Weiterführende Spieltechniken und deren Anwendung

  • Ersteller des Themas Klimperline
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Ganz entscheidend, es ist nicht nur der Unterricht, sondern es ist die Umsetzung und das gewisse Quentchen, was man selbst finden muss. Wer denkt, man bräuchte nur den perfekten Unterricht, dann wäre alles getan, ist im wahrsten Sinne auf dem Holzweg. ( Genauso, wie man nicht ein guter Lehrer wird, bloß weil man die beste Ausbildung genießen dürfte).
 
Zu Repetitionen, mir fällt da gerade die Fliegenklatsche ein. Was macht der Fliege den Garaus? Es ist nicht nur die einfache Wedelbewegung am Griff, sondern der elastische dünne Hals beim Übergang vom Griff zur Patsche ermöglicht, der Patsche selbst noch einen zusätzlichen Drall zu geben, sowohl was Geschwindigkeit und Aufprallwucht (einander bedingend) betrifft.
 
Meine Frage bezog sich mehr auf Kratzert und seine Beschreibung einer freien und einer kollabierten Hand, konkret: Inwiefern unterscheidet sich das, was wir bei Cziffra sehen hinsichtlich seines Handgelenks von der Abbildung 20 auf Seite 138*?
@Wiedereinsteiger123 die beiden Fotos im Kratzertbuch zeigen zur Verdeutlichung eine Übertreibung (besonders die einwärts geknickten Grundgelenke auf dem Bild mit der kollabierten Hand), da haben die Finger beim Anschlag (bzw. beim Abprall vom Tastenboden) keine sichere Stützfunktion mehr und beide, Hand und Finger, werden dann überanstrengt.
Allerdings musst du hier zweierlei berücksichtigen, was den Kratzert betrifft:
1. übertreibt er ein wenig damit, ein (von der Seite gesehen) gerade gehaltenes Handgelenk zum Ideal zu machen (es ist oft, aber eben nicht immer günstig)
2. betreffen diese Bilder sowie seine Ausführungen zu verschiedenen Oktavenspielweisen nicht die Repetitionen im Erlkönig oder in der 6.Rhapsodie!

Schaust du in dem Film die Oktavrepetitionen vom Cziffra*) an, wirst du nirgendwo einnickende Grundgelenke finden (!!), sondern stattdessen sind (völlig richtig und für Tempo & Lautstärke angemessen!) die Finger relativ steil auf den Tasten und das Handgelenk ist eher hoch gehalten (die Hand fällt zu den Tasten) - das kostet bei solchen forte Oktavrepetitionen weniger Kraft, als wenn man sie flacher spielt (!!). Kurzum spieltechnisch/motorisch macht der im letzten Teil alles völlig richtig.

@mick das mit dem Fingerwechsel ist zwar nicht üblich, aber kein Problem wenn man weit genug greifen kann - das macht der, um ein gewähltes Tempo eisern durchzuhalten und nicht versehentlich zu überdrehen (ist entfernt ähnlich mit rhythmisch abgezähltem (Fingerwechsel) und freiem trillern), bei Repetitionen mit wechselnden Doppelgriffen (gibt's erstmals paarmal bei Chopin) sind Fingerwechsel nicht unüblich

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*) der den ersten Teil scheußlich unrhythmisch und auf Show-Getue spielt (obendrein mit eher unerfreulichen Änderungen des Notentexts)
 
@mick das mit dem Fingerwechsel ist zwar nicht üblich, aber kein Problem wenn man weit genug greifen kann - das macht der, um ein gewähltes Tempo eisern durchzuhalten und nicht versehentlich zu überdrehen (ist entfernt ähnlich mit rhythmisch abgezähltem (Fingerwechsel) und freiem trillern), bei Repetitionen mit wechselnden Doppelgriffen (gibt's erstmals paarmal bei Chopin) sind Fingerwechsel nicht unüblich

Ich habe es mal probiert - das geht tatsächlich. Aber hilfreich finde ich das bei der Rhapsodie nicht. Den Anfang der Rhapsodie spielt Cziffra tatsächlich scheußlich. Offenbar langweilt ihn, dass es bis zu den Oktaven im Original keine pianistischen Herausforderungen gibt.

Bei op. 10/7 mache ich natürlich auch die Fingerwechsel!
 
Die Fingerwechsel 4-5 in den gezeigten Oktaven zwingen hier zum dichten Fingerspiel (legato), was auch dann vorteilhaft ist, wenn es im Pedal ist. Ich würde in Takt 19 auch 5-4-5 vorziehen. Aber man kann auch mit 4-5 und dann runterrutschenden 5 legato spielen.
 
Hallo,

ich stimme rolf absolut zu, es gibt EIGENTLICH keine "weiterführenden" Spieltechniken, nur diese oder jene Technik mit mal mehr oder weniger gutem Ergebnis.

Richtige Technik fühlt und hört sich auch so an, nämlich leicht und flüssig. Teil des Problems dürfte sein, dass man viele leichte und mittelschwere Stücke mit entsprechendem Übungsaufwand durchaus mit der falschen Technik halbwegs hinbekommt. Sowie es dann richtig "schwierig" und anspruchsvoll wird, sind die Hürden unüberwindbar hoch. Gehirnforscher bestätigen, was jeder sicherlich schon mal erlebt hat: umlernen ist deutlich schwieriger als etwas gleich von Anfang an richtig zu lernen, wobei natürlich die Ausdifferenzierung und Feinheit mit zunehmender Übung und Erfahrung immer größer wird. Wenn ein Bewegungsmuster schon im Ansatz falsch ist, kann ich die betreffende Stelle weiter üben solange ich möchte, das Ergebnis wird niemals zufrieden stellen. mit dem richtigen Grundmuster gibt es nur diese Ausdifferenzierung und nichts weiterführendes, mit dem falschen Grundmuster ist mit mühevolles UMLERNEN angesagt. Eine Besonderheit stellen allenfalls schnelle Akkord-und Oktavrepetitionen und andere extrem schnelle Passagen dar. Die klappen nur, wie rolf es beschrieben hat, also dass der Schwung aus einer schnellen Bewegung gleich in die nächste übergeleitet werden muss usw., also man letztlich EINE Bewegung erzeugt. ich konnte bisher noch nicht feststellen, dass langsam üben dabei irgendwie hilft. um ein Gefühl für die richtige (einheitliche) Bewegung zu bekommen, muss man quasi die angestrebte hohe Endgeschwindigkeit erreichen. Das kriege ich aber nur hin, wenn ... und an dieser Stelle sind wir wohl beim Thema der sog. weiterführenden Spieltechniken! Wer jetzt meint, "aha, also gibt's die doch", der frage sich kopfkratzend, ob ein simples Arpeggio zu den fortgeschrittenen Techniken gehört.

da eine gute pianistische Technik aus diversen Einzelkomponenten besteht, die weiß Gott keine Zauberei sind, sehe ich auch keinen Grund, Anfängern solche Muster erst beizubringen, wenn sie weiter fortgeschritten sind. Kinder gehen an viele Sachen herrlich unbedarft heran, erst später kommen bei vielen Klavierspielern Ängste auf, man könnte diesen oder jenen Ton nicht treffen etc. für ein siebenjähriges Kind ist es eher ein lustiges Spiel, einen Doppeloktavsprung auszuprobieren und zu hören und zu schauen, wie weit die Landung vom Zielpunkt entfernt war. Ganz nebenbei wird es Lernen, mit der richtigen Bewegung den richtigen Ton zu treffen, egal wie winzig die Hände noch sein mögen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe mir den Faden gerade durchgelesen. Was ich meine verstanden zu haben ist: Gut ist, wenn man sich den eigenen pysischen Gegebenheiten entsprechend, entspannt und effizient bewegt. Mit effizent meine ich jetzt nicht undbedingt den kürzesten Weg von einer Taste zur anderen.
Wenn das so hinkommt, sollte sich mit aufmerksamer Selbstbeobachtung einiges erreichen lassen.
 
bitte nicht böse mit mir sein, wollte nur mal ein paar weiterführende Fragen in den Raum stellen!
 
@Tastengeist : Habe mir nur den berühmten Czardas ( Monti ) angehört, das ist natürlich super, sowas!

Das in vielen Versionen bekannte und verarbeitete Stück ( z.B. im Spiel "Rasputin", durch Rob Hubbard, ganz hervorragend, Commodore 64 ) wurde ja - mit richtig herum gehaltener Geige, auch von Roby Lakatos ( Siehe YT ) gespielt, : als ich hier in dem Street-Video den Zuschauer mit der Krawatte sah, dachte ich erst: Ist das Roby ? :-)- aber war wahrscheinlich ein Irrtum.

Egal: Auf jeden Fall super, was der Mann in Deinem ersten Vid zeigt! :super:

LG, -Rev.-
 
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann!
:-D:-D:-Dklingt griffig und einleuchtend - ja der Kugelkopf und seine zahllosen Denkrichtungsmöglichkeiten :-D:-D:-D
...aber dann kommt als Spaßbremse der große amerikanische Philosoph Marsellus Wallace mit seinem berühmten Kernsatz "wir wollen nicht denken, wir wollen wissen"*)

Was tun? In amüsantes Geblödel abschweifen (dafür votiere ich!) oder beim Thema bleiben? Mit einem Buhuhu-Beigeschmack wurde erwähnt, dass die erworbenen Fähigkeiten versagen, wenn es richtig schwierig wird. Und das ist tatsächlich bei gut 97% aller Klavierenthusiasten der Fall. Es nützt niemandem, wenn man das schönreden möchte: Hobbyspieler, selbst wenn sie wunderschön alle Schubert Impromptus spielen können**), versagen wenn sie im Tempo Prokovevs Suggestion, Skrjabins patetico Etüde oder Paganini/Liszt La Campanella spielen wollen. Man kriegt bestenfalls ein klang- und ausdrucksloses gerade-noch-knapp-unter-tempo Gelingen voller Mühsal und Anstrengung zu hören. Je höher der manuelle Schwierigkeitsgrad, umso deutlicher wird der Unterschied zu den Profis hörbar. Peng. Aus.***)

Da kann man auf den tröstlichen Gedanken (weil der Kopf ja rund ist) verfallen, es gäbe weiterführende Techniken und Tricks, die einem gemeinerweise nur selten gezeigt werden. Fatalerweise gibt es dergleichen aber nicht! Nochmal wiederholt am Beispiel der Oktavrepetition: die leichten Regentropfen enthalten schon die Grundlage für Erlkönig und Campanella, der harmlose Trauermarsch (Mendelssohn) enthält schon die Grundlage für Liszts Liebestod (Akkordrepetitionen). Gemeinerweise aber hat der liebende Vater überm Sternenzelt es so eingerichtet, dass man einfachere Sachen auch ohne die richtigen Bewegungsmuster hinkriegen kann und dass gut 95% der Klavierspieler damit zufrieden sind... zusätzlich ist im Schöpfungsplan verzeichnet, dass selbst bei richtigen Bewegungsmustern für extreme Anforderungen jahrelanges exzessives Training nötig ist! Unter diesen Bedingungen ist es nun wahrlich kein Wunder, dass die meisten mit virtuosem Zeugs schlicht überfordert sind.

Pech hat natürlich derjenige, der im Unterricht nicht die notwendigen Bewegungsmuster eingebläut kriegt... (kann man am Beispiel der kinderleichten Regentropfen am Handgelenk sehen!) ...und Pech hat, wer glaubt, er könne nach jahrzehntelangem 1-2 Stunden täglich üben das aufholen, was andere mit mehr Training und mus. Talent erreicht haben.
...mag ernüchternd und ärgerlich sein, aber glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist ;-)
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*) Cineasten wie @Revenge finden den unschwer und lachen sich schlapp
**) und das ist technisch keine kleine Leistung, musikalisch ist es eine riesige Leistung!!!
***) Beethovens Groschenwut ist kein manuelles Wunderwerk, trotzdem wird keiner der hier versammelten Klavierliebhaber das Ding wie Kissin spielen können, auch nicht wie in weniger rasantem Tempo Kempff
 
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*) Cineasten wie @Revenge finden den unschwer und lachen sich schlapp

Rolf, Django ist mega, m.E, aber den von Dir beschriebenen Film habe ich ganz früher nur 1 Mal gesehen und kann mich an fast nichts mehr erinnern, bestimmt find ich das Zitat aber beim Tube, denk ich. Ich schau nachher mal. Voraussichtlich aber, ein LIKE. :-D

LG, Olli
 
Pech hat natürlich derjenige, der im Unterricht nicht die notwendigen Bewegungsmuster eingebläut kriegt... (kann man am Beispiel der kinderleichten Regentropfen am Handgelenk sehen!)

Um die geht es wohl hier unter anderem: Nach @hasenbein ja bei ueber 90% (?) so, auch wenn sie begabt sind. Leider hilft da nur ein guter Lehrer und kein Buch, kein Schlagwort ("Gewichtsspiel","Durchlaessigkeit" etc.), vielleicht wenigstens ein biszchen selbst ausprobieren=ueben. Sich zu sehr auf "Technik" zu fixieren, hilft meiner Meinung nach auch nicht, da die "Technik", was auch immer das dann sein soll, vom musikalischen Ergebnis losgeloest zu werden droht.
Also ist es tatsaechlich Pech. Zum Glueck gibt es aber so viel schoene Literatur, die jetzt nicht in die "unendlichen Weiten der hohen Virtuositaet" vorstoeszt, so dasz selbst dem nicht ganz so geschmeidigen Laien einiges zu spielen bleibt.
Uebrigens gilt das bis zu einem gewissen Grade auch bei "Profis": Wenn Kissin den "verlorenen Groschen" so hinlegt, so ist er eben Kissin und nicht "irgendein" Profi. An den vielen berufsbildenden Schulen laufen auch nicht lauter Kissine herum, auch wenn an vielen Hochschulen das Niveau extrem hoch ist. Das mag troestlich sein.
Auch troestlich: Ich musz und will mich nicht an Kissin messen. Ich mache Musik, weil es mir Spasz macht, weil ich dann auch beim Zuhoeren eines Meisterpianisten mehr davon habe! Selbst wenn man im privaten Rahmen vorspielt, musz mein kein Kissin sein. Wenn man die Vortragenden persoenlich kennt, ist es eben doch noch etwas anderes.
 
Leider hilft da nur ein guter Lehrer und kein Buch, kein Schlagwort ("Gewichtsspiel","Durchlaessigkeit" etc.),
Klingt einleuchtend, denn, geschlagen werden hat noch keinem geholfen, schon gar nicht, wenn die Gewalt von einem Wort ausgeht. Dann müsste man gar eine Schlagantwort hinterherschieben, die dem Wort restlos den garaus machen würde. Übrig bliebe nur der Schlag. Man könnte nun versuchen, einen Obers einzufangen, um wenigstens eine kleine Gaumenfreude aus dem ganzen Gewaltspiel zu ziehen. Alternativ sucht man nach einem An, um zusammen mit dem Schlag eine Klaviertaste zu bewegen, was ja eigentlich Ziel der ganzen Aktion war. Möglicherweise ist das einzig Sinnvolle ist aber, man fragt einfach seinen Klaviertechniker.
 
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