sind ... aus einem konzertanten Leben.

Das Buch von Franz Mohr ist zu Teilen saftiger Lesestoff. Habe es mit Genuss "verspeiset". Und nun ja - was so alles in Büchern steht - ob es auch immer wahr ist?

Und wo die Frage direkt auf "wie hat er getunt"... ging - vermutlich nach A = 443 Hz ... oder nahe dran.
 
Evtl. hat er die Position der Stoßzunge so weit nach vorne gebracht, dass sie nicht unter dem Röllchen stehen, sondern vorne an der "Kante" (die ja eigentlich eine Rundung ist)?

Damit bekommst kein krachendes Fortissimo hin, bei dem eine Baßsaite durch ihre Amplitude kurz dem Dämpferdraht "Guten Tag" sagen kann.
 
Ich habe noch etwas in einem amerikanischen Forum für Klaviertechniker gefunden, dort ist ebenfalls von etwa 46g Niedergewicht die Rede, das Aufgewicht wird nicht beziffert.

Interessanter noch ist der kurze Bericht eines Technikers im Ruhestand, der 1989 an einem Seminar teilgenommen hat, in dem Horowitz ehemaliger Flügel zur Begutachtung bei einer Weiterbildung bereitstand. Die Steighöhe habe nur rund 42mm betragen und der Tastentiefgang bei nur ca 9,2 mm gelegen. Der Fang sei extrem hoch eingestellt gewesen, die Federn eher nur normal bis schwach, die Dämpfung extrem spät, Auslösung und Abnicken extrem nah an der Saite und die Stoßzungen näher an der Kante zum Spieler hin. Die Hämmer deutlich leichter, die Ausbleiung unverändert (also eben keine "Spezialauswiegung") und der Stegdruck sei in den beiden mittleren Oktaven kaum noch vorhanden, ansonsten aber normal gewesen...
 
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Nur, dass er beim Regulieren für Horowitz immer Angst vor dem Trommeln der Hämmer hatte, und die Filze auf dessen Wunsch immer wieder mit acetongelösten Tastenbelägen tränken musste ("make it more brilliant, Franz").

Ich glaube, da ist irgendwo etwas beim "Stille-Post-Spielchen" unter die Räder gekommen.

Dass Horowitz Angst vor trommelnden Hämmern (wie Gould sie teilweise perverserweise geliebt hat) hatte, halte ich für eine Urban Legend, die ich hier zu ersten Mal lese. Überliefert hingegen ist sein unerbittliches Drängen auf Tränken der Hämmer mit Härtern während seiner Golden Jubilee Saison 1978, in der er das Rachmaninoff 3. Klavierkonzert mehrfach spielte - und seine Angst war, dass er mit einem "normal" intonierten Flügel nicht gegen das Orchester ankommen würde.

Mohr hat alles versucht, ihm vom Gegenteil zu überzeugen, also dass die Elastizität im Hammer ihm ein größeres dynamischeres und klangliches Spektrum bringen würde, ohne Erfolg. Das Ergebnis sind Aufnahmen aus dieser Saison, die einen extrem schrillen, aber nicht wirklich dynamischen Flügel hören lassen.

Allerdings war dies auch nicht sein Privatflügel sondern ein Gestellungsinstrument vom Steinway C&A department, was man an der unterschiedlichen Tastaturklappe sehen kann, deren Emblem es nur bei C&A Flügeln gab.
 
Interessanter noch ist der kurze Bericht eines Technikers im Ruhestand, der 1989 an einem Seminar teilgenommen hat, in dem Horowitz ehemaliger Flügel zur Begutachtung bei einer Weiterbildung bereitstand.

Ob das dann auch tatsächlich der Flügel war, den er in den letzten Konzerten spielte, also auch in diesem Zustand, noch nicht durch die Aufarbeitung in der Fabrik normiert?

Es gibt hier in der Nähe von Wien einen Techniker, der den Flügel betreut hat, als Horowitz nach dem offiziellen Konzert im Musikverein noch ein weiteres Privatkonzert spielte, bei dem Franz Mohr allerdings schon wieder auf dem Weg nach New York war.

Aus eigener Erfahrung kann ich leider sagen, dass dieser Mensch zwar alle Details der Regulierung erfasst hat, aber es aussichtslos ist, diese Details von ihm zu erfahren.
 

von etwa 46g Niedergewicht die Rede, das Aufgewicht wird nicht beziffert.
Naja, das ergibt sich implizit. Generell bemüht man sich, das Aufgewicht bei gegebenem Niedergewicht so hoch wie möglich zu haben (der Pianist möchte möglichst schnelle Repetition), und natürlich gleichmäßig über die Klaviatur - möglichst unter 2g Unterschied zwischen zwei nebeneinanderliegenden Tasten. Bei einer Mechanik in gutem Zustand (gut geschmiert, nichts klemmt, ... aber auch nichts zu locker) liegt das Aufgewicht 20 bis 25g unter dem Niedergewicht. Viel höher geht es nicht, und wenn das Aufgewicht deutlich drunter liegt, muss man auf die Suche nach den Reibungsverlusten gehen.
 
Sind das eigentlich für irgendetwas handlungsauslösende Informationen?

Was habe ich davon wenn ich weiß, wie jemand anders sein Instrument gerne eingestellt hatte?
 
Sind das eigentlich für irgendetwas handlungsauslösende Informationen?
Müssen die Informationen denn handlungsauslösend sein? Man kann sich doch einfach so dafür interessieren. Andere Leute wollen wissen, wieviel PS dieses oder jenes Auto hat, ohne es jemals zu fahren.
Ich würde sogar sagen, der meiste Informationsaustausch führt nicht zu Handlungen.

Was habe ich davon wenn ich weiß, wie jemand anders sein Instrument gerne eingestellt hatte?
Die Freude daran, es zu wissen.
Oder, wenn du schon eine Handlung willst, die Möglichkeit, das eigene Instrument auch so einzustellen und es auszuprobieren.
 
Ob das dann auch tatsächlich der Flügel war, den er in den letzten Konzerten spielte, also auch in diesem Zustand, noch nicht durch die Aufarbeitung in der Fabrik normiert?
Es war zumindest einer davon. (Von angeblich sechs Flügeln, die Horowitz im Laufe seines Lebens regelmäßig spielte, von denen ihm aber nur zwei gehörten, bzw. die er geschenkt bekommen hatte. Die anderen waren Leihgaben). Allerdings waren die unteren Oktaven dieses Exemplars in der Tat schon zuvor "renormiert" worden.

Die obigen Angaben betrafen daher die fünfte Oktave aufwärts, (die in diesem und den folgenden Seminaren dann peu a peu ebenso zurückreguliert werden sollten). Sprich, es muss eine der Firmen-Leihgaben für Touren und Konzerte gewesen sein, und nicht sein Privatinstrument aus dem Wohnzimmer (das Mohr übrigens jeden Monat stimmen kam).
Ich glaube, da ist irgendwo etwas beim "Stille-Post-Spielchen" unter die Räder gekommen.

Dass Horowitz Angst vor trommelnden Hämmern (wie Gould sie teilweise perverserweise geliebt hat) hatte, halte ich für eine Urban Legend, die ich hier zu ersten Mal lese
Und ich glaube, da ist irgendwo bei Dir was unter die Räder gekommen. Wer lesen kann ist jedenfalls klar im Vorteil: doch nicht Horowitz hatte davor Angst, sondern Mohr! Weil Horowitz ihn einerseits zu extremen Regulierungen nötigte, aber andererseits selbstverständlich erwartete, dass der Flügel dennoch selbst extremste Anschläge störungsfrei in Klang umsetzte.


Naja, das ergibt sich implizit.
Hm, gut, aber wenn es 46g Niedergewicht waren, dann wären demzufolge nur 21g bis 26g Aufgewicht möglich. Bzw. für die angeblichen 30g ergäben sich implizit mindestens 50g bis 55g Niedergewicht. Weil die aber nicht zum angeblich besonders niedrigen Spielgewicht passen, wäre eine genauere Spezifikation des Aufgewichts schon interessant gewesen. So bleibt es leider unstimmig.
 
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"Was habe ich davon wenn ich weiß, wie jemand anders sein Instrument gerne eingestellt hatte?"

Die Freude daran, es zu wissen.
Oder, wenn du schon eine Handlung willst, die Möglichkeit, das eigene Instrument auch so einzustellen und es auszuprobieren.
Ja, genau, und es erlaubt Verständnis dafür zu entwickeln, wie man was beim Regulieren erreichen kann und was nicht. Kann Freude machen oder auch nützlich sein, z.B. wenn man sich selber daran versuchen möchte, oder eine Standard-Regulierung feiner auf die eigenen Vorlieben abstimmen möchte, oder abstimmen lassen möchte, und das dann besser dem Techniker kommunizieren kann...
 
Aus eigener Erfahrung kann ich leider sagen, dass dieser Mensch zwar alle Details der Regulierung erfasst hat, aber es aussichtslos ist, diese Details von ihm zu erfahren
Warum, ist er ein Geheimniskrämer, oder vielleicht inzwischen erkrankt oder verstorben?
 
Sprich, es muss eine der Firmen-Leihgaben für Touren und Konzerte gewesen sein, und nicht sein Privatinstrument aus dem Wohnzimmer (das Mohr übrigens jeden Monat stimmen kam).

Sämtliche Konzerte in seinen letzten 4 Lebensjahren hat er auf seinem Wohnzimmerinstrument gespielt.

Das ist auch der Flügel, der dann im Hamburg komplett neu aufgebaut wurde, um dann als Horowitz-Flügel auf Tournee zu gehen.
 
Hm, gut, aber wenn es 46g Niedergewicht waren, dann wären demzufolge nur 21g bis 26g Aufgewicht möglich. Bzw. für die angeblichen 30g ergäben sich implizit mindestens 50g bis 55g Niedergewicht. Weil die aber nicht zum angeblich besonders niedrigen Spielgewicht passen, wäre eine genauere Spezifikation des Aufgewichts schon interessant gewesen. So bleibt es leider unstimmig.
Ich habe geschrieben:
Bei einer Mechanik in gutem Zustand (gut geschmiert, nichts klemmt, ... aber auch nichts zu locker) liegt das Aufgewicht 20 bis 25g unter dem Niedergewicht. Viel höher geht es nicht
"in gutem Zustand" ist noch nicht perfekt. Ein bisschen höher geht es schon. Wenn man viel Aufwand reinsteckt und da und dort noch optimiert, abschleift, besser schmiert,... gehen sich eventuell noch ein paar Gramm aus. Die Spezifikation ist wohl: "so viel wie sinnvoll möglich"
 

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