Anglikanische Hymnen

D

dussek

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Ich hätte mal eine Frage zu den Titeln von Hymnen, die ich in "Last Verses"-Bänden immer wieder finde:

Da gibts Namen wie Breslau, Mannheim, Württemberg, Bristol usw.

"Christliches" gibts (fast) nur mit deutschem (Nun danket alle Gott; Gelobt sei Gott im höchsten Thron) oder lateinischem Titel (Adeste fideles; O filii et filiae), abgesehen von den Heiligen (St John Damascene; St Matthew).

Was hat es mit diesen geographischen Namen auf sich? Sind das nur Melodien oder gibts da einen Text dazu? Und hat die anglikanische Kirche keine "normalen" Kirchenlieder? :konfus:
 
Das sind die Namen der Melodien.
Wenn Du recherchieren möchtest: https://hymnary.org/ (wird zwar von einem Team aus Michigan betrieben, aber enthält auch anglikanische Hymnen, die in Großbritannien gesungen werden)
"Mannheim" zum Beispiel gibt es gleich mehrfach - da müsste man also im Einzelfall schauen, welche Melodie gewünscht oder gemeint ist.

Was verstehst Du denn unter "normalen" Kirchenliedern? Nur, weil man die Choräle im englischsprachigen Raum anders nennt, sind sie noch lange nicht "unnormal". :heilig:

Wenn Du nach Texten suchen möchtest: https://www.songandpraise.org/
 
Und hat die anglikanische Kirche keine "normalen" Kirchenlieder? :konfus:

Was sind "normale" Kirchenlieder? "Veni Redemptor gentium" oder "Ins Wasser fällt ein Stein"? Wobei heute vom ersteren die modernere Fassung "Nun komm, der Heiden Heiland" üblich ist, letzteres ist eigentlich "Pass It On".

"Ein feste Burg ist unser Gott" singen die einen nicht, "Maria breit den Mantel aus" die anderen nicht.

Gar nicht so einfach ... :-)

Grüße
Häretiker
 
Der Walzer "Von guten Mächten" ist für Alle da. :heilig:
 
Tja, auch das hört man halt meistens "auf die einfache Art". Die meisten spielen eben keine vernünftigen Sätze, sondern wurschteln sich allersimpelst (und hier oft zu schnell) irgendwas zusammen. Als ich noch regelmäßig gespielt habe, habe ich mit großem Aufwand passendes gesucht und habe es ehrlich gesagt noch nie sonst so angemessen gehört (was macht man in den Pausen?) . Wenn ich mich recht erinnere: Sätze aus dem bayerischen und württembergischen Orgelkoffer, Vorspiel von Manuel Gera aus diesen roten Bänden zum Anhang EG Rheinland. Auch von Christoph Spengler gibt's schöne Sätze glaube ich.
 
Was hat das alles jetzt mit der Eingangsfrage zu tun?
 
Was verstehst Du denn unter "normalen" Kirchenliedern? Nur, weil man die Choräle im englischsprachigen Raum anders nennt, sind sie noch lange nicht "unnormal". :heilig:

Wenn Du nach Texten suchen möchtest: https://www.songandpraise.org/

Danke für die Links.

Unter "normalen" Kirchenliedern verstehe ich solche, die vom Titel her zumindest erahnen lassen, dass es sich um Lieder religiösen Inhalts handelt oder handeln könnte. Das ist bei "Mannheim" usw. wohl nicht der Fall. Warum so viele Hymnen Namen deutscher Städte tragen, ist mir jetzt immer noch nicht klar ...

Hier https://www.songandpraise.org/hymns-songs-m.htm finde ich solche übrigens nicht, dagegen jede Menge Titel, die auf "normale" Kirchenlieder schließen lassen, die scheinen wohl auch im englischsprachigen Raum offensichtlich die Regel zu sein. Und "Nun danket alle Gott" gibts dort nur als "Now Thank We All Our God".

Warum also tauchen in den "Last Verses"-Bänden https://www.kevinmayhewmusic.com/200-last-verses-for-manuals-revised-2015.html ganz andere Stücke auf? Die sind doch für den liturgischen Gebrauch gedacht, oder? :denken:
 
Song and praise hat die Lieder nach Texten sortiert, deshalb findest du Mannheim dort nicht, denn Mannheim ist der Name einer Melodie und nicht eines Textes.
 
So, und nochmal zu deiner Frage nach den Melodienamen (bei der mich wurmt, dass du eine andere Tradition der Namensgebung als unnormal bezeichnest). Die stammen teilweise vom Komponisten, teilweise vom Herausgeber des jeweiligen Gesangbuchs, und haben oft mit dem Umfeld desjenigen zu tun. Deshalb finden sich auch Ortsnamen.
Ein weiterer Unterschied zur Namensgebung der hier geläufigen Kirchenlieder ist, dass zu den willkürlich oder komisch scheinenden Melodiebezeichnungen oft auch Textmetren genannt werden, so dass die Musiker entscheiden können, ob sie den Text zu einer anderen Melodie singen wollen. Es gibt teilweise so viele Varianten von Texten zu einer bestimmten Melodie, dass es sich im Laufe der Zeit als sinnvoll herausgestellt hat, dem Organisten einfach zu sagen, spiel "St. Columba" anstatt den Liedtext zu nennen.

Wieso die Herausgeber und Liederkomponisten ihrer Kreativität bei der Namensgebung auf diese Weise Raum gegeben haben, kann ich dir nicht sagen. Sicher allerdings nicht, um dich zu ärgern.

Übrigens ist es nicht "die Regel", die Lieder nach dem Textanfang zu benennen. Hier ist das so. Woanders nicht.
 
Wieso die Herausgeber und Liederkomponisten ihrer Kreativität bei der Namensgebung auf diese Weise Raum gegeben haben, kann ich dir nicht sagen.
Das ist nicht nur bei Liedern so, sondern z.B. ebenfalls bei Fonts, fällt mir dazu ein.
Susan Kare schlug anfangs für die Schriften des Macintosh Namen der Haltestellen der Paoli-Straßenbahn vor. Steve Jobs gefiel die Idee von Städten als Namensvorbild, wollte aber lieber Städte von „Weltklasse-Rang“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Geneva_(Schriftart)
 

Das Problem ist gerade in den USA, dass es völlig verschiedene denominations gibt. In einem mittelgroßen Ort steht bei uns eine evangelische und eine katholische Kirche, Ende. In den USA haben wir in einem vergleichbaren Ort katholisch, anglikanisch, Baptisten, Methodisten, Adventisten und noch ein paar andere, jeweils alle mit einem anderen Gesangbuch. Dabei bleibt es nicht aus, dass beliebte Melodien von jeder Konfession mit einem anderen Text versehen werden.

Wie verständigt man sich nun untereinander? Na klar, man nennt nicht den Text, der gerade in einer dieser Kirchen zu der Melodie gesungen wird, sondern gibt der Melosie einen Namen, der vielleicht etwas mit dem Entstehungsort der Melodie (Mannheim) oder dem Komponisten (Vulpius) zu tun hat. Jetzt ist es ganz einfach: Wer ein Choralvorspiel oder einen last verse zu einer der Melodien sucht, schaut nicht unter dem Textanfang, sondern unter dem Namen der Melodie nach.
 
Was ich bisher nicht begriffen habe, ist so ein musikalisches Incipit. Text ist klar, nur die zweite Zeile verstehe ich nicht. Ein beliebiges Beispiel:
Text incipit: Ai alli als plans de Tarragona si n’hi ha un arbre que brotona
Music incipit: +5+2-3-2+2+1+2=0-2-1-4

https://www.musicatradicional.eu/piece/36024

Jetzt habe ich noch einmal gesucht und es wohl begriffen.

Der von uns erzeugte numerische musikalische Incipit repräsentiert die Intervalle zwischen den ersten Noten eines Stücks und gibt an, ob das Intervall aufsteigend (+), absteigend (-) oder eine wiederholte Note (= 0) ist. Die Anzahl entspricht der Anzahl der Halbtöne (Do-Re ist +2). Zum Beispiel kann der musikalische Incipit Fa-La-Do-Re-Fa-Re anhand seines entsprechenden numerischen Incipits gesucht werden: + 4 + 3 + 2 + 3-3. Dieses einfache System hilft, identische Melodien zu identifizieren, die in verschiedene Farben und / oder mit verschiedenen Texten transportiert werden, sowie zwischen verschiedenen Musikversionen von Stücken mit demselben Text zu unterscheiden. Mit diesem Incipit + 4 + 3 + 2 + 3-3 konnten beispielsweise zwei Versionen derselben Melodie identifiziert werden, eine ohne Text, der mit der Fa-Notiz beginnt, und die andere mit Text, der mit der Re-Notiz beginnt.

https://www.musicatradicional.eu/es/pieces?location=1594
 
Zuletzt bearbeitet:
@Axel

Vielen Dank, jetzt ist mir das verständlich.
Auch in D war es ja bis ins 20. Jh. hinein bei manchen Liedern so, dass sie (regional unterschiedlich) auch innerhalb derselben Konfession auf verschiedene Melodien gesungen wurden, weshalb im Gesangbuch nur der Text abgedruckt war. Die Melodie, nach der dann gesungen wurde, wurde dann allerdings nach dem Choral benamst, mit dem die Melodie ursprünglich oder am bekanntesten verknüpft war.
Ein letztes Relikt davon war "Stille Nacht" im alten GL (von dem es angeblich regionale Abweichungen der Melodie geben soll).


Wieso die Herausgeber und Liederkomponisten ihrer Kreativität bei der Namensgebung auf diese Weise Raum gegeben haben, kann ich dir nicht sagen. Sicher allerdings nicht, um dich zu ärgern.

Übrigens ist es nicht "die Regel", die Lieder nach dem Textanfang zu benennen. Hier ist das so. Woanders nicht.

Ich ärgere mich nicht, ich habe mich nur gewundert. Was die "Normalität" betrifft, bin wohl unbeabsichtigt dem alltägliche Hymnen-Rassismus verfallen ;-)
 
weshalb im Gesangbuch nur der Text abgedruckt war.
Wenn in früheren Jahrhunderten Gesangbücher nur mit Text gedruckt wurden, dann hatte das aber wohl eher den Grund, dass der Druck durch den Notensatz aufwendiger und teuerer wurde, als ein Buch nur mit Lettern zu drucken, ein Gesangbuch sich aber jeder leisten können sollte. Nun gut, ich kenne die Preise nicht, zu denen die Bücher einst mit und ohne Noten erhältlich waren.
 
@Axel

Vielen Dank, jetzt ist mir das verständlich.
Auch in D war es ja bis ins 20. Jh. hinein bei manchen Liedern so, dass sie (regional unterschiedlich) auch innerhalb derselben Konfession auf verschiedene Melodien gesungen wurden, weshalb im Gesangbuch nur der Text abgedruckt war. Die Melodie, nach der dann gesungen wurde, wurde dann allerdings nach dem Choral benamst, mit dem die Melodie ursprünglich oder am bekanntesten verknüpft war.
Ein letztes Relikt davon war "Stille Nacht" im alten GL (von dem es angeblich regionale Abweichungen der Melodie geben soll).




Ich ärgere mich nicht, ich habe mich nur gewundert. Was die "Normalität" betrifft, bin wohl unbeabsichtigt dem alltägliche Hymnen-Rassismus verfallen ;-)


Ein schönes Beispiel wäre "Valet wil ich dir geben", das im kath. Gesangbuch als "O Gott, nimm an die Gaben" drin ist (oder war?), früher war das 468. Die neuen Nummern habe ich leider nicht drauf, dafür bin ich zu lange raus aus der Szene. Wenn man da ein Choralvorspiel zu suchte, wurde man eben unter dem ursprünglichen ev. Titel fündig. Solche Fälle sind aber hierzulande nur in überschaubarer Anzahl vorhanden.
 
Wenn man da ein Choralvorspiel zu suchte, wurde man eben unter dem ursprünglichen ev. Titel fündig.

Eben, und deshalb schrieb ich weiter oben

Es gibt teilweise so viele Varianten von Texten zu einer bestimmten Melodie, dass es sich im Laufe der Zeit als sinnvoll herausgestellt hat, dem Organisten einfach zu sagen, spiel "St. Columba" anstatt den Liedtext zu nennen.

Solche Fälle sind aber hierzulande nur in überschaubarer Anzahl vorhanden.

Das ist wohl wahr.
 
Ein schönes Beispiel wäre "Valet wil ich dir geben", das im kath. Gesangbuch als "O Gott, nimm an die Gaben" drin ist (oder war?), früher war das 468. Die neuen Nummern habe ich leider nicht drauf, dafür bin ich zu lange raus aus der Szene. Wenn man da ein Choralvorspiel zu suchte, wurde man eben unter dem ursprünglichen ev. Titel fündig. Solche Fälle sind aber hierzulande nur in überschaubarer Anzahl vorhanden.

Oder man schaute nach in Eberhard Kraus: Handbuch der Orgelpraxis zum EGB-Gotteslob. Dort gibts zu den meisten Chorälen im alten GL Infos zu entsprechenden Choralvorspielen, auch evangelischen.

Zur Melodie GL 468 gabs noch das bekanntere "Den Herren will ich loben" (261) und "Laßt uns den Engel preisen" (607), also fast anglo-amerikanische Verhältnisse damals.:001:
 

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