Rheinberger

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Johann Bastian Seebach

Johann Bastian Seebach

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4. Jan. 2009
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Hallo Orgeltraktierer!

Da hier schon lange keine Bewegung mehr war, hab ich mir gedacht ich erlaube mir ein neues Thema zu eröffnen. Dieses hier handelt von Rheinberger, Josef Gabriel Rheinberger. Ich habe nur wenig Kontakt mit diesem Komponisten gehabt, an einem Konzert mal und grad vorhin als die Organistin welche GD spielt mich beim Spielen abgeklemmt hat, doch es hat mir sehr gefallen! Vorallem die ruhigeren verträumteren Stücke (Kommunion evtl) gefallen mir sehr durch ihre sangliche Art und Weise.
Wie steht ihr dazu? Braucht ihr viel Rheinberger im Gottesdienst?

Schönen Pfingstmontag!
JBS
 
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Hi, J.S.Seebach!

Mir fehlt die Legitimation, Dir zu antworten, denn ich bin kein Organist.
Ich antworte trotzdem, weil mir Deine Frage gefällt.

Als ein zwischen lutherischem Wortgottesdienst und römisch-katholischer Messe
Hin- und Herpendelnder kann ich Rheinberger nicht attestieren,
in den Gottesdiensten musikalisch sehr präsent zu sein.
In Kirchenkonzerten werden wohl öfters seine Orgelkonzerte aufgeführt,
wird etwas von seiner geistlichen Vokalmusik zu Gehör gebracht.
Der Carus-Verlag bastelt an einer Rheinberger-Gesamtausgabe,
die noch vor dem Weltuntergang fertiggestellt werden soll.

Mein Eindruck: Rheinberger profitiert davon, daß es in der deutschen Orgelromantik
nur wenig Musik gibt, die über ihren reinen Gebrauchscharakter hinaus interessant ist.
Er besetzt die Leerstelle zwischen Mendelssohn und Reger.
Und an ihm werden auch die Schwierigkeiten offenbar, die für Kirchenmusiker
in der Romantik objektiv bestanden haben: wie die zunehmende Chromatisierung
des Tonsatzes mit liedhafter Diatonik unter einen Hut zu bekommen ist.
Die Ergebnisse dieses Versöhnungsprozesses sind oft schauerlich und erinnern
an die Musik von Jahrmarktsorgeln aus der Wilhelminischen Zeit.
Das gilt natürlich nicht für die Ausnahme-Orgelkomponisten Brahms und Liszt -
und beileibe auch nicht immer für Rheinberger, bei dem es - wie Du schreibst -
gerade unter den langsamen Sätzen wahre Kostbarkeiten gibt.

Ich befürchte nur, daß vieles aus dieser Stilepoche heute einfach als
zu wenig sakral empfunden wird - zumindest in Deutschland.
In England und in den USA ist das ganz anders - auch in Frankreich:
Viele "Sorties" aus der Feder von Lefébure-Wély hören sich an
wie die reinste Bumsmusik und gelten doch als gottesdiensttauglich.

Dito schönen Pfingstmontag!

Gomez
 
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Ich antworte mal als Praktiker, auch weil ich letzten Sonntag noch R. im Konzert gespielt habe.

1. Ist es nicht primär liturgische Musik. Die Sonaten eh nicht, aber auch die kleineren Stücke. Keine Choralvorspiele, außer einem relativ schwachen Stück.

2. Sind die Stücke daher oft zu lang. Auf ev. Seite hat man ja immer mehr Geduld mit Prä- und Postludium, andererseits war Romantik immer eher im Katholizismus verwurzelt und da bietet sich allzu langes Literaturspiel nicht immer an.

3. Sind die Sachen oft zu schwer. Da ist alles spielbar, keine Frage, aber wer Freitags da sitzt und etwas für Sonntag sucht, hat genügend zu tun....oder legt es ganz schnell wieder weg. Selbst in den Sammlungen "Meditationen", "Charakterstücke" oder "Micellaneen" ist das Niveau recht hoch und die Stücke sind relativ lang und oft in unangenehmen Tonarten. Wirklich einfach sind nur 6 Stücke o. Op.

Trotzdem ist es natürlich sehr oft schöne Musik, aber es gibt einfach auch Gründe, im Zweifelsfall lieber einen langsamen Satz aus einer Mendelssohn-Sonate zur Kommunion zu spielen, das geht nämlich vom Blatt. ;)

Viele Grüße
Axel
 
Ich habe 2 oder 3 x was von Rheinberger gespielt (teilw. abgekürzt), schon länger her: sehr viel Übeaufwand für wenig Effekt. Die Gemeinde springt nicht drauf an.
Neulich spielte ich "Kirmesorgelmusik". Eigentlich ein Klavierstück für Kinder, das ich aufpimpte und mit einer zusätzlichen Pedalstimme versah, inkl 1-2 Zusatzeffekte. Übungsaufwand: relativ gering. Erfolg: maximal.
Ich spiele halt kundenorientiert und meine Gemeinde steht leider so gar nicht auf Romantik.....
 
Ich habe 2 oder 3 x was von Rheinberger gespielt (teilw. abgekürzt), schon länger her: sehr viel Übeaufwand für wenig Effekt. Die Gemeinde springt nicht drauf an.
Neulich spielte ich "Kirmesorgelmusik". Eigentlich ein Klavierstück für Kinder, das ich aufpimpte und mit einer zusätzlichen Pedalstimme versah, inkl 1-2 Zusatzeffekte. Übungsaufwand: relativ gering. Erfolg: maximal.
Ich spiele halt kundenorientiert und meine Gemeinde steht leider so gar nicht auf Romantik.....

Wie wäre es mal mit einer Bearbeitung von Tiersens Comtine (vgl. gleichn. Faden...):D

Ich habe Rheinberger -Stücke ab und zu im Konzert gehört und empfand sie durchaus als willkommene Abwechslung gegenüber dem sonst epidemisch aufttretenden Repertoire....
 
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Wie wäre es mal mit einer Bearbeitung von Tiersens Comtine (vgl. gleichn. Faden...):D

Ich habe Rheinberger -Stücke ab und zu im Konzert gehört und empfand sie durchaus als willkommene Abwechslung gegenüber dem sonst epidemisch aufttretenden Repertoire....
Ich höre sowas auch gerne, ich höre auch sehr gerne zeitgenössische Orgelmusik oder besonders gerne Messiaen.
Aber ich höre da halt anders hin, bin quasi "Fachpublikum". Und sowas höre ich dann auch im Konzert. Im Konzert geht vieles.

Ich selber bin aber nur ein Kirchenorganist ohne Konzerttätigkeit (und an einer kleinen, wenig klingenden Orgel aus den 50ern) - da geht ohne Pragmatismus gar nix. Mein Sonntagspublikum besteht im wesentlichen aus 20-25 Kanzelschwalben im Durchschnittsalter > 60, sowie 20-30 Konfirmanden - die keinesfalls freiwillig in die Kirche kommen und schon gar nicht an Rheinberger und Co. interessiert sind. Neulich bei einem GoDi der Konfis spielte ich Star Wars - das fanden sie gut!

Das Tiersen-Stück habe ich schonmal gespielt, aber am Klavier in irgend einem Altenheim. Ist mir aber aber in der Tendenz zu ernst und zu getragen.
 
Was von R. auf jeden Fall für den GD empfehlenswert ist, sind die 12(?) "Fughetten im strengen Styl" op. 123a. Sind sowohl für Ein- Auszug geeignete Stücke wie auch meditative dabei. Ebenfalls gut die 10 Trios op. 49.

Die meisten Sachen davon sind für Otto Normalorganist nicht gerade vom Blatt spielbar, aber mit mäßigem Aufwand machbar und musikalisch sehr lohnend.

Vor Jahren habe ich mal die bekannte 8. Sonate (mit der Passcaglia) gespielt, der langsame Satz daraus ist auch liturgisch einsetzbar.
 

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