Sample-Set und/oder Physical Modelling?

auch noch gerade "online", Danke für deine schnelle Antwort:

Ich wollte nur ausdrücken, dass Phasengleichheit über ein paar Phasen hinweg keine praktische Relevanz hat, ... du hast schon die Einschränkung genannt: EXAKT. Ich füge hinzu: So wahnsinnig exakt, dass es nicht praxisrelevant ist. Schon allein "exakt gleiche Frequenz"- weißt du, von welcher Toleranz wir reden?
Ich glaube, da gehen wir von zwei verschiedenen Denkmodellen aus. Du weist zu Recht darauf hin, dass eine Orgel niemals super exakt gestimmt ist.
Ich komme dagegen von einem anderen Ausgangspunkt/Gedankenmodell nicht ganz los: Zumindest die Pfeifen eines Tons(also einer Taste) klingen faktisch mehr oder weniger gleich. Wenn deine Orgel jährlich gepflegt wird und du ziehst 2-3 Grundstimmen, dann schwebt da doch nichts, die haben also 100%ig gleiche Frequenz (und sei es durch Rückkopplungseffekte durch die Umgebungsluft ... und nicht durch die Kanzelle ;) ). Und wenn eine Pfeife doch mal leicht verstimmt ist, so hört man m.E. regelrecht, wie die zwischen rückgekoppelt werden "authentisch verstimmt klingen" kämpt und sich lediglich - mal grob geschätzt- 1x/Sec einen als Schwebung hörbaren eigenen Beitrag zum Gesamtklang leistet. Aber in der Zwischenzeit schwingt´s doch hunderte oder sogar tausende Mal fast gleich, bis hin zu (nicht ganau aber lange Zeit fast) gleichbleibenden Phasenverschiebungen, ... oder so ähnlich, oder wo ist da mein riesiger Denkfehler? :(
Wenn überhaupt gilt das aber nur sehr bedingt, da hast du schon recht!! Auf die ganze Orgel bezogen machen es div. Verstimmungen, die Frage der Temperierung der gesamten Orgel, die Temperierung der Aliquoten, Lufttemperaturunterschiede und allein daraus resultierende Verstimmungen unmöglich, dass alle 20,40,60 gleichzeitig klingenden Pfeifen exakt synchron schwingen.

Ehrlich gesagt, habe ich mich bemüht, mich mit Mutmaßungen zurückzuhalten.
:D ja, gut so. Ich habe auch einfach gestern mal wem gemailt, der es hoffentlich genauer wissen wird.


Also ich glaube, dass man erstmal für sich fragen sollte, was man überhaupt als ZIEL hat, was den gewünschten Orgelklang angeht.
Nun ja, ... das bedingt sich ja alles. Anders als du und "dfuchs" habe ich da lieber eine fertige Orgel. Aber ein Instrument für einige tausend Euro ersetzt man ja auch nicht alle paar Jahre, so wie man sich bei Handys und TV eventuell leistet.
Da verfolgt man halt genau die Entwicklungen und überlegt halt, ob und wann man ersetzt (habe jetzt auch schon meine 2. elektr.), ob, wann und was man mal aufrüsteten lässt, wo man evt. selbst Hand anlegt (Tastaturen) ... oder ob so schnell wieder was viel besseres auf dem Markt erscheint, dass man mit Bastelein nur unnötig den Wiederverkaufswert senkt,... oder ob man seine "alte" Orgel (da ja voll Midi-fähig) langfristig behält und alles andere (später einmal PM) via PC löst.
Auf jeden Fall werde ich schon neidisch, wenn du von deinen Silbermann-Registern schwärmst. Da kann ich eben nicht tauschen. (Aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau. Auch die fest vorgegeben klingen traumhaft realtistisch).

Sag mal, hatte ich ja schon mal gefragt:
Wir müssen nicht ein Wort darüber "streiten", dass die Kombination von PM und Sampling womöglich die denkbar beste Möglichkeit sein mag (zumindest für sehr lange Zeit, bis PM alleine absolut ausgereift ist und fast schon wieder die nächste und heute noch vollkommen unvorstellbare Technologie am Horizont erscheint.)
Aber wird das passieren, dass man sich - im "bezahlbaren Segment" - zwei parallel arbeitende Technologien leistet?
Ich fürchte viel mehr, dass einige Firmen quasi für Liebhaber noch sehr lange an einer auschließlichen Samplingtechnik festhalten, andere dagegen mit einer nur mittelprächtig ausgereiften PM-Technik auftreten. :(
 
Frequenz und Phasenlage beim Aeolus-Emulator

Fons Adriaensen, der Entwickler von Aeolus, hat mir auf die Frage nach Frequenz und Phasenlage gleichzeitig klingender Register geantwortet:

1. In Aeolus gibt es keine Kopplung gleichzeitig klingender Pfeifen bezüglich Frequenz oder Phasenlage. Fons bestreitet, daß solche Effekte auftreten, oder wenn doch, daß sie große Bedeutung für den realen Orgelklang hätten. ("It's not impossible, but in general such a thing does not happen. It requires either strong coupling in some way, or one of the pipes being very unstable when used on its own. There is no such effect in Aeolus.")

2. Pfeifen gleicher Tonhöhe sind in Aeolus niemals exakt auf dieselbe Frequenz eingestellt, so daß sich die Frage nach ihrer Phasenlage erübrigt. ("There is no explicit control on phase at all. As explained above, the concept makes sense only for pipes that have exactly the same frequency. It is possible to give the pipes of two stops exactly the same frequency, but it's never done.").

3. Es gibt in Aeolus mehrere Parameter, die die Frequenz einer Pfeife schwanken lassen ("All stops have some parameters that modify the frequencies of their pipes"):
  • Eine zufällige Verstimmung im stationären Klang bei jeder Pfeife, die einmal berechnet wird und dann konstant bleibt. ("A random pitch error, which can be very small but is never set to zero. Pipes are never tuned 'perfectly'. This is a fixed error, it changes only when the wavetables(1) are recomputed").
    .
  • Eine zusätzliche Verstimmung beim Anblasen, die bis zum Erreichen des stationären Klangs langsam verschwindet. ("Almost all pipes have a some detuning when started and this again randomizes the phases.") Dieser Parameter läßt sich für jedes Register in Abhängigkeit von der Tonhöhe, also im Prinzip für jede Pfeife, einzeln einstellen.
    .
  • Zufällige Veränderungen der Phasenlage, was auf dasselbe hinausläuft wie kurzzeitige Frequenzschwankungen. ("A random phase modulation which is fully independent for all pipes, and never repeats exactly. The result is that even if two pipes would have exactly the same frequency and phase when started their phases would drift apart immediately.") Damit werden offensichtlich Schwankungen des Orgelwinds simuliert, allerdings nicht ganz korrekt, weil beim Orgelwind m.E. die Frequenzschwankungen zumindest für Register auf derselben Windlade synchron gehen müßten.
    .
  • Ein für jedes Register einstellbarer Laufzeit-Parameter. ("All stops have a fixed delay paramter, which again has a side effect of randomizing phases.") Fons schreibt, daß sich damit die Klangverschmelzung zwischen Registern steuern ließe. ("It is one of the many parameters that can influence how much two stops will 'blend'.") Man könnte auch sagen, daß damit die unterschiedliche Stellung der Register auf der Windlade simuliert wird, aber ich weiß nicht, ob das die ursprüngliche Absicht war.
Anmerkung (1): Aeolus funktioniert so, daß pro Register zunächst nur die Parameter für die Klangsynthese festgelegt sind (ca. 12 KByte pro Register). Daraus werden einmalig sog. Wavetables berechnet (1- 2 MByte pro Register), die man vielleicht als eine Art sehr kurze synthetisch erzeugte Samples ansehen kann. Diese werden dann in Echtzeit weiterverarbeitet. Es wird also ein Teil der Klangsynthese vorweggenommen, vergleichbar einem Pre-Compiler in der Programmiertechnik.

Ich habe die Original-E-Mail als Textdatei angehängt (Linux-Format, unter Windows werden die Zeilenvorschübe u.U. nicht korrekt angezeigt).

Damit hat also Mindenblues mit seinem Postulat einer nicht völlig gleichen Frequenz recht. Ich hatte gedacht, daß es dann zu den klassischen Schwebungen kommen müßte, aber jetzt sehe ich, daß die Frequenzunterschiede wohl zu gering und vor allem zeitlich zu veränderlich sind, um eine stationäre Schwebung entstehen zu lassen.

Nun, ich hoffe, wir haben alle was gelernt.

Gruß, Daniel
 

Anhänge

  • Antwort_Fons_Adriaensen.txt
    3,5 KB · Aufrufe: 2
Im großen und ganzen warte ich auch mal gespannt auf die Antwort meiner Anfrage und bin dann hoffentlich genauso fundiert-konstruktiv wie du mit deiner super Mail gerade.

Aber ein einer Stelle kommen gerade die Fragezeichen:

.... Ich hatte gedacht, daß es dann zu den klassischen Schwebungen kommen müßte, aber jetzt sehe ich, daß die Frequenzunterschiede wohl zu gering ....

Da werfe ich die Flinte nicht so früh ins Korn wie ihr!! 8-)
 
Danke Daniel, für das interessante Statement, insbesondere was die Interna angeht, wie Aeolus funktioniert!

Anmerkung (1): Aeolus funktioniert so, daß pro Register zunächst nur die Parameter für die Klangsynthese festgelegt sind (ca. 12 KByte pro Register). Daraus werden einmalig sog. Wavetables berechnet (1- 2 MByte pro Register), die man vielleicht als eine Art sehr kurze synthetisch erzeugte Samples ansehen kann. Diese werden dann in Echtzeit weiterverarbeitet. Es wird also ein Teil der Klangsynthese vorweggenommen, vergleichbar einem Pre-Compiler in der Programmiertechnik

Also es findet eine Vorverarbeitung statt und es werden Wavetables vorneweg angelegt, um die Rechenzeit und damit Latenz in Echtzeit gering halten zu können. Was mich interessiert - ist es wirklich eine Wavetable pro Register mit 1-2MByte, oder ist es eine Wavetable pro Ton und Register? Weil bei letzterem käme man schon in die Region des Speicherbedarfs von Sample-Sets (z.B. 56Töne * 25 Register * 1.5MByte = 2.1GByte)?
Wenn es nur eine Wavetable pro Register wäre, wie bekommt man die individuellen Unterschiede jedes Tones hin (also aller Differenzen neben der unterschiedlichen Tonhöhe)?
 
Hallo zusammen,

also, eine Sache scheint, soweit ich es jetzt verstehe, klar zu sein:

Schwebungsfreiheit = absolute Frequenzgleicheit
Schwebung = leicht ungleiche Frequenz

andere geheimnisvolle Kräfte, die zu Schwebungen führen gibt es nicht.

Zu vermuten, dass Phasenverschiebungen alleine daher irrelavant sind, weil auch exakt gleichgestimmte (=schwebungsfreie) Pfeifen dennoch leicht verschiedene Frequenzen haben können - und schon daher nicht über einen nennenswert lange Zeit die gleichen Phasenverschiebungen synchron bleiben, scheint uns gar nicht weiter zu bringen. :) (ich hoffe, ich habe das jetzt richtig ganz kurz zusammengefasst)

Allerdings habe ich mir das mit den Interferenzen auf Grund von Phasenverschiebung, besser gesagt immer wieder anders strukurierter Phasenverschiebung wohl auch viel zu idealtypisch vorgestellt, als es in Wirklichkeit auch nur ansatzweise ist. :o, :confused:, :(

http://www.wer-weiss-was.de/app/query/display_query?process_id=118633;uac=bkV2Lned086bce#118825>
 
Hallo ventus,

ich möchte die Sache mit den Schwebungen noch einmal klarstellen, weil ich glaube, daß ich es jetzt kapiert habe:

Wir haben festgestellt, daß zwei Pfeifen niemals völlig gleiche Frequenz haben. Meine irrtümliche Annahme war, daß es dann zu Schwebungen kommen müßte. Das ist nun m.E. doch falsch, aus folgendem Grund:

Eine Schwebung ist eine Amplitudenmodulation, die sich durch Überlagerung zweier Schwingungen mit geringem Frequenzunterschied ergibt. Dazu das allseits bekannte Bild, ich habe es mal schnell von www.hans-joachim-ilgen.de geklaut und hoffe, daß der Urheber mir das verzeihen wird:

Schwebung.jpg

Was wir als Schwebung bezeichnen, ist eine Schwingung der Amplitude der Resultierenden. Das ist hier für den einfachsten Fall von harmonischen (Sinus-) Schwingungen dargestellt, aber das reicht aus, um das Phänomen zu beschreiben, denn jeder reale (obertonhaltige) Klang läßt sich durch Fourieranalyse in harmonische Schwingungen zerlegen.

Voraussetzung für das Entstehen einer Schwebung ist aber, daß die beiden Originalschwingungen konstante Frequenzen haben. Nur dann wird die Amplitude periodisch, in Form einer Schwingung mit ebenfalls konstanter Frequenz, moduliert. Bei realen Orgelpfeifen sind aber beide Ausgangsfrequenzen (und damit auch der Frequenzunterschied) nicht konstant. Das dürfte nach der Lektüre der Antwort von Fons Adriaensen klar geworden sein. Sie pendeln mehr oder weniger statistisch (zufällig) um einen Mittelwert, und dadurch wird die Amplitude der resultierenden eben nicht mit einem periodischen Signal moduliert sondern mit einem Rauschen. Und unsere Ohren unterscheiden sehr genau zwischen Klang und Geräusch: Wenn die Amplitudenmodulation keine konstante Frequenz hat, hören wir auch keine Schwebung. Wir hören einen Klang, dessen Amplitude statistisch (zufällig, ohne Periodizität) schwankt. Wohl aber dürfte die Lebendigkeit eines solchen zusammengesetzten Klangs zumindest zum Teil auf das Konto der nicht konstanten Amplitude gehen.

Nun noch ein Wort zur echten Schwebung bei Register wie voix celeste etc.:

Hier ist der Frequenzunterschied der beiden Pfeifenreihen etwas größer als die eben genannten statistischen Unterschiede, und er hat immer das gleiche Vorzeichen.


Der Frequenzunterschied zur Normalstimmung beträgt bei Aeolus beim Schweberegister "Celesta" etwa 1 Hz bei C und 3 Hz bei c''''. Die zufälligen Verstimmungen von Pfeifen dagegen liegen bei Aeolus im Bereich unter 0.5 Hz, dazu kommt noch die Instabilität durch den simulierten Orgelwind, die bei einigen 10 cent liegt. (10 cent entsprechen beim c' einem Frequenzunterschied von 0.15 Hz). Ich weiß das, weil Aeolus einen eingebauten Register-Editor hat, wo man all diese Parameter einsehen und verändern kann.
Durch den konstanten Frequenzoffset entsteht jetzt tatsächlich eine Schwebung. Die statistischen Frequenzunterschiede (das Rauschen in der resultierenden Amplitude) sind trotzdem noch da, sie überlagern die Schwebung.

Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt.

Und noch eine Antwort auf deine Frage zu den Wavetables, Mindenblues:

Es gibt tatsächlich nur eine Wavetable von 1 - 2 MByte pro Register. Was da genau drinsteht, weiß ich natürlich nicht, es sind Binärdateien. Ich nehme an, daß die Dateien für jede Pfeife eine Periode des jeweiligen Klangs mit entsprechender Abtastrate enthalten. So ganz ergibt das aber keinen Sinn, denn bei Aeolus wird auch das Obertonspektrum beim Abspielen noch einmal mit zufälligen Modulationen versehen, so daß eine fertig aufgezeichnete Periode eigentlich nicht brauchbar ist. Da müßte man nochmal nachfragen, aber vielleicht geht das jetzt zu weit... Trotzdem: Da Aeolus freie Software ist, kann man das natürlich rauskriegen, es gibt keine Geheimnisse. Man muß sich nur in die Mailingliste eintragen, und Fons antwortet auch immer ziemlich schnell.

Ich weiß nur, daß der Speicherbedarf von Aeolus wirklich geringer ist als bei Hauptwerk. Ich habe einen Laptop mit 512 MB Hauptspeicher, und der macht das ganz gut; Hauptwerk würde auf solch einem Computer wahrscheinlich nicht vernünftig laufen, oder? Und natürlich ist der Festplattenplatz für die Installation eines Instruments auch viel geringer. Das Aeolus-Instrument nimmt mit Wavetables etwa 50 MB in Anspruch, ohne sogar nur 600 KByte. Das Berechnen der Wavetables (erfolgt automatisch, wenn man irgendwelche Einstellungen verändert hat) dauert 5 - 10 Sekunden.

Einen schönen Sonntag noch,

Daniel
 
@ Daniel: Schöne Darstellung zu den Schwebungen, und gut erklärt, finde ich!
Und genau diese Schwebungen sind es ja, die man sich zum Stimmen zunutze macht - möglichst schwebungsfrei eben. Eine andere Sache ist die Phasensynchronisation, bei der ich eben auch glaube, dass sie in der Praxis nicht so vorkommt wegen unterschiedlicher Bauformen von Pfeifen gleicher Tonhöhe und den ständigen minimalen Schwankungen.

Danke auf für die Darstellung des Speicherbedarfs - ja, Hauptwerk und Sample-Sets sind bedeutend speichergieriger, unterste Grenze so 2 GByte Hauptspeicher, denke ich mal. Ich habe 4GByte und Win7/64-bit, das reicht für das Abspielen kleinerer Orgeln so bis max. 25/30 Register in voller Auflösung.

Ich möchte noch zwei Erkenntnisse oder Aha-Effekte weitergeben, die ich bzgl. Sample-Sets hatte; vielleicht sind die euch schon klar gewesen, nichtsdestotrotz:

1) Mich hatte bisher gewundert, warum alle Sampleset-Hersteller eine Rauschreduktion durchgeführt haben. Weil ich das natürliche Rauschen des Orgelmotors eigentlich nicht als störend empfinde. Der Grund ist ganz einfach: Wenn man das Sample eines Registers abspielt, würde man das Rauschen des Orgelmotors hören. Wenn man Samples zweier Register abspielt, würde sich das Rauschen beider Samples addieren, usw. je mehr Register man zieht! Beim Plenumspiel würde man vor lauter Rauschen wahrscheinlich nix mehr hören. Darum werden die Samples erstmal so gut wie rauschfrei gemacht, um am Schluß noch das Rauschen des Orgelmotors (wenn man das will) dazuzuaddieren (aber nur einmal addieren).

2) Mich hatte gewundert, warum man bei neuen Sample-Sets so hinterher ist, Release-Samples (also was abgespielt wird, wenn man eine Taste loslässt) mehrfach abzulegen, für sehr kurze Tastendrücke, mittlere Länge, lange Tastendrücke. Der Grund ist, dass der Ton bei sehr kurzen Tastendrücken noch nicht eingeschwungen und daher leiser ist. Wenn man die Taste loslässt, und das abspielt, als wenn die Taste vorher lang gedrückt wäre, würde ein Nachhall entstehen, der unnatürlich laut ist. Es geht also um den Höreindruck des Raum-Nachhalls bei unterschiedlich lang gedrückten Tasten.

Wollte das nur loswerden. Klingt alles ganz selbstverständlich, aber man muß erst mal drauf kommen (ich zumindest). :rolleyes:
 
Hallo noch einmal für diesen Sonntag:

1) fange mal mit herber Selbstkritik an: :roll:Die Frage von Frequenzgleichheit und Schwebungsfreiheit hat mich ja gar nicht primär interessiert (aber aus einem anderen Grund jetzt schon, dazu gleich nochmal), sondern hätte "nur" erstmal geklärt sein müssen, um fundiert über Phasenverschiebungen und Interferenzen reden zu können.
Da habe ich einen riesigen Denkfehler gemacht. Die Pfeifen haben ja alle verschiedene Standorte. Selbst wenn sie mit einer theoretisch frequenzauslöschenden Phasenverschiebung zu erklingen starten brauchen die Wellen ja noch eine gewisse Zeit, um sich zu treffen. Je nach Phasenverschiebung verstärken und schwächen sich die Schwingen nur an verschiedenen Punkten im Raum. In der Praxis also kein Problem.
(Hoffe mal, dass ich in schlaflosen Nächten nicht anfange darüber zu philisophieren, ob Pfeifen mit Doppellabien doch dieses Lautstärkeschwankungsproblem weil andere Phasenverschiebung von Mal zu Mal haben :rolleyes:).

2) Ich weiß nicht, wie viel praktische Erfahrung ihr mit Orgelbau, Orgelpflege, Orgelstimmung habt, aber eins würde ich gerne mal festhalten:
Eine gut gepflegte Orgel ist kein labiales HonkyTonk!!! (Habe gerade mal gegoogelt, anscheinend gar kein fester Begriff?! Aber mein früheres EPiano nannte das verstimmte Kneipenklavier so).
Selbstverständlich gibt es ungewollte Verstimmungen, z.B. wenn man in einer geheizten Kirche RP+OW koppelt. Soweit es aber erstmal ein Werk betrifft und wir nicht von "Extremsituationen" reden (Gebrauch des Tremulanten, Windmangel oder extreme Windstößigkeit usw.) sind alle Pfeifen "einer Taste" (bis auf wenige Ausnahmen wirklich verstimmter Pfeifen) schwebungsfrei und frequenzgleich gestimmt bwz. klingend.
Uber alles weitere, soweit es also verschiedene Töne betrifft, kann und braucht man eh nicht zu reden, ... oder es würde nur bei mitteltönig und pyhtagoräisch gestimmten Instrumenten sinn machen sich zu unterhalten :cool:

Selbstverständlich bringt auch Sampling und PM mit Absicht Frequenzschwankungen ein. Ich wäre da aber recht vorsichtig das so zu verstehen, als ob das in qualitativer wie quantitiver wie zeitlicher Hinsicht der ultimative Regel- und Dauerzustand wäre. Wie schon von dir,Daniel, gesagt, das menschliche Ohr ist sehr sensibel und wäre recht genervt davon, wenn überall, also zwischen jedem Ton(jeder "Pfeife") andauernd irgendwelche leichten Schwebungen wären.

3) Fast könnte man denken, ich hätte das eben schreiben müssen, um diesen Punkt anzuführen zu können, aber den Gedanken hatte ich schon, bevor ich deine diesbezüglichen Beiträge gelesen hatte.Was haltet ihr von folgender Idee,Befürchtung,Überlegung,Rückschluss:

PM kümmert sich also nicht um Phasenverschiebung und Interferenzen. Irgendwie muss es laut Programmbefehl mit der Tonerzeugung aber losgehen. Da man sich nicht um Phasenverschiebung kümmert fängt die Tonerzeugung also der Einfacheit halber mutmaßlich immer "mit Nullpegel" an, also dort, wo sowohl Grundton wie Obertöne einen gemeinsamen Schwingungsknoten haben. Gäbe es wie bei der echten Orgel jetzt hunderte Lautsprecher wäre das auf Grund der "Schingungslauftzeiten" von Schallquelle zu Schallquelle auch kein Problem und klänge recht lebendig und interessant. Da Duzende oder sogar zig Duzende Pfeifenschwingungen als Gesamtklang aber aus den gleichen und vergleichsweise arg wenigen Lautsprechern wiedergegeben werden, gibt es (da ja alle jetzt mal angenommen "bei Null starten und somit weder Phasenverschiebung noch räumliche Laufzeitunterschiede haben) zunächst nur ausnahmslos langweilige Phasenadditionen, was den Klang dann eben etwas steril macht.
Lediglich dort, wo die Frequenzen dann mal "um den Mittelwert pendeln" kanns auch echte vielfältige Interferenzen geben.

Aber da vermute ich ja gerade, dass das nicht ultimativer Dauerzustand ist - sondern für eine nicht zu verstimmt klingende Orgel wenig genug, für eine auf Grund von Interferenzen lebendig klingende Orgel aber zu wenig ist.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Klangverschmelzung

Hallo zusammen,

mir ist noch ein Gedanke zur Klangverschmelzung durch die Windlade in den Sinn gekommen:

Die vom Fraunhofer-Institut widerlegte Annahme war, daß es Rückkopplungen über die Kanzelle gibt. Was aber, wenn es gar nicht um Rückkopplung geht? Haben nicht die Ventile auch einen Einfluß auf die Klangverschmelzung?

Bei einer Tonkanzellenlade haben wir einen relativ hohen Windwiderstand (zumindest kurzzeitig im Augenblick des Ventilöffnens, also beim Anblasen) am Tonventil, aber er ist für alle Pfeifen, die zu einer Taste gehören und auf derselben Lade stehen, gleich. D.h. diese Pfeifen sind demselben ansteigenden Verlauf des Winddrucks unterworfen.

Anders bei der Registerkanzellenlade: Dort hat jede Pfeife ihr eigenes Tonventil, und das Öffnen dieser Ventile geschieht keineswegs absolut synchron, das ist mechanisch und pneumatisch sicher nicht machbar. Am Druckpunkt der Taste (der in Wirklichkeit kein einzelner Druckpunkt mehr ist) ist also der Anstieg des Winddrucks bei jeder Pfeife etwas anders, und das muß einen Einfluß auf den Klang haben.

Es geht hier nur um das Anblasen, im stationären Zustand verschwinden diese Unterschiede, aber ich habe mit Aeolus selber ausprobiert, welchen überragenden Einfluß die Pfeifenansprache auf den Klang hat.

Für sehr kurze Töne (in etwa kürzer als 1/4 Sekunde) ist für den Klang einer Pfeife fast ausschließlich der Einschwingvorgang maßgeblich (auch wenn er kürzer als 1/4 s ist), das stationäre Spektrum hat kaum einen Einfluß auf die Klangwahrnehmung. Selbst bei lang ausgehaltenen Tönen habe ich beobachtet, daß sich durch Verändern des Teiltonspektrums beim Einschwingen größere Charakterunterschiede erzielen lassen als durch Verändern des stationären Spektrums.

Unser Ohr (oder Gehirn) scheint einen Klang vorrangig nach dem Einschwingvorgang zu beurteilen und läßt sich bei stationären Klängen gerne ein X für ein U vormachen. Wahrscheinlich liegt in diesem speziellen Verhalten unserer Ohren ein Sinn: Damit werden störende Einflüsse der Umgebung (Dämpfung bestimmter Frequenzen) ausgeblendet, die einen den stationären Klang völlig entstellen können, während die Charakteristika von Einschwingvorgängen auch bei selektiver Bedämpfung zumindest qualitativ ganz gut erhalten bleiben. Es ist ja auch bekannt, daß Klänge verschiedener Musikinstrumente ihre Unterscheidbarkeit verlieren, wenn man den Einschwingvorgang wegschneidet.

Fazit: Die Kanzellenaufteilung der Windlade mag für den Klang egal sein, das Ventilsystem ist es sicher nicht. Wahrscheinlich ist das trivial, ich wollte es nur noch mal anbringen.

Daniel
 
Hallo,
war zuletzt zeitlich so kurz dran, dass ich auf deine (Mindenblues) Geistesblitze auch nicht mehr eingegangen bin. Jo, gute Ideen!

Eine andere Sache ist die Phasensynchronisation, bei der ich eben auch glaube, dass sie in der Praxis nicht so vorkommt wegen unterschiedlicher Bauformen von Pfeifen gleicher Tonhöhe und den ständigen minimalen Schwankungen.
...da verwirrst du mich jetzt aber :( . Das hatte ich so verstanden (vlg meinen Link vor ein paar Einträgen):
Dass es Phasensynchronisation geben müsste hatte ich ja total fälschlich nur deshalb vermutet, um der Erklärung näher zu kommen, weshalb es in der Praxis nicht beliebig auftretende und starke Auslöschungen und Verstärkungen gibt. Aber da hatte ich ja den riesigen Denkfehler, dass nicht alle Pfeifen vom exakt gleichen Punkt in die Gegend flöten.
Verschiedene Phasenlagen und auch stärke Intereferenzerscheinungen gibt es dagegen in der Tat, allerdings nur an genau so "kleinen Punkten" (besser gesagt Linien im Raum) dass man es nicht wahrnimmt - zumal ja auch immer etliche Pfeifen erklingen, irgendwie mittelt es sich dann alles.
Könnte es sein, dass du beim Thema "Bauform" eine falsche Ausgangsidee hast? Alle Pfeifen eines Tones besitzen doch nicht etwa Grund- und Obertöne verschiedener Frequenz (Ausnahmen wie Rohrflöten bestätigten die Regel) sondern von verschiedener Lautstärke. Bei allen halbwegs flötenartigen (im Gegensatz zu Streichern und lingualen) sind zudem doch gerade Grundton und nur die ersten Obertöne stark vertreten. Warum sollten die je nach Phasenverschiebung keine starken Interferenzerscheinungen verursachen, ... aber wie schon gesagt nicht flächendeckend sondern nur so punktuell im Raum, dass es nicht relevant ist.

1) ... um am Schluß noch das Rauschen des Orgelmotors (wenn man das will) dazuzuaddieren (aber nur einmal addieren).
Schön dass du das anscheinend kannst (was war das, "Hauptwerk"?) Da hinkt meine Komplettorgel doch hinterher :(

1) Mich hatte gewundert, warum man bei neuen Sample-Sets so hinterher ist, Release-Samples ... mehrfach abzulegen...
:D Langsam verstehe ich, warum du so spürbar kein Freund von den Apparaten der 80er und früher bist. Sorry, so gesehen hast du ja auch vollkommen recht. ((( Wolle ja damals nur anmerken, dass eine Johannus 220 o.ä. dennoch - relativ betrachtet - schon viel brauchbarer ist und klingt als ein Teil von der doch angeblich damals so federführenden Firma, die gleich vorne im Alphabet kommt).

mir ist noch ein Gedanke zur Klangverschmelzung durch die Windlade in den Sinn gekommen: ... Was aber, wenn es gar nicht um Rückkopplung geht? Haben nicht die Ventile auch einen Einfluß auf die Klangverschmelzung?l

... habe jetzt nicht mehr gesucht, könnte auch noch in dem alten Eintrag über deine Orgelprojekt stehen. Das hatte ich sinngemäß ja auch schon mal so gesagt. In der Kanzelle strömts und zwar leicht komprimierte Luft. In den Pfeifen schwingts. Das kann sich nur sehr bedingt soweit kombinieren, dass es extrem starke Rückwirkungen hat.
Das versachte ja auch immer meine Fragezeichen: Warum wurde anscheinend was widerlegt, was u.U. doch nicht die absolut allgemeine falsche Lehrmeinung vorher war?

Das mit dem Ventilen sehe ich genau so!!
Sehr spannend fände ich mal ein Diagramm, wie der Winddruck sich nach dem Öffnen in der Kanzelle ändert. Bestimmt mehr als nur "An-Aus".


Unser Ohr (oder Gehirn) scheint einen Klang vorrangig nach dem Einschwingvorgang zu beurteilen und läßt sich bei stationären Klängen gerne ein X für ein U vormachen.
Ich weiß nicht ganz genau, worauf du hinaus willst. :confused: Das mag zu einem ganz großen Teil so sein, dass der Einschwingvorgang einen - gemessen an den Zeitverhältnissen - überproportionalen EInfluss auf die Klangwahrnehmung
hat. Allerdings kann ist es doch in der Praxis auch immer so, dass störende Effekte (eine verstimmte Pfeife, scheppern, "blubbern" durch unsaubere Intonation oder verbogenes Labium) stets sehr stark zu vernehmen sind - und nicht nur auffallen, wenn sie vom EInschwingen an auftreten. Das geht doch sogar soweit, dass bei triomäßigen Geschichten der etwas laute bzw. prägnantere Baß und der vordergründige Cantus "perfekt erklingen", und am Ton der Pfeifen der deutlich leiseren Begleitstimmen fällt einem irgendein Fehler auf . Und das manchmal sogar nicht sofort sondern erst nach einiger Zeit des Klingens.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom