Ein rätselhaftes Konzertklavier

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15. Dez. 2009
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Hallo.
Wer kennt dieses Klavier oder seinen Hersteller?
Es steht bei einer Kundenfamilie zwischen Ruhrgebiet und Sauerland.

nn-ha-1.jpg


Es wurde wohl in den ca. 1960er Jahren mal modisch veräääh...ändert, und nun ist vom Herstellernamen nirgends mehr eine Spur. Die großzügige Konzeption mit 88 Tasten und mit Druckstab über der Bass-Silie lässt mich an alte Rönisch-Klaviere denken. Wenn mich auch dann der frei stehende Stimmstock irritiert, denn Rönisch ist ja einer der frühesten Vollpanzer-Konstrukteure gewesen.
Aber auch die üppigen Tastenvorderhebel würden gut zu Rönisch passen:

nn-ha-2.jpg


Doch dann, oh Schreck: Die Diskantspreize hat über dem Steg diesen fatalen Bogen, an dem sie entsprechend leider gebrochen ist. Sehr berüchtigt dafür sind die ältesten Bechstein-Klaviere mit Gussplatte. Aber das waren Geradsaiter, und die sahen auch ziemlich anders aus. Und hatten einen Herkunftshinweis auf dem Stimmstock.

nn-ha-3.jpg


Und außerdem: Dieses Klavier hat Einzelösen im Blankbezug. Gab es sowas bei Bechstein?

nn-ha-4.jpg


(Fortsetzung folgt)
-m-
 
Aber dann: der Blick ins untere Innenleben scheint alles sonnenklar zu machen. Das sieht wirklich überdeutlich nach Bechstein aus. Auch noch beim heutigen Concert-8 sind Verwandtschaften unübersehbar. Bei der Platte, den Stegen, den Boden-Blindecken. Andererseits - bei Bechstein hatte nur das große 7er lange Tastenvorderhebel. Ooooh Mann.

nn-ha-5.jpg


Und dann der wohl endgültige Bechstein-K.O.: Oben rechts auf dem Stimmstock steht die Seriennummer 1560. Dazu passt bei Bechstein als Herstellungsjahr ca. 1864. Und dafür ist dieses Klavier wirklich viel zu modern.

nn-ha-6.jpg


Oder??
Wer weiß mehr?

Gruß
Martin
PianoCandle

... und aus Krach wird Klang
 
Dazu muss man schon Klavierflüsterer sein ;) - ich bins nicht

aber vielleicht gibt das hochstehende "d" einen Hinweis auf den Hersteller :D
 
Dazu muss man schon Klavierflüsterer sein ;)

Tja, Gilels, das ist ja das Vertrackte: Ich hab geflüstert und geflüstert, und das Klavier verweigerte schnöde die Preisgabe seines Namens.
Vielleicht steht die hochstehende d''''-Taste für "Dumpelstilzchen"....:D
Oder es bedürfte zwecks Herausfindens nicht eines Flüsterers, sondern eines Augenhintergrunddiagnostikers...:roll:

Aber mal im Ernst: Wenn ich könnte, würde ich bei diesem Klavier den Spreizenbruch wegzaubern. Das Ding ist nämlich ansonsten wirklich sehr gut.

Drum nochmal die Frage an die Kenner unter uns: Hat jemand eine Idee, von wem dieses Klavier sein könnte?

Gruß
Martin
PianoCandle

... aus Rätsel möge Lösung werden
 
hallo , ich kenne leider zuwenig deutsche Klaviere , ich tippe ev. auf Duysen ,der angebl. mit Bechstein sehr gut war .klaviermacherwien
 
Duysen schließe ich aus. Wunderbare Instrumente, aber bis weit ins 20 Jh hinein nur 85 Tasten (mit Ausnahme der Konzertflügel)
 
Kaputt!

Was soll an diesem Stück noch gut sein?
 

Zur Beantwortung deines Seitenthemas, klimperle:
- Gut und interessant sind an diesem Klavier etliche konzeptionelle Merkmale, wie weiter oben erwähnt. Und auch das deutlich erkennbare Bestreben des einstigen Herstellers, ein Spitzenprodukt zu fertigen.
- Gut ist auch die Tatsache, dass dieses Klavier seit ein paar Jahren hinlänglich klaglos seinen Dienst bei der Besitzerfamilie verrichtet, wenn auch ca. einen Ganzton zu tief gestimmt. Gut ist für die besagte Nutzerfamilie sicherlich auch das Wissen, dass der zuständige technische Betreuer sie umstandslos auf alle Defekte hinweist, aber dennoch das Instrument mit seinen verbleibenden Qualitäten erkennbar würdigt. Dass so eine Haltung möglich ist, lässt immerin auch 90JKB in seiner Äußerung erkennen. Dass die Familie zu gegebener Zeit, bei steigenden Ansprüchen, sich etwas anderes anschaffen sollte, weiß man dort selbsverständlich, seit ich das Instrument zum ersten Mal sah.

Deine Einlassung "kaputt, nix gutt" (erlaube mir diese Veballhornung) verstehe ich eher philosophisch, und du bist offenkundig anders als ich gestrickt. Gut so. Wär auch schade, wenn alle gleich wären.
Mit deiner Einstellung, zumindest in der hier geäußerten Form, kannst du in Auto-Oldtimer-Foren bestimmt heiße Diskussionen auslösen. Und meinetwegen auch hier auf clavio, in entsprechend eröffneten Fäden.

Allerdings war hier die Hauptfrage, auf die ich auch gern zurück käme:
Hat jemand Anhaltspunkte, von wem dieses Klavier ist?

Gruß
Martin
PianoCandle

... und aus Krach wird Klang
 
irgendwie kommt mir die Gussplatte bekannt vor. Könnte das ein Schiedmayer sein?
 
Danke, Tastenscherge. J&P Schiedmayer eher nicht; die die ich kenne, sehen sehr anders aus. Käme Schiedmayer & Soehne in Frage? Oder Müller-Schiedmayer? Das müssten ggf. andere sagen.
Die Gussplatte ist mir auch sehr vertraut - unten, wie gesagt. Bis in die Details und in das Drumherum (Pedalanlage) sieht das nach Bechstein aus. Und nach vielen anderen definitiv nicht. Aber oben??
Gruß
-m-
 

Thank you, Ian.
Just now I tried to google for a view inside a Bechstein concert piano, but te results were not really satisfying. I found the one or other pic in my own archive, to show that it makes sense to think about Bechstein, looking at the (so-far) no-name piano.
As an attachment, there is a photo of the lower construction of a Bechstein-7 concert upright from about 1915.

Regards
Martin
PianoCandle

... turn noise into voice
 

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  • bechstein-7-innen-unten.jpg
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Thank you, Ian.
Just now I tried to google for a view inside a Bechstein concert piano, but te results were not really satisfying. I found the one or other pic in my own archive, to show that it makes sense to think about Bechstein, looking at the (so-far) no-name piano.
As an attachment, there is a photo of the lower construction of a Bechstein-7 concert upright from about 1915.

Regards
Martin
PianoCandle

... turn noise into voice
"Ihr" Klavier hat im Gegensatz zu Bechstein eine Bassbrücke und sogar eine kleine Brücke am Ende des Langsteges , dies ist relativ selten , ich kenne es z.B. von Förster . Äusserst ungewöhnlich für ein Klavier dieser alten Konstruktionsweise ist der Tonumfang von 88 Tönen , damals gingen die meisten Flügel nur bis zum A .
Können Sie ev. das Mechanikfabrikat feststellen , ev. hilft dies weiter !? Gruss ! Klaviermacherwien
 
Hallo klaviermacherwien und danke. Die Unterschiede der Stegkonstruktionen sind in der Tat so, allerdings nur im Vergleich mit dem 7er von Bechstein. Dagegen arbeitete ich kürzlich an einem Concert-8 von 1978, da waren Bass- wie Langsteg praktisch genau so gebrückt wie abgebildet. Außerdem: Ob 8er, 7er oder "mein" NN-Klavier, die Teilung der Besaitungs-Segmente ist bei allen gleich, nämlich Bass bis Groß-B, Mitte bis F-2 und Diskant bis C-5.

Ich finde es erstaunlich, dass mir wie anderen kein Hersteller aus dem Gehirn purzelt, der derart Bechstein-ähnlich und offensichtlich anspruchsvoll gebaut hat. Solche Instrumente müssten doch eigentlich schon seit ihrer Herstellung aufgefallen sein...

Mechanik-Hersteller werde ich nochmal checken, sobald möglich. Mir kommt die Gestaltung der Vorderansicht der Hammerstiel-Prallleiste bekannt vor, aber auch da fällt mir bislang kein Name ein.

Gruß
-m-
 
Genau die gleichen Stegausführungen habe ich schon bei einem altem (ca.1900) kleineren Bechstein gesehen. Der obere Teil war natürlich völlig anders. Ich denke da hat jemand einfach nachgebaut, die Frage ist nur wer von wem! Vielleicht jemand unter den Berliner Klavierbauern. Ein ehemaliger Mitarbeiter Bechsteins? Oder nur jemand der den Wert der Konstruktion erkannte und keine bessere eigene Idee hatte ;). Oder ist das das Vorbild für Bechstein gewesen und der hat sich das abgeschaut? Ich bin ja gespannt ob sich das Rätsel lösen lässt.

Gruß
Thilo
 

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