Bis zu 400 Euro nebenher

  • Ersteller des Themas Frédéric Chopin
  • Erstellungsdatum

(1)
In einem Arbeitsverhältnis (um ein solches geht es doch wohl) besteht nach ständiger Rechtsprechung ein Wettbewerbsverbot. Das heißt, einem Arbeitnehmer ist während des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. (...)
(2)
Eine Klausel, wonach die Schüler nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht übernommen werden dürfen, wäre nur gegen Zahlung einer Karenzentschädigung zulässig, d.h. wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, als Entschädigung monatlich die Hälfte des bisherigen Gehaltes weiterzuzahlen.

Liebe Nuri,
das ist interessant, denn es wirft Fragen auf:
(1)
z.B. eine Aldi-Kassiererin dürfte demzufolge nicht am selben Ort einen Nebenjob bei Lidl annehmen?
oder dürfte ein fest angestellter Klavierlehrer, dessen Arbeitgeber keinen Cembalo- oder Theorieunterricht anbietet, im selben Ort nicht Cembalo und Theorie unterrichten?
oder der schlecht bezahlte Streifenpolizist, der wochenends bei einer Securityfirma tätig ist?
Mir stellt sich die Frage, ob da die Konkurrenztätigkeit wirklich fest definiert vorliegt.
(2)
so weit mir bekannt, gibt es in diesem Bereich zwei Verhältnisse: einmal das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sodann aber auch das zwischen Schüler (Kunde) und Anbieter (in diesem Fall der Arbeitgeber). Sofern ein Arbeitsverhältnis sowie ein Unterrichtsvertrag beendet sind, kann der ehemalige Arbeitgeber, der zugleich der ehemalige Vertragspartner ist, weder auf seinen ehemaligen Arbeitnehmer noch auf seinen ehemaligen Kunden Einfluß nehmen. Salopp gesagt: die beiden "Ehemaligen" können machen, was sie wollen.
Aber zurück zu diesem Arbeitsverhältnis: oft genug reicht eine Festanstellung an einer (privaten) Musikschule nicht gerade für ein üppiges Leben... Sollten in diesem Bereich tatsächlich Regeln gelten, welche es dem Arbeitnehmer erschweren, sich zu finanzieren?
Gibt es da eigentlich Unterschiede zwischen den Bundesländern?

herzliche Grüße,
Rolf
 
das ist interessant, denn es wirft Fragen auf:
(1)
z.B. eine Aldi-Kassiererin dürfte demzufolge nicht am selben Ort einen Nebenjob bei Lidl annehmen?

Dass ist ein heiß diskutiertes Thema.
Bislang sagte das Bundesarbeitsgericht, es sei „unerheblich, auf welche Art und Weise der Arbeitnehmer den auch im Tätigkeitsbereich seines Hauptarbeitgebers aktiven Konkurrenten unterstützt“

In BAG 24.03.2010, 10 AZR 66/09 (betrifft eine Postzustellerin, die nebenberuflich Zeitungen austrägt) hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung geändert („Der Senat hat Bedenken, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, wenn es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen können, und im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt werden.“)

Ob das nun so weit geht, dass die Aldi-Kassiererin auch im Lidl kassieren darf, wird sich zeigen. Ich vermute, nein.

oder dürfte ein fest angestellter Klavierlehrer, dessen Arbeitgeber keinen Cembalo- oder Theorieunterricht anbietet, im selben Ort nicht Cembalo und Theorie unterrichten?

Wenn der Arbeitgeber keinen Cembalo- oder Theorieunterricht anbietet, dann ist es auch keine Konkurrenz, wenn man als Arbeitnehmer NUR Cembalo und Theorie unterrichtet. Immerhin ist Cembalounterricht eine andere Dienstleistung als Klavierunterricht.


oder der schlecht bezahlte Streifenpolizist, der wochenends bei einer Securityfirma tätig ist?

Der schlecht bezahlte Streifenpolizist ist Beamter und darf überhaupt nirgendwo irgendetwas arbeiten, ohne seinen Dienstherrn um Erlaubnis zu fragen.

(2)
so weit mir bekannt, gibt es in diesem Bereich zwei Verhältnisse: einmal das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sodann aber auch das zwischen Schüler (Kunde) und Anbieter (in diesem Fall der Arbeitgeber). Sofern ein Arbeitsverhältnis sowie ein Unterrichtsvertrag beendet sind, kann der ehemalige Arbeitgeber, der zugleich der ehemalige Vertragspartner ist, weder auf seinen ehemaligen Arbeitnehmer noch auf seinen ehemaligen Kunden Einfluß nehmen. Salopp gesagt: die beiden "Ehemaligen" können machen, was sie wollen.

Es ist durchaus möglich, in einem Vertrag Vereinbarungen für „hinterher“ zu treffen. Für nach der Ehe, wenn’s nichts war, für nach dem Tode, wenn noch was übrig ist, oder auch für nach dem Arbeitsverhältnis. Und es ist rechtlich möglich, im Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren. Bei letzterem gibt es jedoch die Einschränkung, dass es nur dann rechtlich bindend ist, wenn der Arbeitgeber sich zu einer so genannten Karenzentschädigung verpflichtet, d.h. dazu, für die Dauer des Wettbewerbsverbotes mindestens die Hälfte des bisherigen Arbeitsentgeltes weiterzubezahlen, § 74 HGB analog. Natürlich ist der Schüler als nicht an dem Arbeitsverhältnis Beteiligter frei darin, was er macht. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer/Klavierlehrer aber nicht.

Aber zurück zu diesem Arbeitsverhältnis: oft genug reicht eine Festanstellung an einer (privaten) Musikschule nicht gerade für ein üppiges Leben... Sollten in diesem Bereich tatsächlich Regeln gelten, welche es dem Arbeitnehmer erschweren, sich zu finanzieren?

Ja, leider ist das so.
Theoretisch stünde es dem Arbeitnehmer frei, bei Abschluss des Arbeitsvertrages zu sagen: „Wenn ich schon für `nen Appel und `n Ei arbeiten soll, dann will ich wenigstens im Vertrag stehen haben, dass ich privat auch Unterricht erteilen kann.“
Praktisch wird er das in der Regel nicht tun.

Natürlich ist das Ergebnis unbefriedigend.
Ich habe die Gesetze nicht gemacht.

Gibt es da eigentlich Unterschiede zwischen den Bundesländern?

Nein.

Mir stellt sich die Frage, ob da die Konkurrenztätigkeit wirklich fest definiert vorliegt.

Eindeutigkeit und Recht haben wenig miteinander zu tun.

Liebe Grüße,
Nuri
 
(...)
Natürlich ist das Ergebnis unbefriedigend.
Ich habe die Gesetze nicht gemacht.
(...)
Eindeutigkeit und Recht haben wenig miteinander zu tun.

Liebe Nuri,

herzlichen Dank für die Zusammenfassung und Erläuterung!!

Dass Du die Gesetze nicht gemacht hast, das war mir klar - dass Du sie so klar beschreiben kannst, ist eine Wohltat!

Mich wundert übrigens, dass der Dienstherr "Polizei" durchaus humaner (!) in Sachen Nebenerwerb ist, als der Dienstherr "private Musikschule" - die Polizei gestattet dem einzelnen Polizisten Nebeneinkünfte und fürchtet irgendeine Securityfirma nicht, obwohl diese durchaus eine Art Konkurrenz ist. Die Formulierung der "schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers": gelten diese womöglich mehr als die Interessen von Arbeitnehmern?

Ulkig ist der Bereich der freien Mitarbeiter sowie der fest angestellten Mitarbeiter an so genannten Musikschulen: in der Praxis hat sich infolge der zunehmend schwierigeren Finanzierung solcher Einrichtungen ergeben, dass mehrheitlich freie Mitarbeiter den Unterricht versehen. Diese, aber auch die fest angestellten unterrichten oft an mehreren vergleichbaren Einrichtungen, und das durchaus in der näheren Umgebung. Da stellt sich für diesen Bereich die Frage, ob eine starre Rechtsauslegung noch angemessen ist (ich kann mir vorstellen, dass ähnlich wie in Deinem Fallbeispiel von der Postzustellerin variabel entschieden werden kann)

herzliche Grüße,
Rolf
 
Hallo liebe Kollegen und liebe Forenmitglieder,

ich habe Mal eine ganz spezielle Frage:

Ich bin an einer priavaten Musikschule angesellt. Wenn ich jetzt z. B. noch Privatschüler für mich unterrichte, z. B. 3 Privatschüler, müssen diese dann auch versteuert werden, mit Krankenkasse, Lohnsteuer usw. , oder gilt hier auch bis zu 400 Euro nebenher ist steuerfrei.

Muß ich die 3 Privatschüler bei der KSK dann melden? Zu erwähnen ist, dass ich als angestellter Musiklehrer im Angestelltenverhältnis arbeite, ich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei meinem Arbeitgeber habe und noch nicht bei der KSK gemeldet bin.

Ich wurde darauf aufmerksam, also ich das von "Viola" gelesen hatte:



Meine Anschlussfrage ist dann gleich, die vieleicht auch viele Musikstudenten interessieren würde:

Muß man als Klavierstudent, wenn man zusätzlich Klavierschüler unterrichtet, diese beim Amt angeben? Oder gilt dies erst nach einer bestimmten Grenze von Einkommen?

Würde mich sehr auf Antworten von Euch freuen! :p

Liebe Grüsse, Mario


Ich habe mir seinerzeit mein Musikstudium durch Klavierstunden finanziert als Honorarkraft an einer Musikschule. Insgesamt kam ich nicht über einen Betrag, der an sich steuerpflichtig gewesen wäre. Leider ist die Musikschule dann vom FA geprüft worden und alles Lehrkräfte, also auch ich, verknackt worden sofern sie ihr Einkommen nicht angegeben hatten. Ich hätte also mein Einkommen einfach nur angeben brauchen und dann hätte ich einen Beschied über Eine Zahlung von 0.- DM erhalten und gut wärs gewesen. Ich wusste damals von nichts... kam frisch von der Schule, studierte schon neben der Schule und habe nebenher immer schon einige Stunden an der Musikschule gegeben. Aber: Nichtwissen schütz vor Strafe nicht.

War ein teurer Spaß. Aber ich habe es überlebt.

Ich habe mich trotzdem geärgert und seinerzeit im Asta angeregt, doch ein Fach wie "Steuerrecht", Buchführung u.ä. für die Studierenden anzubieten. Das stieß aber auf große Verwunderung, da ja alle nur studieren um später mal berühmt zu werden und nicht, um Steuern zu zahlen. Maximal strebten einige ein Angestelltenverhältnis an an einer der aufkommenden Musikschulen oder einen Job im Orchester. Als Angestellte/r brauchst Du keine Buchführung.
 
Mario, diese 400 Euro Job Regelung passt aber nicht so gut auf dein Vorhaben.

Weil:
- die Regelungen zum 400 Euro Job auf selbständige Tätigkeiten nicht anwendbar sind
- deswegen Einnahmen aus Hauptberuf und selbständiger Tätigkeit zusammenzurechnen sind
- die dann aber bestimmt den Grundfreibetrag übersteigen.

Die selbständige Tätigkeit ist nur dann nicht zu versteuern, wenn die Einkünfte einen Betrag von 410,- Euro pro Jahr!!! nicht übersteigen.

Liebe Grüße,
Nuri
 
Weil:
- die Regelungen zum 400 Euro Job auf selbständige Tätigkeiten nicht anwendbar sind
- deswegen Einnahmen aus Hauptberuf und selbständiger Tätigkeit zusammenzurechnen sind
- die dann aber bestimmt den Grundfreibetrag übersteigen.

Hallo Nuri,

das ist sehr einleuchtend, was Du schreibst. Wenn es so weit ist, und ich mich tatsächlich dafür entscheide, noch zusätzlich Privatschüler zu nehmen, werde ich mich auf alle Fälle nochmal genau darüber informieren, aber Danke schon Mal für Deine ausführlichen Infos.

Gruß, Mario
 
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