Klavierpädagoge/Pianist als Quereinsteiger

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Kla95

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5. März 2023
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Hallo Clavio-Teilnehmer,

es geht um das Thema Klavierlehrer/Pianist als Quereinsteiger. Zu meinem Werdegang:
  • als Kind/Jugendlicher elektronische Orgel und dann Akkordeon gelernt
  • Klavier 20-jährig autodidaktisch gelernt, anschließend Musikstudium (HF Akkordeon, Nebenfach Klavier, Abschluß Diplom-ML)
  • 26-jährig Studium mit HF Klavier (2. Musikstudium zur Qualifikationsverbesserung, Abschluß Bachelor/pädagogisch)
  • 2 Jahre private Weiterbildung bei einem Konzertpianisten
Im 1. Studium diente das Wahlfach Klavier quasi der Aufnahmeprüfungsvorbereitung f. d. Klavierstudium danach. Das war nicht so einfach, aber durch zeitweise extrem vieles Üben klappte es mit der Klavieraufnahmeprüfung.

Heute bin ich tätig als Klavierlehrer, Dirigent für 2 Akkordeonorchester und als Konzertkritiker für die Presse. So weit, so gut

Das Problem, daß ich pianistisch aber habe, ist: zu wenig gespielte Literatur in der Ausbildungs- und Studienzeit. Das Klavierstudium dauerte nur 5 Semester (weil mir die Hochschule nicht mehr gab, weil die Theoriefächer aus dem 1. Studium alle angerechnet wurden). Das war also quasi ein Klavierstudium im Schnelldurchlauf. Geübt habe ich deshalb immer sehr viel, doch wenn ich heute mal Schüler habe, die avanciertere Literatur spielen, die z. T. in Richtung Aufnahmeprüfungsniveau geht, habe ich das Gefühl, ich sei dem nicht gewachsen, weil ich meine Vomblattspielfähigkeiten als nur mäßig bezeichnen würde, weil ich eben früher zu wenig Noten "gefressen" habe und v. a. von der einschlägigen Klavierliteratur fast alles zwar gut kenne und x-mal gehört habe, aber vieles nie selbst gespielt habe.

Ich würde mein in all den Jahren erworbenes musikalisches Urteilsvermögen als gut einschätzen und kann auch einem fortgeschrittenen Schüler genügend Hinweise und Verbesserungstips, technische und anschlagsmäßige Hilfestellungen geben, nur alles das auch sofort, spontan und fehlerarm selbst auf dem Klavier zeigen, ist teilweise schwierig (wäre mir aber wichtig - nur ein Lehrer, der es auch selbst spielen kann, ist m. E. der glaubwürdigste - so bewundere ich bspw. Prof. Bernd Glemser, der unterrichtet immer so, und verdeutlicht jede Erklärung, in dem er die Stelle vorspielt, das ist genial). Seit einiger Zeit versuche ich daher, regelmäßig Vomblattspiel zu üben und spiele querbeet alles mögliche immer wieder durch, um das praktische schnelle Erfassen von Notentext zu trainieren.

Gibt es in diesem Forum auch ähnliches Quereinsteigertum? Wie geht ihr damit um? Wie unterrichtet ihr Schüler, die etwas spielen, was ihr selbst nicht selbst sofort vorspielen/demonstrieren könnt? Wie geht es euch damit, wenn ihr einem Schüler etwas Schwierigeres vorspielt und macht Fehler dabei? Würdet ihr weit fortgeschrittene Schüler annehmen als Herausforderung oder denen sagen "Entschuldigung, ich bin für Dich als Lehrer zu schlecht, mußte woanders hingehen"?

Grüße
Kla95
 
Hi Kla95,

Zunächst einmal Glückwunsch zu deinem kritischen Reflexionsvermögen in jede Richtung! Damit hast du manchem anderen Instrumentallehrer einiges voraus. Es ist nicht leicht, sich die eigenen Grenzen, gar Mängel einzugestehen und damit Verantwortung für die eigene Lehre zu übernehmen. Ich würde Folgendes vorschlagen:

a) Wenn du das Gefühl hast, jemand wächst dir über den Kopf, kannst du ihn / sie allerbesten Gewissens weiterschicken. Es zeugt von wahrer Größe, jemanden nicht weiter zu unterrichten, weil man das Gefühl hat, nicht mehr genug zu sagen zu haben.

b) Üb doch einfach die Stücke, die deine Schüler spielen ein bisschen. Es geht nicht darum, dass das perfekt, gar fehlerlos ist. Spiel sie immer wieder durch, auch nur Abschnitte daraus. Hilfreich ist, wenn du in den Fingern, Hand, Bewegung spürst, wie sich eine Stelle anfühlt - technisch wie musikalisch. Vielleicht kannst du deine Schüler langfristig so zusammenstellen, dass du nicht nur Fortgeschritten hast, um diesem Üben nachkommen zu können.

c) Bernd Glemser kann toll Klavierspielen, sicher hat er auch im Unterricht viel Gutes zu sagen. Aber man muss nicht so unterrichten wie er, es gibt viele Wege, gut zu unterrichten. Vor allem ist es nicht nötig, alles perfekt vorzuspielen. Wichtig ist, überhaupt vorzuspielen, und da reicht oft auch ein sehr kurzer Abschnitt oder eine reduzierte Fassung (Melodie + Basstöne zum Beispiel). Fehler machen nichts aus, du kannst auch zwei, dreimal ausprobieren. Wichtig ist, dass du die musikalische Idee transportieren kannst.

Hast du Zeit, nebenher noch ein bisschen Repertoire zu üben?

LG Stilblüte
 

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