das ist fürwahr höchst sonderbar...

Chiarina, ich finde sehr schön, wie differenziert Du das Thema Virtuosität beschrieben hast.
 
- schon in der Romantik beklagten Schumann und andere, dass das Klavier dazu benutzt wurde, die reine Artistik an minderwertiger Musik zu demonstrieren, Virtuosität also nicht als musikalisches Mittel zu benutzen, sondern als Mittel, die eigenen pianistischen Fähigkeiten vorzuführen. Vielleicht sind das heute noch Relikte?

freilich sagt die Existenz minderwertiger Zirkusnummern rein gar nichts über die wirklich virtuose Musik aus - und genau genommen werden absurde Klimpernummern (quasi substanzlose Rasanzfingerübungen zu Allerweltsthemen) weder allzu oft gespielt, und wenn doch, dann eher aus Jux und Spaß

übrigens gilt, was du über die Chopinetüden geschrieben hast, ebenso für die Etüden von Liszt, Debussy, Skrjabin, Rachmaninov
 
Ohne Virtuosität wäre es leider ziemlich langweilig in der (Klavier-)Musik. Dann gäbe es keine

- klanglich sehr komplexe (durchaus langsame) Musik, die eine sehr differenzierte
Anschlagskultur erfordert
- keine schnellen Skalen/Arpeggien
- keine Polyrhythmik
- keine schnellen Oktaven
- keine Triller und Verzierungen
- keine polyphonen Geflechte
- keine massiven Sätze (Akkordfortschreitungen...)
- etc. etc. etc.


Die vielen Arten von Virtuosität bereichern also die Ausdrucksvielfalt von Musik, ohne sie ist Musik schlicht nicht vorstellbar. Musik lebt von Kontrasten, von Vielschichtigkeit und Lebendigkeit und deshalb ist Virtuosität in allen Stilen und in der Klaviermusik von Bach bis heute überall anzutreffen.

liebe Chiarina,
der letzte Satz des zitats oben ist absolut richtig - die Liste davor allerdings zählt keine Virtuositäten sondern nur einzelne spieltechnische Probleme auf :):)
 
Mechanische Virtuosität ist eine Begleiterscheinung am Rande. Ein Notwendiges Übel um Musik klingen zu lassen. Man denke nur an das plagende Klavierüben, wo man noch kein Klavier spielen konnte, am Anfang. Oder auch jetzt, wo man an gewissen Stellen eventuell stecken bleibt, obwohl man die Klangvorstellung hat, kann man es nicht dementsprechend mechanisch Ausüben, dann muss man üben. Es mag auch Leute geben, für die liegt aber gerade darin ein Reiz. Im mechanischen Ausüben.
Die Musik interessiert es aber nicht, ob es jetzt schwierig ist sie klingen zu lassen oder nicht. Die wahre Virtuosität liegt im Geist, in der Musik. Also nicht im Tastendrücken. Die, die im Tastendrücken ein Reiz sehen, sehen nicht in der Musik ein Reiz. Das Tastendrücken ist nur der Transporter der Musik, und wenn jetzt gewisse Arten von Tastendrücken Zirkusartig ausehen, dann ist das so. Die Musik, die dadurch erzeugt wird(oder auch nicht), ist aber was anderes.
Wenn man ein virtuoser Musiker ist, dann ist man das, unabhängig vom Tastendrücken.
Wenn man ein virtuoser Tastendrücker ist, dann ist man das, unabhängig von Musik.
 

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