Wie löst Musik ein bestimmtes Gefühl aus?

Jazzpiano

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Hallo

dass Musik Emotionen freisetzt braucht ja nicht diskutiert zu werden, aber wie oder wann oder wodurch macht sie das?

In einer Musikschule steht als Übehinweis für Tonleitern:

der Anfänger soll sich darin üben, eine Tonleiter heiter zu spielen :) , oder sie soll traurig klingen :( , sie soll Gefühle wecken.

Ich glaube, dies gelingt nicht einmal einem Großmeister der Musik.

Emotionen können doch nur durch eine Melodie, durch einen Akkord oder Akkordfolgen freigesetzt werden; angereichert mit Dynamik, Agogik, Tongeschlecht und sonstigen Parametern.

Eine Tonleiter kann man leise oder laut, langsam oder schnell, legato oder staccato spielen. Wenn man sie leise und langsam spielt, heißt das noch lange nicht, dass sie traurig macht, oder doch?

Eure Meinung wäre mir sehr wichtig.

LG Jazzpiano
 
Da ich im Moment eh' nur mit der linken Hand spielen kann, habe ich ein wenig experimentiert.

Ich finde, dass man durchaus verschiedene Emotionen mit Tonleitern ausdrücken kann, wenn man z.B. Anschlag und Rhythmus entsprechend verändert. Es stand ja nicht dabei, dass man die Tonleitern legato in gleichmäßigem Tempo spielen muss.
 
"heiter" und "traurig" sind nicht mal echte Gegensätze. Ich würde die gesamte Gefühlsskala empfehlen - am besten eine Liste machen - und dann zweierlei machen:

- "Alle meine Entchen" (!) in möglichst vielen unterschiedlichen Varianten spielen (Hilfsvorstellungen: Der See kann unerreichbar sein, die Entchen müssen nicht zwangsläufig tauchen und Letzteres kann man traurig, gemein, sarkastisch, ironisch, hungrig oder sogar zufrieden betrachten).
Mit Tonleitern geht das selbstverständlich auch, dafür muß man kein Meister sein.

- Sich aus der Liste ein Gefühl heraussuchen, sich das vorstellen (nicht unbedingt fühlen, eher wie ein Schauspieler) und dann eine simple Melodie dazu ausdenken, am besten spontan spielen oder erstmal vorstellen und dann spielen, möglichst sogar dazu singen.

Es wird meiner Meinung nach nicht funktionieren, wenn man sich überlegt, welche "Vokabeln" man verwendet. Das klingt nämlich genauso unbeholfen, wie jemand, der in einer fremden Sprache redet, die er nicht beherrscht, und dabei Angst hat, seine schlechten Kenntnisse zu verraten. Wer aber emotional drauf los radebrecht, dessen Gefühle kommen mit Sicherheit zum Ausdruck, selbst dann, wenn seine Rede verbal völlig unverständlich ist. Und ungefähr so "funktioniert" auch Musik. Je nach Grad der Unverständlichkeit und Stärke der Emotion kann es natürlich für den Zuhörer lächerlich, mitleiderregend oder sogar peinlich wirken.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hööö? Hää? Aaaaaaah!
Ist doch nicht mal sooooo schwer etwas traurig und etwas "heiter" zu spielen.

Nehm mal "My Heart will go on".
Kannste entweder langsam und somit traurig spielen, oder etwas zügiger und somit hört sichs schon nicht mehr gar so traurig an und wenn man jetzt noch den Rythmus etwas verändert und die Akkorde (bei der Keyboardversion) verändert, dann kann man mans richtig heiter spielen, obwohl an sich das Lied traurig klingt.

Die Tonleiter kann man selbstverständlich auch traurig oder heiter spielen.

Immer wenn ich improvisier/komponier, dann kommen meistens traurige Sachen dabei raus und dann versuch ichs immer heiter zu spielen und mittlerweile schaff ichs eigentlich ganz gut exakt die gleichen Noten traurig und heiter zu spielen:).

Profi muss man dafür übrigenz nicht sein;).
 
Guendola,

Du kannst wie immer Zusammenhänge wundervoll auf den Punkt bringen.

Ich habe nun nach Deinen Vorschlägen geübt. "Alle meine Entchen" könnten traurig geklungen haben, überzeugt haben mich meine Versuche nicht.

Wie ich schon oben sagte, meiner Meinung nach kann nur eine entsprechende Melodie emotional bewegen ("Alle meine Entchen" in a-moll klingt wirklich traurig) oder Harmonien.

Eine Tonleiter dagegen gibt emotional nichts her, da müsste ich einen traurigen oder einen feierlichen oder einen lustigen Ton anschlagen. Ein Ton kann aber nicht entsprechend gefärbt werden.

LG Jazzpiano
 
Ich habe nun nach Deinen Vorschlägen geübt. "Alle meine Entchen" könnten traurig geklungen haben, überzeugt haben mich meine Versuche nicht.

Das klappt natürlich nicht von heute auf morgen, sowas muß man immer wieder machen, am besten vor allem mit den Stücken, die man sowieso übt (aber da möglichst mit geeigneten Stimmungen).
 
Hi,

die Frage an sich ist super interessant.

Ich glaube übrigens nicht und das wird hier ein bischen verwechselt, dass, wenn man etwas mit einem bestimmten eigenen Gefühl spielt, dieses Gefühl dann automatisch beim Zuhörer evoziert (ja, ich mag Fremdwörter ;-), das benützen die Psychologen) wird.

Sondern die Musik ist ja ein Medium und man muss die Mittel dieses Mediums kennen und nutzen (ich kenne sie leider nicht gut genug).

Wir hatten das mal in einem anderen Thread diskutiert und ich bin weiterhin der Meinung, dass ein konkreter Weg, das zu lernen, ist, sich beim Spielen in die Rolle des Zuhörers zu versetzen und dann zu beobachten/kontrollieren welche Gefühle aus dem Gehörten entstehen. Nur dann wird es über die Musik transportiert.

Gruß

PS: Noch eins.
 
Wie löst Musik ein bestimmtes Gefühl aus?

Leider gibt es keine direkte Antwort. Wie ein Gefühl bei einer bestimmten Person ausgelöst wird, hängt ganz alleine von ihr ab. Man kann nicht einfach einen Knopf drücken (bildlich gesprochen) und damit ein Gefühl auslösen. Wie schon erwähnt wurde, kann die selbe Aufnahme zu unterschiedlichen Zeiten bei der selben Person völlig andere Gefühle wecken. Musik kann Gefühle nur beschreiben und der Zuhörer reagiert darauf entsprechend seiner eigenen Stimmung.

Zu dem eigentlich überhaupt nicht ähnlichen Thema "wie drückt Musik Gefühle aus" habe ich ja hier schon geantwortet.

PS: Eine Melodie hat natürlich im Prinzip eine dramaturgische Aussage, aber die hängt immer davon ab, wie diese Melodie vorgetragen wird. Die Melodie von "Alle Meine Entchen" wäre auch für jemanden, der sie nicht kennt, als Trauermarsch eher ungeeignet aber prinzipiell denkbar. Das Problem für fast alle ist natürlich, daß man den Text kennt und weiß, daß es sich um ein lustiges Kinderlied handelt. Deswegen wäre dieser Trauermarsch - jedenfalls bei deutschsprachigen Beerdigungen - immer zum Scheitern verurteilt, weil die Leute das Gefühl hätten, auf den Arm genommen zu werden, sobald sie die Melodie erkennen. Aber zur Beerdigung von Ernies Quietsche-Entchen in der Sesamstraße wäre es schon was ganz anderes... Daraus könnte man tatsächlich etwas über das Auslösen von Gefühlen durch Musik ableiten.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Leider gibt es keine direkte Antwort. Wie ein Gefühl bei einer bestimmten Person ausgelöst wird, hängt ganz alleine von ihr ab. Man kann nicht einfach einen Knopf drücken (bildlich gesprochen) und damit ein Gefühl auslösen. Wie schon erwähnt wurde, kann die selbe Aufnahme zu unterschiedlichen Zeiten bei der selben Person völlig andere Gefühle wecken. Musik kann Gefühle nur beschreiben und der Zuhörer reagiert darauf entsprechend seiner eigenen Stimmung.

Ohja, damit hast du recht.
Trauriges kann sich auch Fröhlich anhören, wenn man es im richtigen Moment spielt:)
 
Wie löst Musik ein bestimmtes Gefühl aus?

Leider gibt es keine direkte Antwort. Wie ein Gefühl bei einer bestimmten Person ausgelöst wird, hängt ganz alleine von ihr ab. Man kann nicht einfach einen Knopf drücken (bildlich gesprochen) und damit ein Gefühl auslösen. Wie schon erwähnt wurde, kann die selbe Aufnahme zu unterschiedlichen Zeiten bei der selben Person völlig andere Gefühle wecken. Musik kann Gefühle nur beschreiben und der Zuhörer reagiert darauf entsprechend seiner eigenen Stimmung.

So isses: ein langsamer Mozart-Satz beruhigt eben nicht immer alle Leute, wie manchmal behauptet wird: ein Mozart-Hasser dürfte eher aggressiv werden.
Als Interpret kann ich allerdings die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Gefühle, die ich ausdrücken möchte, auch so ähnlich bei den Zuhörern ankommen. Ich mach das dann genauso, wie Guendola das vorschlägt und "versenke" mich in die gewünschte Emotion. Guendolas Hinweis "wie ein Schauspieler" finde ich hilfreich, denn was "bringt es" den Zuhörern, wenn ich traurig spielen möchte und dabei in Tränen aufgelöst am Klavier sitze? ;O)
Es stehen mir die bekannten und erwähnten musikalischen Parameter zur Verfügung (zB langsam - schnell, laut - leise, staccato - legato) - in fast unendlicher Variations- und Kombinationsvielfalt. Damit kann ich schon eine ganze Menge ausdrücken, aber leider ist die Wirkung auf die Zuhörer nicht garantiert.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die von mir intendierte Emotion so oder ähnlich bei den meisten Leuten ankommt, erhöht sich natürlich, wenn ich meine Körpersprache zusätzlich zum Klang einsetze. Diese sollte möglichst "echt" sein und zum Interpreten passen. Manche Pianisten bewegen sich sehr viel und es wirkt auch passend, bei anderen kommt das nur "aufgesetzt" rüber. Wieder andere können scheinbar bewegungslos dasitzen, haben aber dermaßen viel Suggestionskraft, dass auch da die Emotion über die Rampe kommt.
Mir selbst hilft es, wenn ich Bewegung zulasse, sie womöglich verstärke, denn dann gelingt es mir noch besser, in die gewünschte Emotion einzutauchen.

"Objektiv messbar" wird das vielleicht nicht sein. Ich habe nur den Unterschied auf Zuhörer per Feedback mitbekommen.
Meine Erfahrung hierbei: je tiefer ich die Musik vorher "durchdrungen" habe, umso intensiver kann ich auch Emotionen vermitteln.

Auf jeden Fall macht mir das Klavier spielen SEHR viel mehr Freude, wenn ich dabei etwas fühle und es auch ausdrücken will.
Und Guendolas Vorschlag ("Alle meine Entchen" in allen möglichen Emotionsnuancierungen spielen) ist eine klasse Übung, seine Ausdrucksfähigkeit zu erweitern. Eine ganz ähnliche Übung - nur noch extremer als mit einer Tonleiter - machen auch Schauspieler und Sprecher: Sie nehmen sich das Alphabet vor und sprechen jeden Buchstaben mit einer ganzen Liste von Emotionen durch, indem sie sich vorher in die gewünschte Emotion hineinbegeben.

Fake it 'til you make it ! ;-)
 

Moin,

ich hätte an dieser Stelle noch eine Buchempfehlung. Es ist "Der Mozart in uns" von Barry Green und W. Timothy Gallwey. In den letzten Kapiteln gehen sie recht detailliert auf das Thema Emotionen und Vermittlung selbiger ein, ein eher unbekanntes, aber aus meiner Sicht hilfreiches Buch, weil es auf Aufführung und Interpretation tiefer einsteigt.

Rainer
 

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