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AlCoFa
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- 28. Dez. 2006
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Hallo!
Der Täter kehrt immer an den Ort des Verbrechens zurück, sagt man.
Hier trifft es gleich doppelt zu: Einerseits, weil ich nach fast zwei Jahren Abstinenz endlich wieder hier reinschaue und zu bleiben gedenke, und andererseits, weil ich nach damaligem Scheitern an diesem netten Stück nun endlich wieder Chopins Op. 10, Nr. 12 in Angriff nehme.
Es geht mir nun aber gar nicht um die technischen Aspekte dieses Stückes, die bereiten mir keine nennenswerten Probleme mehr (ich war damals einfach überfordert und wollte es mir bloß nicht eingestehen; mittlerweile verbinde ich den Leistungsgedanken glücklicherweise nicht mehr mit dem Musizieren :)); es geht mir nun um die Interpretation des Stücks. Zwar stehe ich noch ganz am Anfang und erarbeite mir das Stück sehr intensiv, doch während dieser Erarbeitung fallen mir einfach auch interpretatorische Aspekte für dieses Stück ein.
Allem voran: Ich bin kein Freund der Einspielungen dieser Etüde. Bisher ist mir unter zig Einspielungen erst eine einzige untergekommen, die ich für schön halte. Also wirklich schön, denn gut sind sie ja alle... :D
Sämtliche Einspielungen, die ich kenne, erscheinen mir so, als sei dem jeweiligen Interpreten an nichts mehr gelegen, als das Stück so schnell wie möglich über die Tasten zu jagen und den Schlussakkord vorschnell reinzuwummern, als wolle niemand diesem Stück einen Ausdruck verleihen, als wolle man anhand dieses Stückes nur seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellen, als nutze man es lediglich als Angeberei und Protz-Objekt.
Und dabei wird - IMHO! - das überaus große(!) dramaturgische Potenzial dieses Stücks einfach unterschlagen.
Wenn ich mir die Geschichte dieses Stücks ansehe, dann erfahre ich: Chopin hat diese Etüde als Reaktion auf die Niederschlagung des Novemberaufstandes in Polen geschrieben; das polnische Volk sehnte sich entgegen den Beschlüssen des Wiener Kongresses also nach Einheit, Freiheit und Unabhängigkeit und äußerte dieses Empfinden sehr deutlich, jedoch erfolgs- und hoffnungslos.
Chopin, der selbst Pole war, bestürzte dieser Umstand natürlich in gewaltigem Maße, fühlte er sich seiner Heimat doch verbunden und wusste er doch, was den Menschen an Freiheit und Unabhängigkeit lag.
Wenn ich diesen historischen Hintergrund nun auf das Stück projiziere, dann kann ich doch nicht einfach Sechzehntel um Sechzehntel runterrattern, damit ich so schnell wie möglich am Ziel ankomme.
Wenn ich bedenke, wie viel Hoffnung, wie viel Kampf, wie viel Enttäuschung, Trauer, aber vor allem: wie viel Wut und Aufgebrachtheit in diesem Stück stecken, so komme ich nicht umhin, zu behaupten, dass jeder, der dieses Stück nicht sogar als einen entfernten Hilfeschrei nach Freiheit empfindet, vielleicht mit einem Liszt besser bedient wäre, um mit etwas schnell Gespieltem zu prahlen.
Natürlich möchte ich euch die Interpretation, die mir tatsächlich sehr zusagt, nicht vorenthalten:
Revolutionsetüde
Ihr müsst allerdings bis 1:43 vorspulen, vorher (und nach dem Ende der Einspielung) seht ihr lediglich Filmsequenzen aus einem Videospiel, in dem es tatsächlich um Chopin geht. :D
Diese Einspielung dauert mit ihren relativ genau 3 Minuten auch tatsächlich ca. 30 bis 50 Sekunden länger als alle anderen Interpretation dieses Stücks, die ich kenne.
Eingespielt wurde das Ganze von Stanislav Bunin. Ich war überrascht, ist doch eine andere Einspielung Bunins, die sich auf Youtube findet, in meinen Augen genau eine solche, wie ich es nicht für gut heiße: einfach runtergespielt.
Für mich jedenfalls sind Tempo und Dynamik in diesem Stück bei in meinen Augen schöner Interpretation keinesfalls einheitlich und gleichmäßig, sondern stetigem Wechsel unterzogen. Dieses Stück ohne Rubato, Ritardando oder gar Ritenuto zu spielen, ebenso ohne jeglichen Dynamikwechsel, ist für mich einfach nicht machbar. Alles andere mag zwar hochvirtuos sein, spiegelt aber den Geist des Stückes - so wie ich ihn sehe - nicht einmal ansatzweise wider.
Und wie seht ihr dieses Stück?
Der Täter kehrt immer an den Ort des Verbrechens zurück, sagt man.
Hier trifft es gleich doppelt zu: Einerseits, weil ich nach fast zwei Jahren Abstinenz endlich wieder hier reinschaue und zu bleiben gedenke, und andererseits, weil ich nach damaligem Scheitern an diesem netten Stück nun endlich wieder Chopins Op. 10, Nr. 12 in Angriff nehme.
Es geht mir nun aber gar nicht um die technischen Aspekte dieses Stückes, die bereiten mir keine nennenswerten Probleme mehr (ich war damals einfach überfordert und wollte es mir bloß nicht eingestehen; mittlerweile verbinde ich den Leistungsgedanken glücklicherweise nicht mehr mit dem Musizieren :)); es geht mir nun um die Interpretation des Stücks. Zwar stehe ich noch ganz am Anfang und erarbeite mir das Stück sehr intensiv, doch während dieser Erarbeitung fallen mir einfach auch interpretatorische Aspekte für dieses Stück ein.
Allem voran: Ich bin kein Freund der Einspielungen dieser Etüde. Bisher ist mir unter zig Einspielungen erst eine einzige untergekommen, die ich für schön halte. Also wirklich schön, denn gut sind sie ja alle... :D
Sämtliche Einspielungen, die ich kenne, erscheinen mir so, als sei dem jeweiligen Interpreten an nichts mehr gelegen, als das Stück so schnell wie möglich über die Tasten zu jagen und den Schlussakkord vorschnell reinzuwummern, als wolle niemand diesem Stück einen Ausdruck verleihen, als wolle man anhand dieses Stückes nur seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellen, als nutze man es lediglich als Angeberei und Protz-Objekt.
Und dabei wird - IMHO! - das überaus große(!) dramaturgische Potenzial dieses Stücks einfach unterschlagen.
Wenn ich mir die Geschichte dieses Stücks ansehe, dann erfahre ich: Chopin hat diese Etüde als Reaktion auf die Niederschlagung des Novemberaufstandes in Polen geschrieben; das polnische Volk sehnte sich entgegen den Beschlüssen des Wiener Kongresses also nach Einheit, Freiheit und Unabhängigkeit und äußerte dieses Empfinden sehr deutlich, jedoch erfolgs- und hoffnungslos.
Chopin, der selbst Pole war, bestürzte dieser Umstand natürlich in gewaltigem Maße, fühlte er sich seiner Heimat doch verbunden und wusste er doch, was den Menschen an Freiheit und Unabhängigkeit lag.
Wenn ich diesen historischen Hintergrund nun auf das Stück projiziere, dann kann ich doch nicht einfach Sechzehntel um Sechzehntel runterrattern, damit ich so schnell wie möglich am Ziel ankomme.
Wenn ich bedenke, wie viel Hoffnung, wie viel Kampf, wie viel Enttäuschung, Trauer, aber vor allem: wie viel Wut und Aufgebrachtheit in diesem Stück stecken, so komme ich nicht umhin, zu behaupten, dass jeder, der dieses Stück nicht sogar als einen entfernten Hilfeschrei nach Freiheit empfindet, vielleicht mit einem Liszt besser bedient wäre, um mit etwas schnell Gespieltem zu prahlen.
Natürlich möchte ich euch die Interpretation, die mir tatsächlich sehr zusagt, nicht vorenthalten:
Revolutionsetüde
Ihr müsst allerdings bis 1:43 vorspulen, vorher (und nach dem Ende der Einspielung) seht ihr lediglich Filmsequenzen aus einem Videospiel, in dem es tatsächlich um Chopin geht. :D
Diese Einspielung dauert mit ihren relativ genau 3 Minuten auch tatsächlich ca. 30 bis 50 Sekunden länger als alle anderen Interpretation dieses Stücks, die ich kenne.
Eingespielt wurde das Ganze von Stanislav Bunin. Ich war überrascht, ist doch eine andere Einspielung Bunins, die sich auf Youtube findet, in meinen Augen genau eine solche, wie ich es nicht für gut heiße: einfach runtergespielt.
Für mich jedenfalls sind Tempo und Dynamik in diesem Stück bei in meinen Augen schöner Interpretation keinesfalls einheitlich und gleichmäßig, sondern stetigem Wechsel unterzogen. Dieses Stück ohne Rubato, Ritardando oder gar Ritenuto zu spielen, ebenso ohne jeglichen Dynamikwechsel, ist für mich einfach nicht machbar. Alles andere mag zwar hochvirtuos sein, spiegelt aber den Geist des Stückes - so wie ich ihn sehe - nicht einmal ansatzweise wider.
Und wie seht ihr dieses Stück?