Cembalo Saiten/Plektren wechseln

C

Curby

Guest
Ich mach es @Peter nach und habe mir ein "Bastelklavier" besorgt. Jedoch gehe ich nicht gleich so in die vollen - meines ist ein ein noch komplett spielbares 60er Jahre Cembalo mit 1,30m länge.

Nun würde ich gerne an diesem neue Saiten aufziehen. Meine Frage ist, wie ich die richtige Saitenstärke ermittell - gibts da Herstellertabellen oder passende Formeln?

Und wenn ich die Plektren erneuern möchte, gibt es dort auch Standardteile, die ich zum Einbau anpassen kann?

Es handelt sich um ein klassisches Wittmayer Cembalo, wie hier z.B. zu sehen:http://www.klavierhalle.de/gebrauchte_fluegel/cembalo_gebraucht_kaufen_wittmayer_127_336138420.htm

PS: Ich habs natürlich für einen Bruchteil des hier abgebildeten Preises bekommen.
 
Wenn die Plektren aus keilförmig geschnittenem Hart-Leder sind, ist der Aufwand schon etwas höher, die Springer auf Delrin umzurüsten.
Warum willst Du die Saiten auswechseln?
 
Hallo Curby, ich hab bei meinem Wittmayer das 8'' von Leder auf Delrin umgestellt. 4'' hab ich mit Leder belassen, weil es wahrscheinlich besser klingt.
Und ja, warum neue Saiten? Verrostet? Man bekomt spezielle Wittmayer-Saiten bei Marc Vogel.
 
In der Tat sehen die Saiten nicht mehr schön aus. Ich kenne das nur von Gitarren, dass frische Saiten viel besser klingen, als total abgegrabbelte.
 
Glückwunsch zum Bastel"klavier" und viel Spaß damit.
Muss ich mir mal anschauen. :-)
 
Zum Thema neu befielen habe ich mit meinem Sperrhake Cembalo folgende Erfahrungen gemacht: Ich habe zunächst nur die defekten Lederkiele gegen neue getauscht, was aber nur dazu geführt hat, dass das Instrument fast nie tadellos spielbar war. Nicht nur, dass die alten Kiele laufend gebrochen sind, auch die neuen haben laufend Probleme gemacht. Ich habe daher bei Neupert nach Vorlage neue Zungen anfertigen lassen, die für die Verwendung von Delrin Kielen geeignet sind. Ich habe vorintonierte Kiele von Vogel und Scheer https://www.vogel-scheer.de verwendet. Ich habe seit mehreren Jahren keine Probleme

Zur Besaitung gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder man versucht die vorhandene Besaitung zu reproduzieren, dazu mit einer Mikrometerschraube die Durchmesser bestimmen und versuchen das Saitenmaterial optisch zu identifizieren. ich würde vermuten, dass es sich - mit Ausnahme des Basses um Stahlsaiten handelt.
Alternativ berechnet Vogel und Scheer auch die komplette Besaitung.
Man kann zwar anhand der Taylor Formel die Spannung bei gegebenem Durchmesser, Länge, Material und Tonhöhe berechnen. Aus der Mensur ergibt sich meist das richtige Saitenmaterial (üblicherweise werden Saiten so ausgelastet, dass sie gerade nicht reißen), aber die Wahl des Durchmessers erfordert viel Erfahrung, es gibt keine einfachen Regeln.

Viele Infos und Videos zum Basteln gibt es unter Www.hpschd.nu
 
Ich möchte eigentlich keine Plektren anfertigen lassen. Auch möchte ich keine vorgefertigten Saiten, wenn ich schon selber Hand anlege.Die Plektren habens übrigens viel nötiger als die Saiten.
Ich denke ich werde nicht drum herum kommen, meinen Stimmer zu fragen, der sich auch mit Cemballos auskennt.
 
Wie meinst Du das? Üblicherweise bekommt man das Saitenmaterial ausgehend von der errechneten Mensur in benötigter Länge in Rollen.

Nun, ich denke wenn mir hier spezielle* Wittmayer Saiten angeboten werden oder sich jemandes extra welche anfertigen lässt - das ist nicht meine Intention (und Preiskategorie). Ich will die Stärke wissen, dann Draht kaufen und selber wickeln und aufziehen. :super:
 
Selber wickeln? Meinst Du umspinnen oder geht es um die Ösen?
 

Hallo @Curby!
Nach längerer Suche habe ich einen Artikel wiedergefunden, der Dir helfen könnte.
Leider baut Vogel und Scheer seine Internet Seite um und so sind viele wertvolle Infos nicht mehr - oder nur mehr über den Umweg www.archive.org verfügbar.
http://www.vogel-scheer.de/images/pdf/Infos/Saiten-Scholl-StringingTheHarpsichord-en.pdf

Hier gibt es auch Infos über die Eigenschaften der verschiedenen Saitenmaterialien.

https://web.archive.org/web/20151120034500/http://www.vogel-scheer.de/de/info/saiten-infos.html

Das Grundproblem bei der Berechnung von Cembalosaiten ist, dass sich zwar aufgrund der Saitenlänge und Tonhöhe das geeignete Saitenmaterial herausfinden lässt, aber die Saitenstärke sich nicht direkt ergibt.
Länge und Tonhöhe sind bei einem bestimmten Instrument vorgegeben, das Material ergibt sich, wenn man die Festigkeit der Materialien kennt und davon ausgeht, dass eine Saite auf etwa 80-90% der Bruchkraft ausgelegt werden muss, um zu klingen
Man muss zumindest eine gewünschte Spannung vorgeben, um den Durchmesser zu erhalten, da auch eine Saite mit höherem Durchmesser auf dieselbe Tonhöhe gestimmt werden kann ohne zu reissen, da sie entsprechend höhere Zugkräfte aushält (beides ist proportional dem Quadrat des Durchmessers)

Der gewünschte Durchmesser hängt also ab von
1) der Konstruktion des Instruments (kann problematisch werden, weil ein Cembalo sich dann auf Dauer verziehen kann, viele Cembali sind bei genauer Betrachtung nach einigen Jahren verzogen)
2) der gewünschten Klangfarbe also Geschmacksache

Was die Kiele betrifft war nicht die Rede von Plektren anfertigen lassen, sondern die Zungen (die Teile im Springer, in denen die Plektren stecken.
Die Frage ist, was Du bei deinem Cembalo willst. Wenn Du weiter mit Leder Plektren spielen willst dann gibt es hier ein Video, in dem der Ersatz von diesen gezeigt wird:

Vorteil : man muss nichts am Instrument ändern
Nachteil : Sehr leise, nicht sehr haltbar, schwierig geeignetes Leder aufzutreiben

Wenn man sich entschließt, die Plektren durch Deren oder Federkiele zu ersetzen, dann muss die Zunge im Springer entweder ersetzt oder umgebaut werden, da die Plektren viel dünner sind, als die Leder Plektren.

Drei Varianten habe ich zum Umbau bis jetzt gesehen:
1) Die Leder Plektren werden abgeschnitten, mit einer Stanze wird in das Leder eine Passende Öffnung für die Delrin Plektren gestanzt.
2) Die Leder Plektren werden abgeschnitten, vom verbleibenden Rest wird ein bisschen abgeschnitten und man erhält so einen Keil, der das Darin Plectrum festhält. Siehe folgendes Video:



Habe ich probiert, ist ungeheuer mühsam und jedesmal, wenn ein Kiel abbricht ein Problem.

3) Man kann auch die zweite Variante abwandeln, indem man einen passenden Holzkeil anfertigt. Wurde einmal von einem Forumsmitglied gemacht, habe den Faden gerade nicht gefunden.

Alle drei Varianten halte ich persönlich für eher umprofessionelle, nicht dauerhafte Lösungen. Und weil ich gerade kein lange abgelagertes Buchsbaumholz zur Verfügung hatte und nicht milimetergroße Teile in großer Zahl mit hoher Präzision herstellen wollte habe ich mich entschlossen, die Zungen anfertigen zu lassen. Ich würde auch nicht Teile einer Klaviermechanik selbst schnitzen - bei aller Liebe zum Basteln.

Der Einbau, das Bekielen und die Intonation ist immer noch genügend Arbeit, macht aber Spaß und loht sich, vor allem spricht für ein selber machen, dass bei einem Cembalo laufende Nacharbeiten notwendig sind, die man viel besser beherrscht, wenn man es einmal in größerem Umfang gemacht hat.

Auch die von mir verwendeten vorintonierten Kiele müssen noch nachbearbeitet werden, sparen aber Arbeit im Vergleich zu den anderen - sind aber eine Spur weniger lang haltbar.

Auf jeden Fall viel Freude bei der Renovierung
 

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