Produziert unser Schulsystem musikalische "Analphabeten"?

I

Igor

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6. Apr. 2010
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Hallo,

mal eine dumme Frage (oder vielleicht auch der Beginn einer Diskussion) ...

mir sind hier im Forum mehrere Beiträge aufgefallen von Erwachsenen, die zu Beginn des Klavierunterrichts erst einmal lernen mussten, wie man Noten liest. Und auch hier bei Clavio wird ein Notenlesekurs angeboten.

Sind das Einzelfälle oder ist es tatsächlich so, dass die Schule es nicht schafft, den Schülern zumindest Grundkenntnisse der Notenschrift zu vermitteln?

Ich kann mich noch erinnern, wie wir das alles in der Schule ausführlich durchgekaut haben, die verschiedenen Notensysteme, Dur- und Moll-Tonleitern und Akkorde ... allerdings habe ich parallel Klavier gelernt und im Chor gesungen, ich kann nicht beurteilen, wieviel hängengeblieben wäre, wenn ich mich nur im Schulunterricht damit beschäftigt hätte.

P.S.: Ich hoffe, ich habe mit dem Ausdruck "Analphabeten" niemand beleidigt. Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass für mich das Notenlesen genauso eine grundlegende Kulturtechnik ist wie Lesen und Schreiben.
 
Zum Notenlesen gehört immer Instrumentalunterricht (oder meinetwegen Gesangsunterricht) dazu.

Notenlesen kann man nicht "abstrakt" lernen, genauso wenig wie man Lesen und Schreiben "abstrakt" lernen kann. Man hat beim Lesen & Schreiben immer das konkrete Sprechen als unverzichtbare Basis (anders wär's absurd!), und genauso muß beim Notenlesen die aktive Tonvorstellung als notwendige Basis da sein bzw. aufgebaut werden.

Es kommt doch sehr wohl oft vor, daß Noten in der Schule durchgenommen werden! Ich habe schon öfter mitgekriegt, daß Gymnasialklassen sogar damit gequält wurden, Kadenzen aufzuschreiben etc.!

Diese Bemühungen sind aber herzlich fruchtlos - die, die kein Instrument spielen, können damit nichts anfangen, und die, die ein Instrument spielen, können's sowieso schon (und kriegen vom Lehrer die gewohnte "1", mit der sie die "4" in Sport ausgleichen :D).

Und selbst im Instrumentalunterricht gibt es ja viele Fälle, in denen das Notenlesen nicht vernünftig klappt - nämlich dann, wenn der Lehrer versäumt, eine Klangvorstellung im Schüler zu etablieren und der Schüler nach der Methode spielt: "Öhm, was steht da... aha, Fis... aha, dann muß ich hier jetzt drücken... was steht da als nächstes... aha, G... ok, drücke ich also mal da drauf... " etc.

Deine Forderung muß also so umformuliert werden, daß jeder Instrumentalunterricht erhalten sollte. Notenschrift ist keine "Kulturtechnik". Notenschrift ist bloß ein Hilfsmittel, eine Krücke, ohne die's halt oft nicht geht. Musizieren ist hingegen eine "Kulturtechnik", ja.

LG,
Hasenbein
 
Hallo Igor,

interessantes Thema.
In den 70er begann mein Musikunterricht in der 5 Klasse wie folgt:

Lehrer: "Wer spielt ein Instrument?"
Es meldeten sich Klaviere, Trompeten und Geigen. Da ich in einer gutbürgerlichen Gegend aufs Gymnasium ging, war es die Mehrheit.

Ich gehörte zur Minderheit. (Vielleicht war es doch mehr als die Hälfte, jedenfalls fühlte man sich ausgegrenzt)

Mit der spielendem Mehrheit zog der Lehrer ab in die Aula, um sie für das Schulorchester fit zu machen.
Der klägliche Rest bekam eine Blockflöte in die Hand gedrückt und blieb sich im Wesentlichen selbst überlassen.
Was uns aber auch ganz recht war...
Manchmal kam der Lehrer vorbei und hörte sich genervt das Gefiepse an.
Oder er ließ vorsingen, wenn er ein paar Knaben für den Chor brauchte.

Allgemeinen Unterricht gab es auch, aber für Nicht-Spieler chancenlos.
Musikarbeiten waren zweigeteilt in Transpostionsübungen etc. und Laberthemen.
Mit Beantwortung der Laberthemen konnte man sich dann auf eine 4 retten.

Junge Menschen aus meinem Bekanntenkreis geht es heute nicht viel anders. Zwar ist das Instrumentarium größer, sogar Instrumente der Pop-Musik dürfen von allen mit Spaßfaktor bearbeitet werden.
In Summa: "Musikbespassung."

Aktives Spielen nach Noten aber auch hier Fehlanzeige, es sei denn man spielt ein Instrument privat..

Gruß, Reiner
 
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bei mir wurden "schon" in der 7. klasse noten , intervalle etc. durchgenommen.. aber das hat man nach 20 jahren bestimmt schon vergessen wenn mans nich nutzt
 
Man kann ja auch auf ein Gymnasium gehen, oder spricht etwas dagegen?
Warum sollte man Realschüler auch zu Profimusikern ausbilden??? :rolleyes:
 
Hi,

in der Schule ist heute wichtiger, dass man das Italienisch, das die Italiener vor 2000Jahren gesprochen haben lernt. :D

Das wird nämlich in den heutigen gesellschaftlichen, industriellen und kulturellen Kompetenzen benötigt.

Gruß
 
Lieber sollte man praxisgerichtetes Wissen vermitteln als irgendetwas, was man eh nie gebrauchen wird.
In meiner Klasse (Realschule, gottseidank hat das jetzt ein Ende) bin ich der einzige gewesen der ein Instrument spielt, die anderen hatten nichts anderes im Sinn als im Musikunterricht (nunja, eigentlich überall) umherzulaufen, zu schreien, mit den Tischen zu knallen, Handymucke anzumachen etc. Einmal musste schon die Rektorin "einschreiten" :rolleyes: Willkommen in Deutschland!
Das Interesse an Musik liegt also bei 99% bei Null!
Und das was in der 10. Klasse gelehrt wurde (wäre da nicht mein Rachmaninoff-Refarat + Vorspiel.) ist Michael Jacksons Biografie, wer bei Eurovision-Songcontest die T**ten rausblitzen lassen hat, wann der Film von Bushido erscheint usw. aber wenigstens praxisorientiert.
 
Meine Eltern wussten wohl, dass ich mit ihnen mitten in der sechsten Klasse umziehen werde (ab der siebten Klasse wäre Klavier Pflichtfach gewesen), also durfte ich ein musisches Gymnasium besuchen. Es war eine Ganztagsschule, was zu Ende der 60er Jahre recht unüblich war.

Dort hatten wir 5 Wochenstunden Musik, thematisch aufgeteilt in: Harmonielehre und Komposition, Instrumentenkunde; Musikgeschichte; Instrumentalunterricht (Orffsches Schulwerk und Blockflöte in Klasse 5 und 6);

Zusätzlich war ich noch im Unterstufenchor mit echtem Gesangsunterricht sowie begleitender Harmonielehre.

Leider durfte ich das dort Gelernte in meiner darauf folgenden Schullaufbahn nie wieder anwenden, weshalb fast alles verloren ging.
Am deutschen Gymnasium ging es dann um "Analysen" von Symphonien und einigen Opern, bei denen wir mit auswendig gelernten aber nicht stimmig erklärten Begriffen um uns warfen, in der Oberstufe (wir hatten tatsächlich in diesen drei Jahren ein ganzes Jahr lang Musikunterrricht) wurden wir oberflächlich in die Hintergründe zur Musik des 20. Jahrhunderts eingeführt (Jazz, Blues, Zwölftonmusik). Mit Notenlesen, Harmonielehre etc. aber hatte dies alles nicht wirklich zu tun. Die Hälfte der Klasse hat während der Musikstunde den vorher versäumten Nachtschlaf nachgeholt, während der Musiklehrer den Klang genoß, der den von ihm so häufig aufgelegten Platten entschlüpfte. Ab und zu durfte ihm jemand etwas auf dem Klavier vorspielen. Dessen 1 war damit gesichert.

In den USA (7th grade Junior-High) lösten sich die künstlerischen Fächer gegenseitig ab. Im ersten Schuljahresdrittel gab es Schauspiel (endete mit einer Theateraufführung und hat viel Spaß gemacht), dann folgten Kunst (untermalt mit unerträglich lauter Beatmusik durfte jeder malen oder basteln, was er wollte) und schließlich auch Musikunterricht mit einer interessanten Mischung. Ein Beispiel: Zu Beginn der Stunde haben wir ein Pop-Lied gelernt und gesungen, anschließend wurde uns der Unterschied zwischen einer Sopran und einer Tenorstimme erklärt, wobei wir sogar ein paar konservierte Opernklänge zu hören bekamen. :D Noten? Musiktheorie? Fehlanzeige.

Fazit: Anständiger Musikunterricht erfolgte nur am Spezialgymnasium, der Rest war eine Farce.
 
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Umso besser. Hat man hier eben mehr verschiedene Einblicke ;)

BTW: Auf einem Privatgymnasium in der 8. Klasse hat man bei mir gesungen, mit irgendwelchen möchtegern-Instrumenten (Xylophon, Gurke etc.) Krach veranstaltet und das wars.
Ich frage mich eigentlich ob es nicht einheitliche Lehrpläne gibt?
Auf jeder Schule (jetzt rede ich aber von Gymnasien)wird im Grunde was Anderes gemacht.
 

Darüber sinne ich immer wieder nach! Es ist mir unbegreiflich, daß Grundkenntnisse der Musik in den Haupt- und Realschulen nicht gelehrt werden. Musik kann doch nicht für Auserwählte sein.

Zu meiner Schulzeit gehörte der Musikunterricht ab der 5. Klasse 1 x in der Woche genauso dazu wie andere Fächer. Niemand von uns (vereinzelte später) spielte ein Instrument. Es wurde kräftig gesungen in allen Klassen und als Hausaufgabe Texte lernen, aufschreiben, einzeln vorsingen in der Klasse. Es ging nicht nur ums schön singen, sondern auch ums Lachen.

Die Grundlagen der Notenlehre wurden ebenfalls vermittelt, sogar Klassenarbeiten haben wir darüber geschrieben.
Aber über Dreiklänge haben wir nicht gesprochen.
Ich war nicht so scharf aufs Notenlernen. Achtel, Viertel, Halbe, Ganze, wieder teilen und Takte aufschreiben. Hausaufgabe: Notenschlüssel schön schreiben lernen. Ich wußte gar nicht was das sollte - und trotzdem! Nun spiele ich bereits schon auf einem 2. Instrument.

"Mein Vaterland" von Smetana wurde erläutert, durchgearbeitet, die "Ode an die Freude" gesungen ... Santa Lucia gesungen ....
Es wurde gesungen an Wandertagen, an Schulfesten, Kanons, "Alle Vögel sind schon da .." zweistimmig - Unser Lehrer hatte eine Stimmgabel, die er anschlug, dann ans Ohr hielt. Auf dieses Ritual warteten wir immer. Es war so selbstverständlich wie Essen und Trinken. Sicherlich hatte nicht jeder Lust auf den Musikunterricht. Jeder hatte aber auch keine Lust auf den Matheunterricht ....

Ich habe den Sinn der Sache damals nicht begriffen. Es war einfach normal so. Niemand verband eine Professionalität damit. Später erst begriff ich, was für ein Rüstzeug ich mitbekommen hatte, konnte mich gut bewegen auf vielen verschiedenen musikalischen Ebenen, zwar nur ganz allgemein, aber immerhin ... Der Sinn erschloß sich mir später in Museen. Oder er krabbelte heraus überraschend, wenn "das Moldauthema" aus dem Radio oder Fernsehen erklang und immer noch.
Beethoven - Ode an die Freude! Was hatte ich doch für ein Glück. Und was bin ich dankbar über die vielen Aha-Erlebnisse.

In Polen, Tschechei, Littauen, Lettland und vorallem auch in Estland wird musiziert, gesungen auf allen Wegen, große Singe-Festivals gibt es. Traumhaft wunderschön anzuhören die Gemeinschaft, sich hübsch anziehen, beisammen sein. Wenn's hinauf auf die Schneekoppe geht, hörte ich Schulklassen singen. Ein ganz natürlicher zwangloser Umgang. Dann fühle ich mich gleich heimelig.

Warum man in Deutschland den einfachen Musikunterricht eleminiert, und privat daraus eine Begebenheit macht, ist mir schleierhaft. Ein ganz großer Rückschritt in Deutschland.
 
Warum man in Deutschland den einfachen Musikunterricht eleminiert, und privat daraus eine Begebenheit macht, ist mir schleierhaft. Ein ganz großer Rückschritt in Deutschland.

Und richtig problematisch wird es, wenn, wie derzeit offensichtlich, die zur Verfügung stehende Zeit außerhalb der Schule immer mehr verknappt wird, dass eine gewisse Kompensation fehlender schulischer Bildung dort immer schwerer wird.
 
Bei uns im Musikunterricht (Gymnasium) ab der 5. Klasse - das war bei mir Mitte der 90er - wurde v.a. viel gesungen, aber auch Harmonielehre etc. gelehrt. Ich spielte damals schon 2 Jahre Klavier und hatte davor ein Jahr Blockflöte gelernt, aber selbst ich hab damals nicht verstanden, was die Lehrerin von uns wollte und wozu. Für die anderen, die kein Instrument spielten (und das waren die meisten) muss es noch undurchschaubarer gewesen sein und war wohl sinnlos verschwendete Zeit.
In der Mittel- und Oberstufe durften dann die Musiker der Klasse die ganze Arbeit für die jeweilige Gruppe (Rest bestehend aus Nichtmusikern) machen - neue Werbemelodien erfinden, Filmszenen vertonen, Kanon komponieren etc. und am Ende bekamen dann die Ahnungslosen, die in der Zeit andere Dinge machten, die besseren Noten, weil sie sich mündlich besser beteiligten (wobei das Beteiligen darin bestand, ständig Dinge nachzufragen, die die Musiker einfach schon wussten). Das hat mich immer maßlos geärgert.
Nicht nur aus diesem Grund habe ich den Musikunterricht an der Schule gehasst...

Heute gibt es an der Schule in jedem Jahrgang eine Orchesterklasse, deren Schüler neben dem normalen Unterricht ein Blas- oder Streichinstrument lernen können. Schade, dass es das zu meiner Zeit noch nicht gab.
 
Wahrscheinlich gibt es heute wie früher Schulen, die großen Wert auf eine musikalische Ausbildung legen und solche, die die Musik eher vernachlässigen.

Da ich selber keine Kinder habe, kenne ich mich mit den Angeboten der Schulen nicht wirklich aus, aber sämtliche Kinder, die ich kenne, mußten irgendwann mal in der Schule die Blockflöte spielen lernen, manche ganz gut, andere mit eher mäßigem Erfolg.

Zu meiner Zeit (Jg '59) war es ähnlich. die Schule, die ich besuchte, hatte einen guten Musikunterricht, außerdem Chor, zwei Orchester und etliche freiwillige Kurse. Meine Schwester hatte in ihrer Schule lediglich Blockflötenunterricht, den sie widerwillig absolvierte und mein Bruder hatte in seiner Schule die Wahl, ob er Musik oder irgendein anderes Fach belegen wollte.

Ich glaube, heute ist es ähnlich und die Schulen bieten unterschiedliche Schwerpunkte an...
 
Gymnasiumunterricht ist die eine Sache.

Ich sprach von einem ganz allgemeinen Musikunterricht an den Haupt- und Realschulen. Wer spielt denn in dem Alter schon Flöte oder Klavier? Und außerdem ist das auch nicht sooooooo wichtig. Sicher, wer will, kann und darf und sich leisten kann, bitteschön.

Undurchschaubar war mir und einigen anderen die Notenlehre ebenfalls. Aber deswegen haben wir doch nicht in den Sack gehauen.

Grundbildung ist Singen, das Heraushören und Ausprobieren sich selbst an der Stimme zusammen mit anderen. Fröhlich sein! Lebensqualität steigern! Musik verbindet!

Als wir das Smetanathema durchgenommen haben, bzw. Ode an Freude und Santa Lucia auf Italienisch gesungen haben, hatte ich ebenfalls nichts begriffen. Darum geht es auch nicht. Unser Lehrer hat den Santa-Lucia-Text nicht übersetzt. Einfach mal in einer anderen Sprache singen, den Klang aufnehmen.

Es geht um eine Grundbildung, daraus resultierenden Erkenntnisse, die man darüber im Leben erst erfährt, Aha-Erlebnisse vermittelt, man mitreden kann, ja ganz allgemein ein gutes Gefühl des Wissens bekommt, damit sich steigert und festigt mehr und mehr das Selbstbewußtsein, das Wissen um die Dinge der Welt. Unscheinbare Bausteine werden sichtbar, nicht sofort! Sie helfen den inneren Frieden aufzubauen, d.h. nicht einschlafen.

In jungen Jahren begreift man das nicht. Ich begriff auch nichts. Ich gehörte dann auch zu den Ahnungslosen. Aber immerhin hat unser Musiklehrer es verstanden, uns ein musikalisches Gefühl zu hinterlassen. Nach 25 Jahren dankten wir ihm dafür.
In der Mittel- und Oberstufe durften dann die Musiker der Klasse die ganze Arbeit für die jeweilige Gruppe (Rest bestehend aus Nichtmusikern) machen -
Was heißt durften? Hat der Lehrer gesagt: "Ihr Musiker macht doch jetzt mal die Arbeit für die Nichtmusiker mit? Dann war der Lehrer eines Lehrers unwürdig.
Oder habt Ihr das freiwillig gemacht? Dann braucht man sich darüber nicht aufzuregen.

Außerdem: Es gibt immer bessere und schlechtere Schüler, immer bessere Mitarbeiter und schlechtere ... Der Lauf der Dinge.

Zuerst geht es um das Lied!
- kurze Töne, lange Töne
- hoch singen, tief singen
- Refrain
- Ausschnitte einer Sinfonie anören, Der Lehrer erklärt, regt an, daß der Schüler merkt, wo es lang gehen könnte. Der Schüler kann
reagieren, sagt, was in ihm vorgeht bei diesen und jenen Takten, Sätzen ... Er bekommt eine Ahnung, ein Prinzip von Musik,
deswegen muß er sie nicht gleich beherrschen müssen.
- einen Kanon singen
- zusammen singen
- ein bißchen Textanalyse

Es geht noch lange nicht um neue Werbemelodien erfinden, Filmszenen vertonen, Kanon komponieren,
sondern um ein Gefühl zu bekommen, wie schön ein Lied ist, wohin es uns trägt, uns begleitet, ein Tröster in der Not sein kann, eine Lust ist in glücklichen Momenten ... und man ein Gut immer bei sich hat, das nichts kostet.

Das älteste, echteste und schönste Organ der Musik, das Organ, dem unsere Musik allein ihr Dasein verdankt, ist die menschliche Stimme.
Wilhelm Richard Wagner

Alles andere kann darauf aufbauen und auch privat unterrichtet werden. Eine Schule kann schließlich keine Komponisten und Klavierstars ausbilden. Dafür gibt es Musikschulen.
 
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Interessante Antworten.

Was mir persönlich in den Schilderungen als Grundproblem der Schule auffällt: die Ausgrenzung. Mit denjenigen, die ein Instrument spielen oder im Chor singen, kann man etwas anfangen, die anderen lässt man links liegen. Das finde ich schade. Die meisten Menschen sind in der Lage, eine Melodie mitzusummen. Und fast alle Jugendlichen haben einen MP3-Player, das bedeutet doch, ihr Gehör und Gehirn ist durchaus in der Lage, Melodien und Harmonien zu erkennen und zu verarbeiten. Darauf müsste man doch irgendwie aufbauen können.

Einige Beiträge gingen hier ein bisschen in die Richtung, das "Volk" könne mit der Notenschrift sowieso nichts anfangen. Dem stimme ich nicht zu. Z. B. wenn ich in die Kirche gehe und dort mitsingen möchte, oder wenn ich meinem kleinen Kind ein Kinderlied beibringe, ist es sehr von Nutzen, wenn ich Noten lesen kann. Und außerdem weiß man ja nie, welche unentdeckten Musiktalente im "Volk" schlummern.

P.S.:

@Kulimanauke: Habe Deinen Beitrag erst jetzt gelesen. Ja, das ist das was ich mir für den Musikunterricht in der Schule vorstelle. Scheint aber heutzutage (bzw. schon seit den 70ern) nicht mehr umsetzbar zu sein.
 
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Igor: Was mir persönlich in den Schilderungen als Grundproblem der Schule auffällt: die Ausgrenzung. Mit denjenigen, die ein Instrument spielen oder im Chor singen, kann man etwas anfangen, die anderen lässt man links liegen.
Ungeheuerlich. Wenn das so ist, oh Graus!!!
Die meisten Menschen sind in der Lage, eine Melodie mitzusummen.
Alle sind in der Lage, eine Melodie mitzusummen. Nur wenn allen die Melodie nicht vorgesummt wurde, summen sie nicht. Singen hat auch was mit der eigenen Psyche zu tun. "Hör auf zu singen. Wie sich das anhört." Wenn der Lehrer dann nicht sagt vor versammelter Klasse: "Junge sing, darfst auch brummen, brummen ist auch singen," traut der sich nie mehr laut zu singen u.s.w.

Ich habe eine Ausbildung bei den Singepaten gemacht. Dort habe ich allerlei gehört und erfahren. Auch bei Kleinkindern ist zu beobachten, daß sie nicht hoch singen können. Zuhause singt niemand, das Kind auch nicht. Kann ich alles gar nicht glauben.

Es wird auch was dagegen getan. Leider wird das Pferd hinten aufgezäumt. Es ist ein Dilemma. Kindergärtnerinnen mußten früher ein Instrument spielen können, brauchen sie heute nicht mehr, singen müssen sie auch nicht können - oh Schreck! Als ich das erfahren habe aus direkter Quelle, gingen mir 2000 Leben durch und durch.

Singepaten sollen in die Kindergärten gehen und mit den Kindern singen. Omi, Mutti oder jemand, die sich berufen fühlt, mit den Kindern singen. Es gibt einen Singe-Ordner mit verschiedenen Liedern, sehr schön, mit Textanalyse und wie man sich vor die Singstunde vorbereiten kann. Denn alles soll ja spielerisch sein. Als Zusatz ist das auch gar nicht zu verachten. Kann ich allen Eltern empfehlen, die gerne singen möchten mit ihren Kindern, ihnen aber die Ideen fehlen. Hier hat man sich viel Arbeit gemacht, eine lohnenswerte.
Aber das eine Kindergärtnerin in der Ausbildung nicht mehr musizieren braucht, ist fatal. Ein Kanonenschuß, der nach hinten abgeht. Dafür werden Projekte mit den Kleinen gemacht. Das Wort Projekt ist mir ein Dorn im Auge. In der Grundschule gehts weiter mit Projekten, Projekte, Projekte, jede Woche was neues. Die Kinder kommen nicht zur Ruhe, Hausaufgaben, .... Manchmal lob ich mir dann doch die Walldorfer!
Einige Beiträge gingen hier ein bisschen in die Richtung, das "Volk" könne mit der Notenschrift sowieso nichts anfangen. Dem stimme ich nicht zu.
Nein, stimme ich auch nicht zu. Es geht nicht um die Wissenschaft Notenlehre oder Harmonielehre, es geht nicht um Dreiklänge + aufwärts. Es geht um ganz simple Sachen wie kurze + lange Töne - interessant zu erfahren, wie alle meine Entchen in eine Zeichensprache umgestzt werden, wie Buchstaben zum Wort zum Text ein Ganzes ergeben. Ein Hauptschüler oder Realschüler könnte sogar Latein lesen. Verstehen ist schwieriger. Dafür gibt es einen anderen Weg.
Und außerdem weiß man ja nie, welche unentdeckten Musiktalente im "Volk" schlummern.
Wohl war. Die Ahnungslosen in der Schule sind oft nicht die untüchtigsten Menschen im Leben. Sie kämpfen (nicht alle) und manch einer lernt dann noch das Klavierspielen mit Herz und Seele wie ich.

Es geht doch nur um diesen kleinen großen Prozeß.
 
Ich fühlte mich völlig fehl am Platz. Oft hörten wir Opern an und sollten in den Partituren mitlesen. Ich hatte vorher nie Noten gesehen und wusste nicht, was zu tun ist. Ich blätterte dann immer, wenn alle blätterten. Manchmal wurde ich aufgerufen und sollte sagen wo wir sind. Ich weiß nicht, ob ich nur vorgeführt werden sollte... Am Jahresende haben wir uns dann immer auf eine 4 geeinigt. Ein Bemühen, jemandem etwas beizubringen konnte ich nicht feststellen. Entweder man konnte es oder eben nicht.

Gleich in der 5. Klasse sollten wir Blockflöte spielen. Ich hatte vorher noch nie ein Instrument in der Hand und das Ding gab nur grässliche Töne von sich. Auch bei meinen Mitschülern konnte ich dem Klang nichts Schönes abgewinnen. Beim Vorflöten des leichtesten Stücks im Heft, dem "Murky" bekam ich dann eine 6+ :D

Wir haben im Gymnasium aber auch viel gesungen und das hat durchaus Spaß gemacht. Besonders lustig wurde es, als die Jungs in den Stimmbruch kamen... Wir sangen "Sah ein Knab' ein Röslein stehen" und den "Erlkönig". Den Text kenne ich teilweise immer noch.
 
Ich fühlte mich völlig fehl am Platz. Oft hörten wir Opern an und sollten in den Partituren mitlesen. Ich hatte vorher nie Noten gesehen und wusste nicht, was zu tun ist. Ich blätterte dann immer, wenn alle blätterten. Manchmal wurde ich aufgerufen und sollte sagen wo wir sind.
Das Spielchen wurde bei mir erst kürzlich veranstaltet, da sollte ich Rach's Cis Moll Prä. spielen und irgendwo stoppen. Da wurde einfach fröhlich drauflos geraten :D
Ob man dadurch das Notenlesen erlernen kann ist also mehr als fraglich.

PS: Schade dass das wieder zu einer Roman-Sammlung ausartet. Damit wars das von mir in diesem Thread. So viel Zeit müsste ich auch haben....
 

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