Fehlt manchen Menschen die Entdeckerfreude?

Aleko

Aleko

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Ich habe eine Beobachtung gemacht und möchte eure Meinung dazu erfahren.

Ich habe eine Bekannte, mit der ich paar mal bezüglich Musik ins Gespräch kam. Es war eigentlich harmlos, ich habe ihr paar Youtube-Links gemailt mit den Stücken, die mich beeindrucken, sie hat sie sich angehört und fand sie gut. Hier möchte ich ausdrücklich betonen, dass sie sie wirklich gut fand, sonst hätte sie das nicht gesagt (sie gehört zum Menschentypen, der bei so etwas nicht lügen kann).

Dann hatte ich vor mit anderen Leuten ein Konzert zu besuchen und habe ihr vorgeschlagen sich uns anzuschließen. Sie war absolut begeistert und hat sich mehrmals bedankt. Das Konzert fand sie grandios und hat sowohl während der Pause als auch nach dem Konzert mehrmals über Gänsehaut und alles was dazugehört berichtet. Das glaube ich ihr auch bedingungslos.

Nun komme ich zu meiner eigentlichen Beobachtung und Frage. Sie ist nicht im Geringsten musikinteressiert geworden. Kein bisschen haben sie diese Stücke und der Konzertbesuch neugierig gemacht und dazu verleitet, dass sie selbst aus reiner Neugier und Entdeckerfreude irgendwas recherchiert, irgendwas über die Komponisten liest, vielleicht auf andere Stücke aufmerksam wird etcpp.

Diese Bekannte ist nur ein Beispiel. Ich beobachte das die ganze Zeit in meiner Umgebung. Es hat auch nicht unbedingt etwas mit Musik zu tun, wenn ich z.B. ins Kino gehe und mich dort ein Film beeindruckt dann komme ich nach Hause und gebe zumindest den Filmtitel und den Regisseur in google ein und lese, was für Filme er noch gemacht hat, was halten andere Menschen davon etcpp.

Warum ist es bei so vielen Menschen anders, obwohl sie emotional mitgenommen werden und auch tatsächlich Gänsehaut während eines Konzerts haben, verspüren aber trotzdem nicht das Verlangen am nächsten Tag irgendwas zu unternehmen um sich zumindest an den schönen Konzertbesuch zu erinnern? Die Sache scheint für sie nach dem Hören eines Musikstücks gegessen und abgehackt zu sein.

Gruß
 
Warum ist es bei so vielen Menschen anders, obwohl sie emotional mitgenommen werden und auch tatsächlich Gänsehaut während eines Konzerts haben, verspüren aber trotzdem nicht das Verlangen am nächsten Tag irgendwas zu unternehmen um sich zumindest an den schönen Konzertbesuch zu erinnern? Die Sache scheint für sie nach dem Hören eines Musikstücks gegessen und abgehackt zu sein.

Ich glaube, der richtige Adressat für diese Frage wäre wohl sie selber...

"Jede´ Jeck is´ anders!" ( Kölner Leitspruch)
CW
 
Entdeckerfreude braucht Freiraum. Wer gestresst oder müde oder einfach faul ist, kann das nicht entwickeln. Entdecken ist für manche Arbeit, für andere Vergnügen.
 
Die Saat sprießt übers Jahr.
 
Das hat sicher auch etwas mit der "Spaßgesellschaftsmentalität" bestimmter Altersgruppen zu tun. Alles vorgesetzt bekommen... wenig bis keine Eigeninitiative.... Auch nie "gelernt" , den "Spaß" auch aus solchen Aktivitäten , wie den von Aleko genannten, zu gewinnen.... undundund......
 
Also ich kenne eher Menschen die mehr Interessen als Zeit haben. Es gibt so wahnsinnig viel Interessantes auf der Welt, da muss man sich halt auf das beschränken was einem wirklich wichtig ist. Und das variiert halt bei den Menschen. Ich sehe da keinen Anlass ein grundsätzliches Defizit zu attestieren.
 
@Die Sache scheint für sie nach dem Hören eines Musikstücks gegessen und abgehackt zu sein.

Hallo, Aleko,

das beobachte ich aus sehr oft. A b e r --- es nur sind Beobachtungen.
Sicherlich Spaßgesellschaft bzw. Eventkarawane ... stimmt schon -

Trotzdem entsprechen Vermutungen oft nicht dem, was man durch Vermutungen ausdrückt -

Hast Du mit ihr gesprochen, Aleko? Hat sie persönlich am nächsten Tag zu Dir gesagt, daß der Abend für sie - peng.aus - mit samt der Gänsehaut verflogen war, abgehakt ist? Wenn dem so wäre, ist es eben so. Das heißt trotzdem noch nicht, daß sie grundsätzlich nur an der Eventgesellschaft interessiert ist. So schnell schert man aus der Karawane nicht aus. Vielleicht hat sie ein anderes Interesse, daß ihre Aufmerksamkeit fesselt und da auf der Suche ist.

Und warum ist sie mitgegangen? Wegen Dir, weil Du so nett warst - gut, dann muß es doch ein Interesse geben.

Wenn die Gänsehaut echt war, wird sie sich wieder erinnern in irgendeinem Zusammenhang, vielleicht in einem ganz anderen .... manchmal setzt die Wirkung erst später ein. Es mag auch nicht jeder über seine Gedankenwege sprechen. Ein Menschenkind trägt viele Dinge und Fragezeichen in sich.

Allzuoft habe ich mich schon getäuscht und war dann überrrascht, als ich von der Person(en) erfuhr, daß alles doch ganz anders war und ist, als ich es verlautbaren ließ.

Vorsichtig wollt ich mal antippen.

lieber Gruß
Kulimanauke
 
Fehlt dem Menschen die Entdeckerfreude?

Ich denke gerade noch einmal darüber nach. Nein, dem Menschen fehlt die Entdeckerfreude nicht - im Gegenteil, wo wären wir heute und wer weiß, wo wir morgen sein werden, wenn dem Menschen die Entdeckerfreude fehlen würde. Aber diese ganze Entdeckerei hat auch ihre Nachteile -

Wenn man von Montag früh bis Freitag/Samstag abend (oder die Schichtarbeiter) beruflich unterwegs sein muß - eben wegen "der Entdeckerfreude", kann sie umschlagen in Unlust, ungerne sich mit Dingen privat zu beschäftigen, die Inhalt und Zeit beanspruchen.

Und es gab und gibt immer Menschen, die nicht in die Bücher schauen, desinteressiert sind ......
und ich sehe auch, wieviele Menschen kreativ sind, die vielen kleinen Künstler in nur einem einzigen kleinen Ort. Und wie viele Menschen lesen in der Bahn, ...

Nun das private wissenschaftliche Forschen, das waren doch immer nur wenige ...

Nein, dem Menschen fehlt heute nicht die Entdeckerfreude. Das ist noch viel mehr geworden, weil es noch viel mehr Angebote und Möglichkeiten gibt - aber jeder auf seine Art.

Kulimanauke
 
Ich möchte außerdem zu bedenken geben, daß für SEHR viele Menschen Begeisterung, Gänsehaut, emotionale Involvierung etc. NICHT zusammenpaßt mit Wissen, Sich-Informieren etc.

Im Gegenteil: Man hat eher Angst, durch Wissen, Analyse etc. das Geheimnisvolle der Sache zu zerstören.

Das heißt, das Letzte, was so einem Menschen nach einem tollen Erlebnis einfällt, ist, mehr darüber wissen zu wollen; vielmehr wird er bemüht sein, bis zum nächsten Mal das Mysterium zu bewahren, damit es ihn wieder genau so überraschen und unverhofft begeistern kann.

Wir sehen das doch auch z.B. bei den ganzen Pop/Rock-Hörern! Die haben ihre Lieblingsbands oder Lieblingsinterpreten, die finden sie ganz toll und hotten dazu ab bzw. träumen dazu rum, aber Wissen dazu haben wollen die in der Regel auf keinen Fall, denn dann müßte man ja erkennen, daß der ach so tolle Star auch nichts Neues macht und es Bessere gibt etc. pp., was zukünftige Enthusiasmus-Zustände weniger wahrscheinlich machen würde.

LG,
Hasenbein
 
Nun komme ich zu meiner eigentlichen Beobachtung und Frage. Sie ist nicht im Geringsten musikinteressiert geworden. Kein bisschen haben sie diese Stücke und der Konzertbesuch neugierig gemacht und dazu verleitet, dass sie selbst aus reiner Neugier und Entdeckerfreude irgendwas recherchiert, irgendwas über die Komponisten liest, vielleicht auf andere Stücke aufmerksam wird etcpp.
der Vergleich mag gewaltig hinken, aber dennoch: schmeckt es mir in einem Restaurant ganz besonders gut, so freut mich das während des Essens, aber ich komme nicht auf die Idee, die gesamten Speisekarte abzuklopfen oder mir die Rezepte geben zu lassen -- möglicherweise geht es deiner Bekannten mit dem Konzert ähnlich. Niemand muss nach dem anhören von Musik vehement recherchieren, denn Wohlgefallen kann auch spontan aber folgenlos sein - es kann so sein, es muss aber nicht so sein. Diese Freiheit, zu entscheiden, ob Wohlgefallen auch zu weiterem Interesse führt oder nicht, hat jeder - und es gibt meiner Ansicht nach keinen zwingenden Grund, das gar zu kritisch zu befragen.
 
Hallo Aleko,

du hast schon viele gute Antworten auf deine Frage bekommen und ich kann dem nur hinzufügen, dass ich an deiner Stelle deiner Bekannten nicht generell die Entdeckungsfreude absprechen würde.

Wie bereits gesagt wurde, gibt es in der heutigen Zeit unzählige Gebiete, auf denen man die eigene Wissbegier sowie das eigene Recherchierverlangen ausleben kann! Bei deiner Bekannten zählt dann die Musik offenbar einfach nicht zu den Gebieten, die sie eingehender ergründen will.

Zu Rolfs lustigem Vergleich mit dem Restaurant und der Speisekarte kann ich einen ebenfalls hinkenden hinzufügen:

Nicht jeder Mensch der sich für das Fahren schneller Sportwagen begeistern kann fühlt sich infolgedessen getrieben, die Motorhaube aufzureißen oder das gesamte KFZ zu zerlegen, um nachzuvollziehen, warum es dieser Kiste möglich ist, einen solch heißen Reifen zu fahren!:D

LG

Debbie digitalis
 

der Vergleich mag gewaltig hinken, aber dennoch: schmeckt es mir in einem Restaurant ganz besonders gut, so freut mich das während des Essens, aber ich komme nicht auf die Idee, die gesamten Speisekarte abzuklopfen oder mir die Rezepte geben zu lassen -- möglicherweise geht es deiner Bekannten mit dem Konzert ähnlich. Niemand muss nach dem anhören von Musik vehement recherchieren, denn Wohlgefallen kann auch spontan aber folgenlos sein - es kann so sein, es muss aber nicht so sein. Diese Freiheit, zu entscheiden, ob Wohlgefallen auch zu weiterem Interesse führt oder nicht, hat jeder - und es gibt meiner Ansicht nach keinen zwingenden Grund, das gar zu kritisch zu befragen.


Ich finde nicht, dass der Vergleich hinkt. Man sieht eben nicht immer nach außen, ob etwas berührt und wie es berührt hat. Eine solche Erfahrung wird jedenfalls nicht folgenlos sein, aber wie die Folgen aussehen, kann äußerst unterschiedlich sein.

Liebe Grüße

chiarina
 
Man sieht eben nicht immer nach außen, ob etwas berührt und wie es berührt hat. Eine solche Erfahrung wird jedenfalls nicht folgenlos sein, aber wie die Folgen aussehen, kann äußerst unterschiedlich sein.
chiarina

Oder anders herum ausgedrückt:

Wenn ich großer und aufrichtiger Bewunderer von Leonardo da Vinci im allgemeinen und des Bildnisses der Mona Lisa im besonderen bin, dann muss dies nicht zwangsläufig dazu führen, dass ich spontan die nächste VHS ansteuere und mich dort zum nächstmöglichen Malkurs mit Schwerpunkt auf künstlerischem Portraitstudium anmelde!:D

LG

Debbie digitalis
 
Vielleicht ist die Betreffende mit ihrem Leben so zufrieden, dass es ihr nicht danach verlangt, zusätzlich zu dem vorhandenen Glück noch weitere Dauerglücksbringer an Land zu ziehen. Gelegentliche, schöne I-Tüpfelchen dagegen sind abwechslungsreich, machen das Leben farbenreich und sind immer willkommen.
So schön eine Sache auch ist, wenn sie einem neu und unbekannt ist, oder man eben nicht nah genug "dran" ist, ist die Schwelle, sich intensiver damit zu beschäftigen, hoch. Denn das kostet trotz der Schönheit der Sache Überwindung und Kraft, gerade, wenn es sich um eine so riesige, schwer greifbare Masse wie die Klassik handelt.
Ich wüsste jedenfalls nicht, wo oder wie ich da anfangen sollte.
Ein Konzert schön zu finden heißt auch noch nicht, zum Dauerklassikhörer zu werden.

Vergleichbar wäre das möglicherweise auch mit gewissen Urlaubserlebnissen - man isst dort ungewöhnliche Dinge und macht (z.B. sportliche) Sachen, die man sonst nie tut und hat viel Spaß.
Aber auf die Idee, dass man ja regelmäßig Ballonfliegen, Tropfsteinhöhlen erkunden, im Zelt schlafen oder Austern essen möchte, kommen dann doch eher die wenigsten.
 
Wenn ich großer und aufrichtiger Bewunderer von Leonardo da Vinci im allgemeinen und des Bildnisses der Mona Lisa im besonderen bin, dann muss dies nicht zwangsläufig dazu führen, dass ich spontan die nächste VHS ansteuere und mich dort zum nächstmöglichen Malkurs mit Schwerpunkt auf künstlerischem Portraitstudium anmelde!:D

Ich denke, Aleko geht es mehr darum, dass man sich Informationen zu einem Thema beschafft, nicht dass man selbst aktiv das Betreffende ausübt. Wenn ich also da Vinci bewundere, kann ich mir in der Bibliothek ein Buch über ihn holen - ich muss ja nicht gleich selbst zum Pinsel greifen ;)

Mir geht es meistens auch so, dass ich MEHR wissen will, wenn mir etwas gefallen hat. Heute ist das so viel einfacher geworden: ab ins Internet! :D Ich habe schon Infos im Netz gefunden, die ich früher (vor Jahren) lange vergeblich gesucht habe...

Lg, Nessie
 
Nicht jeder Mensch der sich für das Fahren schneller Sportwagen begeistern kann fühlt sich infolgedessen getrieben, die Motorhaube aufzureißen oder das gesamte KFZ zu zerlegen, um nachzuvollziehen, warum es dieser Kiste möglich ist, einen solch heißen Reifen zu fahren!:D

LG

Debbie digitalis

Naja gut, keiner verlangt von ihr ja die Funktionsanalyse des Stücks (was dem KFZ-Zerlegen gleichzusetzen wäre) aber auch beim Sportwagen würde es mich sehr reizen mich umzuschauen, welche Sportwagen es noch so gibt, wie sie sich fahren etcpp.
Ich glaube eigentlich, dass gubu mit fisherman am meisten Recht haben und es ist das Zusammenspiel der beiden erwähnten Aspekte.

Aber danke euch für das Feedback, vielleicht ist es ja auch alles tatsächlich vollkommen in Ordnung,
und ich hacke dann auch lieber nicht mehr an der Frau herum :)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Aber, aber! An einer Frau hackt man(n) doch nicht herum !!!!
 
Ich glaube eigentlich, dass gubu mit fisherman am meisten Recht haben und es ist das Zusammenspiel der beiden erwähnten Aspekte.
ICH glaube das nicht. Vielmehr sind hier von allen Seiten sehr geistreiche und anregende Antworten und Ideen gekommen, die IN DER SUMME das Thema bestens durchleuchten. So gerne ich mich herausstellen lasse: Hier bitte nicht! ;-)
 
Ich denke, Aleko geht es mehr darum, dass man sich Informationen zu einem Thema beschafft, nicht dass man selbst aktiv das Betreffende ausübt....

Mir geht es meistens auch so, dass ich MEHR wissen will, wenn mir etwas gefallen hat. Heute ist das so viel einfacher geworden: ab ins Internet! :D

Hallo Nessie,

recht hast du! Auch ich nutze diese Möglichkeit täglich, weil es täglich Dinge gibt, die ich genauer oder besser wissen will!

Allerdings sollte man dabei die dieser Methode innewohnende Gefahr nicht verkennen:
Nichts ist trügerischer und gefährlicher als vermeintliches Wissen, in der Umgangssprache "Halbwissen" genannt, in Wahrheit häufig mehr "halb" als "Wissen"....

Nicht alles, was sich ungestraft ins Netz stellen lässt ist nämlich auch im Minimum zur Hälfte wahr!
(Aber der Begriff der Wahrheit ist ein ganz anderes Thema und wahrlich ein weites Feld!:D:D)

LG

Debbie digitalis
 

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