Lob und Kritik im Klavierunterricht

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
  • Erstellungsdatum

D

Debbie digitalis

Dabei seit
3. Apr. 2009
Beiträge
1.434
Reaktionen
3
Hallo miteinander,

sicherlich muss in jedem Klavierunterricht Lob und Kritik ausgeteilt werden. Allerdings ist die Frage, wieviel von jeder Sorte, in welcher Form und letztendlich auch wann und in welchem Zusammenhang.

Als Mutter einer Klavierunterricht genießenden Tochter, die regelmäßig übt (mal mehr, mal weniger) - und für meinen Geschmack eigentlich zu wenig - machte ich kürzlich die folgende Erfahrung: Für ein Vorspiel war das aktuelle Stück noch nicht weit genug gediehen - es wurde auch erst zwei Wochen vor dem Vorspiel in Angriff genommen - daher wurde auf ein schon vor längerer Zeit erarbeitetes, einfacheres Stück zurückgegriffen.

Das Einüben dieses alten Stücks nahm meine Tochter ein wenig leicht, für meinen Geschmack auch viel zu leicht. Als dann zwei Tage vor dem Vorspiel noch mal Klavierstunde war, meinte die KLin: das Stück hört sich jetzt so an, als hättest du es eben zum ersten Mal gespielt! Das mag möglicherweise stimmen. Danach wurde das Stück dann auch in der Klavierstunde intensiv geübt und danach war es in Ordnung.
Allerdings: Solche Sätze prägen sich doch ein und meine Tochter freute sich daher auch überhaupt nicht auf das Vorspiel, das dann auch nur so recht und schlecht gelang.

Natürlich: Beim Erlernen eines Instruments muss man auch lernen mit (konstruktiver) Kritik umzugehen - aber wie findet man die richtige Balance beim Austeilen von Kritik und Lob, damit das Ganze nicht völlig demotivierend wird??? Was sagt man (als Elternteil) seinem Kind in solch einer Situation?

LG

Debbie digitalis
 
Aber, liebe Debby,
warum soll man denn um den heißen Brei herumreden, wenn die Tatsache den Tatsachen entspricht. Du sagt ja vorsichtig, daß es "möglicherweise" stimmt, was die Lehrerin sagt. Mir erzählen meine Betreungskinder (Zwillinge, 10 Jahre) ihre Schulgeschichten und ganz klar reagiere ich in so einem Fall: "Stimmt doch, was der Lehrer gesagt hat." Und wenn sie bereit sind, ehrlich zu sich selbst zu sein, ziehen sie sich mucksmäuschenstill zurück oder erfinden noch schnell ein paar banale Gegenargumente, um die Tatsache zu kaschieren. Kinder wissen ganz genau, was wahr ist und was nicht. Beschönigungen helfen ihnen nicht und das wollen sie in der Regel gar nicht, auch wenn sie dann gerne schmollen.

Frohen Mutes
Kulimanauke
 
Aber, liebe Debby,
warum soll man denn um den heißen Brei herumreden... Kinder wissen ganz genau, was wahr ist und was nicht. Beschönigungen helfen ihnen nicht und das wollen sie in der Regel gar nicht, auch wenn sie dann gerne schmollen.

Frohen Mutes
Kulimanauke

Hallo Kuli,

mit oben genanntem Zitat hast du sicher recht! Ich weiß natürlich auch, wann meine Tochter wieviel (oder wieviel nicht) geübt hat! Allerdings ging es mir in meiner Anfrage hauptsächlich darum, was man einem Kind sagt, wenn das Stück zwei Tage vor dem Vorspiel noch viel zu wünschen übrig lässt. Klar, man kann unverblümt ehrlich antworten (und damit versuchen, den positiven Effekt einer völlig schiefgegangenen Generalprobe zu erzeugen) - aber vielleicht gibt es ja auch noch andere (psychlogisch subtilere) pädagogische Verhaltensmöglichkeiten??? Ich sage ja meiner Tochter auch einen Tag vor der Mathe-Arbeit nicht: Du hast die Bruchrechnung absolut nicht verstanden, du kannst nicht von Prozenten in Bruchteile umdenken, diesbezügliche Textaufgaben gehen schon mal überhaupt nicht - und eigentlich brauchst du bei der nächsten Mathearbeit gar nicht anzutreten???

Deine fröhlichen Grüße erwidert


Debbie digitalis
 
Schlecht geübt ist schlecht geübt.
Schlecht vorgespielt ist schlecht vorgespielt.
Psychologische Subtilitäten sind hier fehl am Platze. Kinder wissen das.
 
Hallo Debbie,

ich finde die Aussage der KL ehrlich gesagt auch OK. Wenn deine Tochter es zu sehr auf die leichte Schulter genommen hat, dann kann man ihr das auch sagen und ich denke auch in deutlichen Worten. Ich bin kein großer Verfechter davon Kinder immer nur zu loben auch wenn sie etwas nicht gut gemacht haben. Besonders dann nicht, wenn der Grund für das "nicht gut gemacht haben" Faulheit war. Ich bin eher der Meinung, dass nur so deine Tochter lernen wird, dass man in gewisse Dinge mehr Arbeit stecken muss und der Erfolg nicht von selbst kommt.

Ich finds OK wie sie reagiert hat. Sie hat ja nicht gesagt "das raffst du nie", sondern ihre ehrliche Meinung, wie es sich "eben gerade" angehört hat und ihr dann geholfen es besser zu machen. Sie ist im Klavierunterricht und nicht bei der Oma die ein Bild mit zu großen Köpfen und Minikörper feiert wie einen Picasso ;) Den Unterschied wird deine Tochter auch kennen.
 
sicherlich muss in jedem Klavierunterricht Lob und Kritik ausgeteilt werden. Allerdings ist die Frage, wieviel von jeder Sorte, in welcher Form und letztendlich auch wann und in welchem Zusammenhang.


Liebe Debbie,

genau das ist ein Balanceakt, der immer wieder austariert wird und ausgesprochen individuell ist. Es hängt davon ab, wie der Schüler gestrickt ist, in welcher Situation er, ich und ich mit ihm sich befinden, sowohl fachlich als auch persönlich. Es ist also eine möglichst genaue Kenntnis eines Schülers erforderlich, die ohne genaue Beobachtung nicht möglich ist.

Ich gehe mit Schülern manchmal völlig unterschiedlich um. Ich habe manche sehr bemühte Schüler, die eher sensibel sind und die man durch Aufmunterung und erfolgreiches Arbeiten sehr motivieren kann. Dann habe ich Schüler, die absolut klare Ansagen brauchen und ohne diese ins Nirwana versinken :D.

Jeder ist anders.

Deshalb kann niemand Außenstehendes beurteilen, ob diese Bemerkung nun gut oder schlecht für deine Tochter war, weil wir sie ja nicht kennen. Aber die Bemerkung hört sich so an, als hätte die KL ihrer Enttäuschung Luft machen müssen.

Was ich nicht beurteilen kann, ist, ob die Vorbereitung auf das Vorspiel nicht hätte anders/besser laufen können. Ob also das alte Stück als Repertoirestück immer wieder aufgefrischt hätte werden können und damit das Problem des fehlenden Vorspielstücks gar nicht erst aufgekommen wäre. Zwei Wochen vor dem Vorspiel erst zu überlegen, was vorgespielt werden soll, finde ich reichlich kurzfristig, wenn es denn so war.


Allerdings: Solche Sätze prägen sich doch ein und meine Tochter freute sich daher auch überhaupt nicht auf das Vorspiel, das dann auch nur so recht und schlecht gelang.

Es ist die Frage, warum deine Tochter sich nun auf das Vorspiel überhaupt nicht gefreut hat. Hat sie etwas gesagt? Es kann nämlich auch sein, dass ihr evtl. erst durch die Äußerung ihrer KL bewusst wurde, dass sie das Stück noch gar nicht gut kann oder dass sie es schon vorher wusste, aber verdrängt hat. Es kann also sein, dass gar nicht die Bemerkung, sondern die Tatsache, dass sie schlecht vorbereitet war, der Grund für die mangelnde Freude war, was ich verstehen kann. Aber das ist dann eben der Lernprozess, den ihr keiner ersparen kann. :)


...........aber wie findet man die richtige Balance beim Austeilen von Kritik und Lob, damit das Ganze nicht völlig demotivierend wird??? Was sagt man (als Elternteil) seinem Kind in solch einer Situation?

Das, was man sich als Lehrer und als Eltern wünscht, ist ja, dass das Kind/der Schüler selbst drauf kommt, dass das eigene Verhalten nicht dem entsprach, was man sich eigentlich gewünscht hat. Denn das ist viel wirkungsvoller als alles Reden von seiten pädagogisch motivierter Erzieher. :p

Es wäre also wünschenswert, dass deine Tochter erkennt, dass sie mit ihrem (Übe-)Verhalten vor dem Vorspiel sich selbst geschadet hat und sich ein nächstes Mal anders verhält.

Das ist natürlich mit Frustration und Enttäuschung verbunden. Da ist deine Aufgabe, einfach für deine Tochter da zu sein und ihr ohne Bewertung, ohne Urteil zuzuhören. Vielleicht erzählt sie einfach von sich aus, vielleicht braucht sie zu günstiger Zeit einen Türöffner a la "Möchtest du darüber reden"........ .

Kinder wissen, wie schmickus schrieb, sehr genau Bescheid. Und wenn du ihr aufmerksam zuhörst, hat deine Tochter die Möglichkeit der Reflektion und kann über sich etwas lernen. M.M.n. solltest du dich also mit Kritik und Lob absolut zurückhalten, denn sie behindern die eigene Reflektion. Auch Trost und Mitleid sind solche Hemmer. Liebevolle Anteilnahme ist das, was deine Tochter braucht.

(Ich habe hier schon einmal etwas über das "Aktive Zuhören" geschrieben, das in solchen Fällen neben dem passiven Zuhören wunderbar ist. Wenn deine Tochter z.B. sagt: "Das ganze Vorspiel war Scheiße!", kannst du erwidern "du bist sehr betrübt und wütend über den Verlauf des Vorspiels?" . So spiegelst du deiner Tochter das wider, was sie gesagt hat und sie kann einen Schritt weiter gehen.)

Wenn sich herausstellt, dass deine Tochter tatsächlich ein Problem mit der Bemerkung der KL hatte, könntest du mit der KL sprechen und die könnte ihrerseits noch einmal mit deiner Tochter sprechen. Hoffentlich wird sie das aber sowieso tun, denn der Verlauf vor dem Vorspiel war ja nicht befriedigend.

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe chiarina,

vielen Dank für diese nicht nur äußerst ausführliche sonder auch äußerst inhaltsreiche Antwort!

Zitat von chiarina:
Was ich nicht beurteilen kann, ist, ob die Vorbereitung auf das Vorspiel nicht hätte anders/besser laufen können. Ob also das alte Stück als Repertoirestück immer wieder aufgefrischt hätte werden können und damit das Problem des fehlenden Vorspielstücks gar nicht erst aufgekommen wäre. Zwei Wochen vor dem Vorspiel erst zu überlegen, was vorgespielt werden soll, finde ich reichlich kurzfristig, wenn es denn so war.

Ein Vorspiel kommt ja nie von ungefähr. Wenn man bereits mehrere Jahre bei einer KLin Unterricht hat, weiß man auch wann die Vorspiele stattfinden! Allerdings hatte sich meine Tochter gut 2 Monate vor dem Vorspieltermin in den Kopf gesetzt, ein ganz bestimmtes Popstück einzustudieren. Natürlich gab es dieses nur in Klaviertranskription, entsprechend unbequem waren die dazugehörigen Fingersätze. Das Stück war m.E. (und auch nach Meinung der KLin) überhaupt nicht für KLavier geeignet und die hauptsächliche Motivation dazu war wohl die folgende:

In der Schule gibt es immer mal Gelegenheiten, musikalisch etwas darzubieten. Meistens kommen aber die Mitschüler mit Orchesterinstrumenten zum Zuge, da diese im Schulorchester, und anderen Instrumentalgruppierungen, die im Gottesdienst etc. spielen eingesetzt werden. Die Klavierbegleitung ist, wenn überhaupt gefragt, Sache der Musiklehrer. Schon ganz am Anfang der Gymnasialzeit, als es einen Schnupperabend bzgl. des Schulorchesters gab hieß es: Klavierschülerinnen brauchen wir im Orchester eigentlich nicht! Daher hatte sich meine Tochter überlegt, für eine Musikstunde in ihrer Klasse zusammen mit einer Freundin besagtes Popstück vorzubereiten. Sie hat sich da auch reingesteckt (und m.E. viel Zeit vergeudet) - die Freundin an der Querflöte gab aber schnell auf, es sei ihr zu schwer. Dann wollte es meine Tochter alleine zuende bringen und vorspielen. Allerdings war die Motivation irgendwie weg und es kam letzten Endes nicht mehr viel dabei heraus. Unsere KLin meinte, da müsse sie mal alleine durch, um das Ganze zu verstehen!

So verstrich einige Zeit und das Vorspiel nahte. Für das neue Stück, das nun anstand fehlte einfach die Zeit, es sicher einzustudieren. So griff man auf ein altes Stück zurück!...

Das Vorspiel ist auch wirklich nicht so schlecht gelaufen! Allerdings war es schon ein deutlicher Unterschied zu dem Vorspiel im letzten Jahr - alle anderen Klavierschüler/innen, die man im Laufe der Jahre so kennengelernt hat, schienen deutlich weitergekommen und nicht auf alte Stücke zurückgegriffen zu haben...

Um wieder auf das eigentliche Thema: wie sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lob und Kritik im KLavierunterricht eigentlich aussehen? zurückzukommen:

Ich glaube unabhängig von diesen situativen Bedingungen ist es eine grundlegende FRage: wieviel Lob und wieviel Kritik sind erforderlich und förderlich, um Klavierschüler (insbesondere Kinder und Jugendliche) zu motivieren und voranzubringen??

Höchstwahrscheinlich existieren äußerst unterschiedliche pädagogische und didaktische Ansätze und Theorien. Diesbezüglich beobachte ich heute, dass unsere KLin (die meine Tochter und auch mich unterrichtet und die ich sehr schätze) z.B. mit Lob äußerst sparsam umgeht.

Ich würde sagen: In unserem Klavierunterricht ist Lob eigentlich die ganz große Ausnahme. Es herrscht ein äußerst angenehmer und freundlicher Ton - aber Lob, das ist eben das ganz exklusive und nur höchstselten offerierte Sahnehäubchen. Ein Lob muss man sich wirklich mit harter Arbeit verdienen - und harte Arbeit garantiert kein Lob! Manchmal kommt das Lob völlig unvermittelt und unerwartet, möglicherweise auch gerade dann, wenn überhaupt kein Vorspiel in Sicht ist. Und das höchste Lob überhaupt ist das schlichte Wort "vorspielreif".

Auf eine diesbezügliche Nachfrage hat mir meine KLin mal erzählt, in ihrer Jugend als Klavierschülerin und später Musikstudentin habe sie gelernt, mit fachlicher Kritik zu leben, damit umzugehen und diese positiv zu nutzen. Das wolle sie auch ihren Schülern vermitteln.

Natürlich hat sie damit recht. Dennoch: Wie lässt sich das auf unsere heutigen kids übertragen, die in einer Welt aufwachsen, die durch den inflationären Gebrauch von Worten wie "suuuper, prima, das hast du aber ganz toll gemacht..." etc. geprägt werden? Solange es in der Grundschule selbst für krumm, schief und falsch (aber lautgetreu!) geschriebene erste Worte noch Fleissstempel mir Bärchen und Enten gibt, wird das unseren Kindern wohl schwer zu vermitteln sein!:D

Somit hat Pirata höchstwahrscheinlich völlig recht, wenn sie sagt:

Zitat von Pirata:
Sie ist im Klavierunterricht und nicht bei der Oma die ein Bild mit zu großen Köpfen und Minikörper feiert wie einen Picasso!

LG

Debbie digitalis
 
Um wieder auf das eigentliche Thema: wie sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lob und Kritik im KLavierunterricht eigentlich aussehen? zurückzukommen:

Ich glaube unabhängig von diesen situativen Bedingungen ist es eine grundlegende FRage: wieviel Lob und wieviel Kritik sind erforderlich und förderlich, um Klavierschüler (insbesondere Kinder und Jugendliche) zu motivieren und voranzubringen??

Höchstwahrscheinlich existieren äußerst unterschiedliche pädagogische und didaktische Ansätze und Theorien. Diesbezüglich beobachte ich heute, dass unsere KLin (die meine Tochter und auch mich unterrichtet und die ich sehr schätze) z.B. mit Lob äußerst sparsam umgeht.

Ich würde sagen: In unserem Klavierunterricht ist Lob eigentlich die ganz große Ausnahme. Es herrscht ein äußerst angenehmer und freundlicher Ton - aber Lob, das ist eben das ganz exklusive und nur höchstselten offerierte Sahnehäubchen. Ein Lob muss man sich wirklich mit harter Arbeit verdienen - und harte Arbeit garantiert kein Lob! Manchmal kommt das Lob völlig unvermittelt und unerwartet, möglicherweise auch gerade dann, wenn überhaupt kein Vorspiel in Sicht ist. Und das höchste Lob überhaupt ist das schlichte Wort "vorspielreif".

Auf eine diesbezügliche Nachfrage hat mir meine KLin mal erzählt, in ihrer Jugend als Klavierschülerin und später Musikstudentin habe sie gelernt, mit fachlicher Kritik zu leben, damit umzugehen und diese positiv zu nutzen. Das wolle sie auch ihren Schülern vermitteln.

Natürlich hat sie damit recht. Dennoch: Wie lässt sich das auf unsere heutigen kids übertragen, die in einer Welt aufwachsen, die durch den inflationären Gebrauch von Worten wie "suuuper, prima, das hast du aber ganz toll gemacht..." etc. geprägt werden? Solange es in der Grundschule selbst für krumm, schief und falsch (aber lautgetreu!) geschriebene erste Worte noch Fleissstempel mir Bärchen und Enten gibt, wird das unseren Kindern wohl schwer zu vermitteln sein!:D



Liebe Debbie,

da berühren wir ein sehr interessantes, aber auch weitumfassendes Thema. Und es berührt das Thema "Kommunikation" und da werden sowieso alle aufstöhnen, wenn sie das aus meinem Munde hören :D. Weil ich schon viel dazu geschrieben habe.

Wenn es dich interessiert, dann könntest du dir das Buch "Die Neue Familienkonferenz" von Thomas Gordon kaufen. Das ist hervorragend und wird dir auf deine Fragen antworten. Ich teile die Ansichten, die dieses Buch vertritt, sehr!

Um nur kurz etwas anzusprechen: ein Lob aus vollstem Herzen, ganz ehrlich gemeint, ist etwas Wunderbares. Wird es aber als pädagisches Mittel benutzt, merken das vor allem ältere Schüler sofort. Denn es dient dazu, eine Verhaltensänderung des Schülers herbeizuführen und ist daher oft manipulativ. Ein ehrlich gemeintes Lob, als Ich-Botschaft formuliert ( o weh, ich krieg gleich eins auf den Deckel :D ) ist dagegen nicht manipulativ. So eines wäre z.B. "Mensch, ich freu mich so, dass du so schön geübt hast. So können wir heute so viele andere schöne Sachen machen als nur zu üben und zu wiederholen!"

Ein Lob ist auch oft eine Bevormundung: der Lobende ist höher gestellt als der Gelobte.

Wenn du aber etwas vermisst im Unterricht, kannst und solltest du dieses ruhig ansprechen (ob deine Tochter etwas vermisst, ist eine andere Sache).

Die beste Motivation ist es, wenn das Kind/der Schüler sich selbst belohnt durch Erfolg. Da leuchten die Augen, das kann kein Lehrer mit irgendeinem Lob erreichen!

Daher habe ich und werde ich auch nie irgendwelche Bildchen und Aufkleber im Unterricht verwenden, wie es manche Kollegen tun.

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo miteinander,

sicherlich muss in jedem Klavierunterricht Lob und Kritik ausgeteilt werden. Allerdings ist die Frage, wieviel von jeder Sorte, in welcher Form und letztendlich auch wann und in welchem Zusammenhang.

Als Mutter einer Klavierunterricht genießenden Tochter, die regelmäßig übt (mal mehr, mal weniger) - und für meinen Geschmack eigentlich zu wenig - machte ich kürzlich die folgende Erfahrung: Für ein Vorspiel war das aktuelle Stück noch nicht weit genug gediehen - es wurde auch erst zwei Wochen vor dem Vorspiel in Angriff genommen - daher wurde auf ein schon vor längerer Zeit erarbeitetes, einfacheres Stück zurückgegriffen.

Das Einüben dieses alten Stücks nahm meine Tochter ein wenig leicht, für meinen Geschmack auch viel zu leicht. Als dann zwei Tage vor dem Vorspiel noch mal Klavierstunde war, meinte die KLin: das Stück hört sich jetzt so an, als hättest du es eben zum ersten Mal gespielt! Das mag möglicherweise stimmen. Danach wurde das Stück dann auch in der Klavierstunde intensiv geübt und danach war es in Ordnung.
Allerdings: Solche Sätze prägen sich doch ein und meine Tochter freute sich daher auch überhaupt nicht auf das Vorspiel, das dann auch nur so recht und schlecht gelang.

Natürlich: Beim Erlernen eines Instruments muss man auch lernen mit (konstruktiver) Kritik umzugehen - aber wie findet man die richtige Balance beim Austeilen von Kritik und Lob, damit das Ganze nicht völlig demotivierend wird??? Was sagt man (als Elternteil) seinem Kind in solch einer Situation?

LG

Debbie digitalis

Ach du lieber Himmel,


Klavier - S p i e l e n


Obiges von dir Erwähntes scheint mir das nicht im mindesten zu sein.
Es riecht stark nach Können-müssen, Fremdleistung, womöglich Perfektionieren.
Da verstehe ich das Mucken deiner Tochter.

Liebe Grüße
Pomurla
 
Ach du lieber Himmel,


Klavier - S p i e l e n


Obiges von dir Erwähntes scheint mir das nicht im mindesten zu sein.
Es riecht stark nach Können-müssen, Fremdleistung, womöglich Perfektionieren.
Da verstehe ich das Mucken deiner Tochter.

Liebe Grüße
Pomurla


Das sehe ich nicht so. Ich gehe mal davon aus, dass Debbies Tochter freiwillig ein Instrument spielen lernen wollte. Klar, spielen soll auch Freude machen. Aber in meinen Augen bedeutet es auch, sich auf den Hosenboden zu setzen und zu üben. Ansonsten schmeißt man das Geld für den Unterricht zum Fenster hinaus.

Für mich hört es sich nicht so an, als würde Debbie ihre Tochter perfektionieren wollen. Würde sie dies tun, so hätte sie nicht zugesehen, wie sie zu wenig geübt hat, sondern hätte versucht, sie zum üben zu zwingen. Im Gegenteil, ich finde sogar, dass Debbie sehr langmütig ihre Tochter ihre eigenen Erfahrungen hat machen lassen. Zu wenig üben = kein gutes Vorspiel.Was dabei herauskommen wird, hat Debbie sicherlich schon gesehen und hat ihre Tochter dennoch machen lassen. Und bei mir kam es auch so rüber als hätte die Tochter mehr Probleme mit dem schlechten Vorspiel gehabt als Debbie.

Und die KL wird dafür bezahlt den Schülern was beizubringen. Kritik gehört m. E. nach dazu. Wenn mein Lehrer alles toll findet was ich so verhunze, dann denke ich am Ende noch, dass das so in Ordnung ist. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dabei die grundsätzliche Freude am spielen verloren geht.

LG
Pirata
 
@ Chiarina:
da berühren wir ein sehr interessantes, aber auch weitumfassendes Thema. Und es berührt das Thema "Kommunikation" und da werden sowieso alle aufstöhnen, wenn sie das aus meinem Munde hören :D. Weil ich schon viel dazu geschrieben habe.....

Um nur kurz etwas anzusprechen: ein Lob aus vollstem Herzen, ganz ehrlich gemeint, ist etwas Wunderbares. Wird es aber als pädagisches Mittel benutzt, merken das vor allem ältere Schüler sofort. Denn es dient dazu, eine Verhaltensänderung des Schülers herbeizuführen und ist daher oft manipulativ.....

Ein Lob ist auch oft eine Bevormundung: der Lobende ist höher gestellt als der Gelobte.

Daher habe ich und werde ich auch nie irgendwelche Bildchen und Aufkleber im Unterricht verwenden, wie es manche Kollegen tun.

Liebe chiarina,

vielen Dank für deine Antwort und für deine Hinweise! Deine obigen Ausführungen zum Loben sind sehr interessant - und gerade mit dem Hinweis auf die manipulative Komponente des Lobens hast du sicher recht.

Ich finde die Aufteilung von Kritik und Lob in unserem Klavierunterricht an sich völlig in Ordnung - als Erwachsener kann ich das ja auch einordnen und beurteilen.

Was meine Tochter betrifft: Sie hat vor dem Vorspiel die Vorbereitung auf die leichte Schulter genommen, zu wenig geübt .... und dann auch dementsprechend vorgespielt.

Wie hätte man das vermeiden können?

1) als Mutter
durch Kritik/Druck:
Ich hätte als Mutter Druck ausüben und längeres und intensiveres Üben erzwingen können. Das mache ich aber grundsätzlich nicht, denn meine Tochter hat sich selbst dazu entschieden, Klavierspielen zu lernen und will diese Sache jetzt auch "alleine" durchziehen.
Mische ich mich mit Kommentaren in ihr Üben ein (wie z.B. "da ist jetzt ein Ton falsch, oder Rhytmus falsch etc.) geht der Schuss erfahrungsgemäß nach hinten los. Diese Lektion habe ich schon lange gelernt und lasse sie daher immer ganz in Ruhe üben und achte allein darauf, dass regelmäßig (möglichst) täglich geübt wird.

durch Lob:
Ich hätte natürlich auch versuchen können, durch manipulatives Lob zu bewirken, dass das Vorspielstück etwas nachhaltiger geübt wird. Aber manipulatives Lob, ungefähr in der Art wie "Das klappt doch schon ganz prima, aber schau dir doch mal den Übergang xy und die Dynamik in den Takten x, y, z an...." wäre von ihr auch sofort durchschaut worden (da habe ich auch bereits meine Erfahrung gemacht).


2) im Klavierunterricht:
Ich glaube ihr fehlte einfach daher ein wenig die Motivation zu intensiverem Üben, weil - was ich ja völlig in Ordnung finde - im Klavierunterricht eben nicht so schnell gelobt wird wie in einigen anderen Zusammenhängen. Ich habe auch bereits mit ihr darüber gesprochen und wir werden das auch noch mal mit unserer Klavierlehrerin besprechen.

@) Pomurla
Zitat von Pomurla:
Ach du lieber Himmel,
Klavier - S p i e l e n....
Es riecht stark nach Können-müssen, Fremdleistung, womöglich Perfektionieren.
Da verstehe ich das Mucken deiner Tochter.

Liebe Pomurla,

da hast du meinen Beitrag aber gründlich mißverstanden. Klavierspielen ist und bleibt Klavierspielen - und Können-Müssen, Fremdleistung sowie Perfektionieren sind dabei bei uns überhaupt nicht im Spiel!:D

@Pirata

Zitat von Pirata:
Und die KL wird dafür bezahlt den Schülern was beizubringen. Kritik gehört m. E. nach dazu. Wenn mein Lehrer alles toll findet was ich so verhunze, dann denke ich am Ende noch, dass das so in Ordnung ist. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dabei die grundsätzliche Freude am spielen verloren geht.

Da stimme ich dir voll zu!

LG

Debbie digitalis
 



Liebe Debbie,

ich finde, du machst das alles vollkommen richtig! Und deshalb hätte man es auch gar nicht vermeiden können und vermutlich auch nicht vermeiden sollen. Denn durch Fehler lernt man und das wird nicht die einzige Frustration geblieben sein, an der deine Tochter etwas lernt. :p

Ich finde das jetzt auch nicht weiter schlimm - vielleicht hatte deine Tochter einfach keine Lust auf das alte Stück und jetzt ist es eben so gekommen.

Man kann den Kindern ihre Erfahrungen nicht abnehmen. Diese Erfahrungen stärken sie letztendlich und du bist dazu da, dass sie einen Wegbegleiter haben, der sie liebt, sie wertschätzt und an ihren Gedanken und Gefühlen interessiert ist. Das reicht völlig aus!

Jesper Juul sagt: "Nicht Erziehung, Beziehung ist wichtig!"

Liebe Grüße

chiarina
 
@ Chiarina:


Liebe Pomurla,

da hast du meinen Beitrag aber gründlich mißverstanden. Klavierspielen ist und bleibt Klavierspielen - und Können-Müssen, Fremdleistung sowie Perfektionieren sind dabei bei uns überhaupt nicht im Spiel!:D

LG

Debbie digitalis

Hallo Debbie digitalis,

nein,
solange im "sich mit Musik beschäftigen aus eigenem Interesse und Wunsche" Worte verwendet werden wie - darauf achten, dass der andere täglich übt (auch wenn ich für eine Stunde viel bezahle)
- Lob und Kritik, Druck - diese Begriffe hier überhaupt Bedeutung erlangen, wie im Schulsystem oder Berufssystem,
Vergleiche mit anderen gezogen werden, die vielleicht weiter sind und keine älteren Vorspiel-Stücke wählen, ..
anstatt nicht die Musik an sich die Töne und das Tempo des Mädchens ihren ureigenen Musikweg entscheiden zu lassen, der vielleicht die "unmögliche Unart inkludieren könnte" dass sie an manchen oder vielen Tagen so gar keine Lust darauf hat, und so ihren ganzen späteren Klavierweg zunichte macht,
habe ich deinen Beitrag nicht missverstanden.

Andernorts las ich das Wort Faulheit im Zusammenhang mit dem Klavierspielen - ich glaube es war in einem Beitrag von @Pirata, diese Begriffe haben nichts in der Beschäftigung mit Musik - übe ich dies beruflich aus un dverdiene damit meinen Lebensunterhalt, dann bleibt mir das wahrscheinlich nicht erspart - verloren.

Liebe Grüße
Pomurla
 
Hallo Pomurla,

post 11 dieses Fadens solltest du eigentlich entnommen haben, dass meine dieses Thema betreffenden Fragen für mich hier hinreichend geklärt sind. Wenn du dennoch noch mal nachposten willst: bitte schön!

Die Mühe, aus deinem post nr. 13 zu zitieren, werde ich mir nicht machen! Deine diesbezüglichen das Thema verfehlenden Aussagen mögen dahingestellt bleiben! Allerdings habe ich mal einen Blick in deine höchst überschaubaren (bisher 25) Beiträge in diesem Forum riskiert (die meisten waren nicht mehr als 1 bis 2 Sätze lang!)!

Ich stelle fest:

- du lernst seit Ende Mai 2010 ohne "persönlichen Klavierlehrer" Klavierspielen,
- du findest autodidaktisches Klavierlernen allein nach Heumann voll in Ordnung,
- du spielst bereits Ende Mai 2011 Chopin Nocturne 9/2 (naja, .... nichts ist unmöglich)
- du behauptest im vorherigen post in diesem Faden mit "der Beschäftigung mit Musik beruflich deinen Lebensunterhalt zu verdienen!" (ebenfalls: nichts ist unmöglich)

- du gibst pädagogische Ratschläge für den Klavierunterricht, die implizieren, dass Lob und Kritik "no goes" seien!

Ich vermute mal, dass du weder eigene Kinder hast, noch ebensolche unterrichtest!

Debbie digitalis
 
Hallo Pomurla,

- du behauptest im vorherigen post in diesem Faden mit "der Beschäftigung mit Musik beruflich deinen Lebensunterhalt zu verdienen!" (ebenfalls: nichts ist unmöglich)


Debbie digitalis


Hallo Debbie digitalis,

ich schrieb: "... - übe ich dies beruflich aus un dverdiene damit meinen Lebensunterhalt, dann bleibt mir das wahrscheinlich nicht erspart - ..."

Liebe Grüße
Pomurla
 
Als Klavierlehrer würde ich gern hier noch einen kleinen Beitrag leisten. Sowohl Lob als auch Kritik müssen konstruktiv sein! Ständiges Loben verhindert die Selbstkritik des Schülers, und ist nichts anderes als Anbiedern des Lehrers.
Es wäre genauso falsch wie das Loben einer Begabung, für die ein Schüler nichts zu leisten braucht. Motivationsfördernd ist das Erwähnen einer musikalischen Begabung (sofern vorhanden), um zu zeigen, das ein guter Ackerboden vorhanden ist, auf dem aber nur dann reich geerntet werden kann, wenn der "Bauer" fleissig gesät, gepflegt und geerntet hat...
Lob hat auch nur dann Wirkung und Wert, wenn der Lehrer dafür bekannt ist, gerechtfertigte Kritik zu üben. Auch bei der Kritik muss aber der Mensch im Vordergrund stehen, und jede Form von Frustration geschweige denn Beleidigung vermieden werden. Kritik kann aus meiner Erfahrung auch mit Witz und Humor herübergebracht werden. Wenn der Schüler dann über seinen nicht geübten Mist lacht, haben beide Seiten gewonnen.
Die Lehrerein deiner Tochter, Debbie, hätte vielleicht nicht zu schnell nach dem Klaviervortrag deiner Tochter dieses Urteil abgeben sollen. Ich ziehe die Aktivierung der Schüler selbst vor, indem ich frage, was sie selber nun dazu sagen. Sie sollen sich selbst beurteilen. Und dann zeigt sich das, was auch schon meine Vorredner hier angesprochen haben: eine fast immer gute und ehrliche Selbsteinschätzung. Das fördert die Selbstkritik. Was fandest du gelungen? Was war weniger gut? Was müßtest du ändern? So kann der Lehrer dann fortsetzen um die notwendigen methodischen und musikalischen Dinge einzubringen.
Ich darf die noch aus meiner eigenen Erfahrung als Schüler kurz erzählen, das ich einen äußerst strengen Klavierlehrer hatte, Marke "Nußknacker"...Selbst wenn ein Stück schon (objektiv) fehlerfrei und ordentlich (wenn auch musikalisch noch nicht ausgereift) gespielt wurde, hieß es "Na, das war aber eine arge Enttäuschung! Na,das klang ja, als ob man nen Eimer Wasser hat fallen lassen...) War natürlich super frustrierend, und für mich als Schüler nicht gerade aufbauend. Als es aber auf die Aufnahmeprüfung an der MH zuging, spielte ich ihm vor, erwartete Ungeahntes. Was war? 3 Sekunden Stille, dann fing er an kräftigen Beifall zu klatschen. Da wußte ich, es geschafft zu haben, gerade weil er solche Turbo-Ansprüche stellte. Ich selber lehne heute als Klavierlehrer diese Nußknacker-Pädagogik entschieden ab, bin meinem KL dennoch sehr dankbar...
 

Zurück
Top Bottom