Pianisten, Klavierlehrer, Forumsuser: sagt euch der Begriff "boreout" was???

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
  • Erstellungsdatum

D

Debbie digitalis

Dabei seit
3. Apr. 2009
Beiträge
1.434
Reaktionen
3
Hallo miteinander,

ich stelle - nach reiflicher Überlegung - dieses Schlagwort mal ins Forum, da ich denke, dass sich der ein oder andere hier darunter etwas vorzustellen vermag!

Der Begriff kam (meines Wissens) zusammen mit dem Buch "Diagnose Boreout" von den Autoren Rothlin und Werder auf, das 2007 veröffentlicht wurde.

Worum es geht:
Es gibt Menschen, die in Berufen (häufig Büros) arbeiten, in denen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten bzw. Qualifikationen überhaupt nicht oder nicht hinreichend genutzt werden!

Was machen diese Menschen?
Wenn es Arbeit, die ihrem Qualifikationsprofil entspricht gibt, stürzen sie sich mit großer Begeisterung darauf und machen das auch gut. Ist die Arbeit unter ihrem Qualifikationsprofil, so erledigen sie diese Arbeit zwar auch, aber mit weniger Motivation!

Allerdings:
Was ist, wenn die angebotene Arbeit (egal welchen Qualifikationsprofils) nicht ausreicht, um den langen Arbeitstag zu füllen???

Man geht ja nicht zum Chef und sagt: "Hey Alter, was soll ich denn hier, ich habe hier ja gar nix zu tun!"

Das tut man nicht, weil man um das eigene Ansehen und noch viel wichtiger um seinen Arbeitsplatz fürchtet; man denkt: viele sitzen ja zuhause und lecken sich alle zehn Finger nach so einem Job!

Außerdem gibt es ja ab und zu wirklich was zu tun - und dann blüht man auf und die Arbeitswelt ist wieder in Ordnung! Man reißt sich den Allerwertesten auf und hofft, dass es so bleibt!!!.. Allerdings bleibt es leider nicht so!!!

Hingegen: der graue Alltag (für die Betroffenen!):
Im Büro sitzen und überlegen, wie man nun seine Daseinsberechtigung an diesem (Schein)arbeitsplatz am besten demonstrieren könnte:

Hier gibt es zahlreiche Handlungsalternativen: der kreativen Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt!!!

Handlungsmöglichkeiten für praktisch Gesinnte:
Man kann sich z.B. (zu beobachten eher bei der weiblichen Spezies) auf die gemeinsame Kaffeeküche stürzen und die Spülmaschine mindestens zweimal am Tag starten und ausräumen, die Kaffeepötte der verschiedenen Kollegen sortieren und Zettel an die Küchenschränke kleben, auf denen steht, wer welches Geschirr wann wohin räumen soll oder wo wenn überhaupt entnehmen darf!
Das ist etwas für vorwiegend praktisch orientierte (weibliche) Gemüter...

Alternativ wäre für die praktisch Orientierten (vorwiegend die männliche Spezies) noch möglich, zu überwachen, ob die Parkregeln auf der begrenzten Parkfläche eingehalten werden, sowie die Raucherordnung und ob der Hausmeister seinen Dienst ordnungsgemäß verrichtet....

Alle anderen (egal ob männlich oder weiblich), denen Solches zu trivial erscheint, bleiben in solch einer Situation auf sich selbst, ihr Büro und ihren PC zurückgeworfen!

Was tun???
Viermal am Tag mit den Qualmern die verfehmte Raucherecke im Freien aufsuchen??? Ein untauglicher Vorschlag, wenn man selbst nicht raucht und den Qualm nicht abkann! - Soweit geht die "Nächstenliebe" bzw. das Bedürfnis nach sozialen Kontakten am Arbeitsplatz nun auch nicht!

Somit:
Überlegen, was man in dem eigenen office anstellen kann, um selbst einigermaßen zufrieden zu sein und den Kollegen, Vorgesetzten und dem Unternehmen/der Organisation/Stiftung/Behörde ... was auch immer zu vermitteln, dass alles in Butter sei???

Gefragt sind kreative und originelle Ideen für die unauffällige Selbstbeschäftigung am Arbeitsplatz...

Was bietet sich da für den weniger praktisch orientierten Arbeitnehmer (bzw. die weniger praktisch orientierte Arbeitnehmerin) an (der/die weder Tassen spülen noch den Hausmeister bzw. die Putzfrau noch sonstige Hilfskräfte kontrollieren möchte)???

Stichwort:
Innere Emigration!!
Das Internet macht es möglich!
Öffne ein Fenster und die Welt liegt dir zu Füßen - auch am Arbeitsplatz!
Es gibt nicht nur blöde online-Spiele, sondern auch die Welt des Wissens, der Wissenschaft, Wikipedia und wahnsinnig viel anderes, Kultur, Kunst, Musik, Literatur etc. etc....

Was machen die Einfallslosen, Ängstlichen (nicht hinsichtlich praktischer Tätigkeiten Orientierten) in einer boreout-Situation???...

Sie öffnen ein Fenster mit einem firmeneigenen Formular und tun stundenlang - bei geöffneter Bürotür - so, als würden sie es ausfüllen! Wenn echte Menschen, seien es Kollegen, Vorgesetzte, Kunden oder Antragsteller, am Büro vorbeikommen, bietet sich die einzigartige Gelegenheit sich über das Arbeitsumwelt oder das Arbeitsgebiet zu unterhalten, etwas zu erledigen, oder sei es nur etwas auszudrucken - und dann ist zumindest dieser Arbeitsag wieder ein kleines Stück weitergerettet!...

Was machen die Ernsten, Intellektuellen, denen Simulieren nicht ausreicht???
Sie machen natürlich nicht die Bürotür auf und stellen ihre vermeintliche Geschäftigkeit zur Schau!...

Der Intellektuelle arbeitet und denkt in der Regel im Verborgenen und hinter verschlossenen Türen, da er ja so angestrengt denkt, nachdenkt und überlegt -
und das geht wederauf der Straße noch bei Publikumsverkehr!...

Also schmort der/die Intellektuelle in seinem boreout weiterhin hinter verschlossenen Türen!
Doch wie bekämpft er/sie seine/ihre Langeweile, seine/ihre Unterforderung und seine mangelnde Motivation???

Er/sie kann natürlich täglich sämtliche online-Ausgaben der großen Tageszeitungen studieren - nicht nur die Tagespolitik sondern auch die Feuilletons und sich damit umfangreich informieren - womöglich kommt ihm diese "Bildung" dann außerhalb der Arbeitszeit mal zu statten, wenn sich Möglichkeiten zu anregenden Diskussionen mit wirklichen Menschen in der Freizeit ergeben sollten!...

Doch auch das Weltgeschehen und Feuilleton ist für den Intellektuellen schnell abgefrühstückt und der Arbeitstag ist noch lange nicht zu Ende!
Was machen???

Zum Glück gibt es ja noch die permanenten weltweiten Wetternews und die Börsenkurse - auch kann er/sie zur Not private emails abrufen, beantworten und schreiben - sofern ihn/sie sein Arbeitgeber auf sein eigenes email-Konto zugreifen lässt....

Sollten auch diese Möglichkeiten ausgeschöpft sein und der Arbeitstag noch nicht zu Ende, dann kann - wer entsprechen talentiert ist - sich auch noch im Hacken von Internetseiten oder im Herstellen äußerst komplizierter, dreidimensionaler Origamifaltkörper (mit Hilfe des im office vorhandenen Kopierpapiers) versuchen!...

Wenn gar nichts mehr geht gibt es auch noch Abwechslung bringende Minutenprogramme wie z.B. Vorschläge zur Fitness im Büro: rücken- und figurfreudige kleine Gymnastikeinheiten, die man auf dem Bürostuhl sitzend, vor dem Aktenregal stehend oder als Hantelersatz dienende Wasserflaschen haltend unter fachkundiger you-tube-Anleitung (auch ohne die Kollegen störenden Ton) ausführen kann!...

Liebe Leute,

ich habe das Buch nicht gelesen!
Sondern nur einige Rezensionen dazu - und auf dieser Grundlage einfach mal frei phantasiert (allerdings nicht im Büro, sondern in meiner wertvollen Freizeit!!!:D:D) und würde mich freuen, wenn dieser post für euch Unterhaltungswert hat!

LG

Debbie digitalis
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich hätte jetzt jede Wette gemacht, daß "Boreout" ein Schreibfehler ist

Aber das Buch heißt wohl wirklich so. :cool:

Ich denke, Langeweile ist eine Folge von Denkfaulheit und Mangel an Fantasie. Anderen dafür die Schuld zu geben ist keine gute Idee.
 
Ich denke, Langeweile ist eine Folge von Denkfaulheit und Mangel an Fantasie. Anderen dafür die Schuld zu geben ist keine gute Idee.

Boreout ist ein Problem, das man nicht verharmlosen sollte und die "Schuld" ist sicher nicht bei den Betroffenen allein zu suchen.

Es gibt Rahmenbedingungen die Boreout begünstigen:

Managementfehler:

Der Abteilungs-/Projektleiter ist nicht in der Lage zu delegieren, macht viele Arbeiten, die eigentlich in den Tätigkeitsbereich seiner Mitarbeiter gehören, selbst - die Folgen sind Unterforderung der Mitarbeiter, natürlich spüren sie auch, daß ihr Vorgesetzter kein Vertrauen in sie hat, da er ihnen ja nichts zutraut und sie nur Hilfstätigkeiten verrichten dürfen. Die kompetenten Mitarbeiter, die über genug Selbstvertrauen und auch über entsprechende Chancen am Arbeitsmarkt verfügen suchen das Weite - zurück bleiben die Inkompetenten, Unflexiblen, jene die gerade am Arbeitsmarkt nicht so gefragt sind und diejenigen mit geringem Selbstwertgefühl. Die Zurückgebliebenen sind perfekte Boreout Kanditaten: Sie haben Angst den Arbeitsplatz zu verlieren, und tun alles, damit ja niemand merkt, daß sie nicht genug zu arbeiten haben.

Dazu gibt es noch eine zweite Variante - der Abteilungsleiter hat ein paar Leute, denen er blind vertraut, diese werden mit Arbeit überschüttet (Gefahr Burnout), die anderen läßt man an nichts ran (Gefahr Boreout).

Personalpolitik:

In einigen großen Firmen mit langjähriger Tradition gibt es durchaus noch Tendenz Mitarbeiter zu schützen, die sozial schwach sind bzw. geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Kommt es nun bei so einer Firma zu größeren Restrukturierungen, kann es durchaus passieren, daß man kompetente und junge Mitarbeiter freisetzt während man die langjährigen, loyalen und somit meist auch älteren Mitarbeiter in der Firma behält. Oft werden diese Mitarbeiter dann an anderen Stellen eingesetzt - man restrukturiert ja nicht nur aus Gaudi an der Sache - tja, und leider ist die Besetzung dann eben nicht gerade optimal. In vielen Fällen handelt es sich hier auch um Mitarbeiter, die mit der Technologie nicht schritthalten konnten - Schulungsmaßnahmen bringen in solchen Fällen meist nichts, der langjährige Mitarbeiter landet auf dem Abstellgleis, das meist aber recht gut bezahlt wird. Selber kündigen wird dieser Mitarbeiter gewiß nicht - er ist nicht zeitgemäß ausgebildet, steht meist kurz (oder auch länger - man stellt ja Leute ab 50 nicht so gern ein) vor der Pension und hat keine Chance einen Arbeitsplatz zu finden, der nicht beträchtliche Gehaltseinbußen zur Folge hätte. In diesem Fall wissen natürlich alle Bescheid, daß der Mitarbeiter nichts oder zu wenig zu tun hat, aber natürlich würde das niemand laut aussprechen.

Gesetzlicher Kündigungsschutz:

Ein Mitarbeiter kann nicht mehr oder nur noch eingeschränkt eingesetzt werden, da er jedoch vor Kündigung gesetzlich geschützt ist (z.B. Invalidität, Elternteilzeit) kann er nicht entlassen werden. Logischerweise, wird niemand dieser Betroffenen von sich aus kündigen.

Das Problem für diese Leute ist keineswegs, daß sie keine Beschäftigung finden, die sie ihrer Langeweile enthebt - sondern sie müssen eine Beschäftigung finden, die die Fassade eines normalen Arbeitslebens aufrecht erhält und sie müssen damit fertig werden, daß sie kein vollwertiges Mitglied im Arbeitsprozess sind.

Boreout bedeutet ständigen Stress, es zerstört Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl der Betroffenen.

LG, PP
 
Leiden Pianisten und Klavierlehrer auch darunter? Langweilen sie sich beim Unterricht und beim Konzert und müssen so tun als ob?
Oder bin ich im falschen Forum?

 
Boreout und Burnout sind Modebezeichnungen, es beschreibt nichts anderes alls der Zustand einer Depression, hierzu braucht es professionelle Hilfe und Ünterstützung um sein Leben evt.zu verändern.
Man könnte auch sagen, viele Pianisten und Klavierlehrer leiden unter dem "Bore-Out Syndrom ", weil sie keine Konzertmöglichkeiten und zu wenig Schüler bekommen
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Leiden Pianisten und Klavierlehrer auch darunter? Langweilen sie sich beim Unterricht und beim Konzert und müssen so tun als ob?
Oder bin ich im falschen Forum?

Ich habe diesen Begriff bis heute noch nie gehört. Danke Debbie! Durch PP's Beitrag (danke auch dafür!) habe ich nun ein besseres Verständnis. Vermutlich geht es doch einigen so, wenngleich ich von Freunden etc. das genaue Gegenteil höre - totaler Stress im Witschaftsleben, Gefahr des Burn-Outs, ständige Neuerungen (deren Nutzen den Mitarbeitern oft nicht einleuchtet, je nachdem, welche Unternehmensberatung nun wieder hinzugezogen wurde), irrwitzige und leider - wenn man logisch nachdenkt - sehr unvernünftige Vorgaben und Kontrollen derselben ............................................... . Ende offen.

Aber es wird auch berichtet über die Arbeitskräfte, die da eben nicht mehr mitkommen und bis jetzt wurde der Eindruck vermittelt, sie bekämen ihre mangelnde Kompetenz nicht mit. Was vermutlich ein Trugschluss ist, wenn man PP's Beitrag bedenkt.

Ich als Klavierlehrerin kenne das nicht, kann mir aber wie Destenay vorstellen, dass es auch in diesem Bereich vorkommen könnte.

Liebe Grüße

chiarina
 
@Debbi Digitalis

es fehlt noch


so einen Fred wie diesen hier eröffnen ;)
 
Ich dachte zunächst, vom BoreOut betroffene Klavierlehrer sind diejenigen, die ihren SchülerInnen Einaudi, Tiersen & Co. beibringen müssen. ;)

C.

Sol
 

Zurück
Top Bottom