Dilettant orgelt

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Guten Abend,

ich hatte im "Ich ..."-Faden erwähnt, dass ich mich für einen kurzen "Schnupperkurs für Klavierspieler an unserer historischen Orgel angemeldet hatte. Es gab Interesse an einer kurzen Schilderung meiner Eindrücke - diesem Wunsch komme ich hiermit gerne nach. Vielleicht ist es ja interessant für Klavierspieler, die sich für die Orgel interessieren, aber noch nie an einer gesessen haben.

Für mich war es ebenfalls der erste direkte Kontakt mit einer Orgel. Ich hatte mir einiges angelesen, was das Orgelspiel so ausmacht und wie es sich vom Klavierspiel unterscheidet. Insofern war ich nicht direkt überrascht, trotzdem ist es eben doch was anderes, auch selbst mal vor den (invers markierten) Tasten und den Pedalen zu sitzen. Ich liste einfach mal ein paar bunte Splitter auf zu dem, was mir so aufgefallen ist:
  • Es ist am Ende nicht so furchtbar laut, wie ich erwartet hatte. Das hängt natürlich auch von der Registrierung ab und davon, ob man einen Choral spielt oder eine Fuge. Ich hatte eine Fuge vorbereitet ...
  • Das Spielgefühl ist natürlich anders als am Flügel. Das war mir vorher klar. Die Tasten gehen eigentlich leicht (das hatte ich nicht erwartet), dafür gibt es einen signifikanten Druckpunkt (hatte ich so auch nicht erwartet).
  • Die Registrierung hatte keinen Einfluss auf den Spielgefühl.
  • Der Umfang der Manuale ist sehr klein. Schon die Fuge aus dem WTK überschritt den Umfang (auf einem Manual gespielt).
  • Man ist gut beraten, mit Gefühl zu spielen. Zu heftiges Bearbeiten der Tasten führt (jedenfalls bei diesem Instrument) zu hörbaren Geräuschen in der Spielmechanik. Wir haben auch mal in die Orgel reingeschaut, wenn man die Mechanik sieht, wundert einen ja eher, dass die Mechanik nicht noch viel lauter klappert. Ich bin mir nicht sicher, aber mir schien, dass es für den Tonaufbau ebenfalls einen Unterschied macht, ob man mit viel Impuls oder eher mit Gefühl die Tasten drückt.
  • Am Klavier ist das Herausarbeiten der Stimmen einer Fuge ja durchaus eine Herausforderung. An der Orgel fand ich die Stimmen trotz fehlender Anschlagdynamik gut unterscheidbar. Ich glaube, es macht eine Menge aus, wie lange man die Noten aushält. Trotz (oder wegen) des Nachhalls in einer Kirche macht ein schönes Portato einen großen Unterschied beim Hören.
  • Gemach, gemach. Man kann schon auch schnell spielen, aber "meine" Fuge gewann, wenn ich sie deutlich langsamer gespielt habe, als ich das am Klavier sonst tue.
  • Alles in allem war ich überrascht, dass man doch das eine oder andere Klavierstück ganz schön auf die Orgel bringt. Ein jüngeres Mädel hatte eine Bearbeitung von LvB's Fünfter mitgebracht, das war gar nicht schlecht! Man kann die Orgel eben auch wie ein Orchester einsetzen.

Falls sich jemand für das konkrete Instrument interessiert (ich habe es schon häufiger erwähnt), es ist dieses: Amalien-Orgel. Auf der Homepage des Fördervereins könnt Ihr alles Interessante über die Orgel, ihre Geschichte und die Restarierung vor mittlerweile acht Jahren nachlesen. Nur so viel: Es ist die älteste Orgel Berlins, und sie ist fast dreimal so alt wie die Kirche, in der sie heute steht. Beauftragt wurde sie vom alten Fritz für seine zehn jahre jüngere Schwester, Prinzessin Anna Amalia von Preußen. Daher auch der Name "Amalien-Orgel".

Und als Teaser binde ich noch ein Foto von der Homepage des Fördervereinsein ein:
titel_neu.jpg


Wer bis hier gelesen hat. Danke für die Aufmerksamkeit!
- Karsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Und ich antworte mir gleich selbst: Als Auftakt zum Herbst-Klavierworkshop in Rheinsberg könnte ich eine ähnliche Schnuppergelegenheit vorstellen. Das könnte interessant sein für die Teilnehmer, die ja größtenteils über Berlin anreisen, sowie für die beim Workshop immer wieder kneifenden Berliner Clavioten. Ich habe mit der Kantorin gesprochen, sie fand das gut - gegen eine Spende zum Erhalt der Orgel natürlich. Falls Ihr Interesse habt, meldet Euch. Termin wäre der 7. September, allerdings tagsüber, vielleicht so 10-13 Uhr.
 
Auch will!

Ich hatte jetzt ehrlich gesagt etwas mehr Begeisterung erwartet, aber Du bist ja wohl insgesamt eher der nüchterne Typ. ;-)

Jetzt mal ernsthaft: Wenn man sonst nur an seiner Drahtkommode sitzt und dann zum ersten mal an so einem monumentalen Instrument wie einer Kirchenorgel. Bläst einem das nicht fast das Hirn weg?
 
Und als Teaser binde ich noch ein Foto von der Homepage des Fördervereinsein:
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Wer bis hier gelesen hat. Danke für die Aufmerksamkeit!
- Karsten

Aber ihr habt doch hoffentlich nicht im Stehen gespielt?:-D

Und wer die Ironie nicht erkannt hat, sei an dieser Stelle noch einmal auf ebenjene hingewiesen. Nichtsdestotrotz frage ich mich, wie man beim "Promo-Foto" die Bank weglassen kann.
 
Du willst überhaupt mal Orgel spielen, oder würdest Du gar extra nach Berlin kommen zum Orgelschnuppern? Letzteres würde mich freuen, aber ich vermute, ich hab Dich eher missverstanden?
Bläst einem das nicht fast das Hirn weg?
Eben nicht. Das fand ich auch überraschend. Aber wie ich schrieb - es hängt natürlich von der Registrierung und dem Stück ab. Eine dreistimmige Fuge (d-Moll aus dem WTK I), zurückhaltend registriert, ist erstaunlich zahm. Im übrigen sitzt man ja eher unter dem Instrument als davor. Der Klang kommt – passend für eine Kirche – eher "vom Himmel her" ... Wir Klavierspieler haben auch kaum die Pedale eingesetzt (außer beim Improvisieren. Da jeweils den Grundton zu treten kriegt man ja gerade noch hin.).

Zudem handelt es sich hier ja ursprünglich um eine Kammerorgel. Also sozusagen die königliche Variante des Harmoniums :coolguy:. Sie ist wurde für das Berliner Stadtschloss konzipiert und hat dort einen Salon bespielt. Sie hat also in der Tat nicht dieses brachiale Volumen, das man von einer großen Kirchenorgel kennt.

Sehr interessant, dass man wirklich hört, wo der Ton gerade herkommt. Wie ich gelernt habe, sind die Pfeifen der verschiedenen Register, die zur gleichen Taste gehören, technisch bedingt hintereinander angeordnet. Also auch mit mehreren Registern hört man einen tiefen Ton von links oben bis links ganz oben (da stehen die ganz kleinen Register). Super Stereo sozusagen, ganz anders als am Flügel.

* * * * *​

Du bist ja wohl insgesamt eher der nüchterne Typ.
Hm, wahrscheinlich ist das so. :konfus: Für mich war es in der Tat eher so ein "Seen it, done it." Hat mich interessiert, aber ich werde jetzt keine Organistenkarriere darauf aufbauen. Vermutlich müsste man mit der Orgel auch erst warm werden. Ich glaube, das Spannende liegt nicht so sehr im Spielen, als mehr in der Registrierung. Beim Choralspiel und Bearbeitungen/Improvisation wohl auch in der Verteilung der Stimmen auf die Manuale bzw. das Pedal.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch was fällt mir ein: Mein Digi hat ja auch einen Orgelklang. Den hab ich mal ausprobiert, und finde ihn grauenhaft. Ich glaube, ich weiß jetzt warum: Erstens sind da wirklich alle Register gezogen, und anders als bei den Klaviersamples wird anscheinend das Anblasen nicht modelliert. Taste drücken - Ton da. Einfach nur nervig. Das war gestern in der Kirche gaaaaaaaaaanz anders!
 

Damit man das Fuß-Manual sieht? Heißt das eigentlich Manual oder Pedual oder wie oder was?

Die Tasten auf dem Boden Manual zu nennen, würde keinen Sinn ergeben, da sich das Wort Manual vom lateinischen "manus" ableitet, unten aber mit den "pedes" gespielt wird. Also: Pedal! Im Prinzip wie beim Klavier, nur hat die Orgel eben ein paar mehr Pedale und dann noch Koppeln, Schweller, Setzer ... ich merke ich schweife ab:musik:
 
Noch mal zur Auffrischung:

Gibt's Interesse an einem Schnuppern am 07. 09. 2018 tagsüber?

Ort ist – wie schon erwähnt – Berlin-Karlshorst.
Wir könnten anschließend nett was essen, und dann könnten die Klavier-Workshop-Teilnehmer direkt nach Rheinsberg abreisen.
Es wäre eine Spende für die Orgel zu entrichten.
So ca. fünf, max. zehn Leute wäre eine schöne Teilnehmerzahl.
 
Man spricht im gehobenen Organistendeutsch auch von der "Pedalklaviatur" ...
.... und doch tritt man es mit Füßen :lol::lol:etwas verwirrend ist es, wenn das Hauptwerk an der einen Orgel auf dem unterem Manual gespielt wird und das Rückpositiv (sofern vorhanden) auf dem oberen und beim nächsten Kirchort ist es dann genau umgekehrt... abwechslungsreiches Registrieren ist in der Tat eine Kunst für sich, hängt natürlich auch von den Möglichkeiten der jeweiligen Orgel ab...
 
Wie gesagt, ich könnte es mir einrichten, fahre früh nach Berlin, bräuchte vielleicht eine kleine Einweisung, wie ich mit welcher Bahn nach Karlshorst komme und wo das genau ist. Frag doch auch mal Shoko.
 
Ja, Dich @trialogo hatte ich zur Kenntnis genommen. Leider bist Du bis jetzt die Einzige.
 

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