Drehpunktakkorde

W

Wu Wei

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Hallo Fred,

hier nochmal mein Versuch, die Akkorde deiner Quizfrage zu analysieren. Bitte sei so freundlich und wiederhole deinen Kommentar. Ich war einfach zu langsam, und dann schlug das Schwarze Loch zu. Vor allem die Sache mit dem verkürzten Akkord ohne Grundton ist mir nicht mehr voll erinnerlich.

Modulation.jpg

Ach du dickes Ei :confused: – die Grafiken gingen aber auch schon mal schöner einzubinden. Naja, Klick vergrößert.
 
Der erste sieht ok aus. Der Halb-verminderte ist korrekt, wobei man den auch umdeuten könnt. Umdeutungen gibts für jeden Akkord in dem Beispiel in Massen, wenn man gerade die alterierten und exoterischen Skalen betrachtet. Der B-b5/b13 ist glaube ich nicht korrekt. Moll-Septakkorde alteriert man nur sehr selten. b5 würde ja noch gehen aber die b13? Das ist ein G7, normaler Dominant-Akkord in C-Dur. Also: Cm7 nach G7. Der nächste ist glaube ich ziemlich chromatisch erklärbar. Sieht zwar nach B aus, könnt aber widerrum vieles sein. Der nächste ist ein Fismaj7 mit einer hohen 5. Wobei ich an der Stelle Pause machen muss, bin eigentlich in der Ausbildung und müsst arbeiten. :-)

Bin aber gespannt auf Freds Auflösung. Drehpunktmodulationen beschreiben doch den schnellen wechsel von Dur auf Moll auf dem selben Grundton?
 
Hallo Wu Wei.
Schön, dass Du das Thema nochmals belebst.

Also, zunächst etwas Prinzipielles: Chordsymbols schreibt man immer über das entsprechende Notensystem und nicht darunter.

Zu den von Dir vorgeschlagenen Changes ist folgendes zu sagen:

1.) Der 3. Akkord hat Dominantfunktion in Bezug auf den darauffolgenden. Es ist somit der Dominantstellvertreter auf der VII Stufe der C Harmonisch Moll Tonleiter und heißt?

2.) Der 5. Akkord ist nun der gesuchte Drehpunktakkord. Deine Bezeichnung ist zwar nicht gänzlich falsch, richtig ist sie aber auch nicht. Stell' Dir vor, wenn Du diesen Akkord als B-7b5/b13 bezeichnen würdest, hättest Du ja die Tension b13 im Bass. Tensions sind prinzipiell nie im Bass und wenn doch, dann wird der gesamte Akkord umbenannt. Du musst Dir also eine andere Bezeichnung für diesen Akkord einfallen lassen und dazu die harmonischen Funktionen, die dieser Akkord hinsichtlich der vorausgegangen und kommenden Tonart hat.

3.) Der 6. Akkord muss B/F# heißen (=Quartsextakkord).

4.) Der 7. Akkord ist auch nicht korrekt bezeichnet. Dieser Akkord ist die Dominante zum Schlussakkord und heißt?

Allzu viel wollte ich Dir hier nicht verraten, es ist ja schließlich ein Rätsel. :-)
 
Hallo Heglandio und Fred,

nun, das geht alles nur ganz, ganz langsam mit mir. Wie schon an der prinzipiell falschen Notierung unter dem Liniensystem zu erkennen, bin ich skalentheoretischer Analphabet und eine Antwort zieht 3 neue Fragen nach sich.

Jetzt erst mal nur zum 3. Akkord:
Ok, da müsste es sich demnach um den verminderten Septakkord B07 (B-D-F-As) handeln. Was aber ist mit dem Es? Glaube mich zu erinnern, dass du was von Vorhalt zum Folgeton geschrieben hattest. Aber das macht für mich jegliche Analyse zu einer sehr unsicheren, geradzu unentscheidbaren Angelegenheit. Wann muss ich denn einen Ton als akkordzugehörig betrachten und wann nur als "Durchgangston", "Vorhalt" etc.

Kurz gesagt: Wie gehe ich bei der Analyse vor? Unterster Ton ist nicht immer der Grundton, und eine möglichst enge Terzschichtung vorzunehmen hilft auch nicht sicher. Anscheinend kann man Akkorde wirklich nicht isoliert aus der Menge ihrer Einzeltöne bestimmen, sondern nur im (funktionsharmonischen?) Kontext mit anderen.
 
...Anscheinend kann man Akkorde wirklich nicht isoliert aus der Menge ihrer Einzeltöne bestimmen, sondern nur im (funktionsharmonischen?) Kontext mit anderen.

Genau und deshalb scheidet F-7b5, bzw. Ab-7 aus. Was für eine Funktion innerhalb dieser Akkordfortschreitung sollten sie auch haben? Bleibt also einzig B als Grundton. Der Akkord ist somit Bo7. Die Klassiker nennen ihn den kleinen verkürzten Dominantseptnonakkord (was für ein Wort!). Den Vorhaltton "es" der sich in's "d" auflöst kann man dann noch in der Funktionsbezeichnung kennzeichnen in dem man hochgestellt 6-5 schreibt. 6-5 deshalb, weil die Klassiker die Intervallbezeichnungen in diesem Falle auf den imaginären Grundton "g" beziehen. Aber das ist ja hier nicht so entscheidend.
 
Hm, ich bin nicht glücklich. Wie komme ich gerade bei diesem Akkord dazu, erst die nächste Achtel in die Analyse mit einzubeziehen? Das wäre doch bei allen anderen auch möglich. Scheint ja in all seinen Möglichkeiten so umfangreich wie die Genomentschlüsselung.
 
Hab mal eine kleine Erklärung zu unserm Thema gefunden:

Drehpunkt Modulation (pivot modulation)
Um den Übergang von einem tonalen Zentrum zum nächsten möglichst flüssig zu gestalten, setzt man zwischen Ausgangs- und Zieltonart einen oder auch mehrere Akkorde, die zu beiden Tonarten in einem funktionalen Verhältnis stehen.
Diese Akkorde bilden den so genannten modulatorischen Kern und werden als Drehpunktakkorde (engl. Pivot chords) bezeichnet.
Drehpunktakkorde können sein:
1. Alle zu beiden Tonarten diatonische Akkorde,
2. SDM Akkorde (falls der Begriff SDM nicht klar sein sollte, bitte die Suchfunktion dieses Forums benutzen),
3. Sekundärdominanten, ihre Tritonus- oder o7-Stellvertreter,
4. sonstige tonartbezogene Akkorde (u. A. die gebräuchlichsten Modalen Austauschakkorde)
 
Vielleicht bin ich übermüdet, aber der fünfte Akkord ist doch eindeutig ein: G7? Aufbau: 1 - b7 - 3 - 5?

Ich denk, man muss mal die richtigen Akkordbezeichnungen haben, bevor man das harmonisch analysieren kann? Rein intuitiv würde ich solche Dinge auch spielen, aber das theoretisch erklären... :-)
 
Genau, und deswegen wollte ich eigentlich hier Schritt für Schritt vorgehen. G7 kann's auch sein, bin eben nach wie vor nicht sicher, wonach man sich bei den Akkord-Synonymen entscheidet.
 
Nochmals ne Frage an Fred und Pianomobile:

Kann man akkordeigene Töne wirklich weg-betrachten und eine andere harmonische Deutung machen? Bin grad sprachlos...

Für einen Laien sieht das einfach nach Wechsel von:

G7 nach B-Dur aus... das gibts ja viel in der Musik, dass man Dur nach Dur im Terzabstand spielt. Mach ich selber viel in meinen Kompositionen... auch als eine Art Modulation. Zum Beispiel spiel ich grad was von Skrjabin: der spielt am Anfang in C-Dur: Ab7(alt), der fängt bei allen Dominanten mit einer flachen 5 an, geht über zu einer reinen fünf und erhöht sie zum Schluss.

Ab7alt. - Db7alt. - Gb7alt. - "C7(9) - Eb7" - Ab7alt. etc.
 
Beim vorletzten Akkord hat sich Fred glaub ich verschrieben:
Das eis in der l.H. müsste eigentlich ein e sein.


Ja das stimmt. Danke für die Korrektur. Hier die korrigierte Version:

http://www.downloadcenter.homepage.t-online.de/Modulation.jpg


Hey Heglandio, das ist meine Schreibe, allerdings aus einem anderen Forum hier her kopiert. :-) War's Du in den Tiefen des Internets unterwegs?

Zitat von Heglandio:
Hab mal eine kleine Erklärung zu unserm Thema gefunden:

Drehpunkt Modulation (pivot modulation)
Um den Übergang von einem tonalen Zentrum zum nächsten möglichst flüssig zu gestalten, setzt man zwischen Ausgangs- und Zieltonart einen oder auch mehrere Akkorde, die zu beiden Tonarten in einem funktionalen Verhältnis stehen.
Diese Akkorde bilden den so genannten modulatorischen Kern und werden als Drehpunktakkorde (engl. Pivot chords) bezeichnet.
Drehpunktakkorde können sein:
1. Alle zu beiden Tonarten diatonische Akkorde,
2. SDM Akkorde (falls der Begriff SDM nicht klar sein sollte, bitte die Suchfunktion dieses Forums benutzen),
3. Sekundärdominanten, ihre Tritonus- oder o7-Stellvertreter,
4. sonstige tonartbezogene Akkorde (u. A. die gebräuchlichsten Modalen Austauschakkorde)"

Ich melde mich dann gleich nochmal später.
 

Hi Fred

Was haste gmacht, dass bei musiker-board.de gesperrt bist? Na...? :-) Ne geht mich nichts an... war en Spass.
 

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Hm, ich bin nicht glücklich. Wie komme ich gerade bei diesem Akkord dazu, erst die nächste Achtel in die Analyse mit einzubeziehen? Das wäre doch bei allen anderen auch möglich. Scheint ja in all seinen Möglichkeiten so umfangreich wie die Genomentschlüsselung.

Vorhalte gibt es Verschiedene.
4 -> 3
6 -> 5
7 -> 6
9 -> 8

aber auch:
2 -> 3
7 -> 1

Wu Wei, in der Regel hört man es, wenn es sich um einen Vorhalt handelt, da ja der Auflösungston unmittelbar danach folgt. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, liegt dieser meist unterhalb.
Der Vorhalt ist in der Tat ein Harmonie fremder Ton und erzeugt mehr oder weniger Dissonanz die ein Auflösungsbedürfnis hat. Beim C-9 in unserem Beispiel hattest Du ja auch keine Probleme damit, obwohl die None hier als Vorhalt auftrat. Es gibt aber auch Fälle wo sich der Vorhalt nicht auflöst und das "dissonante" Klanggebilde als solches vom Ohr akzeptiert wird. Z.B. ist ein Cmaj7 (c, e, g, b) für einen Klassiker unbedingt auflösungsbedürftig, in dem Sinne dass sich die große Septime nach oben in die Oktave auflöst. Für den passionierten Jazzhörer geht das aber ohne Auflösung in Ordnung.

Soweit zum Thema Vorhalt, aber das war Dir ja eh bestimmt schon mehr oder weniger klar.

Wichtig ist eben bei einer Analyse diese Situationen zu erkennen.

Heglandio
Vielleicht bin ich übermüdet, aber der fünfte Akkord ist doch eindeutig ein: G7? Aufbau: 1 - b7 - 3 - 5?

Also das ist doch ein Wort!
 
Diese Threads regen mich immer mehr an, mich in Harmonielehre ernsthaft zu vertiefen. Ich werde nächste Woche gleich anfangen und sobald ich fragen hab, werd ich die hier posten.
 
@ Fred
Das ist ja lustig: Heglandios Zitat aus dem Musikerboard hatte ich auch schon vor einiger Zeit gefunden und überlegt, ob das etwa du sein könntest. Dann habe ich dort das Unterforum für Sperren gefunden, aber dort keine Erklärung. Gut so, da haben wir dich wenigstens hier für uns alleine.
:blues:

Ok, zum eigentlichen Thema später.
 
... Beim C-9 in unserem Beispiel hattest Du ja auch keine Probleme damit, obwohl die None hier als Vorhalt auftrat. ...

In dem Fall hatte ich die None gar nicht als Vorhalt*aufgefasst. Das D ist dort für mich doch gar nicht akkordfremd (was anderes als "harmoniefremd"?), eben weil es in C-9 mit der 9 bezeichnet ist. In der Akkorbezeichnung B07 hingegen kommt doch kein Hinweis auf Es vor.

* Vielleicht liegen die Missverständnisse auch in der Verwendung von "Vorhalt". Ich verstand darunter einen Ton, der gespielt, aber nicht zum eigentlichen Akkord dazugerechnet wird, sondern zu einem akkordzugehörigen hinführt.
 
In dem Fall hatte ich die None gar nicht als Vorhalt*aufgefasst. Das D ist dort für mich doch gar nicht akkordfremd
Da kannst Du Dich drehen wie Du willst, "d" bleibt im C Moll Akkord zunächst ein der Harmonie fremder Ton. Erst wenn Du ihn als Tension 9 etablierst, will sagen, auf betontem Taktteil und mit einer gewissen Länge spielst, wird er als akkordeigener Ton gefühlt, gespürt.

* Vielleicht liegen die Missverständnisse auch in der Verwendung von "Vorhalt". Ich verstand darunter einen Ton, der gespielt, aber nicht zum eigentlichen Akkord dazugerechnet wird, sondern zu einem akkordzugehörigen hinführt.
Aber genau so wird es gehandhabt. Wo ist das Missverständnis?
 
Meine Variante nach meinen Hörgewohnheiten:

1.) Bb (einfacher, solider Dur-Dreiklang)
2.) Gm(sus4) oder evt. F (wobei ja die Terz nicht gespielt wird, Quart-Charakter)
3.) Db7 (Dominant-Substitution von G7, welche sich in Cm auflöst)
4.) Cm7(9) None ist ja diatonisch mit Bb-Dur?!?!?!
5.) G7 (Dominant-Akkord)
6.) B (solider Dur Dreiklang) --- NEUE TONIKA (B-Dur) ---
7.) F#7 (Dominante in B-Dur)
8.) B (endet auf der neuen Tonika, wobei man auch chromatisch in Bb weiter schreiten könnte etc.)

Konnte erst jetzt das Teil akustisch verfolgen. :-)
 

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