"Freiere" Gedankengänge während des Übens

J

Janik

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13. Juli 2008
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Hallo :)

Leider weiß ich nicht, ob es dieses Thema bereits gab und entschuldige mich schon mal, falls dem so ist.

Wenn ich länger übe und irgendwann unkonzentriert werde, denke ich manchmal an ganz simple oder gar groteske Dinge. Ich fange beispielsweise an irgendwelche Menschen, die sich nicht gut kennen miteinander in Verbindung zu bringen, ziehe bestimmte Vergleiche.
Neben dem Erfassen von Harmonien, rhythmischen Strukturen etc. als aktiver Denkvorgang, schleichen sich unkontrollierte Überlegungen ein.
Das betrifft meist Menschen, die mir viel bedeuten und mir wichtig sind. Interessant finde ich, dass ich diese Art des freien, ungelenkten Denkens nirgendwo anders finde (außer vielleicht in bestimmten Schlafphasen).

Manchmal sind die Gedankengänge so interessant gewesen, dass ich das mit bestimmten Passagen, die ich spiele, verknüpfe. Also ich denke nicht unbedingt an Erlebnisse, wie ich sie teilweise mit (von mir gehörter) Musik assoziiere, sondern eher an diesen speziellen, nicht selten abwegigen Gedankengang.

Es scheint so, als biete mir das Üben zu bestimmten Zeiten die Möglichkeit, Dinge die mich beschäftigen zu verarbeiten. Auf der anderen Seite ist es so, dass ich dann später nach dem Üben teilweise noch die Noten vor mir sehe und ich direkt fühle, wie sich der Tastenanschlag mit entsprechendem Klang anfühlt.

Meine Frage: Ist das eine "normale" Erscheinung? Geht es euch auch so? Leider kann man sich dann nicht mehr zu 100 % auf das Üben konzentrieren, was dies nicht so effektiv werden lässt, aber es ist trotzdem ein eigenartig angenehmes Gefühl, die Gedanken einfach so "fließen" zu lassen. Natürlich darf das nicht Überhand nehmen, weil man sich eigentlich aufs Üben konzentrieren sollte, genauso wie nach dem Üben, da sollte man sich auch eher in dem "hier und jetzt" aufhalten.


Lg Janik :)
 
Bei uns auf dem Dorf sagt man zu Leuten mit solchen "Erscheinungen": "Dat is ene Övverreflektierte"

Oma
 
Bei uns auf dem Dorf sagt man zu Leuten mit solchen "Erscheinungen": "Dat is ene Övverreflektierte"

Oma

Also Janik, entweder siehst Du davon ab, in dieses Dorf zu ziehen, oder Du bemühst Dich um mehr Oberflächlichkeit.

P.S. Aber mich interessiert auch was die Experten dazu sagen. Intuitiv vermute ich, dass sich ein solch ein gelegentliches Abschweifen positiv auf die Reife der eigenen Interpretation auswirken kann.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wenn ich länger übe und irgendwann unkonzentriert werde, denke ich manchmal an ganz simple oder gar groteske Dinge.
Wie wären Deine Gefühle, wenn die Dinge, an die Du denken musst, die Dich also zum Abschweifen bringen, nicht "simpel" oder "grotest" wären, sondern hochkomplex und extrem realistisch; man könnte auch fragen, "unlösbar verworren" und "absolut naheliegend"?

Empfindest Du das Abschweifen nun als Flow oder als Verhinderung von Flow?

Flow ist ja bekannt als Verlust des Zeitgefühls und eine angenehme Entleerung des Kopfes; ich erreiche dies bei Ausdauersportarten im Gebirge. Wenn man emotionalen Ballast mit im Gepäck hat, ist es aber extrem schwer, die notwendigen Höhenlagen zu erreichen. :-)
 
Meine Frage: Ist das eine "normale" Erscheinung? Geht es euch auch so?

Meinst du jetzt, ob man in Gedanken abschweift oder ob man nach dem Üben Noten vor den Augen sieht und das Tastengefühl noch spürt? Letzteres ist völlig normal, das habe ich nach einer längeren Übesession auch.

Irgendwann wirst du auch fähig sein, sich nur auf das Klavierspielen zu konzentrieren und die Musik innerlich zu hören, da bin ich mir sicher. Im Moment ist es jedoch noch so, dass du in Gedanken abschweifst, weil du dich nicht konzentrieren kannst.

Dazu kannst du folgende Übung machen. Bevor du das nächste mal übst, setzt du dich auf einen Stuhl und zählst deinen Atem. Beim einatmen zählst du 1, dann beim ausatmen 2, dann beim wieder einatmen 3, usw... Das machst du dann bis hundert. Wenn du irgendwelche Gedanken hast, dann beachte sie einfach nicht. Konzentriere dich nur auf deinen Atem. Spüre, wie du ein und ausatmest. (jaja, klingt jetzt alles so esoterisch, aber mach das mal ;))

Wenn du diese Übung machst, kannst du dich wesentlich besser auf das Klavier spielen konzentrieren, weil dein Bewusstsein wacher wird.
 
Wenn du irgendwelche Gedanken hast, dann beachte sie einfach nicht.
Es gibt also nach dieser Anweisung einen oder mehrere Teile im Gehirn, die denken Gedanken und dann gibt es einen anderen Teil, der entscheiden können soll, ob "man" sie beachtet. Wer und wo ist "man" im Gehirn? Wenn es "man" gäbe, wieso kann "er" die Gedanken nicht direkt an der Quelle ausschalten? Wer bestimmt, welche Gedanken wann gedacht werden dürfen und wie wertvoll dieser Gedanke für den Moment ist? Nach meiner Erfahrung kann man Gedanken nicht ausschalten, sie können auch jede Konzentration überlagern (was sich anstrengend anfühlen kann).

WO genau sitzt diese Stelle im Gehirn, die die Anweisung "NICHT BEACHTEN" ausstellen kann? Wie kann man sie trainieren? Dann wäre vieles sicherlich leichter! (oder gefährlicher???).
PS: Ich denke, Konzentration ist nur bei hinreichender emotionaler Ausgeglichenheit erreichbar. Könnte sein, dass das Aus- und Einatmen da überschätzt wird. Wer kann denn ernsthaft 100 Atemzüge zählen ohne an Langeweile zu sterben?
 
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Danke für eure Antworten.

Das Wort "Erscheinungen" klingt wohl doch etwas zu esoterisch ... Natürlich ist das bei mir nicht bei jedem Üben, dann wäre es ja sehr lästig.
Ich empfinde das Beschriebene nicht wirklich als störend und glaube auch nicht dass ich psychisch gestört bin xD.

Wenn ich sehr lange übe und ein Stück motorisch beherrsche kommt das häufiger vor. Also dann geht mir die Konzentration verloren und ich muss das erst mal weglegen.

Neronick, es hat schon etwas entlastendes. Meine Gedanken scheinen sich mit meiner Auffassung der Musik auch teilweise zu verknüpfen.

Ubik, ich meine beides, also das kurze (!) (vielleicht 5- 8 sekunden) Abschweifen der Gedanken und das after-practice-feeling.
Merkwürdig, ich dachte immer ich hätte eine gute Konzentration. Zumindest klappt in der Schule alles.
Aber du hast schon recht, es hat sicherlich mit Konzentration zu tun.


Vorhin habe ich ein Interview von V. Lisitsa gesehen, da gibt sie an, 12-14 h täglich zu üben. Dabei immer hochkonzentriert zu sein stelle ich mir SEHR schwer vor.

LG
 
Hallo :)

Meine Frage: Ist das eine "normale" Erscheinung? Geht es euch auch so? Leider kann man sich dann nicht mehr zu 100 % auf das Üben konzentrieren, was dies nicht so effektiv werden lässt, aber es ist trotzdem ein eigenartig angenehmes Gefühl, die Gedanken einfach so "fließen" zu lassen. Natürlich darf das nicht Überhand nehmen, weil man sich eigentlich aufs Üben konzentrieren sollte, genauso wie nach dem Üben, da sollte man sich auch eher in dem "hier und jetzt" aufhalten.


Lg Janik :)

Ja, Janik, das geht wohl vielen so und darf statistisch gesehen dann wohl als "normal" beurteilt werden. Beim Üben werden, absichtlich oder unabsichtlich Gewohnheiten erworben, wie z.B. auch die, mehr oder weniger konzentriert zu spielen, Letzteres insbesondere bei bereits automatisiertem Spielablauf. Bei Unterforderung erlahmt das Interesse und die Konzentration und die Gedanken beginnen abzuschweifen. Aber auch bei hohen Anforderungen ermüdet die Konzentration. „Mitgeübte Gedanken vermählen sich mit der Automatik“ schreibt G. Philipp (in Klavier, Klavierspiel, Improvisation, S. 115). Jede Minute, die noch geübt wird, wenn die Gedanken bereits wandern, übt das Spielen ohne Konzentration, was m.W. allerdings nicht schädlich sein muss, - im Gegenteil.

Ein Stück auch ohne Konzentration durchzuspielen, kann in Belastungssituationen (Vorspiel) zusätzliche Sicherheit geben, zumal es zeigt, dass bzw. in welchem Maße die Bewegungen auch unbewusst ablaufen. Wichtig ist m.E. nur, dass die Konzentration beim Üben oder Vorspiel willentlich jederzeit aktiviert werden kann, wenn es darauf ankommt.

D'rum lasse es geschehen!

Grüße
Onra
 
ich mach das sehr bewust , absichtlich dass wenn mich was belastet ich das ganz bewust in meine gedanken nehme und so übe ....also mir hilft das zu verarbeiten .....also es gibt da ja in der traumateherapie so ne methode die ganz ähnlich arbeitet also mit schnellen augen bewegungen oder links rechts stimulation auf verschiedene weis und na ja hab ich das in klavierspiel eingebeut und es wirkt ..... ich mach das aber nur bei stücken di ich schon relativ gut kann
 

ich mach das sehr bewust , absichtlich dass wenn mich was belastet ich das ganz bewust in meine gedanken nehme und so übe ....also mir hilft das zu verarbeiten .....also es gibt da ja in der traumateherapie so ne methode die ganz ähnlich arbeitet also mit schnellen augen bewegungen oder links rechts stimulation auf verschiedene weis und na ja hab ich das in klavierspiel eingebeut und es wirkt ..... ich mach das aber nur bei stücken di ich schon relativ gut kann

...das Klavierüben quasi selbsttherapeutisch einzusetzen, ist prinzipiell eine gute Ide, aber nur, wenn man von spieltechnischen und musikalischen Ungeschicklichkeiten genesen möchte... ;)

@ Janik
wenn Du dennoch simultan bei der Sache bist, also trotz gedanklicher Abschweifungen alles hörst und mitdenkst, dann wäre das völlig ok - denn das zeigt, dass in diesem Fall Platz wäre, noch mehr wahrzunehmen. Wenn Dich das aber ablenkt, dann solltest Du Dir Gedanken über die Konzentrationsfähigkeit machen.
 
Vorhin habe ich ein Interview von V. Lisitsa gesehen, da gibt sie an, 12-14 h täglich zu üben. Dabei immer hochkonzentriert zu sein stelle ich mir SEHR schwer vor.
warum?
wenn man mit Freude, wirklich großem Interesse und ebenso großer Anteilnahme bei der Sache ist, dann wird Konzentration bei der Beschäftigung zu einer Art Automatismus und hat mit schwierig und leicht gar nichts mehr zu tun
 
@ Janik
wenn Du dennoch simultan bei der Sache bist, also trotz gedanklicher Abschweifungen alles hörst und mitdenkst, dann wäre das völlig ok - denn das zeigt, dass in diesem Fall Platz wäre, noch mehr wahrzunehmen. Wenn Dich das aber ablenkt, dann solltest Du Dir Gedanken über die Konzentrationsfähigkeit machen.

Wenn man gedanklich abschweift, ist man nicht mehr im Zustand der Hochkonzentration, bei dem alles herum zu versinken und die Zeit stillzustehen scheint. Genau dieser Zustand ist aber der Zustand der höchsten Wahrnehmung, und erst dann kann man ALLES mithören (mit ALLES ist der gegenwärtige Maximalstand der Wahrnehmungsfähigkeit gemeint). Je nach Grad der gedanklichen Abschweifungen gibt es aber davon Abstriche, und vom "alles hören und mitdenken" kann keine Rede mehr sein!
Sicherlich kann man "simultan bei der Sache sein", aber eben nicht zu 100%...
 
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Je nach Grad der gedanklichen Abschweifungen gibt es aber davon Abstriche, und vom "alles hören und mitdenken" kann keine Rede mehr sein!
Sicherlich kann man "simultan bei der Sache sein", aber eben nicht zu 100%...
z.B. das Regentropfenprelude: es ist nicht so aufwendig, und wenn man schlimmeres gewohnt ist, kann man es spielen, dabei alles wahrnehmen und hat dennoch Platz für zusätzliche Gedanken. Es hängt also vom Grad der Komplexität des Musikstücks ab (und natürlich auch von den Bedingungen und Möglichkeiten im jeweiligen Denkgehäuse)
Goldenweiser wählt die Metapher "Dirigentendenken", was die Fähigkeit des simultanen Wahrnehmens und auch Denken Könnens mehrerer Klangschichten betrifft, man findet auch die Bezeichnung polyphones Denken.
 
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um das noch etwas zu präzisieren:
polyphones Denken hat zunächst nichts mit Flow etc und auch nicht direkt mit Hochkonzentration zu tun, sondern gemeint ist die Fähigkeit, unterschiedlich gestaltete musikalische Linien gleichzeit in ihrer Verschiedenheit wahrnehmen und darstellen zu können - wer das nicht kann, der wird es auch bei Flow und Konzentration nicht können (wer nicht schwimmen kann, sollte auch in einem euphorischen Flowanfall lieber nicht ins tiefe Wasser springen)
Goldenweiser ist da recht kalt:
Zitat von Alexander Goldenweiser:
(...)
Die Entwicklung dieser Eigenschaften [="Dirigentendenken", polyphones Denken] kostet sehr viel Mühe und gelingt nur wenigen; darin liegt eine der Ursachen, weshalb zwar Millionen Menschen Klavier spielen, man die wirklich guten Pianisten (...) an beiden Händen abzählen kann. (...) Und die Kompliziertheit dieser Tätigkeit ergibt sich aus der Distribution des Bewußtseins und der Notwendigkeit, bewußt mehrere Linien und Aufgaben gleichzeitig zu gestalten.
Unter solchen Bedingungen sollte klar werden, wie relevant es ist, wenn immer wieder auf Basisgrundlagen wie differenziertes Anschlagen gleichzeitiger Töne und das dann abhören ist sowie die Beschäftigung mit progressiv gesteigerter Polyphonie ist. Wer irgendwas recht gut spielen kann, dabei aber noch Platz im Kopf hat, der kann dann weiter voranschreiten (wenn´s gut läuft)
 
Rolf, was du geschrieben hast bzgl. Polyphonie, ist ja alles richtig, I like this. Und ist im übrigen auch einer der Hauptaspekte, die mich so sehr zur Musik Bachs hinzieht. Es ist bei mir sogar oft so: wenn ich eine Bachfuge anfange zu spielen, und die Gedanken mglw. vorher ziemlich auf Wanderschaft gingen, gelingt es oft, dass im Laufe des Spiels die Gedanken durch das polyphone Spiel selber zur Ruhe kommen und ich merke, wie die Konzentration auf das (erstrebte) Ziel zusteuert. Als Zuhörer ist es schwieriger, aber als Spieler ist es wie eine Sogwirkung bzgl. Konzentration - eine der Dinge, die mich insbesondere an Fugen so faszinieren.

Nichtsdestotrotz sehe ich also ein erstrebenswerte Ziel des Übens (in der Hoffnung, es beim Vorspiel abrufen zu können) darin, dass die Gedanken eben nicht auf Wanderschaft gehen, gerade auch beim polyphonen Spiel. Es sind zwei unterschiedliche Ebenen: eine Ebene ist, dass die Gedanken nicht auf Wanderschaft gehen, und Konzentration auf genau das was man tut, gelenkt bleibt (egal ob die Musik nun polyphon ist oder nicht).
Und die andere Ebene: dass man die Aufmerksamkeit dessen, was man spielt, auf die verschiedenen Aspekte, bei Polyphonie z.B. auf die verschiedenen Stimmen) verteilt. Das heißt ja nur, dass man versucht, in seiner Konzentration und Aufmerksamkeit auf den verschiedenen Stimmen möglichst gleichzeitig und ungestört zu verharren. Umso schlimmer, wenn da noch die Gedanken bei irgendwas anderem außerhalb der Musik hängen.

Und was das Üben angeht, z.B. bei der Orgel gibt es den guten Rat, z.B. mal das Pedal viel stärker zu registrieren, um die Pedalstimme stärker als andere Stimmen im Fokus zu behalten, oder im Extremfall überhaupt kein Register für ein Manual zu ziehen (aber trotzdem spielen), um die andere Hand und Pedal zu kontrollieren. Also die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Stimmen möglichst ungeteilt lenken, um diese Stimme zu verbessern, dazu gehört auf das Stichwort "rotierende Aufmerksamkeit".

Also polyphones Denken hat natürlich erstmal nix mit "Flow" und auch nix mit "Hochkonzentration" zu tun, aber beides hilft ungemein insbesondere eben auch für das Spiel polyphoner Musikstücke.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wie so oft, sind die Fallstricke zahlreich (leider!).
Nach Goldenweisers m.E. völlig richtiger Formulierung ist ja leider zweierlei zugleich gefordert: einmal das wahrnehmen & verstehen simultaner Klanglinien/schichten, dann aber auch das entsprechende darstellen. Ärgerlicherweise ist nicht garantiert, dass man beides gleichermaßen zu beherrschen erlernen kann... aber beides zu können ist erforderlich.
Es ist durchaus ein häufiges Phänomen, dass das Verstehen nebst Klangvorstellungsvermögen und auch das polyphone Wahrnehmen/Hören dem spieltechnischen Vermögen weit voraus ist!! Nicht selten ist dafür Ungeduld verantwortlich: man wittert edleres Großwild, obwohl man noch kaum eine Fliege erhaschen kann. Nicht grundlos wird von den wirklich großen Klavierpädagogen immer wieder auf den Grundlagen des Klavierspiels insistiert: cantabile, esspressivo, Differenziertheit usw. usw. und das alles gleichermaßen geistig wie körperlich.
Wenn man irgendein einfacheres Stück tatsächlich beherrscht, ist schon mal viel gewonnen (darum auch immer wieder der Rat, leichte Stücke ganz allein zu erarbeiten, um daran zu prüfen, wie es um Verstehen und Umsetzen bestellt ist) - denn dann hat man im Kopf wie Bewegungsapparat im günstigsten Fall die Möglichkeit, peu a peu mehr hinzu zu fügen. Vielleicht ist das bei Janik der Fall (das muss er selber beurteilen), und dann kann man m.E. nicht von mangelnder Konzentation sprechen. Aber wie auch immer: bei jeder Übung, bei jedem Stück sollte es eigentlich nicht an den kurz angesprochenen Grundlagen fehlen.
Bzgl. des erforderlichen polyphonen Denkens gibt es übrigens noch was zu differenzieren: das kann man hörend, also passiv, vollständig entwickeln - für interessierte Musikliebhaber ist es kein Problem, einer Bachschen Fuge zu folgen und das Stimmengeflecht sowie den harmonischen Gang nachzuvollziehen, wahrzunehmen usw. Ob das aber auch aktiv beim selber spielen (also darstellen) gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Fürs Klavierspielen brauchen wir dann leider das, was auf dem anderen Blatt steht...
...wie man das erwirbt? enorm viel hören und hörend lernen, enorm akkurat schon bei zwei aufeinander folgenden Tönen vorgehen, enorme Geduld haben, um das verlässlich auch in den eigenen motorischen Apparat zu bringen, sich konzentrieren wollen - - das ist ne ganze Menge...
 
Bzgl. des erforderlichen polyphonen Denkens gibt es übrigens noch was zu differenzieren: das kann man hörend, also passiv, vollständig entwickeln - für interessierte Musikliebhaber ist es kein Problem, einer Bachschen Fuge zu folgen und das Stimmengeflecht sowie den harmonischen Gang nachzuvollziehen, wahrzunehmen usw. Ob das aber auch aktiv beim selber spielen (also darstellen) gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Fürs Klavierspielen brauchen wir dann leider das, was auf dem anderen Blatt steht...
...wie man das erwirbt? enorm viel hören und hörend lernen, enorm akkurat schon bei zwei aufeinander folgenden Tönen vorgehen, enorme Geduld haben, um das verlässlich auch in den eigenen motorischen Apparat zu bringen, sich konzentrieren wollen - - das ist ne ganze Menge...

Ich sehe das insofern etwas anders, als dass man es als Spieler in der Beziehung leichter hat als ein Zuhörer - und zwar alleine dadurch, dass man durch die üblicherweise zig.. (man füge eine 10-er Potenz nach eigener Wahl an :) ) mal selber spielen das Stimmengeflecht mit der Zeit lernt zu entflechten. Ich hätte nicht die Geduld, mir eine Fuge 100x als Zuhörer anzuhören, aber 100x zu spielen ist eher die unterste Grenze (natürlich verteilt auf die Übetage).

D.h. die Wahrnehmung jeder einzelnen Stimme in ihrem Verlauf durch die Fuge gelingt mir als Spieler dadurch viel besser, weil ich sie durch die Übung versuche, zu verinnerlichen.
Das ist ja gerade auch das Wunderbare an einer Fuge, so finde ich: es gibt immer was Neues zu entdecken (auch wenn man schon längst alle Noten gelernt hat), weil man danach noch lernen kann, den einzelnen Stimmen parallel zu folgen und musikalisch zu differenzieren, und sie nicht einfach nur zu spielen. Ob man als Hörer mit sehr wenigen Hörwiederholungen es schafft, allen Stimmen gleichermaßen zu folgen neben der Erfassung der Harmoniefortschreitungen durch die Stimmen in summa, wage ich zu bezweifeln - gehe da eben von mir aus...
 
Ob man als Hörer mit sehr wenigen Hörwiederholungen es schafft, allen Stimmen gleichermaßen zu folgen neben der Erfassung der Harmoniefortschreitungen durch die Stimmen in summa, wage ich zu bezweifeln - gehe da eben von mir aus...
Es ist ein Unterschied vorhanden zwischen analytischem passivem Hören und aktivem während des Spielens - es könnte ja keinerlei ernstzunehmende musikkritische und musikwissenschaftliche Äusserung geben, wenn deren Verfasser nicht angemessen zu hören in der Lage wären ;)
Und abseits der eigenen Umsetzung (spielen) lässt sich durchaus polyphon wahrnehmen etc.
 

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