Filmkritik: Coco Chanel und Igor Strawinsky

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Gomez de Riquet

Guest
Guten Abend!

Ich komme gerade aus dem Kino: "Coco Chanel und Igor Strawinsky"
heißt der Film, der mich acht Euro für den Eintritt, zwei Euro für ein Kaltgetränk
und zwei Stunden Lebenszeit gekostet hat.

Kennt ihn jemand?

Um es kurz zu sagen: Es ist ein vollkommen steriler Film.
Anfang der zwanziger Jahre hatten Strawinsky und Coco Chanel
eine kurzfristige Liaison, deren sichtbares Zeichen die Pariser Neuinszenierung
des "Sacre du printemps" war - aus dem Hintergrund von Coco Chanel finanziert.
Biographisch überbewerten darf man die Liaison nicht. Mit der ehelichen Treue
nahm Strawinsky es nicht so genau, und Coco Chanel hatte eine Schwäche
für russische Emigranten, Strawinsky war bei ihrem großen Appetit nur eine Zwischenmahlzeit.

Woran ist der Film gescheitert?
Eine schauspielerische Katastrophe ist die Hauptdarstellerin,
ein langbeiniges Chanel-Model mit leerem Gesichtsausdruck und zarter Epidermis,
von der man im Verlauf des Films eine Menge zu sehen bekommt.
Den Igor spielt Mads Mikkelsen (der Pfarrer aus "Adams Äpfel" und zwischenzeitlicher Bond-Bösewicht),
ein guter Schauspieler, dessen Qualitäten hier leider nicht zutage treten dürfen.
Beeindruckt hat mich nur die russische Darstellerin der traurigen Ehefrau Strawinskys.
Das Hauptproblem: Der Film weiß mit seiner Thematik nichts anzufangen.
Er vertraut allein auf die Prominenz zweier Namen - die große Modeschöpferin
und das enfant terrible der Neuen Musik, la belle et la bete.
Dabei hätte man dem Thema einiges abgewinnen können:
Strawinsky, nach der bolschewistischen Revolution staatenloser Emigrant,
sucht in der lateinischen Kultur Fuß zu fassen, beginnt sich kompositorisch umzuorientieren,
weg vom Folklorismus, hin zum sogenannten Neoklassizismus.
Das wäre dann aber ein Künstlerfilm geworden. Stattdessen sollte es wohl
ein mit viel Sex angereichertes "Biopic" werden, ein Kassenknüller -
nur daß das nicht klappt: Mit mir im Kinosaal waren zur besten Abendzeit
gerade einmal fünf müde Gestalten.

Zuletzt hatte ich gehofft, wenigstens echten Strawinsky als Filmmusik geboten zu bekommen,
zumal es im Vorfeld hieß, daß Boosey & Hawkes den Film musikalisch überwacht hätten.
Auch das erwies sich als nur bedingt richtig. Da Strawinskys Musik nicht gerade
kitschverdächtig ist, mußte für die akustische Untermalung der Liebesszenen
Filmmusik-Kollege Gabriel Yared mit dem üblichen Schmonzes einspringen.

Ergebnis: Wer sich gerne zwei Stunden lang langweilt,
sollte diesen Film unbedingt sehen.

Gruß, Gomez
 
(...)
Stattdessen sollte es wohl
ein mit viel Sex angereichertes "Biopic" werden, ein Kassenknüller -
nur daß das nicht klappt: Mit mir im Kinosaal waren zur besten Abendzeit
gerade einmal fünf müde Gestalten.

Zuletzt hatte ich gehofft, wenigstens echten Strawinsky als Filmmusik geboten zu bekommen,
zumal es im Vorfeld hieß, daß Boosey & Hawkes den Film musikalisch überwacht hätten.
Auch das erwies sich als nur bedingt richtig. Da Strawinskys Musik nicht gerade
kitschverdächtig ist, mußte für die akustische Untermalung der Liebesszenen
Filmmusik-Kollege Gabriel Yared mit dem üblichen Schmonzes einspringen.

Ergebnis: Wer sich gerne zwei Stunden lang langweilt,
sollte diesen Film unbedingt sehen.

Gruß, Gomez

lieber Gomez,

ich kondoliere erst mal wegen des Verlusts von 8 Euro - hoffe, die 2 für das Kaltgetränk konnten ein wenig trösten :)

Yared / Strawinski ... ... ... es wird wohl doch höchste Zeit, dass die Sioux und Apachen den nordamerikanischen Kontinent zurückerobern: vielleicht wird dann in Hollywood nur noch Karl May verfilmt, aber das würde mir nach den von Dir geschilderten Umständen nicht als nachteil vorkommen :D

...hätte man prophetische Gaben, hätte man die insgesamt 10 Euro in eine Kiste Kaltgetränke investiert...

herzlichen Dank für die Warnung!!
Rolf

...gebe Gott, dass die nicht auch noch cineastisch die Biografie von Britten bearbeiten...
 
Was ist eigentlich mit Mads Mikkelsen los?
Einer meiner Lieblingsschauspieler, der sich in letzter Zeit für merkwürdige Projekte hergibt...
Hab ihn gerade vorgestern erst überraschend in "Kampf der Titanen" gesehen (der.... nun... sagen wir mal, nicht frei von Unterhaltungswert ist...) und mich gefragt, wohin er eigentlich noch will?
Das erste mal hab ich ihn in "Wilbur wants to kill himself" gesehen und war wirklich begeistert.
Aber er scheint nach Hollywood zu streben...
Mach das doch nicht Mads...

:(
 
Ja - und das ist nun die Frage:

Nach dem Bond-Bösewicht den Igor zu machen -

ist das eine Steigerung oder ein Rückschritt?
 
Hallo Gomez de Riquet!

Vielen lieben Dank, für Deinen Erfahrenswerten Filmbericht !

Da mir mein kurzes Erdendasein kostbar ist, werde ich mir die Mühe ersparen mich zu langweilen und sinnlos meine Zeit damit vergeuden.

Auf Deine Frage: "ist das eine Steigerung oder ein Rückschritt"?
ich formuliere es anders: "es ist eine Steigerung zum Rückschritt" :cool:

Faulenzer
 
Danke für den Tip, die Beschreibung im Kinoprogramm verspricht wesentlich mehr und ich war drauf und dran, den Film anzusehen. Jetzt kann ich mir tatsächlich einige Kaltgetränke leisten, hoffentlich spielt das Wetter mit :)
 
Hi!

Wer will, kann sich dieses Lichtspiel heute abend ansehen -
um 22.25 h auf "arte", Länge: 115 Minuten.

Gruß, Gomez
 
Danke für die Warnung, hätt ich heute fast programmiert...:rolleyes:

lg
Gerhard
 
hm nach einem stressigen Tag steh ich auf Langeweile... wenn auch lieber zu dieser Jahreszeit mit einem warmen Getränk.

Von daher - ich werde mir den Film anschauen :D
 
Auch wenn ich gesteinigt werde, habe ich es vor, mir den Film auch anzuschauen und bedanke mich somit für den Tipp ;)
 

Wenn Du Dich schon richtig langweilen willst - ich habe mich vertan:

Nicht auf "Arte", auf "3sat" läuft der Film.

aaah und ich gucke mir seit einer viertel Stunde auf Arte die Sendung "Blickfang Po" an und denke immer - wann kommt denn der Film... oder ob der Gomez uns mit den Hinterteilen, die in der Arte-Sendung zu Hauf zu sehen sind, etwas mitteilen möchte... jetzt musste ich doch herzhaft lachen :D


Viele Grüße,
Manha
 
Eine Freudsche Fehlleistung meinerseits?

Wenn ich den Fim richtig in Erinnerung habe, werden Cocos
und Igors Hinterteile aber auch als Blickfang eingesetzt.
Ich nehme nur an, daß die Sendung auf "Arte" vergnüglicher sein dürfte.

Le cul c'est l'homme!

Herzliche Grüße,

Gomez
 

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