Tastenlängen und Hebelverhältnisse bei S&S

ChristianN

ChristianN

Dabei seit
9. Mai 2021
Beiträge
435
Reaktionen
752
Wer kennt sich mit den Mechaniken und Hebelverhältnissen bei S&S aus ?

Ich meine hier im Forum irgendwo gelesen zu haben, dass bestimmte Modelle (O & A als Beispiel) in Bezug auf Tastenlänge und Hebelverhältnisse identisch seien ?

Mich würde interessieren ob das stimmt und welche S&S Modelle die gleichen Tastenlängen teilen ?

Wie sieht es außerdem bei den Mechaniken oberhalb der Pilote aus ? Teilen da auch verschiedenen Modelle die gleichen Hebelverhältnisse ?

Ideal wäre eine Tabelle der "technischen Daten", falls jemand sowas hat.

Neben persönlichem, technischem Interesse ist der Hintergrund der Frage insbes. auf die Modelle M, O, A, B bezogen ? Ich will u.a. wissen ob z.B. beim M die Taste wesentlich kürzer ist als beim O ...
 
Von dem ehemaligen Steinway-Cheftechniker Max Matthias gibt es ein „Manual“, in dem die exakten Maße der Mechaniken aufgelistet sind. Frag mal @Klavierretter oder einen der anderen Klavierbauer, ob sie das Buch besitzen.
 
Ist das ein offizielles Buch im Handel oder nur ein "interner Leitfaden" ?
 
S, M, (L) und O haben dieselbe Mechanik.
Bei A und B sind die Hammerstiele gleich,
C und D haben dieselbe Mechanik.
 
Das heißt aber auch, dass die Hämmer die bei den unterschiedliche langen Modellen auf einen anderen Punkt der Saite treffen müssen, richtig ?
Nein, nicht zwingend. Erstens ist die Frage, wie du den Punkt definierst. Normalerweise ist es kein Absolutabstand von der Agraffe, sondern ein bestimmter Bruchteil der Saitenlänge (zB 1/8).
Mit der Position der Agraffe / entsprechendem Layout der Stimmwirbel im Stimmstock, sowie der Position des Steges am anderen Ende hat man mehrere "Stellschrauben" beim Design, wobei sich allerdings jede auf den Klang auswirkt und ein "Optimum" schwer zu finden ist (und den Resonanzboden kann man ja auch anpassen, etc.).
 

"Mechaniken gleich" bedeutet, man kann sie prinzipiell innerhalb der gleichen Flügelfamilie austauschen. Eine O-Mechanik passt i.w. auch in einen S, L, M.

Eine A-Mechanik passt auch in einen B. (Mal die alten Kamellen mit 85 Tasten beiseite. Die 85-Taster-A-Mechaniken passen aber auch wieder in einen 85-Taster-B.)

Eine C-Mechanik passt auch in einen D. Ab 1886. (Die früheren haben eine andere Einteilung der Saitenfelder.)

"Gleiche Mechanik" bedeutet auch gleiche Tastenlängen.

Was du miss verstanden hast: die Hebeglieder. Diese sind bei ALLEN Steinway-Flügeln untereinander weitenteils gleich. Was aber NICHT bedeutet, dass die Tasten darunter auch überall gleich seien, nein:
Die C- und D-Flügel haben die längsten Tasten.

Die von A und B sind kürzer.

Nochmal wieder kürzer sind die Tasten des "miniature designs", S,M,L,O.

Eine Spezialität sind diejenigen Flügel, die einst eine Mechanik mit "Überbrückung" der 15 cm Mehrlänge zum Einbau einer Selbstspieleinrichtung haben oder hatten. Diese Mechaniken muss man äußerst sorgfältig wägen, sind zwar in den Tasten länger, aber haben andere Nachteile.

Aber ALLE Steinway-Flügel (ab 1886 ... , im Prinzip...) haben die gleichen Hebeglieder, OK, innerhalb einer Mechanik ist dann die Repetierfeder zwischen Bass und Diskant schleichend wieder unterschiedlich gespannt. Es ist also keine gute Idee, einem armen alten A im Bass eine Repetition zu entnehmen, und sie in einem D im Diskant einzusetzen. Da muss auch die Feder angepasst, anders vorgebogen werden.

Und die Ausrüstung mit Innenfilzen, Außenfilzen, und die mit den "Maccaroni-Röhrchen" anstelle Austuchung (1961 - 1982 in den USA, Teflon ...) sind noch wieder Spezialdinge, und die Unterschiede zwischen 16mm Hammerröllchenmitte in den USA versus 17mm Hammerröllchenmitte in D. Und vielerlei Kleinigkeiten.

Aber generell gilt: die Hebeglieder EINER Bauzeit sind unter allen Flügeltypen der jeweiligen Zeit gleich.
 
Vielen Dank für Deine ausführliche Aufklärung. Ich fasse zusammen:

Spezialitäten, Details und Unterschiede in den Tonbereichen außer Acht gelassen, kann man also sagen:

Es gibt 3 "Designgruppen":
  • S/M/L/O
  • A/B
  • C/D

Innerhalb einer Designgruppe ist von der Taste bis zum Hammer (beim gleichen Ton) alles gleich.
Die Hebeglieder sind unabhängig von der Designgruppe immer gleich, nur die Tastenlängen variieren zwischen den Gruppen.

Damit ist meine Frage beantwortet: Es ist völlig egal ob man einen O oder einen M hat. Die Mechanik bringt beim O keine "Vorteile", sondern der O hat physikalisch gesehen einfach nur längere Saiten (weitere Unterschiede in der Klanganlage außer Acht gelassen).
 
Innerhalb einer Designgruppe ist von der Taste bis zum Hammer (beim gleichen Ton) alles gleich.
Die Hebeglieder sind unabhängig von der Designgruppe immer gleich, nur die Tastenlängen variieren zwischen den Gruppen.

Im Prinzip ja.

En detail ist der Satz "nur die Tastenlängen variieren zwischen den ..." (Gruppen ==> Teilefamilen) auch nicht richtig, da ist noch viel mehr an Unterschieden, denn die Teilefamilien haben jeweils eine komplett andere Aufteilerei der Saitenfelder.

C und D sind die Profi-Dinger, haben FÜNF Saitenfelder, beginnend mit 20 Tönen im Bass.
(Die alten D bzw. Konzerter haben 17 im Bass.)

A und B sind die besten Instrumente für Privatanwendungen, der B-211 das "Trauminstrument" des privaten Klaviermögers, ABER dem Profi eben doch ca. "Spielzeuge", nur vier Saitenfelder. D.h. bei identen 88 Tönen hat dann jedes Saitenfeld mehr Töne..., der Mechanikbalken überspannt mehr Tasten.

Sehr sichtbar wird das im "miniature design", wo im Bass 26 !!! Töne in EINEM Bassfeld werkeln. Hierzu gibt es hanebüchene YouTube-Videos, was passieren kann, wenn der Bass eines "Miniature" von einem hartten Profi so richtig Dresche bekommt, dann kommt den kleinen Dingern "dat Hemmd am Flattern".
;-)
Also, die Unterschiede bei den Spielmechaniken kommen eher daher, dass die Saitenfelder anders aufgeteilt sind, als dass man "geizig" oder so wäre bei den Tastenlängen.

OT - lange Tasten - Es gibt übrigens speziell in den USA eine besondere Tradition, die in Europa kaum eine Entsprechung hat, den Bau hoher Klavier AUCH mit besonders langen Spieltischen und tiefen Tastenlängen für die feinste Steuerbarkeit. Man sieht diese Dinge, wenn man mal nach "Sedalia" und "Ragtime Contest" oder auf die Sites von Adam Swanson guckt.

 

Zurück
Top Bottom