Wie bereitet man sich optimal auf eine Vorspielsituation vor?

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
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Hallo miteinander,

ich komme jetzt noch mal zurück auf das Thema des Fadens, nämlich die Vorbereitung auf eine Vorspielsituation.

Ich bin mit dieser Vorbereitung immer noch beschäftigt und der Grund dafür, dass ich hierzu einen Faden erstellt habe war in erster Linie, dass ich dieses Mal wirklich ein längeres Stück mit drei Sätzen vorspielen werde. Ich habe auch in der Vergangenheit bereits an Vorspielen im Kreise von anderen Spätanfängern teilgenommen, aber bei diesen Vorspielen waren zum einen die Stücke wesentlich kürzer und zum anderen waren es immer eine Art "Wohnzimmervorspiele", d.h. immer bei einem Spätanfänger zuhause in einem entsprechend kleinen Kreis. Dieses Mal ist der Kreis zwar auch nicht so viel größer - angeblich werden nicht allzu viel Familienangehörige mitgebracht - aber dieses Mal findet das Vorspiel in einem offiziellen Raum (in dem kleinen Musiksaal einer Schule) und für die Klavierspieler auf dem dort vorhandenen Flügel statt.

Mittlerweile hat es sich ergeben, dass die Klavierspieler unter den vorspielenden Spätanfängern morgen nachmittag Gelegenheit haben, sich mit dem Schulflügel vertraut zu machen. Es wurde eine Art Belegungsplan für den Nachmittag erstellt und jeder von uns hat nun ca. 40 Minuten Gelegenheit, den Flügel kennenzulernen.

Das ist ja schon mal sehr positiv und ich freue mich auch schon darauf. Im übrigen geht es ja bei dem bevorstehenden Vorspiel auch um nichts....

Abegesehen von diesen "Äußerlichkeiten", nämlich Vorspielambiente und Instrument, war ich in der vergangenen Woche natürlich intensiv mit meinem Vorspielstück beschäftigt und hatte Ende der Woche noch eine letzte Klavierstunde vor dem Vorspiel.

Das Stück lief beim Vortrag vor der Klavierlehrerin in allen drei Sätzen eigentlich sehr gut! Allerdings gab es immer noch kleine Kritikpunkte von seiten der KLin!

Ich bin ja dankbar, wenn sie mich auf alles hinweist, was besser sein könnte - aber so kurz vor dem Vorspiel würde ich natürlich am liebsten hören "alles Bestens, das kannst du so lassen!" Leider war es nicht so!

Die beiden Kritikpunkte betrafen

1) den Schluss des gesamten Stücks:
Dieser Schluss soll ff gespielt werden - das weiss ich eigentlich auch. Allerdings habe ich ihn dann nur forte gespielt. Kommentar meiner KLin "wenn etwas vollkommen perfekt sein muss, dann ist es der Schluss eines Stücks! Wenn in der Mitte irgendwo eine Kleinigkeit nicht ganz stimmt, dann wird es eventuell wieder im Laufe des Stücks vergessen, aber der Schluss prägt sich ein und entscheidet über den Eindruck, den der gesamte Vortrag hinterlässt!"
Naja, an ff zu denken dürfte eigentlich nicht so schwierig sein!

2) von p zu pp
Dies kommt in meinem Vortragsstück mehrmals vor, dass man nach wenigen Takten p zu pp kommen muss. Da, wo es in den Übergängen viele Terzfolgen gibt, habe ich mir sogleich angewöhnt, rechtzeitig das linke Pedal zu treten.

An einer anderen Stelle gibt es einen Takt p, einen Takt decrescendo und dann einen Takt, in dem das pp erreicht sein soll. Hier habe ich bisher immer versucht, ohne linkes Pedal auszukommen. Offenbar ist diese Vorgehensweise aber an dieser Stelle nicht überzeugend. Ich soll das jetzt mit dem linken Pedal machen, obwohl es bisher mein Ehrgeiz war, das ohne linkes Pedal hinzubekommen. Natürlich ist es mit dem linken Pedal einfacher - aber ich frage mich jetzt eigentlich, wann ist eine Art Ehrgeiz, ohne linkes Pedal auszukommen überhaupt angebracht???

Soweit zu meinem Vorspielvorbereitungen!

Demnächst weitere Infos!

LG

Debbie digitalis
 
Moin,

wann ist denn das Vorspiel?
Die von Deiner KL bemängelten Stellen jetzt noch zu "ändern", Pedal einfügen etc., meinst Du, das sind Kleinigkeiten, die Du noch so nebenbei in der Vorspielsituation bedenken kannst?
Jetzt noch dies und das zu ändern ist das beste Rezept, beim Vorspiel ins Schwimmen zu kommen. Denk einfach an die Musik und nicht an Deine KL! Die hilft Dir da vorne nicht mehr!

Klavirus
 
Moin,

wann ist denn das Vorspiel?
Die von Deiner KL bemängelten Stellen jetzt noch zu "ändern", Pedal einfügen etc., meinst Du, das sind Kleinigkeiten, die Du noch so nebenbei in der Vorspielsituation bedenken kannst?
Jetzt noch dies und das zu ändern ist das beste Rezept, beim Vorspiel ins Schwimmen zu kommen. Denk einfach an die Musik und nicht an Deine KL! Die hilft Dir da vorne nicht mehr!

Klavirus

Hallo Klavirus,

danke für deine Antwort! Das Vorspiel ist am Donnerstag und heute habe ich den Schulflügel getestet! Natürlich spielt sich der Flügel in dem Musikraum ganz anders als mein heimisches Klavier im Wohnzimmer. Allerdings ist er zum Glück nicht grundsätzlich anders, d.h. er hat ebenso wie mein Klavier zuhause einen eher leichten Anschlag, der dann (am Flügel und in seiner Umgebung) allerdings ganz anders wirkt als zuhause im Wohnzimmer. Ich hatte ja Zeit den Flügel anzutesten und habe mich mit seinen Eigenheiten ein wenig vertraut machen können! Kurz vor dem Vorspiel kann ich dann auch noch mal 10 - 15 Min an den Flügel!

Allerdings hast du bezüglich des Vorspielstücks recht! In so kurzer Zeit werde ich es mir nicht angewöhnen können, nachdem das Spiel fast beendet ist, daran zu denken, dass jetzt eine Stelle kommt, an der ich mit Einsatz des linken Pedals besser "fahren" (d.h. pp spielen) könnte! Also werde ich (wie bisher) versuchen,das pp ohne Pedal hinzubekommen!

Was den mehrtaktigen Schluss betrifft:
da glaube ich dann einfach dran, dass es mir hier einfällt, dass ich hier entschieden ff spielen muss!!

Abmühen werde ich mich mit dem Vorspielstück jetzt nicht mehr - ich werde morgen und übermorgen versuchen, meinen derzeitigen Spielstand entspannt in den verschiedensten Situationen (bzw. bei ganz unterschiedlichen Einsatzstellen) abzurufen - und dann sollte es eigentlich klappen!!:D:D

Nach dem Schicksalstag (:D:D) werde ich berichten!

LG

Debbie digitalis
 

Hallo Klavirus und alle anderen, die es interessiert,

So wars:

Nun habe ich das Vorspiel glücklicherweise hinter mich gebracht !!!

In den letzten Tagen vor dem Vorspiel habe ich meine Sonatine innerhalb der Familie noch mehrmals zur Probe vorgespielt. Mittlerweile können mein Mann und meine Kinder sie nicht mehr hören! Beim Vorspiel war ich dann - als „dienstälteste“ Schülerin bei meiner KLin - als letzte von insgesamt 7 Erwachsenen mit dem Vorspielen dran. Das Vorspiel fand am frühen Abend statt und ich war den ganzen Tag über höllisch aufgeregt.

Als das Vorspiel dann schließlich beginnt, bin ich so nervös, dass ich den Vorträgen der anderen kaum richtig folgen kann, geschweige denn, irgendeinen Vorspiel genießen kann. Ich habe feuchte Hände, Herzklopfen und weiche Knie. Ich habe auch nicht wie manche andere, die hier vorspielen, eine mir nahestehende Person zum Händchenhalten oder Daumendrücken mitgebracht. Ich will hier alleine durch - tot oder lebendig!:D

Während ich den Ablauf meiner Sonatine und diverse Einzelheiten gedanklich immer wieder im Kopf durchgehe, registriere ich mehr oder weniger am Rande, dass ein flüssig und fehlerfrei gespielter Wilder Reiter irgendwie etwas gehetzt klingt, dass im Bach-Präludium, das ich auch mal gespielt habe, irgendwo mal kurz die Reihenfolge nicht so ganz stimmt, dann kommt der Spieler aber wieder in den richtigen Ablauf. Eine Spielerin schraubt m.E. ewig lang am Hocker rum, bevor er die richtige Höhe hat und sie dann schließlich anfängt. Zwischendurch klopft es an der Tür, weil jemand den Schlüssel für ein Klavier in einem anderen Raum sucht. Schließlich beginnt die letzte Vortragende vor mir. Eine Wiedereinsteigerin, die die von ihr vorgetragene Elise vor xx Jahren als Jugendliche schon mal konnte und vorgespielt hat . Sie spielt jetzt sehr souverän und schön und sieht so aus, als wäre das Wort Aufregung für sie ein absolutes Fremdwort! (Neid-Smiley)

So wird das bei dir weder aussehen, noch klingen, denke ich noch. Da bin ich plötzlich selbst an der Reihe! Aufstehen und mit zittrigen Knien zum Flügel wanken! Nichts anmerken lassen, ganz cool auf dem Hocker Platz nehmen! Jetzt schraube ich selbst recht lange an dem Hocker herum, bis die Höhe stimmt, denn die Wiedereinsteigerin mit der Elise, die vor mir dran war, ist wesentlich größer als ich. Nun stelle ich noch die Noten, d.h. eine vier aneinandergeklebte Seiten umfassende augenfreundliche Großdruck-Fassung meiner Clementi-Sonatine auf das Notenbrett. Ich prüfe den optimalen Stand und hoffe, dass die Blätter nicht herunterfallen oder irgendwie heruntergeweht werden.

Dann denke ich noch ganz fest: lass dich vom Klang des Flügels nicht erschrecken, wenn du jetzt forte beginnst: du hast selbst ein lautes Klavier mit relativ leichtem Anschlag und du hast den Flügel bereits gespielt!!! Dann geht’s los – und ich weiss nicht mehr wie – aber irgendwie komme ich ohne Fehler durch den ersten Satz mit allen Wiederholungen! Erleichterung! Danach von mir geplant: kurz Luft holen, die vier aneinandergeklebten Notenblätter ein wenig weiter nach links ziehen, Füße den Pedalen näheren, da im zweiten Satz an ein paar Stellen rechtes und auch einmal linkes Pedal vorkommt. Während dieser wenigen Sekunden Stille beginnt ein mitgebrachter Händchenhalter spontan zu applaudieren, andere wollen einfallen, doch unsere Klavierlehrerin versteht es, diesen deplazierten Beifall rasch abzuwürgen.

Ich kann also mit meinem zweiten Satz beginnen. Gedanklich habe ich mich bereits auf das langsamere Tempo des Andante eingestellt. Ich registriere wie von aussen, dass die Sache läuft. Dolce und piano gelingen gut, da wo sie angesagt sind; die Triller klappen und hören sich plötzlich so an, als wären sie ganz einfach. Dann ist auch schon das Ende des Satzes, in dem es glücklicherweise keine Wiederholungszeichen gibt erreicht und ich lasse ihn schön ausklingen.

Kurz aufatmen, die Notenblätter ein Stück weiter nach links schieben – zum Glück klatscht jetzt keiner – und weiter gehts mit dem dritten Satz vivace. Auch hier läuft die Sache, ich weiß nicht mehr recht wie und offenbar beachte ich alles, was ich mir vorgenommen habe, in dem ich schnell genug vorausdenke. Jetzt kommt gleich die einzige Stelle im gesamten Satz, an der ich das linke Pedal brauche, weil ich hier pp spielen muss (und will). Doch wo sind meine Füße? Irgendwie nach hinten Richtung Hocker abgewandert! Und wo ist das linke Pedal? Vorne links, wo es immer ist, natürlich! Doch in welchem Abstand? Ich hätte den linken Fuß schon zu Beginn des 3. Satzes in die Nähe des linken Pedals stellen sollen, insbesondere weil ich mit dem linken Pedal bisher wenig Erfahrung habe! Doch jetzt hilft nur noch: Beherzt nach vorne und runter treten und hoffen, dass ich treffe! Ich erwische das Pedal, treffe es allerdings nur auf der Kante – aber es ist unten und dort bleibt es die erforderliche Zeit! Zum Glück! Jetzt habe ich es nicht mehr weit bis zum Ende des Stücks. Ich spiele, nun wieder innerlich ruhiger, dem Ende entgegen und jetzt konzentriere ich mich auf den Schluss in ff: Ich spiele ganz entschieden und der Flügel gibt her, was er zusammen mit mir kann – und das wars auch schon!


ICH HABE DAS VORSPIEL HINTER MIR UND ICH HABE ES GESCHAFFT!:klavier::klavier:

LG

Debbie digitalis
 
Herzlichen Glückwunsch!

Du scheinst fürs Vorspielen geboren zu sein... beim nächsten Mal muss der Saal aber voll werden!

:drummer:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wow, habe den Bericht zum Vorspiel gerade gelesen und tatsächlich eine Gänsehaut bekommen! Da kamen eine ganze Menge Erinnerungen hoch, und nicht nur schöne ;-)

Vielleicht darf ich noch eine Sache zur Vorbereitung anfügen: Um die Langeweile und Gleichförmigkeit repetitiven Übens sinnvoll aufzulockern, nehme ich mir gelegentlich die Zeit für eine eingehende Analyse der Harmonik des jeweiligen Stückes (oder Teilen davon). Das daraus resultierende höhere theoretische Verständnis des Notentextes gibt mir ein Gefühl größerer Sicherheit und ermöglicht auch mal die eine oder andere Improvisation zwischendurch, wenn's mal in der Übungsphase gar nicht mehr weitergehen sollte.
 

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