Textfrage bzgl. Widors Toccata

[kitium]

In vielen modernen Ausgaben werden Legatobögen am Anfang jeder 8er-Gruppe bis zum Pedaleinsatz gesetzt, die es in den unter Widors Aufsicht erschienenen Ausgaben, soweit ich gesehen habe, nicht gibt.

Worauf basiert dieser Unterschied? Ich meine, gelesen zu haben, dass Widor eine handschriftliche Korrektur mit den Legatobögen für die ersten paar Takte eingetragen hätte. Wo befindet sich diese? Und ist die "Zurücksetzung" auf durchgehendes Staccato bei Pedaleinsatz nur eine Entscheidung der späteren Herausgeber?

Hier geht es mir gar nicht um musikalische Meinung, sondern bloß um den textbezogenen Sachverhalt.

(Widors eigene Aufnahme zeugt laut meinem Gehör eher von einem Tenuto auf jeder Taktzeit als von einer tatsächlichen Legatobindung, das am Anfang ziemlich deutlich, vor allem agogisch, realisiert wird, aber im Verlauf des Stückes keineswegs gleichmäßig gilt.)

 

[agraffentoni]

Ich würde das von Fall zu Fall, je nach Akustik und Nachhall handhaben.

 

[kitium]

Ich würde das von Fall zu Fall, je nach Akustik und Nachhall handhaben.

Danke für die Antwort, aber ich sagte ja, es geht mir hier nicht um Musik sondern um Text. Wie ich/Du es spiele/spielst/spielen soll, ist nicht die Frage!

 

[Axel]

Ohne Garantie: Widor hat seine Sinfonien mehrmals überarbeitet. Die erste Fassung der Toccata hatte eine schnellere Metronomangabe und keine Bögen. In einer späteren Auflage kommen dann die kleinen Bögen hinzu. Ich würde - ohne nochmals in die Noten gesehen zu haben - sagen, die Bögen sind Widors letzter Wille.

 

[altermann]

Ich würde das von Fall zu Fall, je nach Akustik und Nachhall handhaben.

Oder so.
Die Intonation der Pfeifen setzt sowieso Grenzen hinsichtlich Ansprache. Deshalb gehört Widor nur in Räumen mit mindestens 9 Sekunden Nachhall gespielt. Da wabbert sich die Sache schön.

Gauf!

 

[Axel]

Na, so schnell ist das Stück mit Viertel=100 doch gar nicht. Das bekommt jede Pfeife hin. Und der Nachhall macht es nicht besser. Ich habe es vor Jahren in Köln im Dom von einem italienischen Organisten gehört, der es in 4 min. schaffte. Widor braucht etwas mehr als 6. Solche "Interpretationen" erscheinen mir dann doch entbehrlich.

 

[agraffentoni]

von einem italienischen Organisten gehört, der es in 4 min. schaffte.

und für dieses Stück brauchts nicht mal die Germani-Pedaltechnik...

 

[Stefan379]

Na, so schnell ist das Stück mit Viertel=100 doch gar nicht. Das bekommt jede Pfeife hin. Und der Nachhall macht es nicht besser. Ich habe es vor Jahren in Köln im Dom von einem italienischen Organisten gehört, der es in 4 min. schaffte. Widor braucht etwas mehr als 6. Solche "Interpretationen" erscheinen mir dann doch entbehrlich.

Was das Tempo betrifft, funktioniert das in St-Sulpice sehr gut, so bleibt die 'Grandeur' gewahrt. In nachhallärmeren Räumen sieht es freilich anders aus, wodurch ein schnelleres Tempo erforderlich werden kann, damit es nicht ermüdend wirkt.



Widor war zum Zeitpunkt der Aufnahme (1932) immerhin schon 88 Jahre alt.

 

[kitium]

Ohne Garantie: Widor hat seine Sinfonien mehrmals überarbeitet. Die erste Fassung der Toccata hatte eine schnellere Metronomangabe und keine Bögen. In einer späteren Auflage kommen dann die kleinen Bögen hinzu. Ich würde - ohne nochmals in die Noten gesehen zu haben - sagen, die Bögen sind Widors letzter Wille.

Ja, mich würde interessieren, um welche Auflagen es sich genau handelt. Laut IMSLP sind die Bögen in den Versionen von 1901 und 1918 noch nicht. Von einer angedeuteten Fassung aus 1920 habe ich nichts gefunden. Vielleicht gibt es eine ausführliche Auflistung in John Nears Schriften?

 

[Axel]

Also, ich habe nachgeschaut:
Sumner berichtet, das Widor das Stück selbst in einer Saal-Akustik nicht schneller als die angegebenen 100 gespielt hat, im Gegensatz zu den in der Erstauflage vermerkten 118. Ungefähr sein Tempo bei der Aufnahme.
Ab 1901: Akzente in der linken Hand
Widors handschriftliche Korrekturen in einem Exemplar der 1914-18 erschienenen Auflage sind bei van Oosten S. 492 reproduziert. Das betrifft die Bögen rechts und die Metronomangabe. In der Auflage 1929 erscheinen sie dann im Druck. In Widors Exemplar gibt es noch einige kleinere Korrekturen.

 

[Nachtmusikerin]

Mal noch eine Frage zu der Toccata (ohne einen eigenen Faden zu eröffnen):
Wie schwer ist sie eigentlich? Ich hatte zwar erst drei Orgelstunden, aber mir fällt das Orgelspielen recht leicht. Habe nun schon vier der kleinen Präludien und Fugen und ein paar Sachen aus dem Orgelbüchlein gespielt. Auf dem Klavier spiele ich virtuose Sachen und ich frage mich, ob das nicht auf der Orgel auch schon hinhauen würde. Das Pedal ist ja kein Problem bei dem Stück.
LG,
NaMu

 

[agraffentoni]

Versuch es einfach. Damit es gut klingt, braucht es allerdings eine recht große Orgel und eine gute Akustik mit Nachhall.

 

[Axel]

Schwer eigentlich nicht, das Problem ist eher das Durchhaltevermögen und natürlich die Gefahr, sich bei schlechter Technik ein Überlastungssyndrom anzuüben. Ansonsten...nicht so wild.

 

[Lübeck]

Ich oute mich: Ich finde die Wirdo Toccata eher langweilig. Ich finde das Allegro der 6. Symphonie von ihm viel schöner.

 

[agraffentoni]

eher langweilig

Wenn die Toccata aus dem Zusammenhang der Symphonie gerissenen wird.

 

[altermann]

Ich oute mich: Ich finde die Wirdo Toccata eher langweilig. Ich finde das Allegro der 6. Symphonie von ihm viel schöner.

Fehlt dir da die Dynamik, weil die Mechanik so schwergängig ist.

 

[Lübeck]

Fehlt dir da die Dynamik, weil die Mechanik so schwergängig ist.

Gespielt habe ich sie selbst noch nicht.

 

[altermann]

Gespielt habe ich sie selbst noch nicht.

 

[Stefan379]

Wie schwer ist sie eigentlich? Ich hatte zwar erst drei Orgelstunden, aber mir fällt das Orgelspielen recht leicht. Habe nun schon vier der kleinen Präludien und Fugen und ein paar Sachen aus dem Orgelbüchlein gespielt.

Im Gegensatz zu den genannten Stücken kommen hier noch die Betätigung des Schwelltritts und einige Registerwechsel während des Spiels hinzu.