Lange nicht gestimmt worden. Problematisch?

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schliedueker

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Hallo liebe Leute,
ich bin gerade mit meinem Sohn auf Klaviersuche und wir haben ein neuwertiges Yamaha Klavier mit zur Auswahl. Steht bei Privat in gutsituiertem Haushalt und wurde vor 8 Jahren neu angeschafft und seitdem praktisch nicht gespielt und somit auch nicht einmal neu gestimmt. Klingt dafür aber noch überraschend gerade. Dass nach so langer Zeit in Möbelstückfunktion bei einer Stimmung die eine oder andere Saite einem um die Ohren fliegen kann, habe ich schon mal gehört. Gibt es aber sonst noch typsiche "Standschäden", auf die man achten sollte?

Viele Grüße von der Küste
 
Die Gefahr, daß bei einem 8 Jahre alten Yamaha Saiten reissen sehe ich als extrem gering an. Wie leicht es zu stimmen ist hängt natürlich ein wenig davon ab, wie tief es abgesackt ist. Ich hab letztens einen ca. 10 Jahre alten C2 gestimmt, der war auch seit der Auslieferung unberührt, der war gerade einmal 10 Cent im Diskant runter, eigentlich fast wie ein Neuflügel nach Transport.
 
Mein altes Klavier wurde zwischen 1992 und 2013 nicht gestimmt (und auch nicht in nennenswertem Umfang bespielt, eher ... gar nicht :lol: ).

Es wurde in 3 Schritten über mehrere Monate verteilt von ca 430 (? deutlich drunter jedenfalls) auf 440 Hertz gezogen und hat keinen Schaden an Leib und Seele genommen.
 
Mein Bechstein von 1879! wurde nach 4 Jahren Stimmerabstinenz ohne Probleme von 435 auf 440 in einem Rutsch gezogen (hing dann so bei 438/439 fest).
 
Ich habe vor kurzen ein Piano geerbt, das habe ich vor zwei Wochen bei mir liefern lassen und heute war der Klavierstimmer da.

Pianino "Weiss Spaichingen" BJ 1965 und vermutlich seit der Zeit nicht gestimmt worden. Zumindest konnte sich niemand in der Verwandtschaft daran erinnern.

Die Bässe waren fast auf 440, der Diskant schon einen halben Ton zu tief. Sonst aber keine erwähnenswerten Macken. Der gute Mann hat knapp 5 Stunden daran gearbeitet und in zumindest zwei Durchgängen das Piano auf 441 Hz gestimmt. Ein bisschen drüber, weil er meinte, das gibt noch ein wenig nach, wenn es so lange nicht gestimmt wurde und es ist noch Restfeuchte im Holz von der kühlen Lagerung in den letzten Monaten. Er ist aber zuversichtlich dass das bis nächstes Frühjahr vernünftig spielbar ist. Danach müßte es vermutlich noch einmal fein gestimmt werden und das sollte dann eine Weile halten. Ich sollte trotzdem nicht wieder 50 Jahre bis zum nächsten Service warten, besser einmal jährlich kontrollieren lassen. Das geht dann auch schnell und kostet nicht viel.

Wenn also das Piano ursprünglich gut war und auch sonst halbwegs pfleglich behandelt wurde, scheint lange ungestimmt nicht so das Problem zu sein. Laut seinen Erklärungen halten aber Klaviere die regelmäßig gestimmt werden angeblich die Stimmung über das Jahr besser, weil der Rahmen immer der gleichen Belastung ausgesetzt ist. Oder so ähnlich.

Ich habe ein wenig mit ihm geplaudert während er ein paar Hämmerchen gerade gerichtet, die Tastenhöhe justiert, am Anschlagwiderstand und der Aulösung geschraubt hat. Der kritischste Bereich sind wohl die Stimmwirbel und wie sie im Stimmstock gut sitzen oder eben auch weniger gut.

Abgesehen von der Stimmung kann bei schlechter Lagerung der Resonanzboden oder der Stimmstock Risse bekommen. Das wäre ziemlich Totalschaden. Wenn das Piano aber nicht im Stall sondern im Wohnzimmer aufgestellt war, ist das Risiko wohl begrenzt.

Mottenschaden wäre natürlich auch ein Ausschließungsgrund. Also Deckel auf und die Hämmerchen ansehen. Mein Klavierstimmer hat jedenfalls gemeint, er liebt Klaviere mit Mottenfraß. Da ist immer viel zu reparieren. Falls ich ihm also etwas zu Fleiß tun möchte, soll ich eine Mottenfalle aufstellen. Kleidermotten, nicht Lebensmittelmotten ;)

So, ich quassle, als ob ich ich auskennen würde. ICH bin Laie und habe (noch) keine Ahnung vom Klavierspielen. Ich habe aber mit meinem Klavierstimmer rein zufällig erst heute Nachmittag über genau das Thema geplaudert. Es ist also Info aus zweiter Hand und es besteht das Risiko dass ich falsch gefragt oder etwas missverstanden habe. Man möge bitte in dem Fall meinen Stuss freundlich korrigieren.
 
Hallo liebe Leute,
...Dass nach so langer Zeit in Möbelstückfunktion bei einer Stimmung die eine oder andere Saite einem um die Ohren fliegen kann, habe ich schon mal gehört. Gibt es aber sonst noch typsiche "Standschäden", auf die man achten sollte?

Viele Grüße von der Küste

Hallo schliedueker,

lieber zu lange ungespielt, als völlig runter gespielt! Wenn der Standort nicht gerade eine Garage oder unbewohntes Zimmer war, dann sollte nicht viel passieren. Mottenfrass kann vorkommen und erhebliche Schäden verursachen und sollte leicht erkennbar sein. Lediglich die Stimmung wird über mehrere Durchgänge erfolgen müssen und sie wird anfangs nicht so stabil sein. Meine Instrumente werden zweimal im Jahr gestimmt. Das Schwechten wurde allerdings vorher 20 Jahre nicht gestimmt, aber nach 4-5 Stimmungen wurde die Stimmhaltung immer besser und ist jetzt tadellos.
Seiten werden nicht reissen. Die Mechanik wird nach sehr langer Nichtbenutzung etwas schwergängiger und muss gängig gemacht werden. Das ist für Deinen Klavierbauer/Stimmer kein grosser Aufwand. Sonst sehe ich keine grösseren Risiken.
..
Abgesehen von der Stimmung kann bei schlechter Lagerung der Resonanzboden oder der Stimmstock Risse bekommen. Das wäre ziemlich Totalschaden. Wenn das Piano aber nicht im Stall sondern im Wohnzimmer aufgestellt war, ist das Risiko wohl begrenzt...

Prinzipiell kann eine unsachgemäße Aufbewahrung trotz tadelloser Optik bei nahezu ungenutzen Instrumenten zu schweren, auch fast finalen Schäden führen. Ein gerissener Stimmstock wäre schlecht, ist aber äusserst unwahrscheinlich bei dem o.g. Klavier...
Reso-Risse sind eigentlich meistens eher harmlos und sie verschwinden gar bei wieder ausreichender Luftfeuchtigkeit gelegentlich...


Das vom TE angesprochene Instrument wird kaum relevante Schäden durch die Standzeit erlitten haben. Da stand so manches Neuinstrument länger im Verkaufsraum...

LG
Bechsteinfreund
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hatte vor einiger Zeit mal ein 30 Jahre altes Yamaha im Auftrag - war nie gestimmt worden...der Besitzer wollt da irgendwie kein Geld für ausgeben. Nun ja, es stand auf 413 Hz und ward regelrecht unspielbar vom Klang her - da stimmte garnichts mehr. Kollegen aus renomierten Pianohäusern haben schon am Telephon eine Stimmung abgelehnt: "30 Jahre altes Yamhaha, nie gestimmt? Lohnt sich nicht mehr". Nun ja, mehrfach hochziehen, vorstimmen, feinstimmen...des waren schon ein paar Stunden Arbeit, entsprechend hat die Sache natürlich auch einiges gekostet. Meinen Rat das Instrument nach spätestens einem halben Jahr nochmal nachstimmen zu lassen, wurde mit der Bemerkung zurückgewiesen, man hätte jetzt erst mal genug bezahlt - nun, mir ist wurscht, wartet er wieder 30 Jahre, wirds doppelt so teuer :D

Bei einem 8 Jahre nicht gestimmten Instrument wird es wahrscheinlich nicht ganz so dramatisch sein, aber auch hier wird man um ein Hochziehen/Vorstimmen bis zur Endstimmung und ein späteres Nachstimmen nicht umhin kommen. Auch ist damit zu rechnen daß es nach 8 Jahren spielabstinez erst einal wieder gangbar gemacht werden muß, inc, Regulierung. Es könnten da erst einmal auf einen ein paar hundert T€uronen an Kosten zukommen.

Viele Grüße

Styx
 
Kollegen aus renomierten Pianohäusern haben schon am Telephon eine Stimmung abgelehnt: "30 Jahre altes Yamhaha, nie gestimmt? Lohnt sich nicht mehr".

Was ist das denn für eine Einstellung? Wieso sollte sich das sich denn nicht mehr lohnen? Im Gegenteil: lohnt sich für den Kunden und den Stimmer.

Nun ja, mehrfach hochziehen, vorstimmen, feinstimmen...des waren schon ein paar Stunden Arbeit, entsprechend hat die Sache natürlich auch einiges gekostet.

Da lob ich mir meinen Verituner: einmal vorstimmen mit Überziehen, dann feinstimmen. Daraus allerdings keine Goldschmiedearbeit machen sondern ruckizucki hochprügeln und im zweiten Durchgang keine Konzertstimmung erwarten. Das Ganze dauert 75 Minuten. Falls gewünscht, kann man ja einige Wochen später immer noch mal erneut stimmen. Aber für die meisten Kunden reicht das Ergebnis. Erfahrungsgemäß rufen solche Kunden nach 2-3 Jahren wieder an wegen einer Stimmung.

Meinen Rat das Instrument nach spätestens einem halben Jahr nochmal nachstimmen zu lassen, wurde mit der Bemerkung zurückgewiesen, man hätte jetzt erst mal genug bezahlt

Das zeigt, dass die meisten Kunden das eh nicht so gut hören. Leider vergessen die dabei, dass das Instrument ja erneut im Ton absacken kann. Soll mir egal sein, ich weise allerdings immer darauf hin. Was mich allerdings echt nervt, das sind Kunden, die dennoch eine Konzertstimmung erwarten. Ich habe z.B. einen Kunden mit einem schönen Bechsteinklavier, BJ ca. 1985. Ich habe es 2000 gestimmt, und zwar um 80 Cent hochgezogen! Dem Kunden habe ich dringend empfohlen, es nach einiger Zeit nochmal stimmen zu lassen. Hat er dann auch gemacht, und zwar 2008! Wieder musste ich reichlich hochstimmen. Als ich dann am Schluss mein "ich-bin-fertig-bezahl-mich-Liedchen" gespielt habe, wollte der Kunde, dass ich das auch mal ohne Pedal spiele, weil das Pedal ja so viel kaschieren würde und man ja gar nicht hören könne, wie gut die Stimmung nun geworden sei. Er war nämlich anscheinend nicht so ganz zufrieden (komisch, oder?). Na, wenigstens lässt er es regelmäßig stimmen. Nämlich alle 8 Jahre.

Anderer Kunde: nagelneues Zimmermann vom Bechsteincentrum gekauft, aber nie stimmen lassen, nicht mal die Garantiestimmung. Dürfte so ca. 2004 gekauft worden sein. Ich habe es total verwahrlost vorgefunden und musste es reichlich hochstimmen. Dass die das nicht gehört haben, ist mir echt ein Rätsel. Jedenfalls hat der Kunde sich bis heute ebenfalls nie wieder gemeldet. Ich vermute, nach 8 Jahren soll ich dort auch wieder ran und muss es 50 Cent hochstimmen.
 
Da lob ich mir meinen Verituner: einmal vorstimmen mit Überziehen, dann feinstimmen. Daraus allerdings keine Goldschmiedearbeit machen sondern ruckizucki hochprügeln und im zweiten Durchgang keine Konzertstimmung erwarten.

Ich hab es mit dem cts auf 444 hochgezogen - nach dem ersten Durchgang war es auf 435 und erst beim 2. Durchgang stand es dann auf 442, der Diskant mußte allerdings nocheinmal hochgezogen werden. Anschließend nach Gehör noch einmal alles stimmig kriegen.
Ich weiß nicht, auf wie viel hätt ich es denn ziehen sollen damit es bei einem Durchgang bleibt? Auf 460? Ob das die Baßsaiten ausgehalten hätten - ich weiß nicht.

@KBauM,
ich kann nur da von ausgehen was der Kunde mir verzählte, daß sowohl die Kollegen in Isarsvorstadt als auch im Lehel den Auftrag mit den Worten ablehnten "lohnt sich nicht mehr" - das glaub ich auch, setzen doch entsprechende Kollegen mehr auf den Verkauf.

Viele Grüße

Styx
 
Ich weiß nicht, auf wie viel hätt ich es denn ziehen sollen damit es bei einem Durchgang bleibt?

Das ist die falsche Frage. Nicht absolut, sondern relativ überziehen. Verituner arbeitet da (wie die meisten Stimmgeräte übrigens auch) mit Prozentwerten: im Bass 10% (aus Sicherheitsgründen. Besser dürften eher 15-18 % sein), in der Mitte 28 % und im Diskant 36 %. Und das kommt erschreckend genau hin, außer wie gesagt im Bass, da dürfen es gerne mehr als 10 % sein.

Was das heißt? Angenommen, im Bass ist ein Ton 30 Cent zu tief, dann überzieht man diesen Ton um 10 % = 3 Cent. In der Mitte ist ein Ton 25 Cent zu tief, dann überzieht man diesen um 28 % von 25 Cent = 7 Cent. Usw.......Und da Verituner dies für jeden Ton neu berechnet, kommt das dann super hin. Wenn ich auf diese Weise im ersten Durchgang mit besagten Prozentwerten überziehe, dann sind nach diesem ersten Durchgang alle Saiten ungefähr auf Zieltonhöhe. Abweichungen sind dann maximal sagen wir mal 6 Cent oder so, oft aber nur 0 bis 1 Cent. Diese kleinen Abweichungen gilt es dann im zweiten Durchgang zu korrigieren. Wie gesagt: dauert ca. 75 Minuten die ganze Aktion (also 2 Durchgänge).

Wenn das Instrument "nur" 20 Cent zu tief ist, dann erzielt man mit nur einem Durchgang auch schon erstaunliche Ergebnisse. Es ist dann auf jeden Fall spielbar und klingt in den meisten Fällen auch wesentlich besser als vorher. Es sei denn, vorher war es in sich noch sehr gut gestimmt aber halt total gleichmäßig um 20 Cent abgesackt (was ja eher selten ist).

Sollte das Instrument um 100 Cent abgesackt sein, dann sollte man diese Prozentwerte nicht allzu genau nehmen, sondern intuitiv etwas weniger überziehen, als Verituner anzeigt. Z.b. im Diskant überziehe ich dann ganz pauschal jede Saite einfach um 25 Cent. In solchen Fällen sind nach dem ersten Durchgang die Abweichungen von der Zieltonhöhe etwas größer, aber immer noch so im Rahmen, dass es durch einen zweiten Durchgang ohne weiteres korrigiert werden kann. Bei alten Instrumenten muss man halt vor Ort entscheiden, ob das den Saiten zugemutet werden kann. Aber bei modernen Instrumenten (sagen wir mal ab Fünfziger Jahre) hatte ich seltenst Probleme mit reißenden Saiten.

Speziell zum Hochstimmen sind Stimmgeräte also eine super Erleichterung. Nach Gehör ist das nicht nur anstrengender, sondern auch viel ungenauer.
 

Liebe Leute,
vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Ich schau noch mal nach Mottenfraß und leuchte den Resoboden ab und wenn da nichts weiter ist, ist das "Risiko" wohl überschaubar. An ein oder zwei Stimmungen solls jedenfalls nicht scheitern.

Viele Grüße von der Küste
 
Verituner arbeitet da (wie die meisten Stimmgeräte übrigens auch) mit Prozentwerten:

Möglich daß der cts 5 das auch hat, hab es aber noch nicht so recht gefunden - glaube das hat irgendwas mit der Pianizerfunktion zu tun. Jedenfalls spreizt das Teil im Stimm modus (bei stärkster Spreizung) einfach zu gering, so daß ich häufig noch mal den Diskant nachziehen muß.
Aber gut, bei einem Absturz von über 100 cent wird man wohl ohnehin nicht mit einem Durchgang auskommen, so man das Instrument auf < 440 Hz haben will :D

Viele Grüße

Styx
 

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