Was macht man wenn der Klavierunterricht keinen roten Faden zu haben scheint?

tasterich

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7. Feb. 2018
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Hallo zusammen,

ich nehme seit etwas über 2 Jahren Klavierunterricht. Als ich eingestiegen bin, war ich nicht ganz unbeleckt, da ich bereits flüssig den Violin-Schlüssel lesen konnte und einigermaßen den Bassschlüssel.

Die ersten 1 1/2 Jahre war ich zufrieden mit dem Klavierunterricht. Aber in letzter Zeit bin am Zweifeln was die Methodik meines Klavierlehrers angeht. In seinem Unterricht scheint es mir keinen roten Faden zu geben. Im Grunde reihen wir einfach ein Stück an das Nächste. Ich kann dabei aber keinen didaktischen Aufbau erkennen. Wenn wir dann in einem Stück auf eine schwere Stelle stoßen, dann ist es eher so das es heißt: Ahja, schau an dem Stück, das wir gerade üben, kannst z.B. Thema X lernen. Es kam noch nie vor das es hieß: In der nächsten Zeit beschäftigen wir uns mit Thema Y (z.B. Arpeggien, usw.) und deshalb, wären jetzt die folgenden Stücke zu üben.

Ein weiteres Beispiel: Ich habe vor eingen Wochen im Unterricht gefragt ob Gehörtildung nicht ein wichtiges Thema wäre mit dem ich mich beschäftigen sollte. Das wurde bejaht und in der Stunde hat mir mein Klavierlehrer dann Intervalle vorgespielt, erst zum kennenlernen und dann damit ich sage um welches Intervall es sich handelt. In den folgenden Stunden haben wir das Thema aber nicht mehr aufgegriffen.

Aus anderen Lern-Feldern bin ich es gewohnt, das man eine Art Lehrplan hat und diesem folgt. Ich gehe doch richtig davon aus, das es im Klavierunterricht im Prinzip eigentlich auch so ist?

Anfang des Jahres habe ich im Unterricht direkt nachgefragt, was den in den nächsten Monaten die Themen im Unterricht sein würden, um herauszufinden was der rote Fade ist. Eine Antwort habe ich leider nicht bekommen.

Warum stelle ich diese Frage: Ich habe nicht das Gefühl mit meinem Klavierspiel voran zu kommen. Ich habe eher das Gefühl einfach ein Stück ums andere zu lernen, aber nicht das Gefühl wirklich Klavier spielen zu lernen. So als hätte in den Fahrstunden nur gelernt mit dem Auto bestimmte Strecken zu fahren, aber keine Verkehrsregeln und nicht die Fähigkeit auf Strecken zu fahren, die wir nicht in den Fahrstunden geübt haben.

Mich würde interessieren, wie es bei euch so im Klavierunterricht ist: Wißt ihr da wie euer Lehrplan aussieht?

Meine Idee ist im ersten Schritt zu schauen wie es sein sollte und dann kann ich meinen Klavierlehrer darauf ansprechen. Vielleicht bringt das ja etwas. Wenn nicht muss ich mir mein weitere Vorgehen überlegen.
 
Ich habe nicht das Gefühl mit meinem Klavierspiel voran zu kommen. Ich habe eher das Gefühl einfach ein Stück ums andere zu lernen, aber nicht das Gefühl wirklich Klavier spielen zu lernen.


Hallo tasterich,
dann habe ich aber eine Gegenfrage:

Hast Du denn nichts in den Stücken gelernt? Zum Beispiel: Wie hebe ich am Klavier eine Melodie hervor? Wie gestalte ich dynamisch eine Phrase? Wie artikuliere ich (Artikulation bedeutet: Staccato, Legato, Portato usw.). Wie benütze ich das Pedal? Lernst Du das nicht bei den Stücken?

Arpeggien, Skalenspiel (Tonleiter) und Stützfingerübungen sind natürlich auch wichtig, aber auch Harmonielehre usw. Ich würde deinen Klavierlehrer nochmal gezielt darauf ansprechen.

Und was mich interessieren würde, welche Stücke spielst du denn momentan im Unterricht und welche hast du gespielt?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Themen an denen ich arbeite ergeben sich aus den Stücken die ich schön spielen möchte und meinem Unvermögen dies zu tun.
Daraus leiten sich spezielle Übungen, Unterricht, Prioritäten und andere zielgerichtete Stücke vom KL ab. Darüber hinaus habe ich ein mehr oder weniger fixes Repertoire an Übungen, die sich aus bekannten Schwächen die längere Zeit konstante Übung erfordern, ergeben.
Ich bin mit meinem Fortschritten mit dieser Systematik sehr zufrieden und der kann sich im Vergleich auch sicher sehen lassen. Ich sehe keine Notwendigkeit für mich für einen unflexiblen Lehrplan anderer der an meinen Interessen und Zielen vorbeigeht. Learning by doing nennt man das auf glaube ich auf Neudeutsch.
 
Lehrpläne sind generell etwas, was man mit größter Vorsicht genießen sollte.
Die meisten Eltern würden entsetzte Augen machen, wenn sie einen schulischen Lehrplan lesen sollten und erführen, was ihre lieben Kleinen alles können (sollen).

(NB: Es gibt einen Lehrplan für Klavier für die Musikschulen, erschienen beim Bosse Verlag. Aber wie gesagt: Lehrpläne sind nur bedingt brauchbar, in diesem Falle - Erwachsene am Klavier - gilt das ganz besonders. Der Anhang dieses Werks - eine Liste mit Vorschlägen, gegliedert nach Niveau, zweihändig/vierhändig, Kammermusik - ist allerdings sehr gut, finde ich.)

Ob Du das Gefühl hast voranzukommen, hängt auch nur bedingt von einem wie auch immer gearteten (oder gegebenenfalls nicht vorhandenen) "Plan" Deines KL ab.
Ich schätze einmal, dass viele Erwachsene öfters den Eindruck haben, nicht voranzukommen. (Ich eingeschlossen.)

Gehörbildung hat natürlich mit Musik zu tun! Das ist aber ein Riesenthema. Die Frage ist, was willst Du aus diesem Bereich lernen? Mir selbst bringt es wenig, Intervalle nach Gehör benennen zu können - so etwas machen wir mal ausnahmsweise, wenn ich gar nicht zum Üben gekommen bin. Dagegen ist es für mich am Klavier wichtig, mich selbst zu hören/wahrzunehmen. Und das wiederum ist etwas, was meiner Ansicht nach Jahre/Jahrzehnte dauert und sich ständig verfeinert.
Bei der Querflöte wiederum geht es darum, minimale Unterschiede von Tönen zu hören, die sich z.B. durch die Haltung, Neigungswinkel .... der Flöte ergeben.

Was willst Du, was brauchst Du? Das kannst nur Du wissen.

Mir selbst ist das Spielen am liebsten. Wenn ich Fragen habe zur Theorie, stelle ich sie oder recherchiere auch mal gegebenenfalls.

Tonleitern, Arpeggien, Kadenzen und Oktavparallelen stehen bei mir (fast) immer auf dem Programm. Ansonsten werde ich aber auch von mir aus aktiv und mache Vorschläge bzw. lehne auch mal etwas ab (zur Zeit Etüden, weil ich finde, dass mir Bach mehr bringt).

Wir sind Erwachsene und können uns viel leichter selbst einbringen in den Unterricht als die meisten Kinder und Jugendlichen.
 
Die Themen an denen ich arbeite ergeben sich aus den Stücken die ich schön spielen möchte und meinem Unvermögen dies zu tun.
Daraus leiten sich spezielle Übungen, Unterricht, Prioritäten und andere zielgerichtete Stücke vom KL ab. Darüber hinaus habe ich ein mehr oder weniger fixes Repertoire an Übungen, die sich aus bekannten Schwächen die längere Zeit konstante Übung erfordern, ergeben.

Ich finde diesen Ansatz dann sehr gut, wenn der Schüler erwachsen ist und auch wirklich über die KlvLiteratur den Überblick einigermaßen hat, das er es so entscheiden kann , wie du sagst. es ist auch bestens, sich seine eigenen Schwachstellen zu notieren und daraus eigene Miniübungen zu entwickeln, nur wie gesagt, viele wollen dies eben vom Lehrer und fühlen sich begleitet geführt sicher aufgehoben, was durchaus auch gut sein kann, gerade in den ersten ca. 4 -5 Jahren, wenn jemand von NULL anfängt.

Die meisten Eltern würden entsetzte Augen machen, wenn sie einen schulischen Lehrplan lesen sollten und erführen, was ihre lieben Kleinen alles können (sollen).
JA das kann man laut sagen , insbesondere wenn man den von mir als sehr gut bewerteten Sächsischen Musikschulprüfungs"katalog" betrachtet, was da nach 4 Jahren von den lieben Kindern gefordert wird, schaffen viele erst nach 6-7 Jahren wenn überhaupt (sie solange durchhalten). Aber es ist mit Fleiß möglich.

Auch die Österreicher haben sehr schöne Lehrplanwerke entwickelt.

ich meine, ein gewisser Faden und Berechenbarkeit sollten schon gegeben sein.

Und das Prinzip, wenn möglich, nach den Anfangsstadien, immer aus mehreren Epochen gleichzeitig Stücke aufgeben, ist sehr vernünftig. Ja gerne auch immer ein bisschen Jazz anreichern, da lernt man wirklich Rhythmik pur(Manfred Schmitz hat ja hier ausreichende Lehrwerke zu bieten...)

Und was eine Leitschnur sein sollte Komponisten zu wählen die ein einigermaßen fortschreitend instruktives Werk aufgelegt haben :

BAch: wenigstens jeweils ein paar Stücke aus Notenbüchlein Anna Magdalena Bach, Inventionen 2 u 3stimmig, Frz. Suiten, Wohltemp.Klv.,

leichtere Sonatinen (Kopfsätze) Kuhlau, Dussek, Benda,Clementi, Diabelli usw.

wenn möglich bald auch Mozart zufüttern, zB die facile (545?) sonate ist gar nicht ganz so einfach aber äußerst lehrreich für den etwas fortgeschritteneren Anfänger und er hat eine schmeichelnde Musik..., gleiches gilt für die Wiener Sonatinen

Burgmüller und Gurlitt bitte nicht vergessen (schöne kleine überschaubare Miniaturen mit instruktivem Anspruch)

ja bei Schumann wäre ich sehr sehr vorsichtig, da wird viel zerkloppt und zerhackt, weil viele meinen es seien ja Kinderstücke...., nur selten wird ein Anfänger (erste 4 Unterrichtsjahre) diese stücke befriedigend spielen, so dass der romantische Charakter wirklich erspielt würde....

ja die Russen nicht vergessen, aber das ist nun Geschmackssache , für die ersten 4 Jahre muss es nicht sein,

Czerny (auch seine Übungen für die Linke Hand) dosiert

und irgendwann bitte mit chopin beginnen, da gibts auch machbares für ambitioniertere Anfänger....

TL, 3-4 Klg, Fesselübungen usw. ja aber nicht bis zum Abwinken,

zu Hanon??? möchte ich nichts verkehrtes sagen, als Beifütterung ok
 
I

JA das kann man laut sagen , insbesondere wenn man den von mir als sehr gut bewerteten Sächsischen Musikschulprüfungs"katalog" betrachtet, was da nach 4 Jahren von den lieben Kindern gefordert wird, schaffen viele erst nach 6-7 Jahren wenn überhaupt (sie solange durchhalten). Aber es ist mit Fleiß möglich.

Ich meinte allerdings in meinem Beitrag die Lehrpläne für Schulen allgemein, nicht für die Musikschulen.
 
Hallo tasterich,
dann habe ich aber eine Gegenfrage:

Hast Du denn nichts in den Stücken gelernt? Zum Beispiel: Wie hebe ich am Klavier eine Melodie hervor? Wie gestalte ich dynamisch eine Phrase? Wie artikuliere ich (Artikulation bedeutet: Staccato, Legato, Portato usw.). Wie benütze ich das Pedal? Lernst Du das nicht bei den Stücken?

Arpeggien, Skalenspiel (Tonleiter) und Stützfingerübungen sind natürlich auch wichtig, aber auch Harmonielehre usw. Ich würde deinen Klavierlehrer nochmal gezielt darauf ansprechen.

Und was mich interessieren würde, welche Stücke spielst du denn momentan im Unterricht und welche hast du gespielt?

Hmmm....wenn ich versuche mich zu erinnern, was ich an den vergangenen Stücken gelernt habe, dann fällt mir auf Anhieb nicht viel ein. Etwas was das sich immer wiederholt ist, die Phrasierungsbögen auch erkennbar zusammenzufassen. Beim weiteren nachdenken wird mir klar: Für das jeweilige Stück sprechen wir dann schon über Dinge wie Tempo, Artikulation und Pedaleinsatz. Ich würde also schon sagen, das ich diese Dinge pro Übungsstück lerne. Ich konnte diese Dinge bisher aber noch nicht in einen größeren Zusammenhang über das Stück hinaus bringen.

Momentan üben wir das Stück Consolations Nr. 3 von Franz Liszt
 
Ich konnte diese Dinge bisher aber noch nicht in einen größeren Zusammenhang über das Stück hinaus bringen.

Beurteilen kann man den Unterricht ohne Anschauung sowieso nicht. Mir sind verschiedene Dinge aufgefallen beim Lesen.

1. Du erwartest einen konkreten technisch-curricularen Aufbau. Sinngemäß (willkürliches Beispiel): Wir werden uns die nächsten Wochen mit gebrochenen Akkorden beschäftigen und danach mit arpeggierten Mehrklängen. Wenn wir die perfektioniert haben, leiten wir daraus dann Sprünge über große Intervalle ab etc. Dann kannst Du das und es kommt der nächste Herausforderungskomplex. –
Das entspräche einer technisch angelegten Ausbildungsskala, wie es in vielen Sportarten üblich ist.

2. Du sagst, Du hast seit 2 Jahren Klavierunterricht und arbeitest offenbar nicht mit einer "Schule", die wie unter 1 aufgebaut ist. Das heißt, Du hast sowieso quasi bei Null angefangen. Jedes neue Stück birgt technische und musikalische Herausforderungen, die man daran erlernen kann. Die Reihenfolge ist mehr oder weniger egal, weil ja sowieso "alles" gelernt werden muss und es letztlich nicht um eine abzuhakende Technik-Liste geht, sondern vor allem um Musik.

3. Du hast bestimmte spezielle Punkte angesprochen und gezeigt bekommen. Vielleicht wird davon ausgegangen, dass Du das selbständig weiter vertiefst und die kostbare Unterrichtszeit nicht mit Propädeutik verplempern möchtest. Wenn Du das aber möchtest, dann solltest Du es artikulieren. :-)

4. Wenn Du spezifische Schwierigkeiten hast, die Du gern vertiefend üben würdest (wieder als willkürlich herausgegriffenes Beispiel "arpeggierte Mehrklänge"), sag es doch einfach. ;-)

Ich konnte diese Dinge bisher aber noch nicht in einen größeren Zusammenhang über das Stück hinaus bringen.

:denken: Wie wäre es mit: Musik erklingen lassen? :denken:
 
@frosch @tasterich

nun Liszts Franzerl im 2. UJ ist schon sehr sportlich..... aber wie gesagt, es gibt sicher didaktischeres Material, es sei denn es ist dein wunschstück, was du ausgesucht hast, dann sollte der KL das auch unterstützen und wenigstens hin und wieder Wunschstücke erarbeiten...
 
Zuletzt bearbeitet:
Momentan üben wir das Stück Consolations Nr. 3 von Franz Liszt

Meinst du die aus den Poetischen Gedanken???

respekt, wenn du nach 2 Jahren ppp spielen kannst (im grunde brauch man dafür ein super Instrument) und sempre legatissimo!!!,

das fundamental Des im bass ist ja auch sacht taktanfangsweise gaaanz vorsichtig immer anzutippen.... dann sind dolcissimi stellen dabei puh ......

das soll wirklich geschmeidig cantando und sanft klingen und trotzdem muss es auch irgendwie dahinperlen..... linien führen und auch spannung auf und ab bauen und halten.....

wegen der 5 b , naja geschenkt, aber alles in allem eher ein paar jahre später musikalisch hörbar vorzutragen...

da hast du ja echt glück mit deinem händchen, ich kenne nach zwei jahren unterricht niemand, selbst aus der begabtenförderung/-stiftung, die das nach 2 Jahren spielten:puh:
 

Mein unterricht lief auch immer so ab das wie eine Tonleiter hatten , ein kleines Stück aus der Klavierschule und ein richtiges Stück. Ob es da einen Faden gab weiss ich nicht, aber ich habe schon gelernt die Stücke schön zu spielen.

Vielleicht hat jeder Lehrer seinen eigenen Faden nachdem er unterrichtet aber dem noch unerfahrenen Schüler fällt das vielleicht nicht auf oder kann das noch nicht nachvollziehen.
Oder man hat einfach einen weniger guten Lehrer erwischt:konfus:
 

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