Fähigkeit zur Erkennung von Fehler-Typ/-Ursache

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Bernhard Hiller

Bernhard Hiller

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28. Aug. 2013
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Als Lernende machen wir immer wieder mal allerhand Fehler. Aus verschiedenen Ursachen - aus Lampenfieber mal die falsche Taste getroffen, ein andermal kommen die Finger nicht hinterher, dann hat mal ne falsche Klang-/Rhythmus-Vorstellung, mal ne Note falsch gelesen und eingeübt, ...
In wie weit soll ein Klavierlehrer in der Lage sein, diese Typen zu unterscheiden, und wie sieht die Unterrichts-Wirklichkeit aus?

Aus dem Thread über Barenboims "falschen Ton" möchte ich ein Zitat hierfür anführen:
"Sie haben da einen falschen Ton gespielt". Ich so... ja... ich weiß... nicht nur einen... und überlegte, ob er sich wohl über mich lustig machen wolle?
Nein, er wies mich auf einen Ton auf der ersten Seite hin, ...

Damals war ich erstaunt, dass er so treffsicher den Unterschied zwischen einer falsch "gelesenen" (bzw. eben bewusst gespielten) Note und denen, die mangels Können oder aus der Situation heraus falsch waren, unterscheiden konnte.

Diese Fähigkeit könnte also eher etwas Besonderes sein.
Wie seht ihr das?
 
Ich versuche mal zu erlkären, wie und woran man diese "Qualität" bzw. "Eigenschaft" eines falschen Tones erkennt.
Wobei mir noch ein Zitat von Feuchtwanger einfällt, was er bei besagtem Kurs, aber bestimmt auch sonst noch öfter gesagt hat: "Ein schöner falscher Ton ist mir lieber, als ein hässlicher richtiger".

Das, was er daran lieber mag ist dasselbe wie die Eigenschaft, an der er meinen einen "falschen Ton" identifiziert hat: Die gehörte absichtsvolle, planvolle Handlung im Anschlag.
Wenn ich einen Ton, von dessen Richtigkeit ich überzeugt bin und den ich genau kenne, anschlage, drücke ich nicht nur die Taste. Ich plane Dynamik, Agogik und den Zusammenhang zu vorher und hinterner. Im Prinzip das hier aus meinem Übetipp-Faden:
Übetipp #3:

Nehmt euch eine Zeile eines Stückes vor und denkt über den Sinn jeder einzelnen Note (!) nach. Warum steht sie da und was folgt daraus für die musikalische Gestaltung? Achtet auf LH, RH, Mittelstimmen, Synkopen, Auftakte, Vorhalte, Leittöne und Pausen.
Man kann bei entsprechender Erfahrung hören, ob ein einzelner Ton diese Qualität hat, oder nicht. Hat er sie, würde ich beim Schüler nachfragen, ob ihm bekannt ist, dass er einen falschen Ton gespielt hat. Es kann natürlich auch sein, dass ihm das bewusst ist, er aber nicht korrigiert und auch die Spielhandlung nicht abgebrochen hat. Das ist aber eher selten, normalerweise zuckt der beim falschen To sofort, lässt die Taste los, sucht den richtigen Ton etc.

Ein falscher Ton zeichnet sich manchmal dadurch aus, dass er nur mit halber Überzeugung gespielt wird, weil einem das Hirn schon kurz vorher sagt, dass hier etwas nicht stimmt. Vielleicht kann es sich zwischen zwei Tasten nicht entscheiden oder verlässt sich auf die (etwas ungenaue) Motorik, oder es lässt einen absichtlich den falschen Ton spielen, um diesen für's nächste Mal wirklich auszuschließen etc.

Auch an der Hand- und Körperbewegung kann man falsche Töne manchmal erkennen. Wenn es z.B. technisch hakelig wird (bspw. Coda 1. Ballade) und man Arm-Schulter-Rücken-Hals ansieht, dass alles wirkt wie in Beton gegossen (und darum nicht wirklich spielfähig ist), wird es für den Pianisten schwer und automatisch fehlerhaft. Hier nach falschen Tönen zu fragen wäre lachhaft, weil das dem Spieler selber klar ist.
 
Ich hatte bislang drei Lehrer. Die erste ist mir damit auf den Geist gegangen, dass sie mir die Fehler aufzählte, die mir selbst aufgefallen waren. Ich habe mich dann immer bemüht ihr zuvor zu kommen. Hilfestellung die Fehler zu korrigieren, hatte sie entweder nicht oder ich konnte sie nicht umsetzten, einige davon waren sogar kontraproduktiv.
Der zweite Lehrer, bei dem ich nur sehr kurz war, hat komplett an meiner Realität vorbei unterrichtet. Bei dem war gut, wenn ich meinen Blick auf die Noten gerichtet hatte. Das ich trotzdem nicht mitgelesen habe, weil ich das gar nicht konnte, hat der nicht gemerkt und nicht einmal geglaubt, als ich es ihm gesagt habe.
Und erst mein letzter Lehrer, der formal am wenigsten qualifiziert war, hat zielsicher angesprochen, wo es hakte und mir da auch wirklich weiter geholfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Fähigkeit könnte also eher etwas Besonderes sein.
Wie seht ihr das?

Lieber Bernhard Hiller,

Lehrer sollten solche Fähigkeiten haben, weil sie sie benötigen. Sie müssen unterscheiden können zwischen Verspielern und Lese- oder Verständnisfehlern, müssen aber auch unterscheiden können, ob der Verspieler ein einmaliger Fehler war oder ob dieser dem Schüler beim Üben häufiger passiert. Dies ist wichtig, um den Unterricht effektiv zu gestalten und den Schüler da weiter zu bringen, wo es noch hakt.

Wenn man sich nicht sicher ist, fragt man einfach. :003:

Liebe Grüße

chiarina
 

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